Bregenz,
am 10.10.2005 |
Bundesministerium für Inneres |
Auskunft: Dr.
Brigitte Hutter Tel.: #43(0)5574/511-20220 |
Betreff: |
Bundesgesetz, mit dem das
Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Tilgungsgesetz
1972 geändert werden Entwurf, Stellungnahme |
Bezug: |
Schreiben
vom 16.09.2005, GZ: BMI-LR1300/0106-III/1/c/2005 |
Zu dem im Betreff genannten
Gesetzesentwurf wird Stellung genommen wie folgt:
Allgemeines, Kosten
Grundsätzlich werden die in der Novelle vorgesehenen Inhalte begrüßt. Die geplante schriftliche Prüfung zum Nachweis der Sprachkenntnisse und der Integration wird jedoch im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand als überschießend abgelehnt.
Unter dem Punkt „Finanzielle Auswirkungen“ wird im Vorblatt lediglich festgehalten, dass die aufgrund des § 10a durchzuführenden Prüfungen Mehrkosten verursachen werden; diese könnten jedoch derzeit seriöser Weise nicht berechnet werden. Diese Ausführungen werden den Anforderungen an eine Kostendarstellung, wie sie die Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus vorsieht, keinesfalls gerecht, weshalb vom Fehlen einer Kostendarstellung auszugehen ist.
Das Fehlen einer Kostendarstellung nach Art. 1 Abs. 3 der Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus bewirkt aber, dass „keine Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der genannten Frist gegeben wurde“ (vgl. Bußjäger, Rechtsfragen zum Konsultationsmechanismus, ÖJZ 2000, 581 ff). Damit werden die besonderen Rechtsfolgen nach Art. 4 Abs. 2 ausgelöst, d.h. die (objektiv verursachten) zusätzlichen finanziellen Ausgaben sind dem Land Vorarlberg vom Bund zu ersetzen.
Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu
§ 10 Abs. 1 Z.1:
Unter Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0110, wird davon ausgegangen, dass die Änderung des Wortlautes von „kann … verliehen werden, wenn“ auf „darf … nur verliehen werden, wenn“, nichts daran ändert, dass die Behörde ein Ermessen hat. Eine andere Intention lässt sich den Erläuterungen nicht entnehmen. Ungeachtet dessen, sollte die Beibehaltung des Ermessens in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten werden.
Um klarzustellen, dass die in der Z. 1 genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Verleihung erfüllt sein müssen, sollte – wie auch in § 12 Z. 1 – die Zeitform des Präsens („aufhält“ und „niedergelassen ist“) verwendet werden.
Als Verleihungshindernisse gelten gemäß Z. 2 Verurteilungen zu jeglichen Freiheitsstrafen wegen Vorsatztaten. Bei Verurteilungen wegen Finanzvergehen gemäß Z. 3 sind hingegen nur Freiheitsstrafen ab drei Monaten relevant. Aufgrund des Verweises in Abs. 2 auf den § 60 Abs. 2 FPG, welcher in der Z. 1 ebenfalls auf Verurteilungen inländischer Gerichte zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe abstellt, gibt es Überschneidungen. Jedenfalls dürfte die Z.3 obsolet sein. Durch den Verweis werden zudem neue Fragen aufgeworfen: In der Z. 2 ist beispielsweise nur von Freiheitsstrafen die Rede, im § 60 Abs. 2 FPG werden diese hingegen differenziert behandelt. Es stellt sich daher die Frage, wie mit teilbedingt nachgesehenen oder bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen in der Z. 2 umgegangen werden soll.
Generell unklar ist das Verhältnis zwischen Abs. 1 und 2. Missverständlich ist in diesem Zusammenhang jedenfalls der folgende Satz in den Erläuterungen: „Die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen sind – im Gegensatz zu jenen des Abs. 2 – Voraussetzungen, die allesamt erfüllt sein müssen.“
Zu
§ 10a:
Die Verleihung der Staatsbürgerschaft setzt künftig voraus, dass Kenntnisse der deutschen Sprache, Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes durch eine schriftliche Prüfung nachgewiesen werden. Dies hätte eine erhebliche Mehrbelastung der Länder zur Folge.
Für Vorarlberg würde dies Folgendes bedeuten: Da mit ca. 2.500 Einbürgerungen pro Jahr zu rechnen ist, müssten mehr als 2.000 Prüfungen (einschließlich Wiederholungsprüfungen) jährlich durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass täglich mindestens 10 bzw. pro Quartal mindestens 500 Personen geprüft werden müssten. Um den Auswertungsaufwand langfristig zu minimieren, müsste sinnvoller Weise eine Computerprügung ins Auge gefasst werden, was den Aufbau einer eigenen aufwändigen EDV-Infrastruktur (ähnlich jener bei Führerscheinprüfungen) notwendig machen würde. Aber selbst dann wäre die Beaufsichtigung der Prüfungen und deren Auswertung mit einem nicht unerheblichen personellen Aufwand verbunden.
Grundsätzlich werden die vorgesehenen erhöhten Anforderungen im Bereich der Kenntnisse der deutschen Sprache begrüßt, weil sie einer nachhaltigen und vor allem rascheren Eingliederung in die österreichische Gesellschaft förderlich sind. Ungeachtet dessen stellt sich die Frage, ob es hiefür einer gesonderten schriftlichen Prüfung bedarf.
Es wird vorgeschlagen, sich an folgender Formulierung zu orientieren:
„§ 10a
(1) Voraussetzung jeglicher Verleihung der Staatsbürgerschaft ist die Kenntnis der deutschen Sprache.
(2) Zum Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache sind alle nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu gleichem Zweck vorgesehenen Nachweise geeignet. Sie sind dem Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft anzuschießen.
(3) Unmündige, die noch nicht der Schulpflicht unterliegen und Personen, denen dies auf Grund ihres hohen Alters oder Gesundheitszustandes unzumutbar ist, müssen keinen Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache erbringen. Letzteres ist durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen. Schulpflichtige Minderjährige sind dann vom Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache befreit, wenn sie in der Schule in deutscher Sprache unterrichtet wurden und dies in einem Zeugnis bewertet wurde.“
Zu
§ 16 Abs. 1:
Aufgrund
der Änderung des Wortlautes von „ist … zu erstrecken“ auf „kann … zu
erstrecken“ (grammatikalisch richtig: erstreckt werden) besteht in diesen
Fällen kein Rechtsanspruch mehr. In den Erläuterungen gibt es dazu allerdings
keinen Hinweis. Auch in der Textgegenüberstellung ist die vermeintliche
Änderung nicht hervorgehoben. Ebenso bleibt § 17 unverändert. Es wird daher
davon ausgegangen, dass es sich hiebei um ein Versehen handelt und
diesbezügliche keine Änderung beabsichtigt ist.
Zu
§ 64a Abs. 4:
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in einer Übergangsbestimmung vorgesehen werden, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu entscheiden sind.
Für das Inkrafttreten des § 10a sollte eine Legisvakanz von einem Jahr vorgesehen werden. Hinsichtlich der bis zu diesem Zeitpunkt eingebrachten Anträge wäre der Nachweis der Deutschkenntnisse entsprechend der bisherigen Rechtslage zu beurteilen.
Für
die Vorarlberger Landesregierung
Der
Landesrat
Mag. Siegi Stemer
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