V-5 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

Donnerstag, 3. Juni 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXII. Gesetzgebungsperiode                          Donnerstag, 3. Juni 2004

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

COM KOM (04) 101 endg.

Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union, 2007-2013 (24935/EU XXII.GP)

 

RAT 5478/04

Stellungnahme des Rates zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Österreichs

(25222/EU XXII.GP)

 

 

 

 


In einer sehr ausführlichen inhaltlichen Debatte diskutierten die Mitglieder des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union das Für und Wider des Festhaltens am Stabilitäts- und Wachstumspakt. Während die Opposition dafür plädierte, diesen flexibler zu gestalten und beispielsweise bestimmte Ausgaben bei der Bewertung der Einhaltung des Paktes herauszunehmen, bekräftigten Bundesminister Karl-Heinz Grasser sowie die Mitglieder der beiden Regierungsparteien, der Pakt sei eine der tragenden Säulen der Wirtschafts- und Wachstumspolitik und müsse daher von allen in gleicher Weise umgesetzt werden. Ansonsten entstünde für die gemeinsame Währung ein großer Schaden. Grasser trat aber dafür ein, den Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie den Lissabon-Prozess miteinander zu verbinden.

 

ÖVP und FPÖ brachten zwei Anträge auf Ausschussfeststellung ein, die mehrheitlich gegen die Stimmen der Opposition angenommen wurden.

 

In einer Feststellung geht der Ausschuss davon aus, dass die Bundesregierung nachdrücklich für die Interessen Österreichs als Nettozahler eintreten und die Initiative, das Ausgabenniveau von 1% des Bruttonationaleinkommens beizubehalten, fortgeführt wird.

 

In der anderen hält der Ausschuss fest, dass dem Stabilitäts- und Wachstumspakt gerade aus der Sicht der kleinen und mittleren Mitgliedstaaten eine besondere Bedeutung zukommt, um das Ende der Schuldenpolitik wirksam zu verankern, die Stabilität der Währung und des Geldwertes sicherzustellen und ein verstärktes Wachstum und zunehmende Beschäftigung im Sinne der Ziele des Lissabon-Prozesses zu ermöglichen und zu unterstützen. Weiters wird darauf hingewiesen, dass adäquate Reaktionsmechanismen im Falle von Verletzungen des Paktes unverzichtbar sind und die Bundesregierung den verschiedenen Bestrebung zur Aufweichung des Paktes weiterhin entgegentreten wird.

 

Abgelehnt wurden drei Anträge auf Stellungnahme und ein weiterer Antrag auf Ausschussfeststellung, eingebracht von Abgeordneten der Opposition.

 

Der S-G-Antrag betreffend Steuerharmonisierung in der Union zielt auf eine Harmonisierung der Unternehmenssteuern innerhalb der EU zur Herstellung wirklich fairer Wettbewerbsbedingungen ab, indem eine Vereinheitlichung der Steuerbemessungsgrundlage und die Festsetzung von Mindeststeuersätzen angestrebt wird.

 

Im G-S-Antrag zur Neuausrichtung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes setzen sich die Abgeordneten für eine Neuverhandlung und Neuausrichtung des Paktes ein und fordern ein Abgehen von der ausschließlichen Orientierung auf die so genannte Stabilität und damit auf eine restriktive Finanzpolitik. Vielmehr sollte der Schwerpunkt auf eine nachhaltige Wachstumsorientierung gelegt werden. Die UnterzeichnerInnen fordern darin unter anderem die Entwicklung eines umfassenden wirtschaftspolitischen Zielkatalogs mit intelligenten Anreizsystemen statt unflexibler Sanktionsmechanismen. Sie wollen auch die Ziele für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, die Hebung der öffentlichen Investitionsquoten, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie andere soziale und ökologische Indikatoren darin verankern und eine koordinierte europäische Wirtschafts- und Wachstumspolitik durch den forcierten Ausbau der Transeuropäischen Netze innerhalb ökologischer Leitplanken realisiert wissen. In diesem Antrag wird die Zinspolitik als restriktiv, völlig unflexibel und damit schädlich kritisiert.

 

Die finanzielle Vorausschau in der Europäischen Union ist Thema des dritten oppositionellen Antrags (S-G), in dem sich die Abgeordneten für eine Umschichtung der Finanzmittel des Agrarsektors vom Bereich der Mengen- und Flächenförderung hin zur Förderung des ländlichen Raumes und allenfalls zu den Bereichen Forschung und Entwicklung, Aus- und Weiterbildung und Infrastruktur aussprechen. Darin wird auch der schrittweise gänzliche Abbau der direkten Exportförderung landwirtschaftlicher Produkte verlangt, insbesondere die Förderung von Lebendtierexporten. In diesem Zusammenhang treten sie für eine artgerechte Tierhaltung und einen Tierschutz ein, der entwickelten Gesellschaften entspricht. In diesem Zusammenhang wollen sie auch den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Einrichtung eines Growth Adjustment Fund zur Finanzierung Lissabon-adäquater Mittel unterstützen.

 

Schließlich lag ein G-S-Antrag auf Ausschussfeststellung vor, in dem die AntragstellerInnen festhalten wollten, der Vorschlag des Finanzministers, Defizitsündern die Stimmrechte im Rat zu entziehen, widerspiegle nur eine persönliche Meinung Grassers und habe keinerlei Auswirkungen auf die offizielle Position der österreichischen Bundesregierung auf EU-Ebene

 

Eingeleitet wurde die Diskussion im Ständigen Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union zum Thema Wachstums- und Stabilitätspakt sowie zu den Haushaltsmitteln der EU für die Jahre 2007 bis 2013 mit einer Stellungnahme Finanzminister Karl-Heinz Grassers, der den Stabilitäts- und Wachstumspakt als eine der tragenden Säulen der Wirtschafts- und Währungspolitik bezeichnete.

 

Grasser unterstrich, dass Österreich seine Hausaufgaben erfüllt habe, indem strukturelle Reformen und die Konsolidierung des Haushaltes erreicht worden seien. Heute rangiere man neben Schweden, Finnland und Dänemark unter den vier besten Ländern Europas, und das österreichische Stabilitätsprogramm sei als eines der besten qualifiziert worden. Sieben Mitgliedstaaten würden voraussichtlich ein Defizit von mehr 3% des BIP und daher erhebliche Budgetprobleme aufweisen.

 

Die Frage stelle sich, so Grasser, wie man in Europa nachhaltig die Sozialsysteme finanzieren könne. Auf keinen Fall werde dies aus der Situation der Defizite heraus gelingen, so die Überzeugung des Ministers. Österreich habe auf Grund der Politik der Bundesregierung trotz der schwierigen wirtschaftspolitischen Situation die Konsolidierung geschafft. Er hält das Instrument des Paktes für "gut, richtig, notwendig und einfach bewertbar" und lehnte es ab, einzelne Ausgabenkategorien herauszunehmen. Das wäre ein Betrug an sich selbst, sagte Grasser. Selbstverständlich müsse man die Jahre guter Konjunkturen zur Konsolidierung nützen. Österreich habe dies getan und befinde sich nun in der komfortablen Situation, der wirtschaftlichen Krise mit zwei Konjunkturpaketen, mit einem Wachstums- und Standortpaket und der Steuerreform gegensteuern zu können. Die Regierung habe eine Abgabenquote von 44,4% übernommen, 2005 werde diese auf 42,3% sinken. Das Defizit wird laut Grasser im schlechtesten Fall bei 1,5% bis 2% liegen, im Jahr 2006 wird es wieder zurückgehen.

 

Aus seiner Sicht hätten sich die Regelmechanismen des Paktes bewährt, und deshalb sollte man ihn auch im Grundsatz belassen. Seine Glaubwürdigkeit sei jedoch derzeit erschüttert, da man die Spielregeln auf Grund mangelnden politischen Willens nicht auf alle Länder angewendet habe. Grasser unterstrich daher, dass man keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Ländern mehr machen dürfe, vor allem im Hinblick auf die Zukunft des Euro. Er hält in diesem Zusammenhang die Stärkung der Kommission für notwendig und den weit klügeren Weg, da derzeit die Mitgliedstaaten selbst über Maßnahmen bestimmten und sich kein Staat selbst wehtun wolle.

 

Es gebe zwei Möglichkeiten, Sanktionen zu verhängen, eine geldmäßige, die jedoch nicht funktioniert habe, und eine über Entzug des Stimmrechts. Andere Vorschläge beträfen die Kürzung der Rückflüsse oder positive Anreize, etwa bei guten Daten zusätzliches Geld für Forschung und Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Wenn es keine finanziellen Sanktionen gebe, dann müsse man eben beim Stimmrecht ansetzen, sagte Grasser, und zitierte den EU-Verfassungsentwurf in den Artikeln 99 und 104, wo in bestimmten Angelegenheiten betroffene Staaten kein Stimmrecht haben sollten.

 

Hinsichtlich der finanziellen Vorschau der Kommission von 2007 bis 2013 erläuterte Grasser, dass die Bundesregierung die Zahlungen auf 1% des gemeinsamen Brutto-Nationaleinkommens begrenzen wolle, was jedoch nicht weniger Geld bedeuten würde. Der Union würden sogar 24 bis 25 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen. Der vorliegende Kommissionsvorschlag würde jedoch eine allzu massive Steigerung der Mittel bedeuten und sich negativ auf die Nettozahlerposition auswirken. Abschließend berichtete der Minister, dass es dazu am 2. Mai einen informellen Ecofin gegeben habe, man aber in eine konkrete Diskussion erst nach der Vorlage des Eigenmittelberichts und des Legislativ-Vorschlags der Kommission eintreten könne. Dies werde im Juni oder Juli stattfinden und dann werde man jede Ausgabenkategorie im Detail hinterfragen.

 

Abgeordneter Caspar Einem (S) kritisierte, dass Grasser sehr einseitig den Stabilitätsteil betrachtet, den Wachstumsteil jedoch vernachlässigt habe. Damit erwecke er den Eindruck, dass ihn die kontinuierlich steigende Arbeitslosigkeit nicht interessiere. Der Pakt sei aber darauf ausgerichtet, beide Komponenten miteinander zu verbinden. Einem formulierte als Ziel der Politik Wachstum und Vollbeschäftigung. Die Währung könnte dazu nur ein Instrument sein.

 

Er sprach sich dafür aus, eine Politik für Menschen zu machen, wo sie es auch spüren und hält investive Maßnahmen für notwendig

 

Einem gab zu bedenken, dass hinsichtlich des zukünftigen EU-Haushalts komplexe Verhandlungen zu führen sein werden, da die bisherigen Empfänger von Fondsmitteln nicht gerne auf etwas verzichten würden, die Erweiterung die Union vor neue Herausforderungen stelle und das Budget finanzierbar bleiben müsse. Unter diesem Aspekt sei zwar die Forderung nach der Begrenzung von 1% als Ausgangsposition sinnvoll, dennoch dürfe man nicht einseitig die Nettozahlerinteressen verfolgen, sondern müsse auch die Ziele von Wachstum und Beschäftigung berücksichtigen. Die gegenwärtigen Ausgaben seien daher genauso zu durchleuchten wie die Ausgabenpraxis und einer Reform zu unterziehen. In Zukunft müsse ein effizienter Einsatz der Mittel im Hinblick auf Beschäftigung und Ausbau der Infrastruktur sichergestellt werden. Einem erläuterte im Anschluss den Antrag auf Stellungnahme betreffend die finanzielle Vorausschau in der EU. Zum Hinweis Grassers auf den Verfassungsentwurf meinte er, dass damit keineswegs Sanktionen gemeint seien.

 

Sein Klubkollege Abgeordneter Christoph Matznetter (S) erinnerte an den Ausspruch Romano Prodis, der den Stabilitäts- und Wachstumspakt als "rigid and stupid" bezeichnet hatte. Er stimme dem zu, da die einfachen Kriterien vieles außer Acht ließen. Die damalige Entscheidung, so Matznetter, sei unter anderen Voraussetzungen erfolgt, nach zehn Jahren müsse man das Regelwerk jedoch so adaptieren, dass auch die Lissabon-Ziele erreicht würden. Das werde man mit den starren Kriterien nicht schaffen.

 

Der SPÖ-Budgetsprecher warf der Regierung vor, zum falschen Zeitpunkt restriktiv vorgegangen zu sein. Das Defizit könne nicht das einzige Kriterium sein, entscheidend seien die Ausgaben und die Einnahmen, denn bei aller Sparsamkeit müsse man nachhaltig in den Standort investieren, sonst komme man in eine Spirale hinein, wo nicht nur die Einnahmen sänken, sondern auch die Kaufkraft geschwächt werde. Matznetter hält daher auch den Wettbewerb bei den Steuern für äußerst schädlich und forderte die Harmonisierung der Steuern, wobei Mindeststeuersätze einen notwendigen Baustein für die Vollendung des Binnenmarktes darstellen sollten. In seiner Erläuterung des oben zitierten Antrages wies Matznetter darauf hin, dass sich die Union auch ein strenges Beihilfenrecht gegeben habe.

 

Den Vorschlag des Finanzministers zum Entzug des Stimmrechts titulierte Matznetter als "vordemokratisch" und regte an, den neuen Pakt so zu gestalten, dass darin eine Unterscheidung der Ausgaben vorgenommen wird. Er meinte damit jene, die im Sinne von Lissabon sinnvoll sind, denn die Reduktion des Gemeinwesens sei nicht nur eine politische Frage. Die europäische Form des Sozialstaates stelle eine zivilisatorische Leistung dar und dürfe nicht aufgegeben werden. Daher betrachte er es als eine absolute Kernfrage, wie man nachhaltiges Wachstum schaffe und welche Investitionen langfristig von Nutzen seien. Hinsichtlich des Wachstums befinde sich Österreich aber in einem jämmerlichen Zustand, man sei Opfer eines zwar damals verständlichen, aber jetzt unbrauchbaren Paktes.

 

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S) stimmte mit der Kritik am Stabilitäts- und Wachstumspakt überein und meinte, dass man durch das starre Festhalten an diesem Regelwerk die Menschen vergesse. Dessen Werte seien daher zu hinterfragen, denn er habe nur eine steigende Arbeitslosigkeit und einen Steuerwettbewerb nach unten bewirkt. Alles würde verkauft und ausgegliedert und die Personalkosten in den Sachaufwand verlagert. Alles in allem sei der Pakt eine Gefahr für den sozialen Frieden. Man müsse daher, so die Abgeordnete, Positivfaktoren festlegen, wie eine hohe Aktivbeschäftigung, Sozialstandards und die Erhaltung von Gesundheitssystemen.      

 

Abgeordneter Werner Kogler (G) wollte den Stabilitäts- und Wachstumspakt in einer differenzierteren Sichtweise beurteilen, da sich in diesem Zusammenhang das Problem einer koordinierten und nicht koordinierten Wirtschaftspolitik stelle. Die Frage nach Konsequenzen bei der Verletzung des Paktes sei zulässig, sagte er,  zumal die Geldpolitik extrem vergemeinschaftet und die Notenbank extrem unabhängig sei, und da könne es nicht gut gehen, wenn jeder das tue, was er wolle. Dennoch teile er die Idee des Ministers nicht, ja er weise sie zurück, weil sie einen fundamentalen demokratischen Grundsatz berühre und 200 Jahre zurückführe. Kogler verglich diese mit erkauften Kuriensitzen. Er wolle aber klären, wie die Klubs in diesem Haus dazu stünden, weshalb er den oben zitierten Antrag auf Ausschussfeststellung einbrachte.

 

Kogler setzte sich auch mit dem Inhalt des Paktes auseinander und meinte, dass es nichts bringe, etwas aufrecht zu erhalten, was nur Schaden stifte. Die Fixierung auf niedrige Defizite erachte er ebenfalls für falsch, da sie negative Konsequenzen für die Volkswirtschaften mit sich bringe. Man müsse nämlich die Frage stellen, welche Defizite gemacht werden, denn auch jedes Unternehmen prüfe, wofür es Kredite aufnehme. Auch der Staat müsse in nützliche und nachhaltige Zukunftsprojekte investieren. Daher trete er dafür ein, den Pakt zu ändern, denn derzeit werde er lediglich dazu benutzt, neoliberale Politik durchzusetzen. Es bedürfe flexiblerer Regeln, und investive Ausgaben sollte man durchaus anders behandeln. Diese flexiblen Regeln müsste man dann aber strikt einhalten. Kogler brachte in diesem Zusammenhang auch den Antrag betreffend Neuausrichtung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ein.

 

Abgeordneter Eugen Bösch (F) betonte, dass die Errungenschaften der letzten Jahre finanzierbar bleiben müssten. Die Bundesregierung habe vernünftige Maßnahmen gesetzt und es sei notwendig, die Wirtschafts- und Währungsunion sowie den Stabilitäts- und Wachstumspakt ernst zu nehmen. Die Glaubwürdigkeit müsse erhalten bleiben, und dabei gehe es um die Frage der Gleichbehandlung aller Staaten. Der F-Abgeordnete verteidigte die Maßnahmen der Bundesregierung auf EU-Ebene als richtigen Weg und übte an der Finanzvorschau der Kommission Kritik. Er räumte ein, dass es im Zuge der EU-Erweiterung Verschiebungen werde geben müsse, dennoch sei es notwendig, die Grundsätze der Haushaltsdisziplin zu wahren. Die Anträge der Opposition lehnte er ab, da seiner Meinung nach die von den Regierungsfraktionen beantragten Ausschussfeststellungen ausreichend seien.

 

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) nannte den Euro als ein großes historisches Experiment und wies darauf hin, dass man zwar eine gemeinsame Währung habe, jedoch keine gemeinsame Regierungs-, Fiskal- und Wirtschaftspolitik. Als Ersatz zur Koordinierung brauche man daher andere Instrumente wie die wirtschaftspolitischen Grundzüge, die beschäftigungspolitischen Leitlinien und eben den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Wenn man diesen aufweiche, werde der Erfolg der gemeinsamen Währung gefährdet, sagte Stummvoll. Nehme man gewisse Ausgaben heraus, entstünde ein Dammbruch, und das wäre das Ende der gemeinsamen Währung. Kritisiert werde der Pakt nur von jenen, die die guten Jahre nicht genützt hätten, ihre Hausaufgaben zu machen.

 

Auch Österreich sei von der wirtschaftlich schwierigen Lage betroffen, dennoch stünde man besser da, etwa auch hinsichtlich der Arbeitslosigkeit. Das Arbeitsmarktproblem könne man jedoch nicht durch neue Schulden lösen und dauerhaftes Wirtschaftswachstum werde man nicht ohne dauerhafte Stabilität erreichen. Er begrüßte es, dass der Finanzminister die Frage der Sanktionen bei Verletzung des Paktes thematisiert hatte, denn die Spielregeln in einer derart vitalen Frage der Währungspolitik müssten eingehalten werden. Für Stummvoll hat der Antrag der Opposition zur Steuerharmonisierung durchaus reizvolle Elemente, Probleme bereiten ihm aber Mindeststeuersätze. Außerdem sieht er derzeit für eine Steuerharmonisierung weit und breit keine Chance.

 

Dem schloss sich der Vorsitzende des Ausschusses Abgeordneter Werner Fasslabend (V) an und bemerkte, dass die Einführung der Stabilitätskriterien eine Investition in die Glaubwürdigkeit darstellten. Die Vergemeinschaftung der Fiskalpolitik wäre zwar wichtig, sei aber nicht realistisch. Zur stabilitätsorientierten Fiskalpolitik gebe es keine Alternative, eine Änderung der gegenwärtigen Kriterien sei durchaus notwendig, sie dürften aber nicht in Richtung einer offenen Hand gehen.

 

Abgeordnete Anna Höllerer (V) nahm zu den Forderungen der Opposition im Bereich der Landwirtschaft Stellung und lehnte diese ab. Sie würden aus ihrer Sicht die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft untergraben. So sei zum Beispiel die Zuchtviehproduktion ein wesentlicher Bereich, diese Tiere könnten aber nur lebend transportiert werden. Man müsse für die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft sorgen, so Höllerer, die Landwirtschaft habe auch hohen gesellschaftlichen Anforderungen Rechnung zu tragen, und dazu bedürfe es politischer Rahmenbedingungen.

 

Bundesminister Karl-Heinz Grasser stimmte in seiner Reaktion auf die Debattenbeiträge der Abgeordneten dem SPÖ-Europasprecher Caspar Einem zu, dass die Stabilität nicht einseitig im Vordergrund stehen dürfe. Er habe daher auch immer die Auffassung vertreten, den Aspekt des Wachstums zu verstärken, und die EU habe für Infrastruktur sowie für Forschung und Entwicklung 90 Milliarden Euro flüssig gemacht. Bei der kürzlich stattgefundenen volkswirtschaftlichen Tagung der Österreichischen Nationalbank habe er den Vorschlag gemacht, den Stabilitäts- und Wachstumspakt mit den Lissabon-Zielen zu verbinden. Seiner Meinung nach schadet der Pakt nicht, denn er sei notwendig für eine gemeinsame Währung, zumal es eine unterschiedliche Fiskalpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten gebe und lediglich eine zentrale Geldpolitik. Man habe daher einen hohen Koordinierungsbedarf.

 

Die Kommission habe auch flexiblere Regeln vorgeschlagen, sei dafür aber für eine strikte Anwendung eingetreten. Er, Grasser, vertrete jedoch demgegenüber die Meinung, bei den geltenden Regeln zu bleiben und alle Länder gleich zu behandeln. Bei der Einführung flexiblerer Regelungen befürchtet Grasser jeweils Diskussionen darüber, was denn ein strukturelles Defizit ist und welche Ausgaben als nachhaltige Investitionen zu betrachten und daher herauszunehmen seien. Seinen Vorschlag, Defizitsündern das Stimmrecht zu entziehen, verteidigte er abermals unter Hinweis auf den Verfassungsentwurf, gab Einem jedoch Recht, dass es sich bei den zitierten Artikeln 99 und 104 nicht um Sanktionen handle. Das Argument, er habe einen undemokratischen Vorschlag gemacht, könne er jedoch nicht nachvollziehen.            

 

Grasser widersprach der Opposition, Österreich habe den Spielraum nicht genützt, und zitierte den Internationalen Währungsfonds, der Österreich ein gutes Zeugnis ausgestellt habe. Österreich habe gegenüber dem Durchschnitt in Europa ein doppelt so hohes Wachstum, ein weniger als halb so niedriges Defizit, eine bessere Preisstabilität, und auch die Arbeitslosigkeit sei nur halb so hoch, auch wenn man mit der derzeitigen Arbeitsmarktsituation nicht zufrieden sein könne. Durch die Konjunkturpakete und die Steuerreform habe man Raum geschaffen, und er sei zuversichtlich, dass sich die Situation noch heuer zum Besseren wenden werde.

 

Derzeit weise Österreich die niedrigste Arbeitslosenrate in der EU auf. Auch die wirtschaftlichen Aussichten sagten für Europa und Österreich einen Aufschwung voraus. Ein Aufschwung werde aber erst dann erfolgen, wenn die Binnennachfrage anspringe. Die Regierung habe gleichzeitig konsolidiert und mit den Konjunkturpaketen und der Steuerreform das Wachstum gestärkt, ohne Schulden zu machen. Man habe schwerpunktmäßig in Forschung und Entwicklung, Bildung und Infrastruktur investiert, sagte Grasser. Strikt wies er die Kritik, die Regierung betreibe eine neoliberale Politik, zurück und erinnerte unter anderem an das Kinderbetreuungsgeld, die Behindertenmilliarde und die Erhöhung der Familienförderung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Günter Stummvoll, Dr. Reinhard Eugen Bösch

 

 

 

Der Unterausschuss möge beschließen:

 

„Ausschussfeststellung:

zu TOP 1 betreffend die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament betr. [...] Haushaltsmittel der erweiterten Union 2007 – 2013

(24935/EU XXII.GP – COM KOM (04) 101 endg.)

 

 

 

Der Ausschuss geht im Zusammenhang mit der Mitteilung der Europäischen Kommission betreffend die Haushaltsmittel für die Jahre 2007 – 2013 davon aus:

 

  1. dass die Bundesregierung weiterhin nachdrücklich für die Interessen Österreichs als Nettozahler eintreten wird,

 

  1. dass die Initiative betreffend Beibehaltung des derzeit tatsächlich erreichten Ausgabenniveaus von 1% des Brutto-Nationaleinkommens fortgeführt wird, damit die anteilsmäßige Zahlungsverpflichtung Österreichs auch in Zukunft bleibt wie bisher,

 

  1. dass die Europäische Union auch die künftigen Ausgaben in diesem Rahmen finanzieren kann, dies insbesondere bei Ausnützung von Synergie- und Rationalisierungspotenzialen und durch eine an den Grundsätzen von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit orientierten Administration und Gebarung.

 

 

 

Der Unterausschuss beschließt weiters im Sinne des § 39 GOG, dass diese Ausschussfeststellung der auszugsweisen Darstellung der Verhandlungen beigefügt und als Kommuniqué veröffentlicht wird.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Günter Stummvoll, Dr. Reinhard Eugen Bösch

 

 

 

Der Unterausschuss möge beschließen:

 

„Ausschussfeststellung:

zu TOP 2 betreffend  Stellungnahme des Rates zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Österreichs (25222/EU XXII. GP – RAT 5478/04 UEM 6)

 

 

 

Der Ausschuss geht im Zusammenhang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt und angesichts der im EU-Vergleich durch hohes Wachstum, hohe Beschäftigung und stabile öffentliche Finanzen gekennzeichneten hervorragenden Positionierung Österreichs  davon aus:

 

  1. dass dem Stabilitäts- und Wachstumspakt gerade aus Sicht der kleinen und mittleren Mitgliedsstaaten eine besondere Bedeutung zukommt,

-          um das Ende der alten Schuldenpolitik auch europarechtlich wirksam zu verankern,

-          um die Stabilität der Währung und des Geldwertes sicherzustellen,

-          und um verstärktes Wachstum und zunehmende Beschäftigung im Sinne der Ziele des Lissabon-Prozesses zu ermöglichen und zu unterstützen;

 

  1. dass adäquate Reaktionsmechanismen im Falle von Verletzungen dieses Paktes unverzichtbar sind, wobei in die Überlegungen über eine allenfalls erforderliche Weiterentwicklung dieser Mechanismen bzw. ihrer sinnvollen Handhabung insbesondere die Ergebnisse des von der Europäischen Kommission eingeleiteten Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof miteinbezogen werden sollen;

 

  1. und dass die Bundesregierung weiterhin den verschiedenen Bestrebungen zur Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes entgegentreten wird.

 

 

 

Der Unterausschuss beschließt weiters im Sinne des § 39 GOG, dass diese Ausschussfeststellung der auszugsweisen Darstellung der Verhandlungen beigefügt und als Kommuniqué veröffentlicht wird.“