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Entwurf einer Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und zum Tilgungsgesetz 1972

Geschäftszahl

Innsbruck,

Präs.II-146/1372
13.10.2005

 

 

Zu GZ BMI-LR1300/0106-III/1/c/2005 vom 19.September 2005

Zum übersandten Entwurf einer Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und zum Tilgungsgesetz 1972 wird folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Zu Art. 1 (Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz 1985):

 

I. Allgemeines:

 

Grundsätzlich wird festgehalten, dass der vorliegende Entwurf keine der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen enthält. In den Erläuternden Bemerkungen ist lediglich angeführt, dass aufgrund der mit der Novelle angestrebten Straffung der Verfahren bei den Vollzugskosten der Länder zumindest von Kostenneutralität ausgegangen werden könne. Mehrkosten, die den Ländern aufgrund der nach § 10a des Entwurfs durchzuführenden Prüfungen entstünden, könnten derzeit seriöser­weise nicht berechnet werden. Die Neuregelung des § 10a Abs. 4, wonach die schriftlichen Prüfungen von der zuständigen Landesregierung abzuhalten und Art und Inhalt der schriftlichen Prüfung durch Verordnung der Landesregierung zu bestimmen sein werden, wird jedenfalls entschieden abgelehnt. Sowohl die nötige Infrastruktur als auch das entsprechend qualifizierte Personal müssten hierfür bereitgestellt werden, während diese bei verschiedenen Bildungseinrichtungen, die bisher diese Prüfungen durchgeführt haben, zur Verfügung stehen. Die den Ländern aus einem dem vorliegenden Entwurf entsprechenden Gesetz allenfalls entstehenden Kosten sind diesen jedenfalls vom Bund abzugelten.

 


II. Bemerkungen zu einzelnen Bestimmungen:

 

Zu Z. 1 (§ 10):

Zu Abs. 1 Z. 1 stellt sich die Frage, ob nicht Zeiten eines Aufenthaltes aufgrund eines Aufenthaltsvisums nach § 24 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 als Zeiten des rechtmäßigen Aufenthaltes außer Betracht bleiben sollten. Auf die in der Praxis mit einer Einbeziehung auch dieser Zeiten in die Frist von zehn Jahren bestehenden Probleme (etwa die wiederkehrenden Saisonniers betreffend) wird hingewiesen.

Hinsichtlich des Abs. 1 Z. 3 stellt sich die Frage, ob man nicht analog zu Abs. 1 Z. 2 von der Mindeststrafdauer von drei Monaten Abstand nehmen sollte.

Zu Z. 3 (§ 10a):

Auf die Ausführungen oben unter Punkt I. Allgemeines wird hingewiesen.

Dem § 10a sollte jene Formulierung zugrunde gelegt werden, wie sie in der Sitzung der beamteten StaatsbürgerschaftsreferentInnen der Länder am 3. Oktober 2005 in Wien erfolgt ist.

§ 10a sollte daher lauten:

㤠10a

(1) Voraussetzung jeglicher Verleihung der Staatsbürgerschaft ist die Kenntnis der deutschen Sprache.

(2) Zum Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache sind alle nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, zum gleichen Zweck vorgesehenen Nachweise geeignet. Sie sind dem Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft anzuschließen.

(3) Unmündige, die noch nicht der Schulpflicht unterliegen, und Personen, denen dies aufgrund ihres hohen Alters oder ihres Gesundheitszustandes unzumutbar ist, müssen keinen Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache erbringen. Letzteres ist durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen. Schulpflichtige Minderjährige sind dann vom Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache befreit, wenn sie in der Schule in deutscher Sprache unterrichtet wurden und dies in einem Zeugnis bewertet wurde. Darüber hinaus sind andere selbst nicht handlungsfähige Personen vom Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache befreit.“

Es ist den Ländern nämlich nicht zumutbar, neben der bereits bestehenden Infrastruktur zur Abfrage der Deutschkenntnisse im Rahmen der Integrationsvereinbarung zusätzlich noch eine weitere Infrastruktur mit einem System an Kursen und Prüfungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft zu entwickeln. Tirol nutzt schon jetzt die bestehende Struktur der Integrationsvereinbarungskurse, weshalb mit dem vorhandenen Personal auch das Auslangen gefunden werden kann.

Zu Z. 4 (§ 11):

In diese Bestimmung sollte folgender Satz aufgenommen werden: „Bei einem Familienantrag ist die Integration der Gesamtfamilie zu berücksichtigen.“ Diese Ergänzung ist notwendig, da in Tirol mindestens die Hälfte der Anträge Familienanträge sind. Es ist daher nicht nur die Prüfung der Integration des Hauptantragstellers, sondern seiner ganzen Familie von Bedeutung (etwa, ob die Integration der Ehefrau durch Unterstützung des Erwerbes von Deutschkenntnissen gefördert wird).

Zu Z. 5 (§ 11a):

Im Abs. 1 sollte die Möglichkeit zur Verleihung der Staatsbürgerschaft auch im Fall des Todes des österreichischen Ehegatten nach der Antragstellung vorgesehen werden, um Härtefälle zu vermeiden.

Im Abs. 4 sollte in der Z. 4 in Anlehnung an die bisherige Diktion des § 10 Abs. 6 das erste „oder“ durch ein „und“ ersetzt werden.

Zu Z. 6 (§ 12):

Da die Anwendung der Bestimmung der Z. 1 lit. b bereits bisher in der Praxis wegen der Notwendigkeit der Prüfung der nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration einen erheblichen Zusatzaufwand sowohl für den Antragsteller als auch für die Behörde zur Folge hatte und in den in Frage kommenden Fällen auch die Einbürgerung nach § 10 möglich wäre, sollte die Z. 1 lit. b ersatzlos entfallen. Dies würde auch zu einer erwünschten Verringerung der großen Anzahl an Fristen im Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 führen.

In der Z. 2 sollte die Befristung von zwei Jahren für die Antragstellung entfallen, um den Betroffenen, die oftmals keine Kenntnis von der begrenzten Dauer für die Antragstellung haben, auch später noch die Wiedererlangung der Staatsbürgerschaft zu erleichtern.

Die Z. 3 sollte durch einen eigenen Paragraphen ersetzt werden, der die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft durch von Eltern mit österreichischer Staatsbürgerschaft und Hauptwohnsitz in Österreich rechtmäßig adoptierte Kinder unter fünf Jahren im Weg der Anmeldung in der Staatsbürgerschaftsevidenz, wie es bereits andere europäische Staaten, wie etwa Schweden, vorsehen, ermöglicht. Dies wäre im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und würde ein kostenaufwendiges Einbürgerungsverfahren ersparen.

Zu Z. 10 (§ 16):

Im Abs. 1 sollte, wie bisher, das Wort „kann“ durch das Wort „ist“ ersetzt werden.

Zu Z. 17 (§ 64a):

Der Abs. 4 sollte, ergänzt um die Übergangsbestimmung des Abs. 5, zumindest inhaltlich so lauten, wie die Abs. 4 und 5 von den beamteten StaatsbürgerschaftsreferentInnen der Länder in ihrer Sitzung am 3. Oktober 2005 in Wien formuliert wurden:

„(4) Die §§...(ausgenommen § 10a)..treten mit xxxx in Kraft. Diese Bestimmungen sind auf alle ab diesem Zeitpunkt eingebrachten Anträge auf Verleihung der Staatsbürgerschaft anzuwenden. § 10a gilt ab (ein Jahr ab dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes) für Anträge, die ab diesem Zeitpunkt gestellt werden. Für die in der Zeit vom xxxx bis xxxx gestellten Anträge sind die Kenntnisse der deutschen Sprache entsprechend der Rechtslage nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung des Gesetzes BGBl. I Nr. 124/1998 zu beurteilen.

(5) Die Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung des Gesetzes BGBl. I Nr. 124/1998 sind weiterhin auf alle Verfahren, die bis zu diesem Tag nicht bescheidmäßig abgeschlossen sind, anzuwenden.“

 

Weiters wird angeregt, noch folgende Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in den vorliegenden Entwurf aufzunehmen:

a) Es sollte dafür gesorgt werden, dass Änderungen in der Staatsbürgerschaft der Eltern sich nicht automatisch auf ihre Kinder auswirken. Eine Erstreckung des Verlustes der Staatsbürgerschaft der Eltern auf die Kinder kann nämlich nicht als im Kindeswohl gelegen angesehen werden. Sie widerspricht auch der UNO-Kinderrechtskonvention (auf den im Internet unter der Adresse http://www.coe.int/T/E/Legal Affairs/Legal cooperation/Foreigners and citizens/Nationality/Conferences/3 WEB%20E%20Rep.%206asp#TopOfPage veröffentlichten Artikel von Dr. Staudigl und Dr. Fuchs-Mair für den Europarat wird hingewiesen). Legistisch müssten diesbezüglich insbesondere die §§ 27, 29, 30, und 38 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 entsprechend angepasst werden.

b) Um die erwünschte Liberalisierung im Bereich der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft zu erreichen, sollte im Abs. 2 des § 28 die Wortfolge „ und in ihrem Privat- und Familienleben ein für die Beibehaltung besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt“ durch die Wortfolge „und wichtige Gründe für den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit darlegen können“ ersetzt werden.

 

Zu Art. 2 (Novelle zum Tilgungsgesetz 1972) wird mitgeteilt, dass dagegen aus der Sicht der von der Tiroler Landesregierung zu wahrenden Interessen kein Einwand besteht.

 

25 Ausfertigungen sowie eine elektronische Fassung dieser Stellungnahme werden unter einem der Parlamentsdirektion zugeleitet.

 

Für die Landesregierung:



Dr. Liener
Landesamtsdirektor