Bundesministerium für Inneres

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1014 Wien

 

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ZAHL

DATUM

CHIEMSEEHOF

2001-BG-73/15-2005

24.10.2005

* POSTFACH 527, 5010 SALZBURG

 

 

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2164

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2290

 

 

Herr Mag. Feichtenschlager

 

BETREFF

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden; Stellungnahme

Bezug: Zl BMI-LR1300/0106-III/1/c/2005

 

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem im Gegenstand bezeichneten Gesetzentwurf gibt das Amt der Salzburger Landesregierung folgende Stellungnahme bekannt:

 

Zu den finanziellen Auswirkungen:

1. Die Erläuterungen führen zu den finanziellen Auswirkungen des geplanten Vorhabens aus, dass „bei den Vollzugskosten der Länder zumindest von einer Kostenneutralität ausgegangen werden (kann)“, jedoch „Mehrkosten durch die von den jeweiligen Ländern aufgrund der gemäß § 10a durchzuführenden Prüfungen eintreten (werden), die derzeit seriöser Weise nicht berechnet werden können“. Gemäß Art 1 Abs 3 der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften ist in die Erläuterungen jedes Gesetzentwurfes eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen aufzunehmen, die der Richtlinie für die Ermittlung und Darstellung der Kostenfolgen neuer Recht setzender Maßnahmen entspricht. Dieser Verpflichtung ist der Bund nicht nachgekommen. Gemäß der im Auftrag der Landesfinanzreferentenkonferenz im Jahr 2004 formulierten gemeinsamen Auslegungsregeln der Bundesländer hat die Weiterverfolgung


eines solcherart mit einem Mangel behafteten Rechtsetzungsvorhabens die Konsequenz, dass im Sinn des Art 4 Abs 2 der Vereinbarung „keine Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der genannten Frist gegeben wurde“. Gemäß Art 4 Abs 2 der Vereinbarung hat daher der Bund den Ländern im Fall der Realisierung des Vorhabens die dadurch verursachten finanziellen Mehraufwendungen zu ersetzen.

 

Zu § 10:

1. Die im geplanten Abs 1 Z 7 enthaltene Regelung zur Sicherung des Lebensunterhaltes eines Verleihungswerbers wird im Vergleich zum geltenden Abs 1 Z 7 gestrafft: Gemäß dem geltenden Abs 1 Z 7 darf einem Fremden die Staatsbürgerschaft nur dann verliehen werden, „wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder ihn an seiner finanziellen Notlage kein Verschulden trifft“. Gemäß dem geplanten Abs 1 Z 7 ist eine der Verleihungsvoraussetzungen nur mehr ein hinreichend gesicherter Lebensunterhalt. § 10 Abs 5 enthält eine neue Bestimmung darüber, wann der Lebensunterhalt als hinreichend gesichert anzusehen ist. Die Zielrichtung beider Bestimmungen wird begrüßt. Zum Wegfall der Erteilungsvoraussetzung der „unverschuldeten Notlage“ gilt es allerdings zu bedenken, dass der geplante Abs 1 Z 7 eine Härte im Besonderen gegenüber Alleinerziehenden bedeutet: Alleinerziehende stehen am unteren Ende der Einkommensverteilung und sind laut Statistik Austria zu 31 % armutsgefährdet. Alleinerziehende müssen oft trotz einem regelmäßigen Arbeitseinkommens Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen, weil das Arbeitseinkommen nicht ausreicht, die hohen Lebenshaltungskosten abzudecken. Im Ergebnis ist dieser Personenkreis vom Erwerb der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der überwiegende Teil der Alleinerziehenden Frauen sind, bewirkt der geplante Abs 1 Z 7 eine mittelbare Diskriminierung von allein erziehenden Frauen.

2. Abs 2 Z 1 sollte durch eine Regelung dahingehend ergänzt werden, wie lange die „bestimmten Tatsachen gemäß § 60 Abs 2 FPG“ im Verleihungsverfahren zu Ungunsten eines Verleihungswerbers berücksichtigt werden können, wenn der einer „bestimmte Tatsache“ zu Grunde liegende Sachverhalt nicht auch ein strafbares Verhalten darstellt und diese Tatsache daher nicht durch ein, den entsprechenden Tilgungsbestimmungen unterliegendes Urteil eines Strafgerichts oder durch ein Straferkenntnis oder eine Strafverfügung einer Verwaltungsbehörde verifiziert werden kann.

3. Gemäß dem geplanten Abs 5 ist der Lebensunterhalt im Sinn des § 10 Abs 1 Z 7 dann hinreichend gesichert, wenn solche feste und regelmäßige Einkünfte aus den angeführten Einkommensquellen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen ermöglichen. Der Bezug von Notstandshilfe und Sondernotstandshilfe nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1997 ist nicht geeignet, den Lebensunterhalt hinreichend zu sichern. Die Notstandshilfe ist jedoch keine Sozialhilfeleistung, sondern eine Sozialversicherungsleistung gemäß § 6 Abs 1 Z 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1997. Vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes begegnet der Ausschluss der Notstandshilfe aus dem Kreis der Versicherungsleistungen, deren Bezug den Lebensunterhalt als gesichert erscheinen lassen, daher Bedenken. Die Erläuterungen weisen lediglich darauf hin, dass sich der geplante Abs 5 am § 11 Abs 5 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes orientiert. Gemäß dieser Bestimmung führt der Aufenthalt eines Fremden dann zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde „feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen.“ § 11 Abs 5 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sieht daher – im Gegensatz zum geplanten Abs 5 – im Bezug von Notstandshilfe keine Belastung einer Gebietskörperschaft.

Die Sondernotstandshilfe stellt seit dem 1. Jänner 2002 keine Versicherungsleistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz mehr dar und wurde durch das Kinderbetreuungsgeld ersetzt. Für den Ausschluss des Kinderbetreuungsgeldes aus dem Kreis der Einkommensquellen, die den Lebensunterhalt als hinreichend gesichert erscheinen lassen, gelten die vorausgehenden Ausführungen sinngemäß.

Abs 5 berücksichtigt nicht unvorhersehbare Ereignisse, wie den Tod des Familienerhalters oder sonstige unverschuldete Schicksalsschläge. In begründeten und schwerwiegenden Fällen sollte daher von diesem Erfordernis abgegangen werden.

 

Zu § 10a:

1. Gemäß dem geltenden § 10a sind „Voraussetzung jeglicher Verleihung unter Bedachtnahme auf die Lebensumstände des Fremden jedenfalls entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache.“ Diese Bestimmung wird durch den geplanten § 10a („Sprache und Integration“) ersetzt: Voraussetzung jeglicher Verleihung der Staatsbürgerschaft ist „jedenfalls der Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache, von Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes. Dieser Nachweis – vorbehaltlich der Ausnahmen hinsichtlich des Nachweises der deutschen Sprache durch die Erfüllung der Integrationsvereinbarung gemäß dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz oder auf Grund bestimmter persönlicher Umstände (Unmündigkeit, Minderjährigkeit oder fehlende Handlungsfähigkeit) – ist durch eine schriftliche Prüfung zu erbringen. Art und Inhalt der schriftlichen Prüfung ist durch Verordnung der Landesregierung „auf der Grundlage des Lehrplans der 4. Klasse Hauptschule“ zu bestimmen. Wenn dem geplanten § 10a auch zu Gute gehalten werden muss, dass er die bestehenden Ermessenspielräume der Länder bei der Beurteilung der Sprachkenntnisse und des Standes der Integration eines Verleihungswerbers erheblich einschränkt und in die Richtung einer verstärkten Vereinheitlichung der Verleihungspraxis weist, so erlaubt es diese Bestimmung dennoch, unterschiedliche Erteilungsvoraussetzungen festzulegen. Sollte daher trotz der geäußerten Ablehnung dieser Bestimmung auf Grund ihrer finanziellen Auswirkungen (siehe dazu Pkt 2) daran festgehalten werden, sollten jedenfalls „Mindeststandards“ hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades der Prüfungen und deren Beurteilung in der Verordnungsermächtigung festgelegt werden. Im Interesse der Vereinheitlichung am effektivsten und verwaltungsökonomisch wäre eine Durchführungsverordnung des Innenministers über die abzulegende Prüfung. Immerhin soll die in einem Bundesland abgelegte Prüfung auch in einem anderen Bundesland anerkannt werden, sollte der Fall eintreten, dass das Verleihungsverfahren vor einer anderen Landesregierung „fortgesetzt“ werden muss.

2. Aus finanzieller Sicht wird der geplante § 10a vehement abgelehnt: Im Bundesland Salzburg wären etwa 2000 Prüfungen im Jahr bzw 40 Prüfungen pro Woche zu absolvieren. Damit ist ein hoher Administrativaufwand durch die Versendung der Einladungen zur Prüfung, der Prüfungsdurchführung, -beaufsichtigung und -beurteilung, der Verständigung der Prüflinge vom Ergebnis etc verbunden.  Seitens des für das Staatsbürgerschaftswesen zuständigen Referates (0/91) des Amtes der Salzburger Landesregierung wird der dadurch verursachte zusätzliche Personalaufwand mit zumindest ein bis zwei Bediensteten eingeschätzt.

Das Ziel einer verstärkten Vereinheitlichung der Verleihungspraxis kann auf einfachere und Kosten sparendere Weise auch dadurch erreicht werden, dass der Verleihungswerber anstelle der Absolvierung einer schriftlichen Prüfung lediglich die für die Erfüllung des Moduls 2 der Integrationsvereinbarung  erforderlichen Nachweise (§ 14 Abs 5 Z 2 bis 8 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes) vorzulegen hat. Von der Vorlage dieses Nachweises sollten jedoch folgende Personengruppen befreit sein:

a)  Unmündige, die noch nicht der Schulpflicht unterliegen;

b) schulpflichtige Minderjährige, die in der jeweiligen Schulstufe den Unterrichtsgegen­stand „Deutsch“ positiv abgeschlossen haben;

c)  Personen, die auf Grund ihres hohen Alters oder ihres Gesundheitszustandes nicht zur Vorlage des Nachweises in der Lage sind und das durch ein entsprechendes amtsärztliches Gutachten nachweisen können (§ 14 Abs 4 Z 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes);

d) andere, nicht selbst handlungsfähige Personen.

3. Die im geplanten Abs 1 beibehaltene Ausnahme der Fälle des § 10 Abs 6 sollte entfallen.


Zu § 64a:

Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in einer Übergangsbestimmung festgelegt werden, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits anhängige Verfahren nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage fortzuführen und zu beenden sind. 

 

 

Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen ue an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der Landesregierungen, 25 Ausfertigungen an das Präsidium des Nationalrates und an das Präsidium des Bundesrates.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Landesregierung:

Dr. Heinrich Christian Marckhgott   (eh)

Landesamtsdirektor

 

 

Ergeht nachrichtlich an:

1. – 8.    E-Mail an: Alle Ämter der Landesregierungen

9.           E-Mail an: Verbindungsstelle der Bundesländer vst@vst.gv.at

10.         Präsidium des Nationalrates

11.         E-Mail an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at

12.         E-Mail an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at

13.         E-Mail an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at

14.         E-Mail an: Parlament begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

15.         E-Mail an: Präsidialabteilung 

16.         E-Mail an: Abteilung 2 zu do Zl 202-164/62-2005

17.         E-Mail an: Abteilung 2 zu do Zl 20204-GB-852/158-2005

18.         E-Mail an: Abteilung 8 zu do Zl 20801-24/111-2005

19.         E-Mail an: Bezirkshauptmannschaft Hallein zu do Zl 302-1002/159/3-2005

 

zur gefl Kenntnis.