Stellungnahme zum Entwurf eines
(BMI-LR1300/0106-III/1/c/2005)
Allgemeiner Teil
Die im begutachteten Entwurf enthaltenen Vorschläge
zielen insbesondere durch Ausweitungen der Versagungsgründe, Verlängerung von
Fristen für die Mindestaufenthaltsdauer sowie Ausweitung der „Ermessensfälle“
und Verringerung der „Anspruchsfälle“ auf eine Einschränkung der Verleihungen
von Staatsbürgerschaften ab.
Die Zahl von Staatsbürgerschaftsverleihungen ist im
letzten Jahrzehnt (maßgeblich wegen der Kriegsereignisse im ehemaligen
Jugoslawien) angestiegen und seit 2003 wieder rückläufig. Es ist nicht
erkennbar, wieso die Entwicklung der Einbürgerungszahlen als insgesamt
nachteilig für Österreich zu beurteilen wäre, sodass legistisch mit
restriktiveren Einbürgerungsvoraussetzungen zu reagieren wäre, zumal bereits
das geltende österreichische Staatsbürgerschaftsrecht im europäischen Vergleich
sehr strenge Voraussetzungen für Staatsbürgerschaftsverleihungen enthält.
Besonderer Teil
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Zu
§ 10 Abs. 1 Z 1 StbG-Entwurf:
Das (zum rechtmäßigen gewöhnlichen
Aufenthalt von mindestens 10 Jahren) zusätzliche Erfordernis einer zumindest
fünfjährigen Niederlassung steht im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 3 des
europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit (BGBl III 39/2000),
demzufolge jedenfalls nach einem rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt von 10
Jahren eine Einbürgerung zu ermöglichen ist.
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Zu
§ 10 Abs. 1 Z 2 StbG-Entwurf:
Nach der vorgeschlagenen Fassung
soll ohne Untergrenze jede gerichtliche Verurteilung wegen einer Vorsatztat zu
einer Freiheitsstrafe – egal, ob bedingt nachgesehen, oder nicht – ein
absolutes Verleihungshindernis für sämtliche Verleihungstatbestände unabhängig
von sonstigen Integrationsmerkmalen darstellen. Dadurch würde jede Verurteilung
zu einer noch so geringen Freiheitsstrafe auch bei ununterbrochenem
Hauptwohnsitz und rechtmäßigem Aufenthalt in Österreich seit mehr als 30
Jahren, stärkster Integration und sonst tadellosem Lebenswandel eine
Einbürgerung verhindern.
Diese Konsequenz war vor der
Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 nur für mehr als sechsmonatige Freiheitsstrafen
vorgesehen und gilt seither für mehr als dreimonatige Freiheitsstrafen, soweit
sie nicht einer Beschränkung der Auskunft (§ 6 TilgG) unterliegen. Es ist nicht
ersichtlich, aus welchen Gründen eine solche weitere Verschärfung erforderlich
sein soll (auch die Erläuterungen enthalten dazu keine Begründung).
Vor allem in Hinblick auf die hohen
sonstigen Anforderungen und die sonstigen, vielfältigen Verleihungshindernisse
sollte das Verleihungshindernis gerichtlicher Verurteilung keinesfalls neuerlich
verschärft werden.
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Zu
§ 10 Abs. 5 StbG-Entwurf:
Notstandshilfe und
Sondernotstandshilfe sind Versicherungsleistungen, auf die nur auf Grund von
zuvor erfolgten Beitragsleistungen ein Anspruch besteht, und sollen daher
selbstverständlich als Nachweis der Sicherung des Lebensunterhaltes geeignet
sein. Auch der in den Erläuterungen als Vorbild genannte § 11 Abs. 5 NAG geht
nur bei Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen davon aus, dass eine
Belastung einer Gebietskörperschaft vorliegt.
Die Höhe des zu sichernden
Lebensunterhaltes soll sich am jeweiligen Sozialhilferichtsatz – und nicht,
wie vorgeschlagen am Ausgleichszulagenrichtsatz – orientieren.
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Zu
§ 10a Abs. 3 StbG-Entwurf:
Schulmisserfolge in Fächern, die
keine Relevanz für Integrationsmerkmale haben (insbesondere
naturwissenschaftliche Fächer, Mathematik oder Fremdsprachen), sollen auch
keine Nachteile in Staatsbürgerschaftsverfahren bewirken. Für den Nachweis der
für eine Staatsbürgerschaftsverleihung notwendigen Kenntnisse soll es
jedenfalls ausreichen, dass das letzte Jahreszeugnis keine negative Beurteilung
in dafür relevanten Unterrichtsgegenständen (Deutsch und ev. Geschichte sowie
GWK) enthält.
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Zur
vorgeschlagenen Änderung des Tilgungsgesetzes:
Ganz allgemein ist festzustellen,
dass das Tilgungsgesetz sehr lange Fristen enthält, für deren Dauer
Verurteilungen im Strafregister evident gehalten werden. Nur für eine
beschränkte Anzahl von Verurteilungen zu geringeren Strafen besteht die
Möglichkeit einer vorzeitigen beschränkten Auskunft nach § 6 TilgG. Dadurch
bestehen im untersten Bereich gerichtlicher Verurteilungen, in dem von keiner
besonderen Gefährdung auszugehen ist, (Re)Integrationschancen, die letztendlich
auch der Sicherheit dienen.
Die nun auch für die
Staatsbürgerschaftsbehörden vorgeschlagene Möglichkeit einer vollen Auskunft
aus dem Strafregister soll jenen Behörden vorbehalten bleiben, die entweder im
Dienste der Strafjustiz tätig sind oder Bewilligungen für besonders
gefahrengeneigte oder besondere Verlässlichkeit erfordernde Tätigkeiten (etwa
im Waffen- und Sprengmittelwesen) erteilen. Wie bereits seinerzeit in der
Stellungnahme zum Entwurf der Passgesetznovelle 2001 (BMI; GZ
95.013/19-III/2/00/DR) ausgeführt, sollten auch die Passbehörden keine unbeschränkten
Strafregisterauskünfte erhalten.
Nicht zuletzt deshalb, weil eine
Verurteilung, die der beschränkten Auskunft unterliegt auch kein Hindernis für
die Bestellung als Schöffe oder Geschworener ist (§ 2 GSchG), sollte sie auch
nicht die Verleihung der Staatsbürgerschaft verhindern.
17.10.05
NEUSTART –
Bewährungshilfe, Konfliktregelung, Soziale Arbeit