V-15 der Beilagen zu den
Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
Donnerstag,
26. Jänner 2006
Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
XXII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 26. Jänner 2006
Tagesordnung
RAT 14690/05
Integriertes
Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens
Partielle
politische Einigung
(66093/EU
XXII.GP)
und
RAT 14690/05 ADD
1
Integriertes
Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens
Partielle
politische Einigung
(66094/EU
XXII.GP)
Der Ständige
Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union befasste sich in
seiner ersten Sitzung des Jahres 2006 mit dem Thema "Lebenslanges
Lernen".
Auch wenn
Bildungspolitik nationale Kompetenz ist, misst die EU der Bildung einen
besonderen Stellenwert bei, insbesondere auch im Zusammenhang mit den so
genannten Lissabon Zielen. Das ambitionierte "integrierte
EU-Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens 2007-2013" soll
einen Beitrag zur Entwicklung einer "fortgeschrittenen Wissensgesellschaft
mit dauerhaftem Wirtschaftswachstum", zu mehr und besseren Arbeitsplätzen
und zu größerem sozialen Zusammenhalt sowie zum Schutz der Umwelt für künftige
Generationen leisten. Ferner will man damit den Austausch, die Zusammenarbeit
und die Mobilität zwischen den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung
in der Gemeinschaft fördern, sodass sich diese zu einer "weltweiten
Qualitätsreferenz" entwickeln.
In diesem
Zusammenhang stellte Bundesministerin Elisabeth Gehrer dezidiert fest, dass
Bildung nationale Angelegenheit bleiben müsse. Schulbildung und Universitäten
seien keine Rechtsmaterie der Union und auch nicht Teil der Verträge.
Selbstverständlich müssten aber gemeinsame Ziele formuliert, die Abschlüsse auf
Grund von Qualitätsstandards gegenseitig anerkannt und die Mobilität gefördert
werden. Sie appellierte, die Schulen zu ermutigen, an den Programmen
teilzunehmen.
Die Opposition
(Abgeordnete Andrea Kuntzl – S und Dieter Brosz – G) kritisierten die mangelnde
finanzielle Ausstattung für die Einrichtungen des "lebensbegleitenden
Lernens", ein Ausdruck, den sie gegenüber jenem des "lebenslangen
Lernens" bevorzugen. Der Feststellung der Ministerin, die Mittel für die
Programme würden von ca. 4 Mrd. € in den letzten sieben Jahren auf rund 6 Mrd.
€ für die kommende Periode angehoben, hielt man seitens der SPÖ und der Grünen
entgegen, dass die Kommission ursprünglich wesentlich mehr Mittel vorgesehen
habe und man auch berücksichtigen müsse, dass die Gelder nunmehr auf 25 Staaten
aufgeteilt werden.
Grundlage für die
Diskussion bildete der diesbezügliche Vorschlag der Kommission sowie die
partielle politische Einigung des Rates. Das integrierte Programm gliedert sich
in vier "Socrates-Einzelprogramme": "Comenius" für den
Bereich Schulbildung, "Erasmus" für Hochschulbildung, "Leonardo
da Vinci" betreffend berufliche Bildung und "Grundvig"
hinsichtlich Erwachsenenbildung. Weiters sind ein Querschnittsprogramm mit vier
Schwerpunktaktivitäten - die Entwicklung von Strategien, das Erlernen von
Sprachen, innovative Ansätze und Verbreitung von Projektergebnissen - sowie ein
Programm "Jean Monnet" vorgesehen, mit dem Maßnahmen im Bereich der
europäischen Integration und Europäische Organe und Vereinigungen gefördert
werden.
Eingeleitet wurde
die Diskussion durch eine Stellungnahme von Bundesministerin Elisabeth
Gehrer, die zunächst auf die Schwerpunkte der Präsidentschaft einging, die
unter dem Motto "Qualität ist das Ziel" steht. Vorrangig sei es, eine
interinstitutionelle Einigung über die Programme zum lebenslangen Lernen zu
erreichen, zumal das Europäische Parlament hier über ein Mitentscheidungsrecht
verfügt. In der Ratssitzung vom Februar werde dann über die einzelnen
Länderberichte diskutiert und beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im
März solle dieses Thema dann einen Teil des Zwischenberichts zur
Lissabon-Strategie darstellen, berichtete die Ressortchefin.
Als weitere
wesentliche Ziele nannte Gehrer, Mobilität und Qualität sichern sowie
Schlüsselkompetenzen und Mehrsprachigkeit fördern. Mit der Mobilitätscharta
werde auch die Qualität für die Mobilität festgeschrieben. In Österreich würden
die Angebote gut angenommen, so würden rund 4000 österreichische Studierende
ins Ausland gehen, während ca. 2000 nach Österreich kämen. Ein besonderes
Anliegen sei ihr die Unterstützung der Länder des Westbalkans. Österreich
bemühe sich um einen Know-how-Transfer, Austausch von LehrerInnen und
Ausbildung von ProfessorInnen. Die Schwierigkeiten ergäben sich vor allem durch
die mangelnde Infrastruktur in dieser Region, sagte sie.
Die Ministerin
unterstrich, dass zur erfolgreichen Durchführung der Programme das Engagement
der einzelnen Mitgliedsländer notwendig sei, weshalb es auch eine
Kofinanzierung gebe. Dies würde aber für die Länder des Balkans ein gewisses
Problem darstellen. Im Bildungsministerrat würden auch Maßnahmen zum
Bürokratieabbau bei der Antragstellung überlegt, so Gehrer. Hinsichtlich der
budgetären Ausstattung des Programms sei noch eine größere Diskussion zwischen
Europäischem Parlament, Kommission und Ratspräsidentschaft erforderlich, da
zurzeit nur das Übereinkommen über das Gesamtbudget vorliege.
Daran knüpfte Abgeordnete
Andrea Kuntzl (S) an und appellierte an die Ministerin, die Chance zu
nützen, um die notwendigen Mittel für das lebensbegleitende Lernen bereitstellen
zu können, denn der Erfolg des Programms stehe und falle mit den entsprechenden
Rahmenbedingungen. Kuntzl übte Kritik an der Ratsentscheidung, die 5,9 Mrd. €
vorsehe, während die Kommission und das Europäische Parlament einen wesentlich
höheren Betrag für erforderlich hielten. Die auf den ersten Blick erfolgte
Erhöhung von 4 Mrd. € auf rund 6 Mrd. € müsse vor dem Hintergrund der
Erweiterung beurteilt werden, wodurch die Mittel für die einzelnen Staaten
geringer würden. Auch in Österreich habe man die Mittel für die
Erwachsenenbildung des öfteren gekürzt, sodass man im Jahr 2005 erst wieder das
Niveau des Jahres 2000 erreicht habe. Das sei aus ihrer Sicht keine erfreuliche
Entwicklung und daher könne sie auch keine Schwerpunktsetzung für diesen
Bereich erkennen.
Kuntzl schlug
vor, die Bildungskarenz weiterzuentwickeln und flexibler zu gestalten, um Beruf
und Weiterbildung zeitlich und räumlich besser miteinander verbinden zu können.
Sie erinnerte auch an das von der SPÖ entwickelte Bildungsprämienmodell, das
einen einkommensabhängigen Zuschuss vorsieht.
Auch Abgeordneter
Dieter Brosz (G) griff die Frage der Finanzierung auf und erinnerte an den
Kommissionsvorschlag in der Höhe von 13,6 Mrd. €. Daher stelle sich nun die
Frage, welche Teile des Programms gekürzt beziehungsweise wegfallen werden.
Brosz vertrat die Ansicht, dass in Österreich eine wirkliche Strategie für
lebensbegleitendes Lernen fehle. Die zusätzlichen Mittel für die Verbände in
der Höhe von 5 % seien jedenfalls zu wenig, um die notwendige Kofinanzierung
auch leisten zu können. Brosz thematisierte insbesondere die Gruppe der
lernschwachen SchülerInnen und stellte die Frage, mit welchen konkreten
Schritten man auch diese Jugendlichen erreichen könnte.
Der Kritik an der
finanziellen Ausstattung der Programme hielt Abgeordnete Gertrude Brinek (V)
entgegen, dass man angesichts der Steigerung gegenüber dem letzten
Budgetzeitraum von rund 4 auf 6 Mrd. € nicht von einer Kürzung sprechen könne,
sondern lediglich von einer Abänderung des Kommissionsvorschlags für das neue
Budget durch den Rat. Auch sie räumte jedoch ein, dass die kommende Diskussion
schwierig sein werde. Für den Erfolg der Programme sei eine ständige
Überprüfung des treffsicheren Einsatzes der Mittel notwendig, sagte sie.
Jedenfalls sei der österreichische Beitrag hervorzuheben und das werde auch
durch internationale Benchmarks belegt. Brinek unterstrich die Notwendigkeit,
durch Angebote des lebensbegleitenden Lernens Menschen zu motivieren, fehlende
Abschlüsse nachzuholen und Mädchen und Frauen für naturwissenschaftliche und
technische Berufe und Studienrichtungen zu interessieren.
Ähnlich
argumentierte Abgeordneter Peter Sonnberger (V). Für ihn stellt die
Aufstockung von 4 auf 6 Mrd. € eine positive Entwicklung dar, die zeige, dass
der Stellenwert der Bildung in Österreich und Europa ein hoher sei. Sonnberger
ging im Anschluss daran auf mehrere Aspekte des lebensbegleitenden Lernens ein
und unterstrich die Bedeutung der Bildungsinformation und Bildungsberatung,
wofür es gute Beispiele sowohl an Schulen als auch an Universitäten gebe. Die
allgemeine Erwachsenenbildung hielt er für einen wichtigen Bereich, da zu
diesem bildungsferne Schichten eher Zugang fänden. Weiterbildungsangebote sind
seiner Meinung nach auch Aufgabe der Länder und Gemeinden, und Sonnberger
führte in diesem Zusammenhang das Bildungskonto des Landes Oberösterreich an,
wodurch das Bildungsbewusstsein gestiegen sei. Als weitere wichtige Punkte
sprach Sonnberger schließlich die Qualitätsstandards, die Durchlässigkeit und die
Weiterbildungsverbünde als firmenübergreifende Initiativen von Klein- und
Mittelbetrieben an.
Abgeordneter
Roderich Regler (V), maß
vor allem der Mobilität einen wichtigen Stellenwert bei. Insbesondere begrüßte
er es, dass auch Bulgarien, Rumänien und die Türkei an den Programmen
teilnehmen können und dass man diese auch für Studierende der Länder des
Westbalkans öffnen wolle.
In Ergänzung dazu
wies Bundesministerin Elisabeth Gehrer darauf hin, dass die budgetären
Mittel aus der EU sowie das Budget der Erwachsenenbildung nicht alles umfasse,
was der Staat für das lebensbegleitende Lernen tue. Sie erinnerte unter anderem
an die Fachhochschulstudiengänge, an die Abendgymnasien, an die Kollegs, an die
Angebote der Berufsreifeprüfung und an die so genannten Schumpeter-Kurse.
Rechne man das alles zusammen, so ergebe das eine Summe, die sich sehen lassen
könne. Auch im Rahmen der Lissabon-Strategie liege Österreich, gemessen an
einigen Benchmarks, relativ gut, so Gehrer.
Der Abgeordnete
des Europäischen Parlaments Othmar Karas unterstrich de Wichtigkeit des
Bildungsbereiches für die Europäische Union, da Binnenmarkt, Mobilität und
Wettbewerbsfähigkeit in großem Maße von der Qualifikation der Bürgerinnen und
Bürger abhänge. Deshalb entwickle die Europäische Union grenzüberschreitende
Förderprogramme, ohne in die nationalen Kompetenzen eingreifen zu wollen. Jede
einzelne Teilnahme an diesen Programmen bezeichnete Karas als einen Mehrwert
der EU. Es sei daher erforderlich, neue Impulse für lebensbegleitendes Lernen
zu setzen. Die Kofinanzierung hielt er im Interesse von nationalen Initiativen
für notwendig. Auch Karas sprach sich für mehr finanzielle Mittel im Bereich
Bildung, Forschung, Jugend, innere und äußere Sicherheit und Infrastruktur aus.
Dies werde seitens des Europäischen Parlaments bei den kommenden Verhandlungen
sicherlich thematisiert werden. Das Europäische Parlament warte nun darauf,
dass die Kommission den gesamten Budgetvorschlag des Rates für die einzelnen
Programme konkretisiere.
Abgeordnete Andrea
Kuntzl (S) sowie Abgeordneter
Dieter Brosz (G) thematisierten auch die Definition von lebenslangem Lernen
und die daraus resultierende Vergleichbarkeit von Statistiken. Diesen
Vorbehalten gab die Ministerin durchaus Recht, und sagte, diese Frage
werde immer wieder diskutiert. Es sei äußerst schwierig, eine gleiche Basis
herzustellen, insbesondere im Bereich des informellen Lernens.
Auf die Frage der
Abgeordneten Marianne Hagenhofer (S) nach einem etwaigen Aktionsplan für
Fremdsprachenunterricht berichtete Ministerin Gehrer, dass die
Kommission derzeit ein Dossier erarbeite, worüber es noch viele Diskussionen
geben werde. In Österreich habe man auf diesem Gebiet gute Fortschritte
gemacht, man denke an den Fremdsprachenunterricht ab der ersten Klasse Volksschule
sowie an Initiativen in der Lehrerfortbildung. Es würden viele Native Speaker
eingesetzt und alles in allem könne man von einer neuen Ära des
Fremdsprachenunterrichts sprechen. Ein besonderes Anliegen sei ihr, die
Sprachen der Nachbarländer zu forcieren. Die Diskussion über Gleichwertigkeiten
und Berechtigungen, ebenfalls eine Frage der Abgeordneten Hagenhofer,
bezeichnete Gehrer als schwierigen Prozess unter 25 Ländern.
Den Vorschlag der
Abgeordneten Hagenhofer, sich besonders der SchichtarbeiterInnen
anzunehmen und für deren besondere Arbeitssituation die Möglichkeit zu
schaffen, Weiterbildungsangebote anzunehmen, griff die Ministerin auf
und sagte zu, hier weitere Überlegungen anstellen zu wollen.
Was den Bereich
der Informations- und Kommunikationstechnologie betreffe, so gebe es zahlreiche
Programme, antwortete Gehrer auf eine Frage des Abgeordneten Christian Faul
(S). Sie wies auch seine Kritik an mangelnden Schulversuchen zurück und
betonte, dass es dafür ausreichende Angebote und Möglichkeiten gebe.
Abgeordneter
Reinhard Eugen Bösch (F)
thematisierte auch das EuGH-Urteil zum Hochschulzugang und fragte nach der
aktuellen Entwicklung. Dazu hielt die Ministerin fest, gerade in der
Medizin zeige es sich, dass Zulassungsverfahren nicht ausreichten, um genügend
Platz für österreichische Studierende zu schaffen. In Belgien werde nun wieder
die Wohnsitzregelung eingeführt, und das wäre sicherlich auch eine gute Lösung
für Österreich. Eine weitere Variante stelle die Einführung einer Quote dar,
und als dritte Möglichkeit sehe sie die Zulassung mit der Studienberechtigung
im eigenen Land zu verknüpfen. Sie wolle einen einvernehmlichen Beschluss
erreichen, wobei man beabsichtige, nach einer Frist von zwei Jahren eine
Evaluierung vorzunehmen. Auch Abgeordneter Roderich Regler (V) betonte,
es sei notwendig, den österreichischen Bedarf an MedizinerInnen zu decken.