45/A XXIII. GP

Eingebracht am 29.11.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

Der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Na-
tionalrats-Wahlordnung 1992 -NRWO) geändert wird.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-
Wahlordnung 1992 - NRWO) geändert wird:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Änderung der Nationalratswahlordnung

Das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrats, BGBl. Nr. 471/1 1992, zuletzt geändert
durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 90/2003, wird wie folgt geändert:

1.    § 12 Abs 2 lautet:

„Sie besteht aus einem Vorsitzenden, der zugleich als Bundeswahlleiter fungiert und aus
dem Kreis von drei Personen zu wählen ist, die dem Berufsrichterstand angehören oder
angehört haben, sowie aus elf Beisitzern, von denen zwei ihrem Beruf nach dem richterli-
chen Stand angehören oder angehört haben."

2.              In § 12 Abs 4 werden die Worte „Bundesminister für Inneres" durch „Vorsitzende und
Bundeswahlleiter" ersetzt.

3.              In § 14 Abs 3 werden die Worte „Bundesminister für Inneres als Bundeswahlleiter" durch
„Bundeswahlleiter" ersetzt.

4.      Dem § 14 wird ein § 14a angefügt:

„(1) Der Bundesminister für Inneres hat aus Mitteln seines Ressorts jene organisatorischen
Maßnahmen in personeller und sachlicher Hinsicht zu treffen, welche die Gesamtorgani-
sation, Vorbereitung und Durchführung der Wahl gemäß dem Aufgabengebiet, das der
Bundeswahlbehörde zukommt, sicherstellen.

(2) In Erfüllung der Aufgaben der Bundeswahlbehörde sind die Beamten und Bedienste-
ten des Bundesministeriums für Inneres gegenüber der Bundeswahlbehörde weisungsge-
bunden."

5.    § 15 Abs 1 lautet:

,,a) Für die Berufung der Mitglieder der Bundeswahlbehörde wird ein ständiger Senat ein-
gerichtet, der aus drei Mitgliedern und drei Ersatzmitgliedern besteht. Die Mitglieder des


Senates müssen dem Berufsrichterstand zugehören, wobei auch im Ruhestand befindliche
Richter ernannt werden können.

b) Die Mitglieder dieses Senates werden aufgrund von Vorschlägen, die der Oberste Ge-
richtshof zu erstellen hat, vom Bundespräsidenten bestellt.

c)  Die Funktionsdauer beträgt fünf Jahre ab dem Datum der Bestellung durch den Bun-
despräsidenten.

d) Der erste zu bestellende Senat ist binnen drei Monaten nach Verlautbarung dieses Ge-
setzes zu bestellen.

e)  Bei dauernder Verhinderung eines Mitgliedes bzw. Ersatzmitgliedes ist längstens bin-
nen drei Monaten eine Ersatzbestellung vorzunehmen.

f)        Die Mitglieder des Senates sind weisungsunabhängig.

g)  Die für die sachliche Erfüllung der dem Senat zugewiesenen Aufgaben notwendigen
organisatorischen Maßnahmen hat das Bundeskanzleramt zu setzen.

h) Den Vorsitz in der Bundeswahlbehörde führt der vom Senat gewählte Vorsitzende. Ent-
scheidungen werden mit Mehrheit getroffen."

6.   Dem § 17 wird ein § 17a angefügt:

„(1) Beschlüsse der Wahlbehörde sind von jeder wahlwerbenden Partei bei der nächsthö-
heren Wahlbehörde binnen drei Tagen nach Beschlußfassung anfechtbar. Die sachlich in
Betracht kommende Behörde ist verpflichtet, über die Anfechtung binnen acht Tagen zu
entscheiden.

(2)   Beschlüsse der Bundeswahlbehörde sind von jeder wahlwerbenden Partei binnen acht
Tagen beim Verfassungsgerichtshof anfechtbar, die Anfechtungserklärung hat den ange-
fochtenen Beschluß genau zu bezeichnen. Die Anfechtungserklärung muß die Erklärung
zum Inhalt haben, worin die Beschwer des Anfechtenden liegt und einen Antrag zum In-
halt haben, welche andere Entscheidung zu treffen sei.

(3)   Bei mangelnder Formentsprechung hat der Verfassungsgerichtshof die Anfechtungs-
erklärung zurückzuweisen, sonst hat er binnen 14 Tagen zu entscheiden."

Begründung

Die Vorgänge, welche die Nationalratswahl 2006 einbegleiteten, geben Anlaß, eine Änderung
der Nationalratswahlordnung in jenen Punkten anzustreben, die offenkundig ein Einfallstor
für parteipolitischen Mißbrauch bieten.

§ 15 Abs 3 der NRWO sieht in einer völlig klaren Rechtssprache vor, „die nicht dem richterli-
chen Beruf entstammenden Beisitzer und Ersatzbeisitzer aufgrund der Vorschläge der Partei-
en unter Anwendung des d'Hondtschen Höchstzahlverfahrens nach ihrer bei der letzten Wahl
des Nationalrates im Bereich der Wahlbehörde, bei Sprengelwahlbehörden im Bereich der
Gemeinde festgestellten Stärke" zu berufen.

Dennoch wurde bei der abgelaufenen Nationalratswahl entgegen der klaren Anordnung des
Gesetzes das Vorschlagsrecht einer Partei zugeschanzt, die bei der letzten Nationalratswahl
gar nicht existiert hat. Anstelle der Wahlpartei des Jahres 2002, der Freiheitlichen Partei
Österreichs (FPÖ), die in ihrer Existenz völlig unberührt geblieben ist, wurde mit dem Kon-
strukt gearbeitet, es sei das BZÖ Rechtsnachfolger der FPÖ und damit das Vorschlagsrecht
gemäß § 15 Abs 3 NRWO dem BZÖ zuerkannt. Dieser Gesetzesverstoß wurde offenbar da-


durch erzeugt, daß das Einstimmigkeitsprinzip im Ministerrat, der bislang für die Berufung
der Mitglieder der Bundeswahlbehörde zuständig ist, eine Vorgangsweise erzwungen hat, die
überhaupt die Besetzung bzw. Errichtung der Bundeswahlbehörde vor der letzten National-
ratwahl ermöglicht hat.

Aus diesem Grund ist eben die Schaffung einer neuen Behörde, die anstelle der bisher zustän-
digen Bundesregierung die Kompetenz besitzen soll, die Mitglieder der Bundeswahlbehörde
zu berufen, geboten, um künftigen politischen Pressionen, die zu Gesetzesverstößen führen,
entgegenzuwirken. Mit der Neuerrichtung eines Richtersenates scheint ein geeignetes Instru-
ment für diesen Bedarf zu entstehen.

Die Besetzung der Bundeswahlbehörde selbst muß ebenfalls zum Zweck der Vermeidung
politischer (und nicht-rechtlicher) Beeinflussungen der Beschlüsse der Bundeswahlbehörde
geändert werden. Derzeit ist der Bundesminister für Inneres Mitglied der Bundeswahlbehör-
de, und die ihm unterstellten Beamten sind ihm gegenüber weisungsgebunden.

Bei der letzten Nationalratswahl konnte es daher vorkommen, daß durch den zuständigen Be-
amten des BMI noch vor Abgabe der Landeswahlvorschläge - die gemäß § 43 Abs 1 die un-
terscheidenden Parteienbezeichnungen
der wahlwerbenden Parteien zu enthalten haben - be-
reits in den Medien verkündet wurde, daß sich die Bundeswahlbehörde überhaupt nicht an die
gerichtliche Entscheidung halten werde (wonach dem BZÖ die Führung der Begriffes „frei-
heitlich" verboten werde) und daher dem BZÖ die Bezeichnung „Die Freiheitlichen - Liste
Westenthaler - BZÖ (BZÖ)" gestattet werde. Dies ist ein Musterbeispiel für das Fehlverhal-
ten eines politisch agierenden Beamten, welches nur deshalb Wirkung entfalten konnte, weil
der Bundesminister für Inneres Mitglied der Bundeswahlbehörde ist.

Um solches künftig zu verhindern, muß eine Änderung der Zusammensetzung der Bundes-
wahlbehörde vorgenommen werden, der zufolge der Bundesminister (die Bundesministerin)
für Inneres künftig nicht mehr Mitglied der Bundeswahlbehörde ist. In Angelegenheit der
Kompetenz der Bundeswahlbehörde muß dieser gegenüber das Personal des Bundesministeri-
ums für Inneres (welches mit der faktischen Abwicklung der Wahldurchführung betraut ist)
weisungsunterworfen sein.

Eine allgemeine Unzukömmlichkeit wird überdies mit der derzeitigen Rechtslage empfunden,
daß erst nach Abschluß der Wahl gemäß Art 141 B-VG die Anrufung des Verfassungsgerich-
tes möglich ist.

Um künftighin fraglich erachtete Entscheidungen der Bundeswahlbehörde (wie z. B. Listen-
reihung und Listenbezeichnung) auf eine gesicherte rechtliche Entscheidungsebene zu führen,
ist es sinnvoll, noch vor Durchführung der Wahl eine Entscheidung des Verfassungsgerichts-
hofes über die strittige Entscheidungen der Bundeswahlbehörde herbeizuführen. Die Fristen,
die dafür einzurichten sind, müssen naturgemäß so gestaltet sein, daß rechtzeitig vor der Wahl
die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes getroffen werden kann.

Um also parteipolitischen Mißbrauch künftig zu verhindern, bei der Besetzung der Wahl-
kommissionen ein Höchstmaß an Objektivität und fachlicher Kompetenz sicherzustellen und
strittige Entscheidungen der Bundeswahlbehörde vor Durchführung der Wahl rechtlich ein-
wandfrei lösen zu können und einen Schwebezustand (betreffend die Beschlüsse der Bundes-
wahlbehörde) für den Zeitpunkt nach der Wahl auszuschließen, scheinen die beantragten Än-
derungen der NRWO geboten.


 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten vorge-
schlagen sowie die Durchführung einer Ersten Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt.