Allgemeiner Teil

 

 

Eingangs ist nüchtern festzustellen, dass der vorliegende Gesetzesentwurf ein ausschließliches Sammelsurium an Verschärfungen für Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen möchten, darstellt. Es ist doch bemerkenswert, dass die gesamte geplante Novellierung in keinem einzigen Teilbereich auch nur irgendeine Besserstellung für den betroffenen Personenkreis vorsieht. Selbst das scharf kritisierte Fremdenrechtspaket 2005 hatte neben zahlreichen problematischen Regelungen in einigen Teilbereichen Verbesserungen gebracht.

 

In diesem Sinne ist zu konstatieren, dass der österreichische Gesetzgeber gegenwärtig offenkundig nur mehr dann dazu bereit ist, für Fremde günstigere Gesetzesbestimmungen einzuführen, wenn er durch europarechtliche Vorgaben dazu gezwungen wird.

 

Die Probleme, die das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht derzeit tatsächlich auszeichnen, werden durch die Novelle nicht ansatzweise gelöst.

 

Die unerwünschte Zersplitterung der Verleihungspraxis zwischen den einzelnen Bundesländern wird nicht beseitigt oder eingedämmt, durch die Schaffung bundesländerspezifischer „Staatsbürgerschaftstests“ sogar noch ausgeweitet.

 

Es wird zwar ein Versuch unternommen, die gegenwärtig stark von einander abweichenden Verleihungsfristen für spezifische Personengruppen zu vereinheitlichen, allerdings erfolgt dies auf einem Niveau, das sämtliche betroffenen Personengruppen schlechterstellt und im internationalen Vergleich außerordentlich restriktiv ist.

 

Die Problematik, dass das gegenwärtig in Österreich geltende Staatsbürgerschaftsrecht dazu tendiert, staatenlose Personen zu schaffen, wird – etwa durch die Möglichkeit von Staatsbürgerschaftsentziehungen - ebenfalls verschärft. Dieser Problematik wäre am ehesten durch die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft entgegenzutreten, wozu der Gesetzgeber offensichtlich aber nicht bereit ist.

 

Ebenfalls ausschließlich Schlechterstellungen bietet der Gesetzesentwurf dem Personenkreis der hochqualifizierten Arbeitskräfte, an deren Einbürgerung der österreichische Gesetzgeber schon aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Interesse haben sollte.

 

Insgesamt wirkt der Entwurf unausgegoren, oft ist nicht klar, ob bestimmte Regelungen durch den Gesetzgeber tatsächlich intendiert oder schlicht Redaktionsversehen sind. (Beispiel NS - Verfolgte, Schulkinder,...) Internationale Normen bleiben unbeachtet.

 

Abschließend ist noch zu kritisieren, dass der Gesetzgeber im gegenwärtigen Entwurf keinerlei Übergangsfristen vorsieht, demnach sämtliche Personen, die noch vor Inkrafttreten der Novelle um die Verleihung angesucht haben, von den für sie ungünstigeren Regelungen betroffen sein werden.

 

 


Besonderer Teil

 

Zu §10 (1) Z.1

 

Grundsätzlich ist auf die Formulierung „darf nur verliehen werden“ einzugehen. Dabei ist zu kritisieren , dass diese Formulierung im Vergleich zur vorhergehenden Wendung „kann verliehen werden“ nahelegt, dass intendiert ist, dass die Behörde ihr Ermessen zur Verleihung der Staatsbürgerschaft in Hinkunft restriktiver als bislang ausüben soll.

 

Auch wenn beide Formulierungen die Einräumung eines Ermessensspielraums an die Behörde bedeuten, ist darauf zu achten, dass aus der Formulierung der ermessenseinräumenden Bestimmung erkannt werden kann, wie die Behörde ihr Ermessen ausüben soll.

 

Das Abstellen auf Aufenthalt/Niederlassung konterkariert der Regelung des §5, der Ehegatten von Auslandsbeamten die Möglichkeit zum Erwerb der Staatsbürgerschaft gibt. Hier wäre - wenn die gewählte Formulierung beibehalten werden soll - eine entsprechende Adaptierung der §5 dahingehend erforderlich, daß die Haushaltsgemeinschaft mit dem Auslandsbeamten einem Aufenthalt/einer Niederlassung gleichgehalten würde.

 

Weiters kann die Forderung nach 5-jähriger Niederlassung durch die Klassifikation der Aufenthaltstitel von Studierenden, Angehörigen von Forschern u.dgl. als Aufenthalts- und nicht als Niederlassungsbewilligung zu unangemessenen Härten führen. Beispielsweise könnte ein minderjähriges Kind eines Forschers, das zwei Jahre als Angehöriger und danach 5 Jahre als Studierender in Österreich gelebt und schließlich als Schlüsselkraft die Niederlassungsberechtigung erworben hat, nicht nach 10 Jahren, sondern erst zwei Jahre später die Staatsbürgerschaft erwerben, womit gerade Hochqualifizierte schlechter gestellt würden. Dies wäre entweder durch einen Ausnahmetatbestand im Ermessen der Staatsbürgerschaftsbehörde oder eine Gleichhaltung von Ausbildungszeiten mit einer Niederlassung im Sinne des NAG zu entschärfen.

 

Im allgemeinen ist auch darauf zu verweisen, dass § 10 Abs Z 1 vor allem jene ausländischen Schlüsselkräfte benachteiligt, die zuvor in Österreich studiert haben, da der Zeitraum der Innehabung einer Aufenthaltserlaubnis nur für maximal 5 Jahre angerechnet wird. Letztendlich handelt es sich bei solchen Personengruppen um hochqualifizierte Arbeitskräfte mit guter Ausbildung, an deren Einbürgerung Österreich eigentlich Interesse haben sollte. Insoferne scheint es verfehlt, diese Personengruppe gegenüber Personen schlechterzustellen, die etwa im Rahmen des Familiennachzugs sofort mit einer Niederlassungsbewilligung nach Österreich gelangen und nach spätestens 10 Jahren die Staatsbürgerschaft beantragen können.

 

Wenn der Gesetzgeber schon auf eine Niederlassung unmittelbar vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft besteht, so wäre es sinnvoll, die Zeiten der Innehabung einer Aufenthaltsbewilligung dennoch vollständig anzurechnen. So wäre aus Sicht des Gesetzgebers einerseits garantiert, dass etwa ausländische Studierende nicht durch einen zehnjährigen Studienaufenthalt einen Anspruch auf Staatsbürgerschaftsverleihung erwerben können, umgekehrt wäre die für Österreich wichtige Gruppe qualifizierter Zuwanderer, die oft schon Jahre in Österreich zur Ausbildung verbracht hat, gegenüber anderen Einwanderergruppen gleichgestellt.

 

Weiters ist es vorstellbar, das im NAG verankerte Konzept der Intergationsvereinbarung weiterzuführen und von einer starren 10-jährigen Wartezeit abzugehen. Auf dem Regelfall von 5 Jahren bis zur Erfüllung der Integrationsvereinbarung aufbauend wäre dann die Verleihung der Staatsbürgerschaft "5 Jahre nach Erfüllung der Integrationsvereinbarung" vorzusehen.

 

Zu §10 (1) Z.2

 

Zu kritisieren ist, dass der Gesetzgeber keinerlei Differenzierung oder Abwägung trifft, welche Verurteilungen dazu führen sollen, dass einem Fremden der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft verwehrt ist. Das alleinige Abstellen auf „Verurteilungen aufgrund Vorsatztaten durch ein in- oder ausländisches Gericht“ erscheint zu simpel und wird einer sachlichen Gleichbehandlung der Antragsteller nicht gerecht.

 

Wünschenswert wäre dabei etwa eine Differenzierung nach bedingten/unbedingten Verurteilungen bzw. nach der Höhe der Freiheitsstrafe, zu der ein Antragsteller verurteilt wurde. (vgl. FPG)

 

Überdies gibt es im österreichischen Strafrecht zahlreiche Vorsatztaten, bei deren Begehung es übertrieben scheint, eine Sperre für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorzusehen.

 

Es ist abschließend auf die Verletzung zweier völkerrechtlicher Übereinkommen hinzuweisen:

 

1.      Art. 1 Abs 2 Z c des internationalen Übereinkommens zur Vermeidung von Staatenlosigkeit sieht vor, dass der jeweilige Vertragsstaat bei im Bundesgebiet geborenen Personen die Verleihung der Staatsbürgerschaft nur davon abhängig machen kann, dass der Betroffene weder wegen einer strafbaren Handlung gegen die nationale Sicherheit schuldig erkannt noch wegen einer gemeinen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt worden ist.

2.      Die im Vorbehalt zu Art. 6 (2) lit. b des Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit, BGBl. 39/2000 vom 6.4.2000 selbst konkretisierte völkerrechtliche Vereinbarung, dass ein Ausschluß vom Erwerb der Staatsangehörigkeit erst bei zumindest fünfjähriger Verurteilung aufgrund einer Vorsatztat nach dem Strafgesetz vorgesehen ist, wird ebenfalls mit der Novellierung gebrochen.

 

Zu §10 (1) Z.5

 

In den EB wird diese Forderung mit einer gleichlautenden Bestimmung im NAG begründet. Im NAG wird allerdings in §11(3) der Versagungsgrund des §11(2) Z.5 durch berücksichtigungswürdige Gründe nach Art.8 EMRK durchbrochen; dies fehlt hier und sollte ergänzt werden.

 

Zu §10 (2) und §6 (1) Tilgungsgesetz

 

Aufgrund der in der Behördenpraxis auftretenden Ignorierung der Tilgung ist als Folge dieser Regelung eine Zunahme an Höchstgerichtsbeschwerden zu erwarten. Ein Verweis auf die Tilgungsfristen und ggf. die 2 Jahre nach Tilgung gesetzlich geregelte Löschung wäre zur Vermeidung unnötiger Verfahren empfehlenswert.

 

Es ist abermals darauf zu verweisen, dass mit Entfall von § 14 und der hier vorgeschlagenen Regelung, die einen Ausschluß vom Erwerb der Staatsangehörigkeit bei jeglicher Verurteilung aufgrund einer Vorsatztat nach dem Strafgesetz vorsieht, die im Vorbehalt zu Art. 6 (2) lit. b des Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit, BGBl. 39/2000 vom 6.4.2000, konkretisierten völkerrechtlichen Vereinbarungen genauso bricht wie das internationale Übereinkommen zur Vermeidung von Staatenlosigkeit.

 

Zu §10 (2) Z.1

 

Wenn die Voraussetzungen des §60 (2) vorliegen, ist eine Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde gegeben; ein "Parallelverfahren" durch die im Staatsbürgerschafts­verfahren zuständige Landesregierung würde bloß zu Kompetenzkonflikten bzw. Mehraufwand auf Seiten der Staatsbürgerschaftsbehörden führen und wäre nur bei Untätigkeit der Fremdepolizeibehörde zu führen. Weshalb eine Dienstpflichtverletzung der Fremdenpolizeibehörde auf diese Weise saniert werden soll, ist nicht nachvollziehbar und entwertet die Kostenabschätzung.

 

Zu §10(2) Z.5

 

Das Abstellen auf die Erlassung einer Ausweisung wird den vorhandenen Regelungen des Fremdenrechtspakets nicht gerecht: Sollte die Ausweisung gem. §54 FPG nicht "sanierbar" sein, ist durch die Unterbrechung des Aufenthalts in Österreich die Anwartschaft ohnehin verloren. Wird allerdings ein Antrag auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltsbewilligung wegen eines (zum Zeitpunkt der Entscheidung) vorliegenden Versagungsgrunds abgelehnt und eine Ausweisung verfügt, kann der Versagungsgrund unter Umständen rasch ausgeräumt werden; in diesem Fall wäre der Rechtsschutz im Aufenthaltsverfahren bedenklich bedroht, wenn ein Fremder, der unmittelbar vor dem Erwerb der Anwartschaft zur Verleihung der Staatsbürgerschaft steht, seine gesetzlichen Rechte nicht mehr wahrnehmen soll, um einer Erlassung einer Ausweisung zu "entgehen".

 

Zu 10 (2) Z 6

 

Diese gegen den internationalen Terrorismus gerichtete Formulierung scheint im Staatsbürgerschaftsgesetz sinnlos und verfehlt: Die Gefährdung der nationalen Sicherheit besteht wohl im Aufenthalt, Maßnahmen sind folgerichtig bereits im FPG 2005 vorgesehen worden. Von der Formulierung her ist zu hinterfragen, wie sich nach Auffassung des Gesetzgebers ein „Naheverhältnis“ zu einer terroristischen Organisation gestaltet. Jedenfalls fällt unangenehm auf, dass offenbar bloße Mutmaßungen, jemand könnte mit Terror zu tun haben, zu einem Ausschluß der Verleihung der Staatsbürgerschaft dienen soll.

 

Sofern derjenige tatsächlich mit einer kriminellen Organisation in Verbindung steht bzw. sich selbst an kriminellen Operationen beteiligt, bietet die fremdenrechtliche Gesetzgebung genügend Grundlagen, sogar den Aufenthalt einer solchen Person zu beenden. Sofern derjenige bereits gerichtlich verurteilt wurde, ist der Erwerb der Staatsbürgerschaft ohnehin nicht vorgesehen. Im übrigen bietet alleine der Ermessensspielraum, den die Behörde bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft hat, genügend Möglichkeiten, um solche Sachverhalte zu berücksichtigen.

 

Zu §10 (4)

 

Unzumutbar ist es, dass für NS- Verfolgte einerseits nur von den Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer bzw. der Überprüfung von Sprache und Integration eine Ausnahme vorgesehen ist, andererseits nicht einmal diese Ausnahmeregelung sich auf einen Rechtsanspruch stützt sondern nur eine Ermessenseinräumung an die Behörde zur Folge hat.

 

Dass etwa NS-Verfolgte aufgrund mangelnder Unterhaltsmittel (in der Vergangenheit) die österreichische Staatsbürgerschaft nicht erwerben können, ist ebenso zynisch wie dass einer Behörde im Rahmen ihres Ermessens überhaupt die Möglichkeit eingeräumt wird, NS-Vertriebene im Rahmen eines Tests auf ihre Deutschkenntnisse und ihre Integration im Bundesgebiet zu prüfen.

 

Um derartige Peinlichkeiten zu vermeiden, wird vorgeschlagen, die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet sowie den Deutsch- und Integrationstest bei NS - Vertriebenen zwingend außer acht zu lassen.

 

Weiters wird vorgeschlagen, in Bezug auf den gesicherten Lebensunterhalt in Österreich der Behörde in solchen Fällen zumindest ein Entscheidungsermessen einzuräumen.

 

Zu §10 (5)

 

Wenn die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ein Kriterium für den Ausschluß des Zugangs zur Staatsbürgerschaft sein soll, kann aufgrund der unterschiedlichen Richtsätze der Länder nicht auf die Richtsätze des ASVG abgestellt werden, sondern muß auf die Richtsätze der Länder abgestellt werden.

 

Weiters ist der Betrachtungszeitraum von drei Jahren willkürlich. Wenn aufgrund einer hinreichend langen Versicherungszeit temporär Notstandshilfe/Sondernotstandshilfe nach dem AlVG gewährt wurde, danach die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß stattgefunden hat, so ist dies unter den aktuellen Bedingungen des Arbeitsmarkts keinesfalls ein Indiz für eine offensichtlich vermutete "Unwürdigkeit" zum Erwerb der Staatsbürgerschaft, sondern eine bedauerlicherweise öfter vorkommende "Zeiterscheinung". Notstandshilfe ist als Leistung nach dem AlVG auch nicht mit Sozialhilfe gleichzusetzen, womit der Vergleich zu § 18 Abs. 5 NAG ins Leere geht. Eine dreijährige Wartezeit nach Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt scheint deshalb unangemessen, eine Verkürzung dieser Wartezeit auf 6 Monate bzw. das Einräumen eines Ermessensspielraums für die Staatsbürgerschaftsbehörden wäre hingegen realitätsnäher.

 

Zu § 10a (1) und (4)

 

Die Ausnahmeregelung für Verleihungen gem. §10 (6) auf die Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung zu erstrecken ist äußerst bedenklich und scheint ein Redaktionsversehen zu sein.

 

Wenn der Gesetzgeber schon die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die vorhergehende Absolvierung eines Tests binden möchte, wäre vorzuschlagen, diese zumindest bundeseinheitlich zu gestalten.

 

Kenntnisse der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslands durch eine Prüfung im Ermessen der Länder nachweisen zu lassen ist geeignet, rechtlich unhaltbare weil unsachliche unterschiedliche Interpretationen herbeizuführen. Der Hinweis auf die Zeitgeschichte in den erläuternden Bemerkungen ist im Kontext mit dem Verweis auf die Lehrpläne der 4. Klasse Hauptschule ungeeignet, da die schulische Praxis zeigt, daß gerade die jüngste Geschichte sehr unterschiedlich behandelt wird. Es wird hingegen vorgeschlagen, eine - mit weniger Lokalkolorit behaftete - Grundkenntnis von "Staatsbürgerschaftskunde" zu definieren.

 

Sollen Kenntnisse der deutschen Sprache und der Geschichte bei Einbürgerungen im Interesse der Republik aufgrund von besonderen Leistungen des Fremden nicht gefordert werden, wäre in der Folge eine Verleihung gem. § 11a (4) Z. 4 entsprechend der Ausnahme gem. § 10 (6) ebenfalls von der vorgeschlagenen Prüfungsregelung auszunehmen.

 

Zu § 10a (2)

 

Die jedenfalls entsprechend gebildeten bzw. im Interesse der Republik zugewanderten Schlüsselkräfte einer Sprachprüfung auf Hauptschulniveau zu unterziehen, ist wohl nur als Peinlichkeit zu sehen und sollte im Interesse der Attraktivität Österreichs für hochqualifizierte Zuwanderung unterbleiben. Die Überlegungen sind ja offensichtlich bereits in der Gesetzeswerdung des NAG eingeflossen und sollten nicht vergessen werden. Ähnliches gilt für Personen, die laut NAG von der Integrationsvereinbarung aufgrund ihrer Universitätsreife ausgenommen sind.

 

Im allgemeinen ist darauf hinzuweisen, dass die Überprüfung von Deutschkenntnissen im Rahmen der Staatsbürgerschaftsverleihung insoferne eine Doppelgleisigkeit darstellt, als die Überprüfung ausreichender Deutschkenntnis ohnehin bereits im Rahmen der Integrationsvereinbarung erfolgt. Zu überlegen wäre unserer Ansicht nach, die Überprüfung ausschließlich auf Staatsbürgerschaftskunde zu beschränken, da für die positive Absolvierung einer solchen Überprüfung ausreichende Deutschkenntnisse ohnehin eine Grundvoraussetzung sind.

 

Zu § 10 (3)

 

Die offensichtlich am momentanen Schulerfolg erstellte Prognose, ob Minderjährige den Hauptschulabschluß erreichen werden, ist unsachlich und sollte somit unterbleiben. Es wird davon ausgegangen, daß diese Bestimmung gemäß den bereits getätigten Aussagen der Bundesministerin für Inneres novelliert wird und eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Frage nicht mehr erforderlich ist.

 

Zu § 11

 

Der Versuch der Konkretisierung des "öffentlichen Interesses" ist an sich begrüßenswert, die gewählten Formulierungen bieten allerdings keine wesentlich konkreteren Maßstäbe.

 

Zu §11a (1)

 

Der Ansatz, die derzeit zersplitterte Regelung der Verleihung der Staatsbürgerschaft an Ehegatten von Staatsbürgern zu vereinheitlichen, kann gefolgt werden; nicht nachvollziehbar ist allerdings die deutliche Anhebung der geforderten Ehedauer bzw. des Aufenthalts:

Grundlagen.

 

Die Idee, die zu einer eigenen Regelung für Ehegatten von Staatsbürgern führt, kann wohl nur die - richtige - Annahme sein, daß Integration durch die Partnerschaft rascher stattfindet, Ungleichbehandlungen z.B. bei gemeinsamen Reisen, die bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit des reisenden Ehepaares bürokratischen Mehraufwand bis zu grotesken Situationen führen können, und Auswirkungen unterschiedlicher Rechtsrahmen auf das Familienleben, unter denen gemeinsame Kinder leiden können, minimiert werden sollen.

 


Zur Ehedauer

 

Im Vergleich zu anderen europäischen demokratischen Staaten ist die Forderung nach fünfjähriger Ehedauer um ein Vielfaches höher. Vergleicht man mit dem Bleiberecht von Drittstaatsangehörigen von Drittstaatsbürgern, das ebenfalls nach fünfjähriger Ehe eintritt, ist diese Forderung eine Gleichbehandlung von Ungleichem. Lebt ein österreichischer Staatsbürger mit seinem/ihrem Drittstaats-Ehegatten in einem anderen Unionsstaat, ist nach dreijährigem Aufenthalt ein Bleiberecht (z.B. nach dem Tod des Gatten mit Unionsbürgerschaft) gegeben; da der Drittstaats-Ehegatte zu dem Zeitpunkt keinerlei Anspruch auf einen Aufenthaltstitel in Österreich erworben hätte, träte folgende jedem Integrationsgedanken spottende Situation ein:

Der Drittstaatsbürger - ggf. mit ehelichen Kindern, die die österr. Staatsbürgerschaft besitzen - müßte fern der weiteren Familienangehörigen im jeweiligen Unionsstaat verbleiben, bis er nach Erwerb eines Daueraufenthaltstitels EU einen theoretischen Zugang nach Österreich hätte bzw. müßte er die Staatsangehörigkeit des betreffenden EU- Staats erwerben (was z.T. auch nach 5 Jahren möglich ist), um Enkel und Großeltern "zusammenführen" zu können.

 

Zur Aufenthaltsdauer

 

Nach 5 Jahren tritt sowohl Aufenthaltsverfestigung ein und muß die Integrationsvereinbarung erfüllt sein. Ein Abstellen auf längeren Aufenthalt ist somit sinnleer; zur Vermeidung der o.a. Gleichbehandlung von Ungleichem ist die starre Frist durch eine Erfüllung der Integrationsvereinbarung zu ersetzen.

 

Zusammenfassung

 

Es wird daher vorgeschlagen, den Erwerb der Staatsbürgerschaft nach dreijähriger Ehedauer und einem Mindestaufenthalt innerhalb der EU (in Nachbildung der Richtlinie 2004/38/EG: 1 Jahr), jedenfalls nach Erfüllung der Integrationsvereinbarung, zu ermöglichen.

Eine Verkürzung der Fristen bei Vorliegen von Sorgerechten/-pflichten für gemeinsame Kinder bzw. eine Verkürzung der erforderlichen Ehedauer bei Tod des Staatsbürgers wäre angebracht.

 

Zu §11a (4)

 

Wenn an dieser Stelle der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Personengruppen geregelt werden soll, die bislang in Umsetzung des Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit samt nationalen Vorbehalten von § 14 erfasst waren, fehlt die Gruppe der Personen, die vor Erreichen des 18. Lebensjahrs ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatten und spätestens zwei Jahre nach erreichen der Volljährigkeit die Staatsbürgerschaft beantragt.

 

Das Abstellen auf "Asylberechtigte nach dem Asylgesetz 2005" würde wohl eine nicht gerechtfertigte Wartezeit ab dem 1.1.2006 bedeuten, deren Sinn nicht erschließbar ist und ein solcher auch nicht in den erläuternden Bemerkungen behauptet wird. Es ist jedenfalls zu begrüßen, daß die Republik den bestehenden Vorbehalt zum Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit aufgibt.

 

Warum die Wartezeit für EWR-Bürger und Asylberechtigte erhöht werden soll, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft an EWR – Bürger war bislang mangels substanzieller rechtlicher Vorteile des Erwerbs der Staatsbürgerschaft für EWR-Bürger quantitativ unwichtig. Eine Verlängerung der Wartefrist ist somit ausschließlich eine Schikane für einen zahlenmäßig geringen Personenkreis, der die Staatsbürgerschaft meist nicht erwerben möchte, um rechtliche Vorteile zu erhalten sondern weil er sich mit der Republik verbunden fühlt.

 

Weiters ist auch im Lichte einer fortschreitenden Integration der EU die Verlängerung der erforderlichen Aufenthaltsdauer für EU-Bürger nicht nachvollziehbar

 

Der Entfall der Möglichkeit einer früheren Einbürgerung von Minderjährigen sowie von Personen, denen Asyl gewährt wurde, verhindert, daß die besonders schutzwürdige Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge rasch integriert wird. Diese Änderung sollte deshalb nochmals überdacht werden.

 

Sinnvoll wäre es weiters, die Bestimmung der Verleihung der Staatsbürgerschaft bei besonderen Leistungen gänzlich entfallen zu lassen und stattdessen auf eine Verleihung nach kürzerer Frist bei besonders integrierten Personen zu setzen. Dies würde auch dem der Integrationsvereinbarung innewohnenden Gedanken entsprechen, bei der Integration von Fremden in Österreich auf eine Mischung aus „Belohnungen“ und „Drohungen“ zu setzen, wäre insoferne mit dem Fremdenrechtspaket konsistent.

 

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Intention, der Fristzersplitterung im Staatsbürgerschaftswesen Einhalt zu gebieten, zwar grundsätzlich richtig ist, in diesem Entwurf allerdings auf einem Niveau vereinheitlicht wird, das gegenüber der geltenden Rechtslage eine Verschlechterung für sämtliche Gruppen darstellt und im internationalen Vergleich strengste Maßstäbe anlegt.

 

Zu §12

 

Es soll angeregt werden, die international auffällig hohe Wartezeit von 30 Jahren, die in Zukunft ohnehin schrittweise obsolet werden wird (die Erfüllung der Integrationsvereinbarung als Voraussetzung für den weiteren Verbleib im Bundesgebiet führt zwingend zu lit. b), auf 20 Jahre zu verkürzen.

 

Zu § 14

 

Der Entfall von Z 1 führt dazu, dass Personen, die im Bundesgebiet geboren wurden, keine andere Staatsangehörigkeit besitzen und jahrelang in Österreich aufhältig waren, beim Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht mehr begünstigt sind und zumindest bis zum 6. Lebensjahr staatenlos bleiben. Die Konkurrenz zur 1992 ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention und auch dem nationalen Aktionsplan für die Rechte von Kindern und Jugendlichen der Bundesregierung vom 22. 11.2004 wäre noch einmal zu prüfen.

 

Der Entfall der Z.5 wird von den neuen Bestimmungen nicht abgefangen; s. dazu die Anmerkungen zu §11a (4).

 

Zu § 15 (1) Z.3

 

Entgegen den im NAG weitgehend umgesetzten Regelungen für die Ableistung eines Militär- oder Ersatzdienstes wird hier eine starre 6-Monats-Frist eingeführt. Die idR längeren Zeiten der Erfüllung einer wie auch immer gearteten Dienstpflicht im Staat, dessen Staatsangehörigkeit die Betroffenen besitzen, würde durch die 20%-Regelung ohnedies geregelt. Ein Ausnahmetatbestand "Ableistung der Dienstpflicht" wäre hier aufzunehmen. Weiters sollte angedacht werden, überhaupt einen Auffangtatbestand zu schaffen, mit dem Personen, die aus berücksichtigungswürdigen Gründen (etwa vorübergehende Arbeit/Studium im Ausland) einen Auslandsaufenthalt in Anspruch nehmen, von dieser Regelung ausgenommen werden.

 

Zu § 15 (2)

 

In Umsetzung der höchstgerichtlichen Judikatur ist auch die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots wegen Wegfall der Gründe, die zur Erlassung geführt haben, unter dieser Bestimmung zu subsumieren. Die Interpretation der bereits bislang gleichlautenden materiellen Regelung durch die Staatsbürgerschaftsbehörden war in der Vergangenheit unbefriedigend und hat zu entsprechenden Erkenntnissen sowohl des VwGH als auch des VfGH geführt. Eine Klarstellung ist zur Vermeidung sinnloser Verfahren erforderlich.

 

Zu § 16 (1)

 

Die Wortwahl im ersten Satz "Die Verleihung ...kann ..zu erstrecken, wenn" ist ein Redaktionsversehen: Die Prüfung der Umstände findet bereits für die "Ankerperson" statt, ein Ermessen ist in der Folge systemwidrig.

 

Analog den Ausführungen zu § 11a (1) soll nur auf dreijährige Ehe, einjährigen Aufenthalt, die Erfüllung der Integrationsvereinbarung und den Ausschlußtatbestand des § 33 abgestellt werden.

Eine "bedingte Verleihung" mittels Zusicherungsbescheid, die auf Erfüllung der Integrationsvereinbarung abstellt, ist überlegenswert.

 

Zu §17

 

Wenn bereits beide Elternteile legal in Österreich aufhältig sind, ist die Forderung nach Niederlassung der minderjährigen Kinder (Verweis auf § 16 (1) Z.2 ein verzichtbarer Formalakt.

 

Zu § 20 (2) - dzt. keine Novellierung vorgeschlagen

 

Die Zeit, die die Entlassung aus der bisherigen Staatsbürgerschaft in Anspruch nimmt, kann die zweijährige Frist je nach Herkunftsstaat durchaus überschreiten. Auch kann innerhalb der 2-Jahres-Frist z.B. durch Erreichen der Volljährigkeit eine Erteilungs-/Erstreckungs­voraussetzung wegfallen, was zu sachlich nicht begründbaren Härtefällen führt, in denen durch die tatsächliche Verwaltungspraxis wiederholt Staatenlosigkeit erzielt wird. Es wird deshalb vorgeschlagen, diese Bestimmung dahingehend zu novellieren, daß zum Zeitpunkt der tatsächlichen Verleihung nur mehr die Erfüllung der Bestimmungen von §10 (1) Z. 2 bis 8 bzw. das Bestehen der Ehe geprüft wird, die Voraussetzungen für eine Erstreckung selbst als (weiterhin) erbracht gelten.

 

Zu § 28 (1) Z.2

 

Das Abstellen auf Gegenseitigkeit würde nur in solchen Fällen Wirkung entfalten, in denen die Verleihung einer fremden Staatsbürgerschaft an Österreicher ohne Zustimmung der Republik erfolgt. In diesen Fällen greift ohnedies § 33, weshalb dieses "Sanktionieren" des Verhaltens anderer Staaten verzichtbar ist. Ein Staatsbürger eines derartigen Staates, dem aufgrund von Z.1 die österr. Staatsbürgerschaft verliehen werden soll, kann ein derartiges Verhalten nicht beeinflussen, die Republik würde sich bloß selbst in ihrem Handlungsspielraum einschränken.

 

Zu § 28 (1) Z.4

 

Zunächst ist der Verweis auf "§27 (4)" in den erläuternden Bemerkungen ein Redaktionsversehen, da es in § 27 keinen Abs. 4 gibt.

 

Da die Z. 1 bis 3 additiv erfüllt werden müssen, ist das zusätzliche Abstellen auf das Kindeswohl eine Leerformel. Es wäre hingegen begrüßenswert, wenn die Z.4 mit "oder" angefügt wird; damit kann z.B. dem nationalen Grundverkehrsrecht Rechnung getragen werden, wenn dadurch ein Erbe nicht verloren geht und mangels Eigenberechtigung des Minderjährigen auch nicht verwertet werden kann.

 

Zu § 34 (1a)

 

Es wäre zu dokumentieren, ob derartige Fälle in meßbarer Zahl auftreten, die eine Rückführung in die "alte" Staatsbürgerschaft noch zulassen. Andernfalls erzeugt diese Regelung bloß Staatenlose. Es wäre jedenfalls zu ergänzen, daß eine Wiederaufnahme­bereit­schaft des Ursprungsstaates bestehen muß - sonst ist die wohl angestrebte Außer-Landes- Schaffung ja ohnedies nicht möglich.

 

Falls der Gesetzgeber tatsächlich überlegt, einen effizienten Mechanismus zu schaffen, um solche Verhaltensweisen zu sanktionieren, sollte das geltende Staatsbürgerschaftsrecht grundsätzlich in Richtung einer erleichterten Erlangung von Doppelstaatsbürgerschaften überdacht werden. Damit könnte in den genannten Fällen jedenfalls eine Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft vorgenommen werden ohne dadurch Staatenlose zu schaffen.

 

Zu §58c (1)

 

Das Abstellen auf § 10 (2) ist eine bürokratische Fleißaufgabe: Wenn gegen hochbetagte (mindestens in den 70ern stehende) vom NS-Regime Verfolgte aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet werden (wegen verfristeter Antragstellungen in fremdenrechtlichen Verfahren?), ist das wohl eine an Peinlichkeit nicht überbietbare Aktion, die durch ein - anhängiges - Verfahren zur Erteilung der Staatsbürgerschaft wohl raschest "saniert" werden muß, um den diplomatischen Schaden zu minimieren.