V-11 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

Freitag, 1. Juli 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXII. Gesetzgebungsperiode                          Freitag, 1. Juli 2005

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

RAT 10090/05

Finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013

(53625/EU XXII.GP)

 

und

 

RAT 10090/05 ADD 1

Finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013

(53884/EU XXII.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach den gescheiterten Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 beim letzten Europäischen Rat nahmen die Mitglieder des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 1. Juli 2005 eine Analyse der aktuellen Lage vor und diskutierten die diesbezüglichen Positionen der einzelnen Fraktionen sowie der Bundesregierung.

 

Bundesminister Karl Heinz Grasser wollte die derzeitige Situation nicht allzu pessimistisch sehen, sondern erblickte darin durchaus auch eine Chance. Dennoch räumte er ein, dass derzeit in Europa die Eigeninteressen überwiegen. Die Erwartungshaltung für den Gipfel sei seiner Auffassung nach zu hoch gewesen. Grasser warnte daher auch davor, allzu hohe Erwartungen in die Verhandlungen der kommenden Monate zu setzen.

 

Der letzte Kompromissvorschlag der luxemburgischen Präsidentschaft sei der österreichischen Position sehr nahe gekommen. Luxemburg habe die Deckelung für die Zahlungen im Bereich der Verpflichtungsermächtigung bei 1,06 % der Wirtschaftsleistung und bei der Zahlungsermächtigung bei 1 % vorgesehen. Das österreichische Interesse habe sich insbesondere auf die erhöhten Rückflüsse im Bereich der ländlichen Entwicklung, der Strukturpolitik, der TEN-Projekte sowie bei Forschung und Entwicklung konzentriert, und dieses habe im Kompromissvorschlag Berücksichtigung gefunden. 

 

Der Vorsitzende des Ausschusses, Abgeordneter Werner Fasslabend (V), meinte, Europa sei durch das Platzen der finanziellen Vorausschau im Zusammenhang mit dem Scheitern der Verfassung tief getroffen. Nun gehe es nicht mehr allein um fachliche Fragen, sondern um unterschiedliche Entwürfe über die Zukunft Europas und um innereuropäische Machtfragen.

 

Eine ausführlichere Debatte entwickelte sich insbesondere zu den Fragen des Agrarbudgets, der notwendigen Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbs-  und Beschäftigungspolitik sowie zum Problem des Steuerdumpings in einzelnen Mitgliedstaaten. Ausgelöst wurde diese Diskussion durch einen Antrag auf Stellungnahme, den Abgeordneter Caspar Einem (S) seitens seiner Fraktion eingebracht hatte. Darin werden die Positionen der SPÖ zum EU-Budget zusammengefasst. Die SozialdemokratInnen sprechen sich darin abermals für eine deutliche Umstrukturierung der Ausgaben der EU zugunsten von Infrastruktur, Forschung und Bildung sowie für eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik aus. Kritisiert wird darin auch der so genannte Briten-Rabatt sowie das von einzelnen Nettoempfänger-Ländern betriebene Steuerdumping.

 

Bundesminister Grasser reagierte darauf mit dem Hinweis, dass für die Beschäftigungspolitik in erster Linie die Nationalstaaten zuständig seien und sie die nationalen Pläne im Rahmen des Lissabon-Prozesses ernster nehmen sollten. Jedenfalls hätte der Kompromissvorschlag von Luxemburg eine Steigerung der Mittel für Forschung und Entwicklung um 50 % gebracht. Abgeordneter Fritz Grillitsch (V) wehrte sich vehement gegen eine Kürzung des Agrarbudgets um 50 %, da er dadurch die Beschäftigung von 530.000 Menschen in der Landwirtschaft sowie die Lebensmittelsicherheit, die umweltgerechte Produktion und die Erhaltung der Landschaft gefährdet sah.

 

Die Grünen unterstützten zwar die Zielsetzungen des S-Antrages, Abgeordneter Werner Kogler (G) wandte sich aber dezidiert gegen den letzten Punkt, der seiner Meinung nach apodiktisch die Erfüllung der Forderungen als Voraussetzung für eine allfällige Erhöhung des österreichischen EU Beitrags fordert. Dies wurde von Abgeordnetem Caspar Einem verneint, der unterstrich, der Antrag formuliere wichtige Zielsetzungen, und er wisse, dass nicht alles durchsetzbar sei. Die Formulierung sei daher sehr behutsam gewählt worden.

 

Abgeordneter Kogler brachte einen Antrag auf Ausschussfeststellung ein, in dem die Grünen ihrerseits den Standpunkt vertreten, Österreich solle als Vorsitz führendes Mitgliedsland der EU in zentralen Konfliktfeldern keine unverrückbare Position einnehmen, um Spielräume für die absehbar schwierigen Verhandlungen offen zu halten.

 

Beide Anträge wurden mehrheitlich abgelehnt. Der S-Antrag auf Stellungnahme wurde nur von den SozialdemokratInnen unterstützt, der G-Antrag auf Ausschussfeststellung nur von den Grünen.

 

Abgeordneter Werner Kogler (G) kritisierte auch, dass der Unterausschuss in Angelegenheiten der EU zu selten zusammentrete. So sei man in dieser Konstellation zur Diskussion von Fragen des EU-Budgets vor einem Jahr zusammengetroffen. Inzwischen habe es eine Einigung über den Stabilitäts- und Wachstumspakt gegeben, und es wäre wichtig gewesen, im Ausschuss auch darüber zu reden.

 

 

 

 

Zunächst ging Bundesminister Karl-Heinz Grasser kurz auf den letzten Kompromissvorschlag der luxemburgischen Präsidentschaft ein, der die Position der Nettozahlerländer zwar nicht ganz übernommen habe, diesen aber weitgehend entgegengekommen war. Die Verpflichtungsermächtigung wäre laut diesem Vorschlag bei 1,06 % der Wirtschaftsleistung gelegen, die Zahlungsermächtigung bei 1 %. Österreich habe ein besonderes Augenmerk auf erhöhte Rückflüsse gelegt, bekräftigte Grasser. So seien im Letztvorschlag 24 Mrd. € für die ländliche Entwicklung und eine Sonderzahlung in der Höhe von 150 Mill. € im Rahmen der Strukturpolitik für jene Regionen vorgesehen gewesen, die an die neuen Mitgliedstaaten angrenzen. Für die TEN-Projekte wären 15 Mrd. € bereit gestellt worden, woraus Österreich eine überproportional hohe Rückflussquote hätte erzielen können. Grasser unterstrich, die für Forschung und Entwicklung vorgesehenen 45 Mrd. € hätten eine Steigerung von 50 % bedeutet, und auch hier hätte Österreich mehr Rückflüsse requirieren können. Der Bundeskanzler habe einen zusätzlichen Passus in das Abschlusspapier hineinreklamiert, wonach ein zusätzlicher Kreditrahmen von 10 Mrd. € für Forschung und Entwicklung durch die Europäische Investitionsbank geprüft werden soll.

 

Nun müsse man die Entwicklung der nächsten Monate abwarten, so das Resümee des Finanzministers. Für den Fall, dass die Frage bis zur österreichischen Präsidentschaft nicht gelöst ist, sei sorgfältig zu überlegen, welche Kompromissvorschläge Österreich präsentieren werde. Er wolle die Erwartungen nicht hoch schrauben, denn derzeit würden die Eigeninteressen der Nationalstaaten das gesamteuropäische Interesse überlagern.

 

Als Erster in der Debatte ergriff Abgeordneter Caspar Einem (S) das Wort. Die Uneinigkeit über die finanzielle Vorausschau sei zwar ein Nachteil, man sollte die Situation aber auch als Chance nützen. Der S-Abgeordnete konnte der Argumentation Tony Blairs durchaus etwas abgewinnen, zumal Großbritannien bereit wäre, auf den Rabatt zu verzichten, wenn man das Landwirtschaftspaket wieder aufmache. Dieses finde auch nicht die ungeteilte Zustimmung der SPÖ.

 

Dementsprechend fordern die SozialdemokratInnen in ihrem Antrag eine Umstrukturierung der Ausgaben der EU zugunsten von Zukunftsinvestitionen und eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in Form einer Sockelförderung für alle landwirtschaftlichen Betriebe, einer Förderung für menschlichen Arbeitskräfteeinsatz und einer gedeckelten Förderung für Flächen- bzw. Tierkopfprämien. Die durch die Reduktion des Agrarbudgets frei werdenden Mittel sollten für die Förderung des ländlichen Raums sowie für Zukunftsinvestitionen verwendet werden. Darüber hinaus verlangen sie eine Finanzierung der EU auf fairer Basis, insbesondere sollte eine Vereinbarung zur Eindämmung des Steuerdumpings getroffen werden. Die Solidarität habe zwei Seiten, erklärte Einem.

 

Die Abgeordnete des Europäischen Parlaments Maria Berger (S) bedauerte das Scheitern der Finanzverhandlungen, zumal viele Programme davon abhingen. Außerdem sei die derzeitige Budgetstruktur auf eine EU der 15 zugeschnitten und inadäquat für die heutigen Gegebenheiten. Der Gipfel der Staats-  und Regierungschefs habe deutlich gemacht, dass die EU heute an einem Kreuzungspunkt stehe. Berger bewertete den Luxemburger Kompromissvorschlag nicht so positiv wie der Finanzminister, da dieser ihrer Meinung nach Sparmaßnahmen für Forschung und Entwicklung sowie für die TEN-Projekte vorgesehen habe. Sie zeigte sich aber froh darüber, dass sich die österreichische Position nun stärker auf die Rückflussrechnung konzentriere. Berger plädierte dafür, vor der Übernahme der österreichischen Präsidentschaft rechtzeitig mit dem Europäischen Parlament Kontakt aufzunehmen, da dieses eine eigene Position zum Budget erarbeitet habe.

 

Abgeordneter Johann Moser (S) forderte in seiner Wortmeldung eine stärkere Orientierung des EU-Budgets an den Zielen des Lissabon-Prozesses und wurde darin von seiner Klubkollegin Elisabeth Hlavac unterstützt. Die Ankurbelung von Forschung und Entwicklung sowie die Absicherung der Beschäftigung seien eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz der EU in der Bevölkerung, sagte sie. Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S) thematisierte darüber hinaus die finanzielle Ausgestaltung der Kohäsionsfonds.

 

Auch wenn die Grünen die Zielsetzungen der SPÖ unterstützten, so treten sie dennoch für eine flexiblere Haltung Österreichs in zentralen Fragen der EU-Budgetierung ein. Dies brachte auch ein von Abgeordnetem Werner Kogler (G) eingebrachter Antrag auf Ausschussfeststellung zum Ausdruck. Ein Vorsitz führendes Mitgliedsland der EU sei gut beraten, in zentralen Konfliktfeldern keine unverrückbaren Positionen einzunehmen und so Spielräume für die absehbar schwierigen Verhandlungen aufzumachen. Es sei vernünftiger, so Kogler, sich nicht auf 1,06 % einzuzementieren, sondern sich Möglichkeiten für sinnvolle Investitionen offen zu halten. Eindringlich warnte Kogler davor, die österreichische Präsidentschaft in eine innenpolitische Diskussion hinein zu ziehen.

 

Kogler sprach sich in diesem Zusammenhang auch für die Einhebung einer europäischen Abgabe auf Kerosin aus. Diese hätte einen Umverteilungseffekt und böte einen ökologischen Anreiz.

 

Um die Arbeitslosigkeit wirksam bekämpfen zu können, bedürfe es einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik, unterstrich der G-Abgeordnete. Auch das Agrarpaket könne durchaus aufgemacht werden, da die jetzige Agrarförderung aus seiner Sicht keinesfalls sinnvoll sei, wie das Beispiel der Förderung von Großstrukturen zeige. Er halte es aber für falsch, alles sofort umzukrempeln, besser wäre es, die klassischen Strukturen gleitend umzubauen. Den Briten-Rabatt hielt Kogler für nicht mehr vertretbar, und auch das Steuerdumping einiger Staaten sollte hinterfragt werden, denn das führe nur dazu, andere in den Wettlauf mit hinein zu ziehen. Daher bedürfe es grundlegender Überlegungen, um das Steuerdumping einzudämmen. Sich lediglich auf die Vergleichbarkeit der Bemessungsgrundlagen zu einigen und diese zu harmonisieren, hielt Kogler für unzureichend. 

 

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) knüpfte an die Ausführungen des Finanzministers an und betonte, der Bundeskanzler und die Außenministerin hätten sich bei den Verhandlungen in weiten Bereichen durchsetzen können. Auch er vertrat die Auffassung, die Enttäuschung über die gescheiterten Verhandlungen sei deshalb so groß gewesen, weil die Erwartungen überzogen gewesen wären. Die Zurückhaltung des Finanzministers hinsichtlich einer baldigen Lösung der Finanzfrage wurde auch von ihm geteilt.

 

In Bezug auf den SPÖ-Antrag meinte Stummvoll, man tue der EU nichts Gutes, wenn man der Landwirtschaft dauernd die 40 %-Punze aufdrücke. Tatsächlich gebe Europa nur 0,4 % für die Landwirtschaft aus. Er stimme mit der SPÖ darin überein, dass man für Forschung und Entwicklung noch mehr tun müsse, und wies auf den Vorschlag des Bundeskanzlers hin, zusätzliche Mittel über die Europäische Investitionsbank zu frei zu machen. Er könne sich auch der Kritik am Steuerdumping anschließen, er appelliere aber, realistisch zu bleiben. Es wäre schon ein Riesenerfolg, so Stummvoll, wenn die Steuersätze vergleichbar wären. In Europa gebe es für eine Steuerharmonisierung ebenso wenig eine Mehrheit wie für die Kerosinsteuer. Wenig Zustimmung fand bei Stummvoll die Position der Grünen, die sich, wie das Europäische Parlament, einen Beitrag zum EU-Budget von 1,18 % der jeweiligen Wirtschaftsleistung vorstellen können.

 

Eine Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und tatsächlich Machbarem ortete Stummvoll auch in Bezug auf den Beitrag des Finanzplans zur Lissabon-Strategie. Beschäftigungspolitische Maßnahmen seien eben nicht vergemeinschaftet, weshalb der Finanzplan nur wenig dazu beitragen könne.

 

Die Position der SPÖ wurde vor allem von Abgeordnetem Fritz Grillitsch (V) kritisiert, der um eine faire Diskussion bat. Grillitsch wehrte sich dagegen, einen Bereich gegen den anderen auszuspielen. Die Landwirtschaft sei die einzige gemeinsam organisierte EU-Politik, und es würden tatsächlich nur 0,4 % dafür ausgegeben. Mit der Landwirtschaft hingen hohe Anforderungen der Gesellschaft an die Bauern, an Grund und Boden und an die Erhaltung der Landschaft zusammen, und dies dürfe man nicht gefährden, warnte Grillitsch. Es gehe um 530.000 Menschen in Österreich, die man nicht verunsichern sollte. Würde man jetzt um 50 % kürzen, gefährde man die Lebensmittelsicherheit, eine umweltgerechte Produktion, die Erhaltung der Landschaft und die Beschäftigung. Kein Verständnis zeigte Grillitsch für die Haltung Großbritanniens, denn Tony Blair habe gemeinsam mit Gerhard Schröder eine Betriebsgrößendegression im Zuge der Agenda 2000 abgelehnt.

 

Abgeordneter Werner Fasslabend (V) stellte aus Sicht der ÖVP abschließend fest, dass die innerösterreichische Position gehalten werden müsse. Diese sei gekennzeichnet durch eine deutliche Schwerpunktsetzung in Forschung und Entwicklung, wobei festzuhalten sei, dass dieser Bereich nicht vergemeinschaftet ist. Außerdem sollte Österreich weiterhin für eine naturnahe Landwirtschaft eintreten und sich gegen eine Rückkehr zu Agrarfabriken stellen.

 

Grundsätzlich hielt Fasslabend aus seiner Sicht fest,  dass es nach dem Scheitern der Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau und den negativen Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden nun um mehr als um Fachfragen gehe, nämlich um unterschiedliche Entwürfe über die Zukunft Europas sowie um innereuropäische Machtfragen.

 

Abgeordneter Detlev Neudeck (F) fragte nach den tatsächlichen Rückflüssen, die Österreich in den letzten Jahren erzielen konnte, und sprach die Schwierigkeiten bei der Kofinanzierung durch die unterschiedliche Kompetenzlage zwischen Bund und Ländern an. Neudeck erkundigte sich auch nach dem Szenario für den Fall, dass bis 2007 keine Einigung erzielt werden kann.

 

In seiner Antwort hielt Bundesminister Karl-Heinz Grasser fest, dass die Arbeitsplatzsicherung zu den zentralen Fragen nationaler und europäischer Politik gehöre. Er hoffe, dass die einzelnen Mitgliedstaaten ihre nationalen Pläne im Rahmen des Lissabon-Prozesses in Zukunft ernster nehmen. Hier müssten die einzelnen Länder zunächst Selbstkritik üben und nicht Brüssel dafür verantwortlich machen. Selbstverständlich sei es notwendig, das europäische Budget in noch höherem Maße wachstums-  und beschäftigungsfördernd zu gestalten. Grasser wiederholte in diesem Zusammenhang die bereits genannten Mittel für Forschung und Entwicklung und die TEN-Projekte, welche der Vorschlag Luxemburgs vorgesehen hatte.

Was nun die Diskussion um die Landwirtschaft betreffe, so erinnerte Grasser ebenfalls daran, dass Großbritannien 2002 dem Konsens für die Landwirtschaft zugestimmt habe. Die nunmehrige Haltung der Briten sei als eine Offensivstrategie zu verstehen, deren Motivation darin liege, den Rabatt abzusichern, meinte er. Die weitere Vorgangsweise für den Fall der Nichteinigung bis 2007 hänge davon ab, ob die alte interinstitutionelle Vereinbarung zwischen Rat, Europäischem Parlament und Kommission gekündigt wird oder nicht. Je nach dem werde dann das bisherige Budget fortgeschrieben oder direkt auf den Vertrag der EU zurückgegriffen.

 

Grasser nahm auch zur immer wieder thematisierten Frage der Solidarität Stellung. Diese habe keine rechtliche Basis, betonte er, und die Mittel für die Nettoempfängerländer jetzt an bestimmte Voraussetzungen in der Steuerfrage zu binden, sei nicht möglich. Österreich habe aber mit seiner Steuerreform gezeigt, dass man wettbewerbsfähig sein könne. Österreich lege auch großen Wert darauf, in den Struktur-  und Kohäsionsfonds Umschichtungen zugunsten der neuen Staaten vorzunehmen. Diese wären der Wachstumsmotor der Union und wir würden auch davon profitieren. Was die Besteuerung des Kerosins betreffe, so habe er dafür durchaus Sympathien, und auch der Vorschlag des Bundeskanzlers sei einmal in diese Richtung gegangen. Leider sei die Besteuerung auf europäischer Ebene nicht machbar, hielt Grasser fest.

 

Der Bundesminister legte auch Berechnungen zu den Rückflussquoten vor, wobei er zunächst den Finanzierungsbeitrag Österreichs mit 2,2 % bezifferte. Dem gegenüber hole Österreich im Bereich Wettbewerb und Bildung 3,2 %, bei F & E 2,2 %, bei den TEN-Projekten wahrscheinlich 4,05 %, in der ländlichen Entwicklung 3,6 %, von den Kohäsionsfonds 0,06 %, da Österreich ein reiches Land ist; im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit kämen 2,53 % und in der produktbezogenen Agrarförderung 1,64 % zurück.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender SPÖ-Antrag auf Stellungnahme wurde von ÖVP, F und G abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG

 

 

der Abgeordneten Dr. Caspar Einem

und GenossInnen

 

betreffend die finanzielle Vorausschau 2007 - 2013 der Europäischen Union

 

 

 

Der Finanzrahmen der Europäischen Union spiegelt natürlich die Zuständigkeiten der Europäischen Union und sieht daher für die vergemeinschafteten Teile der Politik unverhältnismäßig mehr Geld vor, als ihrer Bedeutung  für die wirtschaftliche Entwicklung, aber auch für das Leben der allermeisten EU-BürgerInnen entspricht. Das bringt das europäische Budget in der Außenwahrnehmung von Anbeginn in eine Schieflage, weil niemand verstehen kann, dass die EU 42% ihrer Mittel für Zwecke der Landwirtschaftsförderung, aber nur einen Bruchteil davon für Zukunftsinvestitionen (Forschung, Bildung, Infrastruktur u. ä.) ausgibt. Diese Tatsache ist gerade im Lichte der nach den negativ verlaufenen Volksabstimmungen zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden nun europaweit festzustellenden kritischeren Haltung der Bürgerinnen und Bürger zur EU besonders problematisch und bedarf daher einer deutlichen Korrektur und -  wo diese nicht möglich ist - transparenten Aufklärung.

 

Auch näheres Hinsehen beim Agrarbudget bringt keine Entspannung, zumal sich dann zeigt, dass einerseits beträchtliche Mittel in reiche EU-Mitgliedstaaten fließen, die den Förderaufwand, wenn auch nach einheitlichen Regeln der EU, auch selbst finanzieren könnten. Im Bereich der Landwirtschaftsförderung ist es andererseits im Rahmen der „mid term review“ auch nicht gelungen, zumindest die Vorschläge des damaligen Agrarkommissars umzusetzen, die eine Deckelung der Förderungen für Flächen bzw. Tierkopfprämien – eine Maßnahme zugunsten der kleinen bäuerlichen Landwirtschaften - mit sich gebracht hätte und eine deutliche Stärkung der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes, der dieser Entwicklung tatsächlich bedarf.

 

Gegenwärtig fließen rund 35% des EU-Budgets in den Bereich Konvergenz- und  Strukturförderung. Auch in diesem Bereich gehen beträchtliche Mittel in reiche EU-Mitgliedstaaten. So verständlich der Wunsch nach einem behutsamen „phasing out“ seitens der bisherigen Empfängerländer bzw. –regionen auch ist, hier braucht es eine deutliche Akzentverschiebung. Die Europäische Union wurde 2004 um zehn neue Mitgliedstaaten erweitert, acht davon sind deutlich ärmer, als die meisten „alten“ EU-Mitglieder. Es ist daher unbedingt erforderlich, die Konvergenz-Förderung vor allem ihnen zugute kommen zu lassen, um deren wirtschaftlichen Aufholprozess zu beschleunigen und zugleich einen Beitrag dazu zu leisten, dass diese Länder auch in der Lage sind, so viele europäische Waren und Dienstleistungen zu beziehen, wie dem Bedarf in diesen Ländern entspricht. So könnte durch zielgerichtete Förderung ein doppelt positiver Effekt in den neuen und in den bisherigen EU-Mitgliedsstaaten entstehen.

 

Freilich gilt es bei gleicher Gelegenheit auch die Grundlagen des europäischen Solidarmodells deutlich in Erinnerung zu rufen und zur Basis der Kooperation zwischen reichen und ärmeren EU-Mitgliedern zu machen. Hohe Direktförderungen für ärmere Regionen in der EU sind gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in den Nettozahlerländern jedenfalls dann nicht zu rechtfertigen, wenn die Zahlungen der EU wirtschaftliche Basis dafür sind, in den Empfängerländern die Unternehmenssteuern so zu reduzieren, dass dies durch Betriebsverlagerungen die Steuerbasis (Betriebe, Arbeitsplätze) in den Zahlerländern angreift. Voraussetzung für solidarische Finanztransfers in arme Regionen muss daher die Bereitschaft der Empfängerländer sein, auf  Steuerwettbewerb bzw. Steuerdumping gegenüber den Zahlern zu verzichten.

 

Der seit mehr als zwanzig Jahren bestehende Beitragsrabatt für das Vereinigte Königreich zum EU-Budget mag seinerzeit begründbar gewesen sein. Er ist es jedenfalls im Lichte der Erweiterung von 2004 nicht mehr. Auch hier bedarf es klarer und eindeutiger Zeichen, dass das europäische Solidarmodell nicht in der finanziellen Begünstigung der reicheren, sondern in der Unterstützung der Entwicklung der ärmeren Regionen besteht und bestehen soll.

 

Bei der Diskussion um die finanzielle Vorausschau für 2007 - 2013 muss es primär um die Frage gehen, wie die EU auf die Herausforderungen der Globalisierung  reagieren und wie sie gerechter und bürgernäher werden kann. Dabei geht es um Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche wie Forschung und Entwicklung, in zentrale Infrastrukturbereiche (Breitband, Schiene, Strasse) bzw. in den Bereich Sicherheit – insgesamt in Wachstum, Beschäftigung und Sicherheit. Die Lösung dieser Herausforderung kann nicht einfach darin bestehen, ausschließlich mehr Geld der europäischen Steuerzahler zu verlangen, ohne zuvor wesentliche Fehlentwicklungen zu beheben. Die Staats- und Regierungschefs der EU und ihre Finanzminister müssen sich der Frage stellen, wie lange sie es sich leisten wollen, weiterhin mehr als 40% ihres Budgets für die Landwirtschaft auszugeben – für einen Sektor, der nur fünf Prozent der EU-Bevölkerung Beschäftigung bietet – obwohl der Bedarf an Investitionen und damit auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze so groß ist. Immerhin sind derzeit etwa 20 Millionen Menschen in der EU ohne Erwerbseinkommen.

 

Die Verhandlungen über einen neuen Finanzrahmen der Europäischen Union (finanzielle Vorausschau 2007 – 2013) konnten auf Grund der unterschiedlichen nationalen Egoismen der Mitgliedstaaten über die künftige finanzielle Schwerpunktsetzung beim Europäischen Rat am 16. und 17. Juni 2005 noch nicht zu einem Abschluss gebracht werden. Diese Tatsache sollte als Chance verstanden werden, das dringend nötige Signal an die Bürgerinnen und Bürger der EU zu senden:

 

Es muss und es wird ein Budget für die EU geben, das gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern verantwortet werden kann.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG

 

Der ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

  1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, eine deutliche Umstrukturierung der Ausgaben der EU zugunsten von Zukunftsinvestitionen (Infrastruktur, Forschung, Bildung) in der gesamten EU und zugunsten der ärmeren Mitgliedsstaaten zu verlangen.

 

  1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau 2007 – 2013 für eine weitergehende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der Richtung einzusetzen, dass künftig eine Sockelförderung für alle landwirtschaftlichen Betriebe, eine Förderung für menschlichen Arbeitskräfteeinsatz, jedoch nur eine gedeckelte Förderungen für Flächen bzw. Tierkopfprämien bei insgesamt schrittweise bis 2013 deutlich abgesenktem Agrarbudget vorgesehen wird.

 

  1. Die Bundesregierung insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau für die Periode 2007 – 2013 dafür einzusetzen, dass ein Teil des durch die unter 2. geforderte Reduktion der unmittelbaren Landwirtschaftsförderung für die Förderung des ländlichen Raumes, seiner Infrastruktur und Chancen außerhalb des Agrarbereichs vorgesehen wird.

 

  1. Die Bundesregierung insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau für die Periode 2007 – 2013 dafür einzusetzen, dass die übrigen aus der gemeinsamen Agrarpolitik frei werdenden Mittel für Zwecke der Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur, in Forschung und Bildung investiert werden.

 

  1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden im Zusammenhang mit der finanziellen Vorausschau 2007 – 2013 daher auch aufgefordert, sicherzustellen, dass Sparmaßnahmen nicht zu Lasten beschäftigungswirksamer Ausgaben, etwa im Bereich transeuropäische Netze oder in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung erfolgen.

 

  1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, in den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau 2007 – 2013 weiterhin dafür einzutreten, dass die Finanzierung der EU auf eine faire Basis gestellt wird. Das bedeutet insbesondere, dass nunmehr auch jene Länder der EU-15 zur Mitfinanzierung der EU-Erweiterung entsprechend ihrer Wirtschaftskraft herangezogen werden, die in den letzten Jahren von der Solidarität der wohlhabenderen EU-Mitgliedsstaaten profitiert haben.

 

  1. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, in den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau 2007 – 2013 dafür einzutreten, dass der so genannte Britenrabatt Hand in Hand mit der Neustrukturierung der Agrarförderung ausläuft.

 

  1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden im Zusammenhang mit der finanziellen Vorausschau 2007 – 2013 auch aufgefordert, für eine verbindliche Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten einzutreten, die sicher stellt, dass Staaten, die von der Solidarität der Nettozahler im Rahmen der Konvergenz- und Strukturförderung profitieren, sich verpflichten, nicht gleichzeitig eine Steuerpolitik zu betreiben, die die Steuerbasis in den Zahlerländern (Betriebe, Arbeitsplätze) aushöhlt.

 

  1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, nur im Falle der Erfüllung dieser Forderungen einer allfälligen Erhöhung des österreichischen Beitrags zur Finanzierung der EU zuzustimmen.

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Ausschussfeststellung wurde von ÖVP, SPÖ und F abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

ANTRAG AUF AUSSCHUSSFESTSTELLUNG

 

 

des Abgeordneten Mag. Werner Kogler

 

Eingebracht im Zuge des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 1. Juli 2005 zur zukünftigen Haltung der österreichischen Bundesregierung bei den Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau 2007 - 2013

 

 

 

 

 

„Ausschussfeststellung zu TOP 1 Rat 10090/05 CADREFIN 130 – Vermerk des Vorsitzes für den Rat betr. Finanzielle Vorausschau 2007 - 2013

 

 

Der Ständige Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union erkennt die Position der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlamentes betreffend finanzielle Vorschau 2007-2013, die von einem Haushaltsvolumen der Europäischen Union, das deutlich über 1 Prozent Deckelung des Bruttonationaleinkommens hinausreicht, als konstruktive Position zur Anhebung der sozialen und ökologischen Standards in Europa an. Ein vorsitzführendes Mitgliedsland der Europäischen Union ist gut beraten, in zentralen Konfliktfeldern keine unverrückbaren Positionen einzunehmen und so Spielräume für die absehbar schwierigen Verhandlungen aufzumachen. Die Debatte um die nationalen Nettozahlerbeiträge ist festgefahren. Daher ist jetzt auch der Moment gekommen, in dem die Bedeckung des EU-Haushaltes durch das Eigenmittelsystem der Union revidiert und die finanzielle Unabhängigkeit und die Transparenz der EU-Einnahmen gestärkt wird. Durch die Einhebung einer europäischen Abgabe auf Kerosin kann auch eine Entlastung für die im Moment ausweglos scheinende Debatte zur Finanziellen Vorausschau eingebracht und von den Vertreterinnen und Vertretern Österreichs mit Nachdruck verhandelt werden.

 

Die Punkte, die für die Weiterentwicklung der EU gerade angesichts der aktuellen Situation wichtig sind, müssen budgetär ausreichend berücksichtigt werden. Die Bereiche Frauen, Bildung, lebenslanges Lernen, Ausbau der Forschungs-, Entwicklungs- und Infrastrukturinvestitionen, eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Umweltschutz und regionale Entwicklung können nur dann hinreichend bedeckt werden, wenn sich die Verhandlungsparteien nicht im Vorhinein national auf Obergrenzen festlegen.“

 

 

 

 

Der Hauptausschuss beschließt weiters im Sinne des § 39 GOG, dass diese Ausschussfeststellung der Auszugsweisen Darstellung der Verhandlungen beigefügt und als Kommuniqué veröffentlicht wird.