2/SPET XXII. GP

Eingebracht am 18.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petititon

 


 


 

 

 

 

An die

Parlamentsdirektion

z. Hdn. Hrn. Mag. Kiesenhofer

Parlament

1017 Wien


Name/Durchwahl:
Stocstis / 5980

Geschäftszahl:

10.107/2-IK/1a/03


 

Betreff: Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen
Petition Nr. 10

Bezugnehmend auf das ho. Schreiben vom 11. Juli 2003, ZI. 17010.0020/14-
L1.3/2003 erlaubt sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit folgende
Stellungnahme abzugeben:

Die österreichische Bundesregierung hat im Regierungsprogramm für die XXII. Ge-
setzgebungsperiode unter der Überschrift "Überführung der Notstandshilfe in eine
"Sozialhilfe neu "" vereinbart, dass geprüft werden soll, "die Notstandshilfe von der
Zuständigkeit des AMS in die Sozialhilfe der Länder zu verlagern". Wesentliche Vor-
aussetzung dafür ist eine durch ein Sozialhilfegrundsatzgesetz oder eine Artikel
15-a-Vereinbarung harmonisierte Regelung der gesamten "Sozialhilfe neu".

Diese Prüfung soll mit der Zielrichtung erfolgen, Vollbeschäftigung unter Berücksich-
tigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse nach Flexibilität und Wahrung des Anspruchs
auf Sicherheit und Solidarität im Zusammenhang mit einem gerechten Zugang zum
Arbeitsmarkt wiederzugewinnen.

Aus Sicht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zeichnen sich unter Berück-
sichtigung der Ergebnisse der auf Wunsch der Länder unter dem Vorsitz des nun-
mehrigen Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumen-
tenschutz und mit wissenschaftlicher Begleitung durch Herrn Prof. Dr. Pfeil eingerich-


teten Arbeitsgruppe zur umfassenden Analyse der Sozialhilfe folgende Eckpunkte
einer Reform ab.

         Erarbeitung der Reform unter Einbeziehung aller relevanten Akteure, insbe-
sondere der Länder, Sozialpartner und NGOs

         Sozial ausgewogene einheitliche Existenzsicherung zur Abwehr von Armuts-
gefährdung

         Gleichbehandlung  gleich  gelagerter  Problemlagen  (bspw.  Arbeitslosigkeit
mit/ohne Leistungsanspruch nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz)

         Bereinigung von Schnittstellen zwischen Sicherungssystemen und ihren Trä-
gerorganisationen

         Verfahrenssicherheit, -rationalisierung und -beschleunigung

         One Desk Prinzip

Dabei ist zu berücksichtigen, dass

         erwerbsfähige, arbeitslose Sozialhilfeempfänger im Erwerbsalter durch das
AMS beraten und vermittelt werden, wobei die Vormerkung bei den Ge-
schäftsstellen des AMS eine Voraussetzung des Sozialhilfebezuges darstellt
und entsprechend dem Arbeitsmarktservicegesetz und den dazu ergangenen
Richtlinien     den    vorgemerkten     Sozialhilfeempfängern     das    gesamte
Dienstleistungs- und Beihilfenangebot des AMS zur Integration in den Ar-
beitsmarkt zur Verfügung steht

         Personen mit Erreichen des Regelpensionsalters einheitlich beim Pensions-
versicherungsträger betreut und unter Berücksichtigung des Ausgleichzula-
gensystems materiell abgesichert werden; die budgetäre Beteiligung der Län-
der erfolgt über Gegenverrechnung des tatsächlichen Aufwandes

         erwerbsunfähige Personen im Erwerbsalter rasch und einfach lokalen Zugang
zur Sozialhilfe finden.

Dabei steht eine noch bessere Betreuung der arbeitsfähigen Erwerbsbevölkerung,
unabhängig davon, ob die einzelnen Personen nun eine Leistung aus der Arbeitslo-
senversicherung oder der Sozialhilfe erhalten, im Vordergrund. Nahe liegend bedeu-
tet dies, dass nach dem auch in anderen Bereichen forcierten, kundenorientierten
„One-Desk-Prinzip" auch die existenzsichernden Einkommensersatzleistungen bei


Arbeitslosigkeit von einer Stelle ausbezahlt werden. Wer zur Leistung nicht oder
nicht mehr fähig ist oder beispielsweise durch eine familiäre Krise in finanzielle Not-
lage geraten ist, soll zunächst Anspruch auf Hilfe und Existenzsicherung ohne Rück-
sicht auf die Ursache haben. Statt wie in der BRD die Arbeitslosenhilfe auf das nied-
rigere Niveau der Sozialhilfe zu senken, wird in Österreich eine „Sozialhilfe neu" an-
gestrebt, die Synergien zwischen der vom AMS gewährten Notstandshilfe und der
vom Land und den Kommunen betreuten Sozialhilfe bewirken soll.

Es ist nicht daran gedacht, das mit der Notstandshilfe verbundene Niveau und Ver-
fahren materieller Unterstützung aufzugeben. Immerhin beträgt der Notstandshilfe-
aufwand bspw. im Bundesland Wien nahezu das Doppelte des Sozialhilfeaufwandes
(rd. 343 Mio. € zu 179 Mio. € im Jahr 2000); dies bedeutet eine massive Entlastung
der Länderbudgets zu Lasten der Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung und
dementsprechender Teillast bei den Lohnnebenkosten. Allerdings sind erhebliche,
auch budgetär wirksame Einsparungseffekte in der Art und Weise der Leistungs-
erbringung und der Synergien in der Verfahrensabwicklung zu erwarten.

Jedenfalls soll die Sozialhilfe zu einem effizienten Mittel gegen Armut ohne bürokra-
tische „Hürdenläufe" werden.

Damit verbindet sich nicht nur die nachhaltige Sicherung im Rahmen der sozialen
Marktwirtschaft (wirtschaftlich verantwortungsvoller Umgang mit erforderlichen Le-
bensressourcen), sondern insbesondere auch die Schaffung der Grundlagen zur
verlässlichen und berechenbaren finanziellen Sicherung des Solidarsystems. Dieser
Grundsatz bezieht sich insbesondere auch auf die Neugestaltung der Sozialhilfe als
wirkungsvolles Instrument zur Abwendung von Verarmungsgefährdung und materiel-
ler Notlage.

Wien, am 29. Juli 2003

Für den Bundesminister:

OR RL Gerda Fuchs-Preiszler

Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:


An den

Präsidenten des Nationalrates

Herrn Dr. Andreas Kohl

Dr. Karl Renner Ring 3

1017 Wien

Name/Durchwahl:
Mag. Kronaus/6576

Geschäftszahl:/
434.004/113-II/1/03

Betreff: Resolution des Gemeinderates von St. Pölten gegen die Abschaffung der
Notstandshilfe und deren Ersatz durch die „Sozialhilfe neu"

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das BMWA darf Ihnen zur o.a. Angelegenheit ein Positionspapier (kursiv und fett
markiert) zur gefälligen Kenntnisnahme übermitteln.

"Die österreichische Bundesregierung hat im Regierungsprogramm für die XXII. Gesetz-
gebungsperiode unter der Überschrift "Überführung der Notstandshilfe in eine "Sozial-
hilfe neu "" vereinbart, dass geprüft werden soll, "die Notstandshilfe von der Zuständigkeit
des AMS in die Sozialhilfe der Länder zu verlagern ". Wesentliche Voraussetzung dafür ist
eine durch ein Sozialhilfegrundsatzgesetz oder eine Artikel 15-a-Vereinbarung harmoni-
sierte Regelung der gesamten "Sozialhilfe neu".

Diese Prüfung soll mit der Zielrichtung erfolgen, Vollbeschäftigung unter Berücksichti-
gung der wirtschaftlichen Bedürfnisse nach Flexibilität und Wahrung des Anspruchs auf
Sicherheit und Solidarität im Zusammenhang mit einem gerechten Zugang zum Arbeits-
markt wiederzugewinnen.

Aus der Sicht des BMWA zeichnen sich unter Berücksichtigung der Ergebnisse der auf
Wunsch der Länder unter dem Vorsitz des nunmehrigen Bundesministeriums für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und mit wissenschaftlicher Begleitung
durch Herrn Prof. Dr. Pfeil eingerichteten Arbeitsgruppe zur umfassenden Analyse der
Sozialhilfe folgende Eckpunkte einer Reform ab.

   Erarbeitung der Reform unter Einbeziehung aller relevanten Akteure, insbesondere
der Länder, Sozialpartner und NGOs


         Sozial ausgewogene einheitliche Existenzsicherung zur Abwehr von Armutsgefähr-
dung

         Gleichbehandlung gleich gelagerter Problemlagen (bspw. Arbeitslosigkeit mit/ohne
Leistungsanspruch nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz)

         Bereinigung    von    Schnittstellen    zwischen    Sicherungssystemen    und    ihren
Trägerorganisationen

         Verfahrenssicherheit, -rationalisierung und -beschleunigung

         One Desk Prinzip

Dabei ist zu berücksichtigen, dass

         erwerbsfähige, arbeitslose Sozialhilfeempfänger im Erwerbsalter durch das AMS
beraten und vermittelt werden, wobei die Vormerkung bei den Geschäftsstellen des
AMS eine Voraussetzung des Sozialhilfebezuges darstellt und entsprechend dem
Arbeitsmarktservicegesetz und den dazu ergangenen Richtlinien den vorgemerkten
Sozialhilfeempfängern das gesamte Dienstleistungs- und Beihilfenangebot des AMS
zur Integration in den Arbeitsmarkt zur Verfügung steht

         Personen mit Erreichen des Regelpensionsalters einheitlich beim Pensionsversiche-
rungsträger betreut und unter Berücksichtigung des Ausgleichzulagensystems ma-
teriell abgesichert werden; die budgetäre Beteiligung der Länder erfolgt über Ge-
genverrechnung des tatsächlichen Aufwandes

   erwerbsunfähige Personen im Erwerbsalter rasch und einfach lokalen Zugang zur
Sozialhilfe finden.

Dabei steht eine noch bessere Betreuung der arbeitsfähigen Erwerbsbevölkerung, unab-
hängig davon, ob die einzelnen Personen nun eine Leistung aus der Arbeitslosenversiche-
rung oder der Sozialhilfe erhalten, im Vordergrund. Nahe liegend bedeutet dies, dass nach
dem auch in anderen Bereichen forcierten, kundenorientierten „One-Desk-Prinzip" auch
die existenzsichernden Einkommensersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit von einer Stelle
ausbezahlt werden. Wer zur Leistung nicht oder nicht mehr fähig ist oder beispielsweise
durch eine familiäre Krise in finanzielle Notlage geraten ist, soll zunächst Anspruch auf
Hilfe und Existenzsicherung ohne Rücksicht auf die Ursache haben. Statt wie in der BRD
die Arbeitslosenhilfe auf das niedrigere Niveau der Sozialhilfe zu senken, wird in Öster-
reich eine „Sozialhilfe neu" angestrebt, die Synergien zwischen der vom AMS gewährten
Notstandshilfe und der vom Land und den Kommunen betreuten Sozialhilfe bewirken solL

Es ist nicht daran gedacht, das mit der Notstandshilfe verbundene Niveau und Verfahren
materieller Unterstützung aufzugeben. Immerhin beträgt der Notstandshilfeaufwand bspw.
im Bundesland Wien nahezu das Doppelte des Sozialhilfeaufwandes (rd. 343 Mio. € zu 179
Mio. € im Jahr 2000); dies bedeutet eine massive Entlastung der Länderbudgets zu Lasten
der Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung und dementsprechender Teillast bei den
Lohnnebenkosten. Allerdings sind erhebliche, auch budgetär wirksame Einsparungseffekte
in der Art und Weise der Leistungserbringung und der Synergien in der Verfahrensab-
wicklung zu erwarten.

Jedenfalls soll die Sozialhilfe zu einem effizienten Mittel gegen Armut ohne bürokratische
„Hürdenläufe" werden.

Damit verbindet sich nicht nur die nachhaltige Sicherung im Rahmen der sozialen Markt-
wirtschaft (wirtschaftlich verantwortungsvoller Umgang mit erforderlichen Lebensressour-


cen), sondern insbesondere auch die Schaffung der Grundlagen zur verlässlichen und be-
rechenbaren finanziellen Sicherung des Solidarsystems. Dieser Grundsatz bezieht sich ins-
besondere auch auf die Neugestaltung der Sozialhilfe als wirkungsvolles Instrument zur
Abwendung von Verarmungsgefährdung und materieller Notlage."

Ein entsprechendes Schreiben ist von ho. Seite auch an den Gemeinderat von St.
Pölten ergangen.

Mit freundlichen Grüßen

Wien, am 22.07.2003

Für den Bundesminister:

Nowotny

Für die Richtigkeit
der Ausfertigung: