Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1565-1/05                                                          Wien, 17. Oktober 2005

Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem das Staatsbürger-

schaftsgesetz 1985 (StbG)

und das Tilgungsgesetz 1972

geändert werden;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMI-LR1300/0106-III/1/c/2005

 

 

An das

Bundesministerium für Inneres

 

Zu dem mit Schreiben vom 16. September 2005 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

I. Allgemeine Bemerkungen:

 

1. Der vorliegende Entwurf wurde bedauerlicherweise ohne vorherige Gespräche mit dem Bundesland Wien bzw. ohne Herstellung eines Einvernehmens ausgearbeitet und vorgelegt. Diese im derartigen Ausmaß bisher unübliche Vorgangsweise ist umso bedauerlicher, als die beamteten LändervertreterInnen in Erfüllung von Beschlüssen der Landeshauptleute- und der Landesamtsdirektorenkonferenz bereits seit einiger Zeit gemeinsam erfolgreich bemüht sind, hinsichtlich Straffung der Verleihungsverfahren neue Standards zu erarbeiten und ihnen dies auch bereits in einigen Bereichen gelungen ist.

 

2. Ein wesentliches Kriterium und auch Abschluss der Integration eingewanderter Menschen ist die Herstellung von Rechts- und Chancengleichheit, die eben nur im Wege der Einbürgerung zu erreichen ist.

Österreich hat bereits derzeit, was den rechtlichen Zugang zur Einbürgerung betrifft, im europäischen Vergleich eines der strengsten Staatsbürgerschaftsgesetze. Dies vor allem im Hinblick auf seine langen Wohnsitz- bzw. Einbürgerungsfristen.

Die Hauptwohnsitz- bzw. Aufenthaltsfrist von zehn Jahren ist in keinem der alten EU-Staaten länger[1]: Den selben Mindestaufenthalt verlangen nur Griechenland, Italien, Spanien und Portugal, während etwa in Belgien die Einbürgerung schon nach drei, in Irland nach vier und in Frankreich, Luxemburg, Großbritannien und den Niederlanden schon nach fünf Jahren möglich ist.

Von den derzeit noch bestehenden Möglichkeiten der Einbürgerung nach vier Jahren (Konventionsflüchtlinge, EWR-BürgerInnen und Minderjährige mit einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund) bzw. nach sechs Jahren, etwa bei nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration, wurde bereits in den vergangenen Jahren von den Landesregierungen nur in verhältnismäßig wenigen Fällen Gebrauch gemacht.

 

3. Die geplanten Maßnahmen werden als so genannte „Reformen“ zur Verwaltungsvereinfachung ausgewiesen, die auf eine Vereinheitlichung der Einbürgerungspraxis in den Bundesländern abzielen sollen. Dieser Absicht bzw. diesem angeblichen Reformprinzip sowie auch dem Legalitätsprinzip widersprechen sowohl

·        die Einführung weiterer unbestimmter Rechtsbegriffe im geplanten § 11,

·        als auch die den 9 Landesregierungen überantwortete Gestaltung und Durchführung der schriftlichen Prüfungen zu den Deutsch- und Integrationskenntnissen - mit insgesamt dann 9 Verordnungen - im § 10a

krass.

4. Bezüglich der Auswirkungen auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich ist festzuhalten, dass der gegenständliche Entwurf nahtlos an das bisherige restriktive Einwanderungsregime in Österreich anschließt.

Dieses Einwanderungsregime stellte aber schon bisher einen Hemmschuh bei der Entwicklung Wiens zu einem international konkurrenzfähigen Forschungs- und Entwick‑

lungsstandort dar. Auch nach dem vorliegenden Entwurf können durch das restriktive Regime der Zuwanderung beispielsweise Studenten, die eine hohe Qualifikation aufweisen, nicht eingebürgert werden.

Auch erschweren die beabsichtigten Änderungen im Staatsbürgerschaftsgesetz die Integration von in Österreich lebenden AusländerInnen weiter. Folgt man den Kriterien internationaler Rankinginstitutionen, dann trägt aber gerade ein offenes, integrationsfreundliches Klima wesentlich zur Attraktivität eines Standortes für internationale InvestorInnen bei. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass sich durch die gegenständlichen Regelungen die Attraktivität des Standortes Österreich verschlechtern wird. Dies betrifft leider aber primär Wien, als Zentrum der österreichischen humankapitalintensiven F & E - Aktivitäten.

 

5. Besondere Restriktivität Fremden gegenüber ist auch durch die Einführung einer von diesen zu erbringenden schriftlichen (Integrations)Prüfung festzustellen, statt wie bisher in mündlicher Form in einem Gespräch die in einer realistischen Art und Weise erworbenen Sprachkenntnisse darlegen zu können.

Nicht nur, dass allen Personen ein Zwang auferlegt wird, sich tatsächlich einer besonderen und zum Teil existenzentscheidenden Prüfung zu unterziehen, wird bei dieser schriftlichen Testung überdies auf ganz spezifische Situationen, wie Alter, Krankheit, Analphabetentum oder das Aufwachsen und die Sozialisation in einem Raum mit nicht lateinischer Schrift (etwa Asien, Israel oder dem arabischen Raum ) nicht Rücksicht genommen. Diesem Personenkreis wird durch das erst mühsame Erlernen von Schrift oder das Umlernen noch eine zusätzliche Hürde in den Weg gestellt.

 


II. Zu den Kosten des Vollzugs im Hinblick auf § 10a (schriftliche Prüfungen):

 

Ausgehend von rund 16.000 Einbürgerungen im Jahr 2004, vermindert um rund 2.000 BewerberInnen, welche voraussichtlich von der Prüfung ausgenommen sind (unmündige und nicht handlungsfähige Personen) bleiben etwa 14.000 zu prüfende Personen. Da auch mehrmalige Wiederholungen von Prüfungen sowie Verhinderung

durch Krankheit usw. zu berücksichtigen sind, ist von zumindest rund 20.000 Prüfungen pro Jahr auszugehen. Bei 200 Arbeitstagen ergibt dies rund 100 Prüfungen pro Tag.

Die Prüfungszeit pro Person ist mit 3 Stunden anzunehmen (inklusive Begrüßung, Einchecken mit Ausweiskontrolle, Einweisung am PC, Training am Touch Screen, Entrichten der Gebühren). Während dieser Zeit wäre eine Betreuung durch eine oder mehrere Personen erforderlich.

 

Prüfungen in diesem Umfang sind im Hinblick auf die große Anzahl von Personen in der Praxis am ehesten mittels PC-unterstützten Multiple-Choice Tests durchführbar. In diesem Fall erfolgt auch die Auswertung der Testergebnisse durch das entsprechende Computerprogramm. Dies hat den wesentlichen Vorteil, dass Diskussionen über die Lesbarkeit und Verständnis von (hand-)schriftlich verfassten Antworten oder auch von angekreuzten Antwortmöglichkeiten unterbleiben können. Weiters unterbleibt die aufwändige Auswertung durch eigens nur dafür notwendige Personen bzw. reduziert sich dies auf Einzelfälle.

Zu berücksichtigen sind allerdings auch besondere Anforderungen, Adaptierungen für körperbehinderte bzw. blinde Menschen, da diese nicht handlungsunfähig sein müssen und somit von der Prüfung nicht ausgenommen wären.

 

Mehraufwand im Einzelnen:

 

1. Zusätzliches Personal:

9,5 geschulte Personen insgesamt, davon

·        3 AmtsgehilfInnen (Vollzeit) für die Beaufsichtigung der Prüfungen, Ausweiskontrolle, Handys, notwendige erste Einschulung für Personen ohne PC-Kennt‑ nisse usw.

·        2 Personen des Kanzleidienstes 1 C, 1 D (Vollzeit) für die Terminkoordination der Prüfungen

·        1 Kassakraft D  (Vollzeit) für die Einhebung von Gebühren für erste und weitere Antritte, Verrechnung von Lernmaterialien, CD´s

·        1 ReferentIn B (Vollzeit) gerechnet auf alle ReferentInnen für zusätzlichen Verfahrensaufwand bei negativen Erledigungen, weitere Verfahrensschritte im Staatsbürgerschaftsverfahren

·        2 EDV-BetreuerInnen C (Vollzeit), für Reparatur, Wartung der PC´s, Touch Screens und der Programme

·        1 A (Halbzeit) für Beurteilung der Prüfung in strittigen Fällen, negative Erledigungen mit Bescheid.

 

2. Computerprogramm, EDV-Kosten:

 

Für die benötigte Hard- und Software sind einmalige Kosten von ca. 180.000 EUR und jährliche Wartungskosten von ca. 15.000 EUR zu veranschlagen.

 

Außerdem würde eine Verzögerung bei bereits geplanten, wichtigen EDV-Projekten eintreten (um zumindest ein halbes Jahr) und würden dadurch sowie durch die notwendige Handynetz-Störung im Prüfbereich weitere Kosten von insgesamt ca.
12.000 EUR für das Land Wien entstehen.

 

3. Prüfungsräume und Büroräume für Mitarbeiter:

 

Die zusätzlich zu mietende Fläche von 700 m2 á 11 EUR/Monat = 7.700 EUR/Monat für 4 Räume zu je 25 Personen (PC-Plätze), Gangflächen, Toiletten, Wartebereich, Kinderbetreuungsbereich und Büroräume für zusätzliche Mitarbeiter.

 

4. Sonstige Kosten:

 

Kinderbetreuung 1 mal pro Woche für StaatsbürgerschaftswerberInnen, die keine private Kinderbetreuungsmöglichkeit für ihre Kinder während der Prüfung haben.

Auf Grund des beträchtlichen finanziellen Mehraufwandes wurde auch vom Land Wien der Konsultationsmechanismus ausgelöst.

 

III. Zu den einzelnen Bestimmungen:

 

Zu Artikel 1 Z 1 (§ 10 Abs. 1 und 2):

 

Zur 10-jährigen Aufenthaltsdauer in bestimmter Qualität ist Folgendes auszuführen:

Die allgemeine Einbürgerungsvoraussetzung eines zehnjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, welche im EU-Vergleich ohnehin zu den längsten Wartezeiten bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft zählt, soll dahingehend präzisiert werden, dass der Aufenthalt mindestens zehn Jahre rechtmäßig sein muss und fünf Jahre davon außerdem ein nach den fremdenrechtlichen Vorschriften besonders qualifizierter Aufenthalt
- eine Niederlassung - vorliegen muss.

 

Es darf auf folgende Vollzugsprobleme hingewiesen werden:

 

Schon die bisherige Praxis hat, nicht zuletzt infolge der Skartierung fremdenrechtlicher Akten gemäß § 100 Fremdengesetz 1997 - FrG, in Wien und in den Bundesländern oftmals erhebliche Schwierigkeiten aufgezeigt, das durchgehende Vorliegen von Aufenthaltstiteln in den letzten 10 Jahren nachzuweisen. Die Schwierigkeit ergibt sich insbesondere dadurch, dass der gegenständliche Entwurf auf dem Fremdenrechtspaket 2005 aufbaut und Elemente des bis 31. Dezember 2005 geltenden Fremdengesetzes nicht einmal in Übergangsbestimmungen berücksichtigt werden.

 

Um unter Berücksichtigung der großen Anzahl der Verfahren in Wien eine Vollziehbarkeit dieser Bestimmung zu gewährleisten, müsste im Falle, dass eine Rückverfolgung in der Vergangenheit erteilter Aufenthaltstitel mangels bestehender Akten in Papierform oder einer lückenlosen EDV-Speicherung nicht gelingt, die Behörde bei Feststellung der Erteilung einer Verlängerung eines Aufenthaltstitels jedenfalls davon ausgehen können, dass der Aufenthalt davor rechtmäßig war, auch wenn eine Dokumentation der Titel im Einzelfall nicht möglich ist.

Als problematisch sind ebenfalls Lücken zwischen der Erteilung von Aufenthaltstiteln zu sehen. Fremden wurde nach der derzeit geltenden Rechtslage, wenn sie nach Ablauf ihres Aufenthaltstitels weiterhin niedergelassen blieben und die Voraussetzungen erfüllt haben, ein weiterer Aufenthaltstitel, beginnend mit dem Ausstellungsdatum, ausgestellt. Nach § 31 Z 2 des neuen Fremdenpolizeigesetzes - FPG hält sich ein/e Fremde/r allerdings nur dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn er/sie nach den Bestimmungen des neuen FPG zur Niederlassung oder zum Aufenthalt berechtigt ist. Widrigenfalls würde sie gemäß § 120 Abs. 1 FPG eine Verwaltungsübertretung begehen.

 

Die sich dadurch in der Praxis ergebenden Lücken zwischen den Aufenthaltstiteln könnten jedoch nach dem gegenständlichen Entwurf streng genommen nicht als ununterbrochener rechtmäßiger Aufenthalt gesehen werden und dadurch verlängert sich nach dem Wortlaut des Gesetzesentwurfes die Wartefrist der BewerberInnen, obwohl sie alle fremdenrechtlichen Voraussetzungen in der Vergangenheit erfüllt haben und der vorübergehende kurzfristige Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel ohnehin unter Strafsanktion steht.

 

Die Behörde müsste daher im Einzelfall zusätzlich prüfen, ob BewerberInnen ihre Anträge jeweils während der Gültigkeit des letzten Aufenthaltstitels gestellt haben und somit ihr Aufenthalt durchgehend rechtmäßig war. Die Prüfung dieser Voraussetzung stellt auch auf Grund der bisher geteilten Zuständigkeit zwischen dem Landeshauptmann und der Bundespolizeidirektion Wien (Fremdenpolizeiliches Büro) sowie den in den Bundesländern von den Bezirkshauptmannschaften geführten Verfahren einen immensen Verwaltungsaufwand dar, zumal dann in jedem Verfahren pro AntragstellerIn zumindest eine Anfrage an die zuständigen Behörden und vielfach eine Einsicht in den fremdenrechtlichen Akt erforderlich werden wird.

 

Eine Abfrage im erkennungsdienstlichen Informationssystem (EKIS) wird ebenso zu keiner befriedigenden Antwort führen, als in diesem nur der Zeitraum vom Tag der


Ausstellung bis zum Ablauf des Aufenthaltstitels erkennbar ist. Weiters werden innerhalb des Schengenraumes Reisepässe für gewöhnlich mit keinem Einreise- und Ausreisestempel mehr versehen. Außerhalb des Schengenraums werden diese erfahrungsgemäß nicht lückenlos von den Grenzkontrollstellen mit derartigen Stampiglien versehen, sodass es in der Praxis bei sichtvermerksfreier Einreise nahezu unmöglich ist, nachzuvollziehen, welche Zeiten eine Person im Ausland verbracht hat und ob die Einreise bzw. der Aufenthalt in einem bestimmten Zeitraum in der Vergangenheit rechtmäßig war oder nicht.

 

Hinsichtlich der in den vergangenen zehn Jahren erteilten Aufenthaltstitel sollte die gegenständliche Bestimmung derart adaptiert werden, dass von einem anrechenbaren rechtmäßigen Aufenthalt auszugehen ist, wenn der Aufenthaltstitel eines Bewerbers nach Ablauf eines bestehenden Titels ohne weitere aufenthaltsbeendende Maßnahmen verlängert wurde und dieser seinen Niederlassungswillen nicht aufgegeben hat.

 

Ein/e Staatsbürgerschaftswerber/in soll neben einem zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt davon zumindest auch fünf Jahre niedergelassen gewesen sein. Zur Niederlassung wird entweder ein Aufenthaltstitel nach dem 2. Teil, 1. bis 3. Hauptstück des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG herangezogen oder er muss sich entsprechend dem 2. Teil, 4. Hauptstück des NAG als EWR-Bürger oder Schweizer Bürger rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen haben. Der Aufenthalt mit einer Aufenthaltsbewilligung gilt somit nicht als Niederlassung.

 

BewerberInnen, die sich zwar bisher rechtmäßig und ununterbrochen zehn Jahre im Bundesgebiet aufgehalten haben, jedoch insbesondere

·        SchülerInnen, Studierende,

·        KünstlerInnen,

·        ForscherInnen sind oder

·        Personen, die eine unselbstständige Tätigkeit, welche vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (§ 1 Abs. 2 bis 4 AuslBG) ausgenommen ist, oder eine Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG ausüben[2],

bliebe, auch wenn sie sich persönlich integriert und etwa einen großen Teil ihres Lebens in Österreich verbracht haben, die österreichische Staatsbürgerschaft entweder gänzlich verwehrt oder müssten diese Personengruppen im Falle eines möglichen Umstieges auf eine Niederlassungsbewilligung jedenfalls mit einer deutlich längeren Wartefrist entsprechend des § 10 Abs. 1 Z 1 des Entwurfs rechnen.

 

Zusammenfassend sollte auch das Abstellen auf die Qualität des Aufenthaltstitels zusätzlich zum 10-jährigen rechtmäßigen Aufenthalt überdacht werden.

 

Auffallend ist weiters, dass im Falle der Verleihung gemäß § 10 Abs. 1 StbG der rechtmäßige Aufenthalt mit Legitimationskarte nicht ausreicht, im Gegensatz dazu bei einer Erstreckung der Verleihung gemäß § 16 StbG auf Ehegatten oder § 17 StbG auf minderjährige Kinder im § 16 Abs. 1 Z 2 lit. c des Entwurfs diese ausdrücklich angeführt ist.

 

Zu § 10 Abs. 1 Z 5:

 

Der Begriff der Völkerrechtssubjektivität weist insofern Unschärfen auf, als er eine Grauzone enthält (vgl. Neuhold Hummer Schreuer „Österreichisches Handbuch des Völkerrechts RZ 8).

Da insbesondere auch die transnationalen Unternehmen (Multis-TNC) über eine funktionell beschränkte Völkerrechtssubjektivität verfügen (ebendort, RZ 968), führt die geplante Bestimmung dazu, dass jedenfalls zu prüfen sein wird, ob durch die Einbürgerung (ehemaliger) MitarbeiterInnen dieser Unternehmen (z. B. ManagerInnen, VorstandsdirektorInnen sowie Angestellte), die wirtschaftlichen Beziehungen der Republik zu diesen oder anderen (Konkurrenz) Unternehmen nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Dadurch kann es im Einzelfall zu erheblichen Differenzierungen zwischen EinbürgerungswerberInnen auf Grund ihrer aufrechten bzw. unter Umständen schon lange zurückliegenden Beschäftigungsverhältnisse kommen. Die Aufnahme transnationaler Unternehmen (Multis-TNC) in die Bestimmung im Umweg der Völkerrechtssubjektivität ist daher jedenfalls als unsachlich abzulehnen und hat daher zu unterbleiben.

 

Im letzten Absatz der Erläuterungen wird auf § 10 Abs. 1 Z 5 Bezug genommen. Inhaltlich beziehen sich die Erläuterungen aber auf § 10 Abs. 1 Z 6.

 

Zu § 10 Abs. 2 Z 1:

 

Selbst eine am äußersten Sinn des Wortlautes orientierte Auslegung dieser Bestimmung führt zu dem (wohl nicht beabsichtigten) Ergebnis, dass schon alleine das Vorliegen der im § 60 Abs. 2 FPG normierten bestimmten Tatsachen einen absoluten Ausschlussgrund bildet.

 

Die in den Erläuterungen vorgesehene Verpflichtung der Staatsbürgerschaftsbehörde, zusätzlich zu klären, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltsverbotes nach § 60 Abs. 2 FPG vorliegen (im Falle, dass kein fremdenpolizeiliches Verfahren anhängig ist) - offenbar soll nur dann von einem Ausschlussgrund auszugehen
sein? -, wurde nicht normiert.

 

So bilden zukünftig die mehr als einmal (wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbaren Handlungen) erfolgten rechtskräftigen Verurteilungen einen

Ausschlussgrund (§ 60 Abs. 2 lit. 1 FPG). Dies gilt auch im Falle des Vorliegens der in § 60 Abs. 2 Z 2 bis 4 angeführten Verurteilungen, Verwaltungsübertretungen bzw. Finanzvergehen. Auf Grund des fehlenden Verweises auf § 60 Abs. 3 FPG wären diese Strafen auch noch nach Tilgung zu berücksichtigen. Auch das Vorliegen der bestimmten Tatsachen nach § 60 Abs. 2 Z 5 bis 14 würde zeitlich unbegrenzt ein Einbürgerungshindernis bilden und ebenso wie die im § 60 Abs. 2 Z 1 bis 5 FPG angeführten Bestrafungen EinbürgerungswerberInnen auf ewig von einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ausschließen.

 

Zu § 10 Abs. 2 Z 6:

 

Hier handelt es sich um eine Bestimmung, die auf Grund gänzlich unbestimmter Gesetzesbegriffe wohl dem Bestimmtheitsgebot widerspricht, und würde auch vom Verwaltungsgerichtshof - entsprechend den bisherigen Erfahrungen in der Praxis - kein einziger Fall einer darauf beruhenden Abweisung bestätigt werden.

 

Zu Artikel 1 Z 2 (§ 10 Abs. 4 und 5):

 

Die vorgeschlagene Neufassung der §§ 10 Abs. 1 Z 7 und 10 Abs. 5 StbG lässt eine unverschuldete finanzielle Notlage unberücksichtigt.

Die Erläuternden Bemerkungen sehen den Lebensunterhalt durch den Bezug von Notstandshilfe und Sondernotstandshilfe nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) nicht als hinreichend gesichert an.

Das Erfordernis des Bezuges regelmäßiger eigener Einkünfte während der letzten drei Jahre, ausgenommen Notstandshilfe oder Sondernotstandshilfe, wird angesichts der aktuellen Arbeitsmarktsituation für viele Menschen nun ein Ausschlusskriterium für den Erwerb der Staatsbürgerschaft. Entspricht es doch der Realität, dass bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage in Österreich viele Menschen gezwungenermaßen in prekären Arbeitsverhältnissen tätig sind, in denen das Risiko, auch länger arbeitslos zu werden, besonders hoch ist.

Damit wird das in Österreich erhebliche Armutsrisiko für MigrantInnen und damit auch für ihre Kinder mit dem nunmehr vermehrten Ausschluss von der Staatsbürgerschaft erhöht.

 

Menschen mit Behinderung, die ausländische Staatsangehörige sind, können einen Antrag auf „Nachsicht“ stellen, damit sie Leistungen der Behindertenhilfe erhalten können. Wenn sie Leistungen der Behindertenhilfe beziehen, können sie nach der Intention des vorliegenden Gesetzentwurfes also in der Regel den Lebensunterhalt nicht hinreichend sichern, da keine festen und regelmäßigen eigenen Einkünfte vorhanden sind. Menschen mit Behinderung dürften demnach nicht mehr österreichische StaatsbürgerInnen werden.

 

Nach der beabsichtigten Neufassung der oben zitierten Bestimmung wäre auch der Personenkreis der älteren StaatsbürgerschaftsbewerberInnen, die nicht mehr in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert werden können, keinen Pensionsbezug aufweisen und vermögenslos sind, vom Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft ausgeschlossen.

Gleiches gilt für kranke und behinderte Personen, die unverschuldet nicht in der Lage sind, aus eigener Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Dies widerspricht dem Gebot der Gleichbehandlung.

Der Gesetzgeber ist durch den Gleichheitssatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich müssen zu entsprechenden unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen führen (VfSlg. 8217, 8806).

 

Durch das Bundesverfassungsgesetz betreffend das Verbot rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973, wurde der Gleichheitssatz auch auf das Verhältnis der Ausländer untereinander ausgedehnt. Deren Ungleichbehandlung ist nur dann und insoweit zulässig, als ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist (vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg. 14.191).

 

Aus den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung des Entwurfes geht hervor, dass der Bundesgesetzgeber offenbar von einer Personengruppe ausgeht, die im erwerbsfähigen Alter und auch arbeitsfähig ist. Diese Voraussetzungen treffen auf ältere, kranke und behinderte Personen eben nicht zu. Eine Gleichbehandlung dieser Personengruppen im Staatsbürgerschaftsrecht mit den dem Gesetzgeber vorschwebenden gesunden und jungen Durchschnittsmenschen entbehrt jeder sachlichen Rechtfertigung und ist daher gleichheitswidrig.

Die vorgeschlagene Neufassung des § 10 Abs. 1 Z 7 StbG trifft auch keine Aussage darüber, ob Transferleistungen, beispielsweise der Bezug von Familienbeihilfe, bei der Beurteilung des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes zu berücksichtigen sind.

Auch die Erläuternden Bemerkungen enthalten darüber keine Aussage. Diese Frage lässt sich auch nicht durch Hinweis auf § 11 Abs. 5 NAG und die dazu bestehenden Materialien beantworten.

 

Somit ist aus Sicht des Amtes der Wiener Landesregierung die bisherige Regelung vorzuziehen, die der Behörde eine verfassungskonforme, wenn auch aufwändige, Einzelfallabwägung ermöglicht. Dadurch können auch weiterhin ungerechtfertigte Härten oder Ungleichbehandlungen vermieden werden.

 

Zu Artikel 1 Z 3 (§ 10a):

 

1. Zur Verordnungsermächtigung der Landesregierungen:

Die geplante Fassung des § 10a StbG verpflichtet die Bundesländer, per Verordnung geregelte, schriftliche Prüfungen abzuhalten. Damit wird das vorgebliche Ziel der StbG-Novelle, eine Vereinheitlichung der Vollziehungspraxis der Länder zu erreichen, konterkariert. Ganz im Gegenteil wird mit einer österreichweit uneinheitlichen Vollziehung zu rechnen sein und folglich wird es zu einer vehement abzulehnenden Rechtszersplitterung kommen.

 

2. Nach der vorgeschlagenen Neufassung des § 10a StbG müssen die Kenntnisse der deutschen Sprache, Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes - mit Ausnahme einer Verleihung im Staatsinteresse nach § 10 Abs. 6 StbG - durch Ablegung einer schriftlichen Prüfung nachgewiesen werden.

 

Unbestritten ist, dass Sprachkenntnisse einen (wesentlichen) Bestandteil einer erfolgreichen Integration ausmachen, doch aus sprachwissenschaftlicher und didaktischer Sicht ist auch jene Kritik aufrechtzuerhalten, die schon früher an dem Instrument der Integrationsvereinbarung geübt wurde. Dies vor allem deshalb, weil „Die in der Erfüllung der Integrationsvereinbarung erfolgreich bestandene schriftliche Prüfung“ als Nachweis für die Kenntnis der deutschen Sprache anzurechnen ist.

 

Menschen leben in unterschiedlichen sozialen Verhältnissen und haben unterschiedliche sprachliche Bedürfnisse; dies gilt für alle, unabhängig davon, ob sie Deutsch als Erst- oder Deutsch als Zweit- oder Drittsprache sprechen, gleichermaßen. Ein einheitliches Niveau in allen Fertigkeitsbereichen vorzuschreiben und anschließend schriftlich abprüfen zu wollen, ist kontraproduktiv. Schon in der Integrationsvereinbarung kam es zu einer Fehlinterpretation des „Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens“, der nicht als Messlatte für gleichartige Sprachkenntnisse gelesen werden darf; diese Fehlinterpretation als Vorbedingung für die Erreichung der Staatsbürgerschaft noch einmal festzuschreiben ist nur die Fortschreibung eines einmal gemachten Fehlers.

 

Selbst eine erfolgreich abgelegte schriftliche Prüfung sagt wenig über die tatsächlichen sprachlichen Kompetenzen aus, die Menschen benötigen, um in Österreich zu leben. Viel wichtiger erscheinen hier Fertigkeiten wie Hörverstehen und Sprechen, also eine allgemeine Kommunikationskompetenz.

 

Das Format „schriftliche Prüfung“ hat zudem den Nachteil, dass mehr über die Fertigkeit der/des Einzelnen, Prüfungen zu bestehen, ausgesagt wird als über etwaige sprachliche Kompetenzen.

 

Auch ist es äußerst fraglich, wieso Kenntnisse (der Geschichte) des jeweiligen Bundeslandes für den Erwerb der (Bundes-)Staatsbürgerschaft erforderlich sein sollen.

Ein Abprüfen der österreichischen und bundeslandbezogenen Geschichte, in Anlehnung an den Lehrplan der 4. Klasse Hauptschule, ist als Gradmesser der Integration sicher nicht geeignet.

 

Demokratierelevantes Wissen für zukünftige StaatsbürgerInnen ist eine komplexe Materie. Dieses soll zu einem souveränen Umgang mit Rechten und Pflichten der/des Staatsbürgerin/s befähigen. Wissen um politische Parteien, BürgerInnenrechte, demokratische Verfahren, Wahlsysteme, Föderalismus, Geschichte der Migration, Verfassung etc., sind dabei wichtige Elemente.

 

All dies jedoch zwingend schriftlich überprüfen zu wollen ist nach Auffassung des Amtes der Wiener Landesregierung im Sinne einer sinnvollen Integration der falsche Weg. Hier gelten alle Bedenken, die schon beim Sprachteil zur schriftlichen Prüfung geäußert wurden, vollinhaltlich.

 

3. Das nach der nunmehr geplanten Fassung des § 10a StbG erforderliche Niveau an Deutschkenntnissen, um diese Einbürgerungsvoraussetzung zu erfüllen, orientiert sich weiters offenbar am gesunden jungen Menschen.

Es wurde wieder einmal auf kranke, alte oder schwache Menschen in unserer Gesellschaft nicht Bedacht genommen.

So gibt es keinerlei Ausnahmebestimmungen in der geplanten Regelung des § 10a StbG hinsichtlich schwer (körperlich und/oder geistig) behinderter oder sonst schwer kranker Personen, die aber nicht unter die Kategorie der „anderen selbst nicht handlungsfähigen Personen“ gemäß § 10a Abs. 3 StbG fallen.

Dies deshalb, weil es sich bei „nicht handlungsfähigen Personen“ gemäß § 21 ABGB um Personen handelt, „die aus einem anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle ihre Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen“.

Personen, die bloß einen Teil ihrer Angelegenheiten nicht selbst erledigen können
- so genannte „beschränkt handlungsfähige Personen“ (darunter fallen sehr viele behinderte und schwer kranke Personen) - sind hingegen von der Ausnahmebestimmung des § 10a Abs. 3 StbG nicht umfasst.

 

In diesem Zusammenhang wird auch auf die zu erwartenden Probleme der Analphabeten und jener Menschen, die in einer anderen Schrift sozialisiert worden sind, mit der Bewältigung einer schriftlichen Prüfung gemäß § 10a StbG aufmerksam gemacht. Ein bloßer Hinweis darauf, dass diese Personen ja Alphabetisierungskurse besuchen können, wird den Erfordernissen der Praxis nicht gerecht. Dazu wäre vorerst die Infrastruktur für solche Kurse (samt Kinderbetreuung) bereitzustellen und die Geldmittel für deren Einrichtung vorzusehen. Auch müsste hier verstärkt die besondere Lebenssituation von alten Personen oder durch Flucht traumatisierter Menschen von speziellen, darauf ausgerichteten Alphabetisierungskursen abgedeckt werden.

 

Ebenso dürfte es eine größere Gruppe an Personen geben, die an sich die deutsche Sprache gut sprechen und verstehen, auf Grund der besonderen Stresssituation einer schriftlichen Prüfung aber das normale „Leistungsniveau“ ihrer Deutschkenntnisse nicht nachweisen können (man denke diesbezüglich etwa an ältere Leute, welche schon seit Jahrzehnten keiner Prüfungssituation mehr ausgesetzt waren oder vielleicht sogar nie eine Schule besuchten). Für ältere MigrantInnen, die teilweise bereits lange hier leben und die Integrationsvereinbarung nicht erfüllen müssen, stellt die geplante  Fassung des § 10a StbG eine fast nicht überwindbare Hürde dar.

 

Das Amt der Wiener Landesregierung fordert daher, die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft (alte Menschen, Kranke, Behinderte, etc.), welchen bereits im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels durch ein amtsärztliches Gutachten bestätigt wurde, dass ihnen auf Grund des Alters bzw. Gesundheitszustandes das Eingehen der Integrationsvereinbarung nicht mehr zugemutet werden kann, im Rahmen des Verfahrens auf Erteilung einer Staatsbürgerschaft generell von einem derartigen Prüfungsnachweis einer Integration auszunehmen.

 

4. Von der Ablegung dieser schriftlichen Prüfung zum Nachweis der deutschen Sprache sind primär nur Kinder vor Erreichung der Schulpflicht und selbst nicht handlungsfähige Personen ausgenommen; außerdem schulpflichtige Minderjährige, die im letzten abgeschlossenen Schuljahr vor Antragstellung zum Aufsteigen in die nächste Klasse berechtigt waren. Andernfalls hätten sie eine schriftliche Prüfung abzulegen, und zwar auf dem Niveau der 4. Klasse Hauptschule.

 

Gemäß dem laut Entwurf geplanten Text des § 10a StbG bzw. den Erläuternden Bemerkungen hiezu müsste weiters jedes schulpflichtige Kind, das im letzten abgeschlossenen Schuljahr zum Aufstieg in die nächste Klasse nicht berechtigt gewesen ist, eine schriftliche Deutschprüfung gemäß § 10a Abs. 1 StbG ablegen. Diese hätte sich gemäß §10a Abs. 4 „auf Grundlage des Lehrplanes der 4. Klasse Hauptschule“ abzuspielen.

So müssten etwa schulpflichtige Zehnjährige, die durchgefallen sind (ebenso übrigens wie schulpflichtige Sechsjährige, die noch gar kein Schuljahr erfolgreich abschließen konnten!), daher eine Prüfung, die für 14-jährige vorgesehen ist, positiv absolvieren. Sonst würde die Einbürgerung wegen Nichtvorliegens der Einbürgerungsvoraussetzung gemäß § 10a StbG verwehrt werden müssen. Ebenso müssten paradoxerweise 16-jährige, die die Hauptschule bereits positiv abgeschlossen haben, neuerlich eine Prüfung (entsprechend dem Entwurf zwar nicht für die Deutschkenntnisse, aber hinsichtlich der sonstigen Integrationsnachweise, etwa Geschichtskenntnisse) gemäß § 10a StbG ablegen, da sie als 16-jährige ja nicht mehr schulpflichtig sind.

Auch berücksichtigt die vorgelegte Fassung des § 10a Personengruppen, wie Sechs- bis Neunjährige, welche in bestimmten Schultypen nur verbal bewertet werden und das Kriterium des „Aufsteigens“ hier gar nicht zum Tragen kommt, oder außerordentliche SchülerInnen oder junge Menschen, die Sonderschulen verschiedenster Art besuchen, nicht.

 

5. Weiters ist der Aufbau der geplanten Regelung des § 10a StbG in hohem Maße unsystematisch.

 

Abs. 1 legt die drei Teilbereiche der (für eine Verleihung der Staatsbürgerschaft) erforderlichen Nachweise fest. Nämlich sind dies jene

·        „der Kenntnis der deutschen Sprache“,

·        „von Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung“ sowie

·        „der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes“.

 

Auch Abs. 4 soll sich offenbar wieder auf alle drei Teilbereiche der erforderlichen Nachweise beziehen.

Abs. 2 trifft dazwischen bloß Regelungen bezüglich des Nachweises „der Kenntnis der deutschen Sprache“, nicht jedoch bezüglich der beiden anderen Teilbereiche.

Abs. 3 hingegen ist inhaltlich vollkommen unbestimmt:

In diesem Absatz werden drei Personengruppen - teilweise unter gewissen Bedingungen - „vom Nachweis der Integration“ befreit.

Vollkommen unklar ist, was unter einem solchen „Nachweis der Integration“ zu verstehen ist; es erfolgt an keiner Stelle (weder im Gesetz noch in den Erläuterungen) eine Definition dieses Begriffes.

Ist darunter die Gesamtheit aller in Abs. 1 festgelegten drei Teilbereiche der erforderlichen Nachweise zu verstehen? Oder ist bloß der Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache wie im Abs. 2 gemeint?

 

Diesbezüglich ergeben auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 10a StbG keine Klärung.

In deren vorletztem Absatz wird die „Ausnahme des Abs. 3“ angesprochen. Nach dem ersten Satz dieses vorletzten Absatzes der Erläuternden Bemerkungen zu § 10a StbG müssen Kinder vor Erreichen der Schulpflicht und selbst nicht handlungsfähige Menschen die „Deutschkenntnisse“ nicht nachweisen.

Andererseits müssen gemäß 2. Satz des vorletzten Absatzes der Erläuternden Bemerkungen zu § 10a StbG schulpflichtige Minderjährige, die im letzten abgeschlossenen Schuljahr zum Aufstieg in die nächste Klasse berechtigt gewesen sind, „ebenfalls keine Prüfung nach Abs. 1“ (obwohl - wie oben beschrieben - die Prüfung nach Abs. 1 eben nicht nur den Nachweis der Deutschkenntnisse, sondern alle drei Teilbereiche umfasst) ablegen.

 

6. Wenngleich ein Gesetz eine Regelung ausreichend zu bestimmen hat, ist durch die vorgeschlagene Fassung des § 10a StbG eine vollziehbare Regelung gänzlich misslungen. Somit ist diese Bestimmung eindeutig dem Bestimmtheitsgebot zuwiderlaufend.

 

Wünschenswert wäre es, dass die Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 4 Z 2 NAG (ein Absehen von der Erfüllung der Integrationsvereinbarung bei bestimmten Personengruppen) sinngemäß auch in der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle Berücksichtigung findet.

 

7. Entsprechend § 10a Abs. 2 StbG-Neufassung sollen die Kenntnisse der deutschen Sprache jedenfalls erfüllt sein, wenn der Antragsteller das Modul 2 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14 Abs. 5 Z 2 bis 5 oder 7 NAG erfüllt hat.

 

Zufolge § 14 Abs. 1 NAG dient die Integrationsvereinbarung der Integration der rechtmäßig auf Dauer oder längerfristig niedergelassenen Drittstaatsangehörigen.

Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung vermittelt den Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache und die Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich.

 

Entsprechend § 16 Abs. 1 Z 2 NAG enthalten die Kurse für das Modul 2 Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen alltäglicher Texte sowie von Themen des Alltags mit staatsbürgerschaftlichen Elementen und Themen zur Vermittlung der europäischen und demokratischen Grundwerte, die eine Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich ermöglichen.

 

Lediglich Lehrinhalte zur Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes sind vom Umfang des Moduls 2 der Integrationsvereinbarung nicht umfasst.

Nach Auffassung des Amtes der Wiener Landesregierung sollten die Nachweise der letztgenannten Kenntnisse ersatzlos gestrichen werden.

 

Durch die Erfüllung des Moduls 2 der Integrationsvereinbarung weisen AntragstellerInnen ihre Integration - was ja auch primär der Wille des Bundesgesetzgebers ist - ausreichend nach, sodass das Einlernen von zeitgeschichtlichen Fragen, beispielsweise etwa durch Abfragen eingelernter Jahreszahlen, deren Kenntnisse sowieso nur von kurzer Dauer sind, entbehrlich ist.

Eine Erhöhung der Integration ist dadurch jedenfalls nicht zu erwarten.

 

8. Die Abhaltung von Prüfungen im Umfang der vorgeschlagenen Fassung des § 10a Abs. 1 StbG würde einen erheblichen zusätzlichen Personal- und Sachaufwand bedeuten. Auf die diesbezüglichen Ausführungen zum finanziellen Mehraufwand wird verwiesen.

 

Bei 100 zu prüfenden Personen pro Tag würden voraussichtlich Gesamtkosten von weit mehr als 240.000,-- EUR pro Jahr erreicht werden. Somit wäre - bei Auslagerung der Aufgabe an eine externe Institution - eine EU-weite Ausschreibung durchzuführen, was eine Vorlaufzeit von mindestens einem drei viertel Jahr zusätzlich zur notwendigen Erlassung einer entsprechenden Verordnung erforderlich machen würde. Bei In-Kraft-Treten der Novelle am 1. Jänner 2006 ohne Übergangsbestimmung wären daher Einbürgerungen mangels Durchführung einer entsprechenden Prüfung bis auf Weiteres (2007) nicht möglich. Sollte der Bund die Ansicht vertreten, dass eine Auslagerung dieser Aufgabe (Abhaltung der schriftlichen Prüfungen) nicht möglich ist, so wird gefordert, die Möglichkeit der Auslagerung ausdrücklich im Gesetz zu verankern.

 

Wenn an einer Änderung der Feststellung der Deutschkenntnisse festgehalten wird, wird zur Lösung des Problems vorgeschlagen, den Nachweis der Absolvierung bzw. eine sonstige Erfüllung des Moduls 2 der Integrationsvereinbarung zur Darlegung der hinreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und der demokratischen Ordnung genügen zu lassen und den Nachweis der Geschichtskenntnisse - mangels Relevanz zum Nachweis einer gelungenen Integration - gänzlich zu streichen.

 

9. Die Neufassung des § 10a StbG wird daher vom Amt der Wiener Landesregierung zur Gänze abgelehnt und es wird besonders darauf hingewiesen, dass die derzeitige Regelung, wonach unter Bedachtnahme auf die Lebensumstände des/der Fremden entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache Voraussetzung für die Einbürgerung sind, praktikabel und lebensnah ist.

In der zuletzt geltenden Fassung des Fremdengesetzes und seiner Vorläufer wurde zum Teil das Vorhandensein von Deutschkenntnissen von der Behörde beurteilt oder waren vor der Einführung der Bestimmungen über die Integrationsvereinbarung Deutschkenntnisse überhaupt nicht Gegenstand eines fremdengesetzlichen (aufenthaltsgesetzlichen) Verfahrens, sodass dafür auch keinerlei Nachweise im Sinne eines Zeugnisses oder einer ähnlichen Unterlage vorgelegt werden können. Hinsichtlich schulpflichtiger Minderjähriger müsste - wie schon oben angesprochen - auf Besonderheiten im Schulsystem wie verbale Beurteilungen oder Dokumentationen, zusammenhängende Schulstufen, außerordentliche Schüler und dergleichen Bedacht genommen werden, wobei aber insgesamt bei Schülern und Personen, die eine österreichische Pflichtschule besuchen bzw. eine solche längere Zeit hindurch besucht oder abgeschlossen haben, wohl davon auszugehen ist, dass ein funktionierendes Pflichtschulsystem zur Kommunikation hinreichende Deutschkenntnisse vermittelt bzw. vermittelt hat.

 

Zu Artikel 1 Z 4 (§ 11):

 

Durch die vorliegende Novelle wird der Behörde nur scheinbar ein Ermessen eingeräumt, das de facto durch die Bindung an eine Vielzahl von zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen sowie von detailliert geregelten Einbürgerungshindernissen nicht gegeben ist. Dadurch hat der Bund die Möglichkeit des freien Ermessens gegenüber der bisherigen Rechtslage eingeschränkt und stellt dies einen massiven Eingriff in den Vollzugsbereich der Länder dar. Diese Vorgangsweise lässt keinen Ansatz einer modernen Verwaltungsführung erkennen. Diese Entwicklung ist daher aus föderalistischer Sicht abzulehnen.

 

Auf der anderen Seite liegt nun - de iure - jede Entscheidung (!) nach dem StbG im Ermessen der Behörde, somit auch in Feststellungsverfahren sowie in Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahren, bei denen bisher ein Rechtsanspruch bestand.

Aus dem Umstand heraus, dass die Verleihung im Ermessen aber gebührenrechtlich für die BewerberInnen teurer kommt als bei den bisherigen Rechtsansprüchen, wird diese weitere, sachlich unbegründete - hier auch finanzielle - Verschärfung abgelehnt.

 

Auch lässt die Formulierung „Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz“ offen, ob damit alle Erledigungen im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG gemeint sind, oder etwa nur Bescheiderlassungen.

 

Hier wird auch eine nähere Ausgestaltung des Begriffes „Integration“ versucht und auf „die Orientierung des Fremden am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich sowie an den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft“ abgestellt.

Diese Begriffe sind aber zur Gänze unbestimmt und würden willkürlichen Entscheidungen Tür und Tor öffnen. Eine vom Verwaltungsgerichtshof immer wieder geforderte nachvollziehbare, alle Umstände berücksichtigende Ermessensausübung wird damit in der Praxis unmöglich gemacht. Daher ist zu erwarten, dass der Verwaltungsgerichtshof nahezu alle (wenn noch möglich) abweisenden Ermessensentscheidungen beheben wird. Damit wird aber das Gegenteil einer angeblich gewünschten Verfahrensstraffung und Vereinheitlichung der Vollzugspraxis in den Bundesländern erreicht.

 

Überdies wird im § 10a StbG, Titel „Sprache und Integration“, unter Integration der Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache, von Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes verstanden. Wie diese Definition von Integration mit der Beschreibung im § 11 StbG in Beziehung steht, ist nicht nachvollziehbar und läuft die Umschreibung des Begriffes Integration daher dem Bestimmtheitsgebot zuwider.

 

Zu Artikel 1 Z 5 (§ 11a):

 

1. Zu dem Erfordernis einer fünfjährigen aufrechten Ehe mit einem(r) österreichischen Staatsbürger(in) muss sich ein(e) Bewerber(in) nach dem Entwurf außerdem bereits sechs Jahre rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten.

Die Einbürgerung ist entgegen der derzeitigen Rechtslage als Ermessensentscheidung gestaltet. Auch die Verlängerung der notwendigen Aufenthalts- und Ehedauer stellt eine weitere Verschärfung dar und ist auch unter Berücksichtigung des Hintanhaltens von Scheinehen nicht nachvollziehbar.

 

2. Überdies ist zu bedenken, dass nun die Möglichkeit der Einbürgerung eines(r) im Ausland in langjähriger Ehe mit einem(r) Österreicher(in) lebenden Ehepartners(in) gänzlich wegfällt. Dies stellt einen vollständigen Bruch sowohl mit den historisch schon seit Einführung des Heimatrechts bestehenden Erwerbstatbeständen für Ehegatten österreichischer StaatsbürgerInnen, als auch mit der derzeit geltenden Bestimmung des § 11a Abs. 1 Z 4 lit. b StbG dar.

 

Mangels jeglicher Übergangsbestimmungen für diesen Personenkreis würde ab In-Kraft-Treten der gegenständlichen Novelle ein absoluter Rechtsverlust eintreten. In Anbetracht der Tatsache, dass in den meisten Fällen mit Ausnahme des(r) Bewerbers(in) bereits die ganze Familie die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und es bezüglich Sichtvermerkspflicht und fremdenrechtlicher Bestimmungen regelmäßig zu einem „Auseinanderreißen“ der Familie kommt, wird die dem Grundsatz der Familieneinheit zuwiderlaufende Regelung abgelehnt.

 

Eindeutig dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht die Situation, dass zwar EhegattInnen österreichischer DiplomatInnen eingebürgert werden können, aber nicht EhegattInnen von im Ausland lebenden ÖsterreicherInnen in vergleichbarer Position (zeitlich befristeter Aufenthalt im Ausland aus beruflichen Gründen, z. B. ManagerInnen).

 

Ebenso unverständlich ist es, dass fremde Kinder, die von ÖsterreicherInnen im Ausland adoptiert wurden, bei Weiterverbleiben außerhalb Österreichs niemals die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben können. Dies widerspricht auch der internationalen Verpflichtung Österreichs, die aus dem Art. 11 des „Europäischen Übereinkommens über die Adoption von Kindern“ (BGBl. Nr. 314/1980) resultiert, wonach die Vertragsstaaten den von ihren Staatsangehörigen adoptierten Kindern ermöglichen sollen, deren Staatsangehörigkeit zu erwerben.

 

Der zukünftige ersatzlose Wegfall der Einbürgerung von im Ausland lebenden Ehe-gattInnen österreichischer StaatsbürgerInnen oder deren Kindern ohne Vorsehen von Übergangsbestimmungen widerspricht dem der Verfassung immanenten Vertrauensgrundsatz (siehe auch VfGH, B 2318/94-9, VfSlgen. 11.665/1988, 14.846/1987 und 15.269/1998).

 

3. Auch bei dieser Novelle fehlt wieder eine Regelung, die in wenigen - aber menschlich besonders tragischen - Fällen auf die Situation Bedacht nimmt, dass ein Ehepartner eines/r Österreichers/in während des Staatsbürgerschaftsverfahrens verstirbt. Es kam zwar bisher in wenigen aber tragischen Fällen dazu, dass bei StaatsbürgerschaftswerberInnen nach Ausfolgung der Zusicherung, welche nach § 11a StbG er‑

gangen war, dann nach Eintritt von Staatenlosigkeit der österreichische Partner verstarb und somit eine Verleihung der Staatsbürgerschaft mangels ausreichender Hauptwohnsitzdauer nicht möglich war.

Die StaatsbürgerschaftsreferentInnen der Bundesländer erstellten im Arbeitspapier vom 24. Juni 2004 einvernehmlich einen Vorschlag dazu, solche tragischen Fälle mit einer entsprechenden gesetzlichen Anpassung zu vermeiden.

 

4. Zu § 11a Abs. 4 Z 1:

 

Auf Grund der oft überlangen Verfahrensdauer in Asylangelegenheiten (Verfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat dauern laut Information von Asylberatungsorganisationen aktuell im Schnitt zwei bis drei Jahre) erscheint eine Wartedauer von sechs Jahren, wobei der Flüchtlingsstatus zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre bestanden haben muss, als unbillige Härte. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass kein anderer Mitgliedstaat der EU bei der Einbürgerung von Asylberechtigten verlangt, dass deren Flüchtlingsstatus bereits eine bestimmte Zeit bestanden haben muss.

 

5. Zu § 11a Abs. 4 Z 4:

 

Diese Bestimmung entspricht insofern nicht der Regelung des § 10 Abs. 5 Z 2 alte Fassung, als nunmehr „außerordentliche“ Leistungen von Fremden vorliegen müssen, ohne dass ersichtlich ist, inwiefern sich diese von den bislang erforderlich gewesenen „besonderen“ Leistungen zu unterscheiden haben. Zudem ist nicht einsichtig, warum in Zukunft länderspezifische Leistungen nicht mehr berücksichtigt sein sollen, zumal die außerordentlichen Leistungen nunmehr ausschließlich im Interesse der Republik zu liegen haben. Mangels näherer Verfahrensbestimmungen ist auch nicht ersichtlich, worin sich die hier geforderten „außerordentlichen Leistungen im Republiksinteresse“ von den im § 10 Abs. 6 StbG geforderten „außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik“ unterscheiden, was in der Vollziehung zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen wird.

 

Der Entfall der demonstrativen Aufzählung der Gründe für eine vorzeitige Einbürgerung sowie der vorzeitigen Einbürgerungsmöglichkeit für beruflich und persönlich Integrierte bedeutet eine weitere erhebliche Beschneidung der Vollzugskompetenzen der Landesregierungen und ist aus Sicht des Föderalismus abzulehnen.

 

Auch der Entfall der vorzeitigen Einbürgerungsmöglichkeit für unbegleitete Minderjährige steht im diametralen Gegensatz zu der mit der letzten Novelle beabsichtigten und begrüßenswerten raschen Aufnahme dieser Bevölkerungsgruppe in den Staatsverband.

 

Zu Artikel 1 Z 9 (§ 15):

 

Zu § 15 Abs. 1 Z 3 StbG:

 

Laut vorliegendem Entwurf dürfen und sollen sich StaatsbürgerschaftswerberInnen während der Anwartszeit nicht länger als ein Fünftel der Zeit oder durchgehend nicht mehr als sechs Monate außerhalb des Bundesgebietes aufhalten, andernfalls die Frist des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes unterbrochen wird und erst wieder ab der letzten rechtmäßigen Einreise neu zu laufen beginnt.

Diese Bestimmung regelt starre Fristen, bei deren Überschreitung ohne die Möglichkeit einer Prüfung und Abwägung der näheren Umstände und Gründe für den Auslandsaufenthalt der EinbürgerungswerberInnen von einer Unterbrechung der Anwartsfristen und damit von einem Rechtsverlust auszugehen ist.  Der bloß auf formale Kriterien basierende Eingriff in eine durch langjährigen, rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt erworbene Anwartszeit ist in dieser allgemeinen Form nicht gerechtfertigt.

 

Vielfach sind StaatsbürgerschaftswerberInnen aus gesetzlichen Verpflichtungen ihrem Heimatland gegenüber (etwa Pflichtmilitärdienst) gezwungen, sich für einen bestimmten Zeitraum ins Ausland zu begeben. Würden sie dies nicht tun, würden sie wegen Wehrdienstverweigerung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dies würde insbesondere Jugendliche der zweiten und dritten Generation treffen, die oft seit Geburt in Österreich leben und dann ihren Pflichtmilitärdienst leisten müssen. Dadurch würden ihre Aufenthaltsfristen neu zu laufen beginnen.

Die Hauptwohnsitzfristen von militärdienstpflichtigen Personen wurde bisher durch so einen Pflichtdienst nicht unterbrochen.

 

Auch dies zeigt die gute Handhabbarkeit der bisherigen Hauptwohnsitzregelung im Staatsbürgerschaftsrecht auf. Die neu geschaffene Aufenthaltsdauerregelung kann in der derzeitigen Fassung auf diese unfreiwillig eintretenden Lebensumstände nicht reagieren. Dies stellt wohl eine nicht vertretbare Härte dar.

Ähnliches gilt für Aufenthaltsunterbrechungen aus familiären Gründen, etwa Pflege eines kranken, allein stehenden Familienmitgliedes. Die BewerberInnen sind dann gezwungen, einige Zeit im Ausland zu verbringen, ohne dass die Absicht besteht, den Lebensmittelpunkt in Österreich aufzugeben.

Des Weiteren wird es etwa auch für StaatsbürgerschaftswerberInnen, die im Bundesgebiet ihre Schulausbildung abgeschlossen haben, auf Grund der steigenden Anforderungen an Mobilität und Sprachkenntnissen am Arbeitsmarkt unumgänglich, Sprachkurse, Praktika und Ähnliches im Ausland zu absolvieren, um sich in das Berufsleben in Österreich erfolgreich integrieren zu können. Die undifferenzierte Annahme einer Aufenthaltsunterbrechung und der neuerliche Beginn des Fristenlaufes bei jedem sechs Monate übersteigenden Auslandsaufenthalt ist in diesen Fällen sachlich nicht gerechtfertigt und im Hinblick auf militärdienstpflichtige männliche Bewerber gleichheitswidrig.

Selbst die ohnehin restriktiv gestaltete Bestimmung des  § 20 Abs. 4 NAG  erlaubt es Drittstaatsangehörigen, sich aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen (z. B. schwer wiegende Erkrankung, Erfüllung einer sozialen Verpflichtung usw.) zumindest 24 Monate außerhalb des Gebietes des Europäischen Wirtschaftsraumes aufzuhalten, ohne dass der Aufenthaltstitel erlischt. Umso mehr ist daher eine Ausnahme für langjährig im Bundesgebiet lebende und integrierte StaatsbürgerschaftswerberInnen gerechtfertigt.

Die derzeitige Regelung hingegen erlaubt es bei einem längeren Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der Ansicht der Lehre in jedem Fall individuell zu prüfen, ob BewerberInnen trotz Auslandsaufenthalt den erkennbaren Willen hatten, den Lebensmittelpunkt in Österreich aufrechtzuerhalten und diesen auch nachweislich (aufrechte Meldung, eigene Unterkunft bzw. Kernfamilie bleibt im Bundesgebiet) aufrechterhalten haben. Diese Vorgangsweise sollte dringend beibehalten werden.

 

Zu Artikel 1 Z 10 und 11 (§§ 16 und 17):

 

Die Erstreckung der österreichischen Staatsbürgerschaft auf eheliche und uneheliche Kinder sowie Wahlkinder soll in Zukunft nur mehr möglich sein, wenn der Bewerber gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 StbG des Entwurfes zum Zeitpunkt der Antragstellung entweder niedergelassen, Asylberechtigter oder Legitimationskartenbesitzer ist.

Dies stellt eine massive Verschärfung zur geltenden Rechtslage dar, als bisher für minderjährige Kinder des(r) Auktors(in) weder Hauptwohnsitz noch ein qualifiziertes Aufenthaltsrecht Voraussetzung waren und wird daher abgelehnt.

 

Der geltende Rechtsanspruch auf Erstreckung der Verleihung gemäß § 17 StbG bzw. nachträgliche Verleihung gemäß § 12 Z 4 StbG ist ein Ausfluss des dem österreichischen Staatsbürgerschaftsrecht immanenten Abstammungsprinzips sowie des Grundsatzes der Familieneinheit. Die Staatsangehörigkeit eines Kindes hängt wesentlich von der Staatsbürgerschaft der Eltern ab. Diese Prinzipien werden durch die gegenständliche Regelung nahezu vollkommen ausgehöhlt, als nun auch minderjährige Kinder von VerleihungswerberInnen bzw. österreichischen StaatsbürgerInnen eines rechtmäßigen (genauer qualifizierten) Aufenthaltrechts in Österreich bedürfen und damit - abgesehen von der Wartefrist - dieselben Voraussetzungen wie die AuktorInnen erfüllen müssen. Die Voraussetzung der Niederlassung im Bundesgebiet stellt nicht zuletzt in Anbe-tracht der Quotenregelung für Familienzusammenführung im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz  eine beachtliche Hürde und einen weiteren Kostenfaktor für BewerberInnen dar. Der Nachweis einer Niederlassung im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Antragstellung erscheint insbesondere bei Adoption eines Minderjährigen im Ausland durch österreichische StaatsbürgerInnen nicht zweckmäßig, zumal hier im Sinne der Familieneinheit eine möglichst umgehende Einbürgerung des Kindes durch die österreichischen Eltern angestrebt werden soll.

 

Zu Artikel 1 Z 12 (§ 28 Abs. 1):

 

Diese Bestimmung wurde „entschärft“, da bisher „der“ (also jeder) „fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Staatsbürger anstrebt“, der Beibehaltung zustimmen musste. Grundsätzlich stellt diese Änderung eine (kleine) Vereinfachung der Verfahren dar und entspricht den Wünschen der Vollziehung, da nun nur die Staaten befasst werden müssen, mit denen internationale Abkommen geschlossen wurden.

 

In den Erläuterungen zu § 28 Abs. 1 Z 4 wird auf § 27 Abs. 4 verwiesen und in § 64a Abs. 4 ist das In-Kraft-Treten des § 27 Abs. 4 geregelt. Weder in der geltenden Fassung des Staatsbürgerschaftsgesetzes, noch in der vorgeschlagenen Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz gibt es einen § 27 Abs. 4.

 

Zu Artikel 1 Z 14 (§ 39a):

 

Diese Bestimmung soll offensichtlich die Übermittlung von personenbezogenen Daten regeln, da die Übermittlung von anderen Daten (in nicht personenbezogener Form) wohl kaum einen Beitrag im Ermittlungsverfahren zur „Erteilung“ (gemeint wohl Verleihung) oder dem Verlust der Staatsbürgerschaft leisten kann.

Diese Regelung stellt grundsätzlich eine Verfahrensvereinfachung bei der Feststellung von Verleihungsvoraussetzungen dar.

In der Bestimmung wäre aber klar zum Ausdruck zu bringen, dass es sich hierbei um die Übermittlung von personenbezogenen Daten der verpflichteten Rechtsträger an die Staatsbürgerschaftsbehörde handelt.

Damit steht die vorgeschlagene Bestimmung aber gleich in mehreren Punkten im klaren Widerspruch zum Datenschutzgesetz 2000 - DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/ 1999, i.d.g.F.

 

Nach § 6 Abs. 1 Z 1 DSG 2000 dürfen Daten nur auf rechtmäßige Weise verwendet werden. Aus § 7 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 geht hervor, dass eine Übermittlung von Daten nur dann zulässig ist, wenn sie aus einer zulässigen Datenanwendung stammen. Die Wendung „Die Behörden ... die rechtmäßig über Daten verfügen, ...“ ist daher jedenfalls entbehrlich und darüber hinaus auch noch irreführend.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 dürfen Daten nur übermittelt werden, wenn der Empfänger (im konkreten Fall die Staatsbürgerschaftsbehörde) dem Übermittelnden (hier die genannten Behörden und Einrichtungen) seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat. Das bedeutet, dass der Auftraggeber im Sinne des § 4 Abs. 4 DSG 2000 (das sind im konkreten Fall jene Stellen, welche über die erforderlichen Daten verfügen) zu prüfen hat, ob der Empfänger über eine entsprechende gesetzliche Zuständigkeit für die Übermittlung der konkret angeforderten Daten verfügt. Ergibt diese Prüfung, dass die gesetzliche Zuständigkeit nicht gegeben ist, ist die Übermittlung der Daten nach § 7 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 unzulässig und sogar nach §§ 51 f. DSG 2000 strafbar.

Die in der vorgeschlagenen Bestimmung getroffene Anordnung, dass die „Verweigerung der Auskunft unzulässig“ ist, widerspricht daher klar den zitierten Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 und würde außerdem (im oben beschriebenen Fall) bei den Auftraggebern zu einem unlösbaren Konflikt führen. Da es sich außerdem im Sinne des Datenschutzgesetzes 2000 nicht um eine „Auskunft“ sondern um eine „Übermittlung“ von personenbezogenen Daten handelt, wäre die Terminologie entsprechend anzupassen, um eine diesbezügliche Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Im Übrigen wäre in der Bestimmung auch noch klar zu definieren, welche Arten personenbezogener Daten konkret für die Verfahren vor der Staatsbürgerschaftsbehörde benötigt werden und somit übermittelt werden dürfen. Ansonsten würde die Bestimmung der vom Datenschutzgesetz 2000 geforderten Zweckbindung widersprechen.

 

Nach § 6 Abs. 1 Z 5 DSG dürfen Daten in personenbezogener Form nur so lange aufbewahrt werden, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist; eine längere Aufbewahrungsdauer kann sich aus besonderen gesetzlichen insbesondere archivrechtlichen Vorschriften ergeben.

Im letzten Satz der vorgeschlagenen Bestimmung wird, ohne Berücksichtigung anderer gesetzlicher Aufbewahrungsfristen, eine unverzügliche Löschungsverpflichtung der Daten, sobald sie für den konkreten Zweck nicht mehr benötigt werden, aufgestellt.

Einer unverzüglichen Löschung können aber auch Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes selbst, wie z. B. die des Abschnitts V - Staatsbürgerschaftsevidenz - §§ 49 ff., entgegenstehen.

Die Bestimmung lässt außerdem vollkommen im Unklaren, wen diese Verpflichtung trifft, d. h. ob nur die Staatsbürgerschaftsbehörde die ihr übermittelten Daten zu löschen hat oder ob auch die die Daten übermittelnden Stellen eine Verpflichtung trifft. Es wäre daher jedenfalls auf - einer Löschung entgegenstehende - gesetzliche Aufbewahrungsfristen Rücksicht zu nehmen und wären außerdem die Verpflichteten und der Inhalt der jeweiligen Verpflichtung im Sinne der Rechtssicherheit klar festzulegen.

Einer sofortigen Löschung kann auch die Bestimmung des § 26 Abs. 7 DSG 2000, wonach ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen der Auftraggeber Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraumes von vier Monaten und im Falle einer Erhebung einer Beschwerde gemäß § 31 leg. cit. an die Datenschutzkommission bis zum rechtkräftigen Abschluss des Verfahrens nicht vernichten darf, entgegenstehen.

Überdies stünde einer Löschung auch das Erfordernis der nachträglichen Überprüfbarkeit etwa durch die Höchstgerichte entgegen.

Weiters ist davon auszugehen, dass hier auch „sensible Daten“ im Sinne des § 4 Z 2 DSG 2000 (z. B. rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, religiöse
Überzeugung) übermittelt werden.

Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Recht auf Datenschutz um ein Grundrecht handelt und ein Eingriff in dieses Grundrecht nur unter den Voraussetzungen des Art. 8 EMRK zulässig ist. Es wäre daher auch in den Erläuterungen zu Z 14 (§ 39a), wie auch in den Erläuterungen zu Z 1 (§ 10 Abs. 1 und 2) darzulegen, dass dieser Eingriff in das Grundrecht im Einklang mit Art. 8 EMRK steht, sowie verhältnismäßig und daher verfassungsrechtlich zulässig ist.

 

Zu Artikel 1 Z 15 (§ 58 c):

 

Der vorliegende Entwurf ändert die derzeitige Fassung von § 58c StbG (im Wesentlichen) insofern, als der Einschreiter / die Einschreiterin kein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung haben darf (§ 10 Abs. 2 Z 6). Die betroffenen Personen weisen in der Regel ein hohes Alter auf, und viele von ihnen haben während der NS-Zeit schwere Verfolgung erlitten. Sie würden daher die Frage, ob sie ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung haben, mit Sicherheit als einen Affront auffassen. Es wird daher dringend ersucht, diese Formulierung ersatzlos aus dem Entwurf zu streichen.

 

Zu Artikel 1 Z 16 (§§ 63a, b):

 

Der vorliegende Entwurf wird dem Erfordernis der sprachlichen Gleichbehandlung von Frau und Mann nicht gerecht. Diesbezüglich wird auf die im Handbuch der Rechtsetzungstechnik, Teil 1: Legistische Richtlinien 1990, Pkt. 10, angeführten Grundsätze der sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften verwiesen.

 

Zu Artikel 1 Z 17:

 

Übergangsbestimmungen für anhängige Verfahren und die Vornahme der Feststellung von Deutschkenntnissen auf Modul 2 - Niveau fehlen, sind jedoch UNBEDINGT erforderlich.

 

Folgende Ergänzung des § 64 wird daher vorgeschlagen:

„(4)   §§ ...(ausgenommen § 10a) ... treten mit XXX in Kraft. Diese Bestimmungen sind auf alle ab diesem Zeitpunkt eingebrachten Anträge auf Verleihung der Staatsbürgerschaft anzuwenden. § 10a gilt ab (1 Jahr nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes) für Anträge, die ab diesem Zeitpunkt gestellt werden. Für die in der Zeit vom XXXX bis XXXXX gestellten Anträge sind die Deutschkenntnisse entsprechend der Rechtslage des StbG 1985, BGBl. 311 in der Fassung BGBl. I 124/1998 zu beurteilen.

(5) Die Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 BGBl. 311/1985 i.d.F. BGBl. I 124/1998 sind weiterhin auf alle Verfahren, welche bis zu diesem Tag nicht bescheidmäßig abgeschlossen sind, anzuwenden.“

 

IV.  Folgende Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes wurden in der vorliegenden Novelle nicht berücksichtigt:

 

1. Feststellung der Staatsbürgerschaft:

 

Dringender Handlungsbedarf würde in diesem Bereich in folgender Hinsicht bestehen:

Die Bestimmung des § 29 StbG, wonach sich der Verlust der Staatsbürgerschaft auf die Kinder des Betroffenen erstreckt, wenn sie ihm kraft Gesetzes (d. h. „automatisch“, ohne Willenserklärung) in die fremde Staatsangehörigkeit folgen oder folgen würden, wenn sie diese nicht bereits besäßen, sollte novelliert, wenn nicht ganz gestrichen werden. Sie ist historisch offenkundig überholt und den Betroffenen kaum mehr verständlich zu machen.

 

Auf Grund der auch in der vorliegenden Novelle völlig unzureichenden Regelung des (Wieder-)Erwerbes der Staatsbürgerschaft durch Personen, die während der NS-Zeit zur Emigration gezwungen wurden, wird weiterhin die Feststellung der oft einzige Weg sein, in diesem Bereich - fallweise - zu positiven Ergebnissen zu gelangen. Eine adäquate Regelung durch eine Neufassung des § 58c StbG ist dringend geboten. Inhalt einer solchen Neufassung müsste die Einbeziehung der Rechtsnachfolger (Kinder) dieser Personen hinsichtlich der Möglichkeit des erleichterten Staatsbürgerschaftserwerbes sein (analog der Regelung im Art. 116 Abs. 2 des deutschen Grundgesetzes). Die Notwendigkeit einer derartigen Neuregelung besteht umso mehr, als § 58c StbG in absehbarer Zeit (auf Grund des Alters der Zielgruppe) totes Recht sein wird.

 

Was die Ehegatten von Personen betrifft, welche die Staatsbürgerschaft durch Anzeige (§ 58c StbG) oder durch Verleihung gemäß § 10 Abs. 4 Z 2 StbG erworben haben, so können sie nach derzeitiger Rechtslage die Staatsbürgerschaft durch Verleihung nur erwerben, wenn die Voraussetzungen des § 11a Abs. 1 Z 4 lit. c StbG vorliegen. Die zitierte Bestimmung, die auf die StbG-Novelle 1998 zurückgeht, regelt diese Voraussetzungen dermaßen restriktiv, dass sie bisher in noch kaum einem Fall vorgelegen sind. Es handelt sich dabei seit dem In-Kraft-Treten dieser Bestimmung um totes Recht. Sofern keine großzügigere Regelung getroffen wird, sollte diese Bestimmung ehrlicherweise gestrichen werden.

 

Die geplante Regelung des § 10 Abs. 4 Z 1 StbG (in der derzeit geltenden Fassung des Gesetzes: § 10 Abs. 4 Z 2 StbG) ist so ungenügend wie bisher, da diese Ermessenseinbürgerung mit hohen Gebühren verbunden und an das Erfordernis der Zurücklegung der fremden Staatsangehörigkeit gebunden ist. Eine derartige Regelung entspricht dem beabsichtigten Zweck - der „Wiedergutmachung“ von in der NS-Zeit erlittenem Unrecht - in keiner Weise.

 

2. Forderung nach einer Gebührenpauschale:

 

Wiederum wurde es unterlassen, dass Verleihungsverfahren seitens des Bundesgesetzgebers wirklich zu straffen und zu vereinfachen, indem - entgegen dem einhelligen Vorschlag der Bundesländer - wieder keine Pauschalgebühren vorgesehen wurden.

 

3. Erwerb der Staatsbürgerschaft nach dem unehelichen Kindesvater:

 

Nachdem sich mit wissenschaftlichen Methoden der fast 100 %ige Nachweis der Abstammung von einem Mann führen lässt, wäre - wie schon vorgeschlagen - auch der Staatsbürgerschaftserwerb durch Geburt, wenn der uneheliche Vater Österreicher im Zeitpunkt der Geburt war und eine Vaterschaftsanerkennung durch ihn erfolgte, vorzusehen.

 

4. Reisepass als Staatsbürgerschaftsnachweis:

 

Auch hier wurde der einvernehmliche Wunsch der Bundesländer nach Gleichwertigkeit des österreichischen Reisepasses zum Staatsbürgerschaftsnachweis (wesentliche Verfahrensvereinfachung) als Nachweis der Staatsbürgerschaft nicht berücksichtigt.

 

Abschließend wird ausdrücklich festgehalten, dass die vorliegende Novelle wegen der massiven Verschärfung der staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen und der dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken abgelehnt wird.

 

Gleichzeitig werden 25 Ausfertigungen dieser Stellungnahme an das Präsidium des Nationalrates übermittelt. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die e-mail Adresse
„begutachtungsverfahren@parlament.gv.at“.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

Mag. Robert Hejkrlik                                            Dr. Peter Pollak



[1] Eine längere Frist würde der Europäischen Konvention über die Staatsangehörigkeit von 1997 widersprechen.

[2] (u. a. MitarbeiterInnen an Kulturinstituten und Unterrichtsanstalten auf Grund zwischenstaatlicher Kulturabkommen, Seelsorger an gesetzlich anerkannten Kirchen, MitarbeiterInnen diplomatischer und konsularischer Vertretungen, akkreditierte Vertreter ausländischer Medien, Gastprofessoren und andere Lehrbeauftragte an Österreichischen Universitäten, Hochschulen und Instituten)