39/SPET XXII. GP

Eingebracht am 01.03.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petititon

 

 

BUNDESMINISTERIUM

FÜR

AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN

 

VÖLKERRECHTSBÜRO

A-1014 Wien, Minoritenplatz 8

Tel.: 0501150-0, FAX: 0501159-217

e-mail: abti7@bmaa.gv.at

 

E-MAIL

 

GZ:

BMaA.AT.8.19.11/0379-I.7/2005

Datum:

23. Jänner 2006

Seiten:

4

An:

An die Parlamentsdirektion stellungnahme.PETBI@parlament.gv.at

Von:

Ges. Mag. Theuermann

SB:

Mag. Wagner

DW:

3593

 

Betreff:            Stellungnahme betreffend Petition Nr. 74

“Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in Entwicklungsländern“, überreicht von der Abgeordneten Frau Theresia Haidlmayr

 

zu da. Zl. 17010.0020/44-L1.3/2005 vom 16. 12. 2005

 

 

Zur gegenständlichen Petition beehrt sich das BMaA wie folgt Stellung zu nehmen:

 

 

Zur Forderung einer Verankerung der “International Cooperation“ in die geplante VN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen:

 

Während des gegenwärtigen österreichischen EU-Vorsitzes fanden Verhandlungen über den derzeitigen Entwurf einer VN- Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen von 16. Jänner bis 3. Februar 2006 in New York statt. Österreich setzte sich bei dieser Gelegenheit im Namen der Europäischen Union für eine Verankerung des Prinzips der internationalen Kooperation im Konventionsentwurf ein. Eine genaue Festlegung, ob dies in einem eigenen Artikel erfolgen wird, oder (ausschließlich) im Wege einer Bezugnahme in einem der allgemeinen Artikel, wie dem Artikel über „allgemeine Verpflichtungen“, wurde im Rahmen der zu Ende gegangenen Verhandlungsrunde noch nicht erzielt. Im Rahmen der nächsten Runde, der 8. Sitzung des „Ad Hoc Committees“ zur VN-Behindertenkonvention, die im August d. J. ebenfalls in New York stattfinden wird, werden die diesbezüglichen Verhandlungen fortgesetzt werden. 

 

Von großer Bedeutung ist aber, die Verpflichtung der Staaten zur Einhaltung der menschenrechtlichen Verpflichtungen aus der Behindertenkonvention nicht von Mitteltransfers abhängig zu machen. Bestimmungen über internationale Kooperation dürfen den Teilnehmerstaaten der Konvention nicht als Grund dienen, internationale Verpflichtungen gegenüber Menschen mit Behinderungen nicht zu erfüllen.

 

Entwicklungspolitische Aspekte

 

Österreich hat das Verhandlungsprofil der Union für die VN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf dem Gebiet der EU-EZA wesentlich mitbestimmt: So wurden österreichische Vorschläge zum Bereich Menschenrechte in das rezente Grundsatzdokument „European Development Consensus“ vom 22. November 2005, in dem ausdrücklich auf die Bedeutung der Rolle von Menschen mit Behinderungen im sozialen Dialog Bezug genommen wird, aufgenommen. Ebenso reflektiert die neue, unter britischem EU-Vorsitz angenommene EU-Afrika-Strategie vom 16. Dezember 2005 die Notwendigkeit des Schutzes benachteiligter Bevölkerungsgruppen im Einklang mit den entsprechenden VN-Übereinkommen.

 

Diese Ziele decken sich mit dem in §1 des österreichischen Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes 2003 verankerten Prinzip, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der Armutsbekämpfung zu berücksichtigen. Der gesetzliche Auftrag ist daher ein wichtiges Anliegen der österreichischen  Außen- und Entwicklungspolitik.

 

Die Schwerpunktsetzung des Dreijahresprogramms der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) entspricht diesem Grundsatz. Konkret hat die OEZA einen Konsultationsprozess zum Entwurf von Leitlinien auf dem Gebiet Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit eingeleitet, der diese Thematik mit aufgreift. Die Interventionen auf Länder- und Sektorebene umfassen insbesondere die Bereiche der Unterstützung von Minenopfern, von Blinden und Sehbehinderten, von Hörbehinderten, in der Betreuung und Förderung der Integration von Menschen mit Behinderung in Regelschulen, in der Sensibilisierung, in Schutz- und Sozialprogrammen, bei Stipendien und der Unterstützung von Interessenvertretungen.

 

Der Ansatz der OEZA orientiert sich dabei an den Empfehlungen der Europäischen Kommission:

n       Menschen mit Behinderung sind eine inhomogene Gruppe und müssen auch als solche gesehen und behandelt werden;

n       Menschen mit Behinderung werden als Akteure der OEZA in die Entscheidungen mit einbezogen, wo dies relevant ist;

n       Menschen mit Behinderung sind Träger von Rechten und nicht Hilfsempfänger;

n       Ein mehrstufiger Ansatz ist sinnvoll, im Sinne von spezifischen Projekten für Menschen mit Behinderung und als transversales Thema;

n       In Projektevaluierungen wird überprüft, ob auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung Rücksicht genommen wurde;

n       Ein nachhaltig ausgerichteter Ansatz, der auch das soziale Umfeld (Familie) mit einschließt, wirkt sich langfristig positiv auf die Situation von Menschen mit Behinderung aus, und wird im Rahmen der Projekte und Programme gefördert;

n       Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt im Bereich der Förderung von behinderten Frauen und Kindern.

 

Betreffend die Projekte der OEZA ist ein Kriterienkatalog in Ausarbeitung, der eine systemische Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in allen Entwicklungsmaßnahmen enthalten wird.

 

Information über OEZA-Projekte:

Unterstützung für Minenopfer

Zur Vorbeugung neuer Unfälle und zur Betreuung der Minenopfer im Gebiet des Río Coco, Nicaragua, werden gemeinsam mit dem lokalen Projektpartner, dem Militär, den lokalen Schulen, dem Bezirksamt und dem Gesundheitsministerium ein Begleitprogramm zur genauen Identifizierung und Räumung der Minenfelder entwickelt. Darüber hinaus werden Minenopfer sozial, medizinisch und finanziell betreut als Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen Reintegration. Ein weiterer  Aspekt ist ein breit angelegtes Informationsprogramm zur Vorbeugung neuer Unfälle.

 

Bosnien und Herzegowina ist nach wie vor eines der am stärksten verminten Länder Europas. Die OEZA unterstützt dort durch die NRO HOPE 87 einen integrativen Ansatz, wonach medizinische und soziale Rehabilitation von Minenopfern Hand in Hand gehen müssen. Ein Medical Centre und ein Educational Centre wurden eingerichtet, um eine umfassende Behandlung und Reintegration von Minenopfern, aber auch von anderen Kriegsversehrten und Behinderten zu ermöglichen. Therapeutische Behandlungen, psychologische Betreuung, Training von Fähigkeiten und Hilfe bei der Jobsuche sind weitere Komponenten des Projekts.

Blinde und Sehbehinderte

Derzeit sind in Bosnien-Herzegowina einschneidende Veränderungen im Bildungswesen geplant, die eine Integration von behinderten Kindern in Regelschulen vorsehen. Der Staat finanziert jedoch keine Aktivitäten zur Vorbereitung behinderter Kinder auf Regelschulen. Die Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien für Blinde und Sehbehinderte ist derzeit gesetzlich nicht geregelt.

 

In dem bestehenden "Zentrum für blinde und sehbehinderte Jugendliche" in Sarajewo soll durch die Produktion und Verteilung von Unterrichtsmaterialien in Blinden- und Großdruckschrift sichergestellt werden, dass blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche regelmäßig lesen und ihr Recht auf dieselben Bücher wie Kinder in Regelschulen wahrnehmen können, und damit einen verbesserten Zugang zu Bildung und Beruf erhalten und Lehrer besser in der Lage sind, blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen Fachwissen zu vermitteln.

 

In einem Rahmenvertrag mit der NGO ’Licht für die Welt‘ wird die Förderung einer Reihe von Projekten zur Hilfe von Blinden in Äthiopien, Tansania und Burkina Faso festgelegt: In Äthiopien leben bspw. rund 812.500 blinde Menschen. Da von Trachominfektionen vorwiegend Mädchen und Frauen betroffen sind, kommen verstärkte Präventivmaßnahmen dieser Bevölkerungsgruppe zugute. Es werden einige Regionen von dem landesweiten Programm zur Bekämpfung vermeidbarer Blindheit profitieren. In diesen medizinisch unterversorgten Gebieten leben etwa 80% nahe bzw. unter der Armutsgrenze.

 

In den Jahren 2000–2003 wurde im Rahmen eines von der OEZA geförderten Programms eine qualifizierte augenmedizinische Grundstruktur in Äthiopien errichtet. Konkret wurden in sechs unterversorgten Regionen neun bestehende staatliche sekundäre Augenkliniken gestärkt sowie drei neue Augenabteilungen errichtet. Diese Grundstruktur bedarf nun der nachhaltigen Konsolidierung: Festigung und Stärkung der bestehenden Klinikbetriebe, Ausweitung der Präventivmaßnahmen auf Dorfebene und Ausbildung von einheimischen Fachkräften.

Schutzprogramme

Das Behinderten- und Waisenheim für Mädchen in Bender, Moldau, beherbergt 50 Mädchen im Alter von 6 – 18 Jahren. Gleich neben dem Mädchenheim befindet sich ein Heim für rd. 100 erwachsene behinderte Frauen. Die Frauen und Mädchen leben unter schwierigsten Bedingungen auf engstem Raum. Seit einigen Jahren setzt sich der Projektpartner für die Förderung der Heiminsassinnen ein. So wurden grundlegende Verbesserungen bei einigen Sanitäranlagen getroffen. Auch wurden für Behindertenbetreuung und Frühförderung regelmäßig Kurse für die Betreuer/innen abgehalten. In einem Folgeprojekt wird auf den bisherigen Grundlagen aufgebaut werden. Es soll ein Beitrag dazu geleistet werden, dass die Mädchen einerseits ein menschenwürdiges Leben im Heim mit entsprechenden materiellen Voraussetzungen und einer besseren qualitativen Betreuung führen können und andererseits ihre Integration in die Gesellschaft unterstützt wird.

Sensibilisierung

Durch die Dezentralisierung der Verwaltung erfolgt in Uganda eine Verlagerung der Entscheidungsebene auf die Distrikt- bzw. Subcounty-Ebene. Gleichzeitig wurde für die Lokalregierungen eine Frauenquote von 33% festgelegt. Das 1998 begonnene und bewährte Trainingsprogramm für weibliche Gemeinderäte und Vertreterinnen von Randgruppen (2 BehindertenvertreterInnen und 2 JugendvertreterInnen pro Gemeinde) soll in 20 ausgewählten Distrikten fortgesetzt werden, um das Erfahrungsdefizit der Mandatarinnen auszugleichen und deren fachliche Kompetenz zu stärken. Die bisher vermittelten Inhalte sollen durch Informationen zu Budgeterstellung und Finanzierung bzw. Finanzierungsmöglichkeiten von local governments ergänzt werden.

 

Ein weiteres Projekt stärkt die Bewusstseinsbildung von österreichischen Jugendlichen in Vorbereitung auf einen Arbeitseinsatz in Ecuador. Ferner wird ein Beitrag zur Weiterbildung des pädagogischen Personals, der Bau eines Gebäudes von einem Zentrum für Menschen mit Behinderung in Ecuador finanziert. Die Bauarbeiten werden durch den Arbeitseinsatz von Schülern der HTL Mödling und der Baufirma vor Ort durchgeführt. 50 behinderte Kinder und Jugendliche werden in diesem Zentrum unterrichtet und betreut. Ebenso werden Eltern und Familienmitglieder im Zuge des Projekts betreut, um besser mit den behinderten Familienmitgliedern umgehen zu lernen.

 

Für die Bundesministerin:

 

Theuermann m.p.