60/A XXIII. GP

Eingebracht am 29.11.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANTRAG

der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Klubfinanzierungsgesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden (Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik)

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Klubfinanzierungsgesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden (Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik)

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

 

Artikel I

 

Das Bundesgesetz über die Aufgaben, Finanzierung und Wahlwerbung politischer Parteien (Parteiengesetz 1975), BGBl. 404/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. 71/2003, wird geändert wie folgt:

 

1 . Nach § 2 Abs. 1 wird folgender Absatz 1a angefügt:

 

''(1a) Die im folgenden vorgesehenen Sonderregelungen für politische Parteien, die sich die Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik zur Aufgabe gestellt haben, ergehen in Erfüllung der von Österreich anlässlich der Ratifikation der Konvention der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, BGBl.Nr.443/1982, übernommenen internationalen Verpflichtungen und stellen vorübergehende Sondermaßnahmen zur beschleunigten Herbeiführung der De-facto- Gleichberechtigung von Mann und Frau im Sinne des Art.4 der Konvention dar.

 

2. Dem § 2 Abs.2 lit. a wird folgender Satz angefügt:

 

'';dieser Grundbetrag erhöht sich dann um jenen Prozentsatz, der der Frauenquote des Nationalratsklubs der anspruchsberechtigten Partei zum 1. Jänner des jeweiligen Jahres entspricht, wenn der Frauenanteil dieses Nationalratsklubs zu diesem Zeitpunkt zumindest halb so hoch ist wie der Anteil der weiblichen Bevölkerung Österreichs laut Statistik Austria. "

 

3. Nach § 2 Abs.2 lit. a wird folgende neue lit. b. eingefügt:

 

''b) politischen Parteien, die einen Aktionsplan zur Förderung der Beteiligung von Frauen am politischen Leben im Sinne des § 2 Abs. 3a beschließen, gebührt für die Erstellung dieses Aktionsplanes eine Prämie in der Höhe von jeweils 20.000 € und für das Erreichen von mindestens 3 Zielen gemäß § 2 Abs. 3a Ziffer 1-4 nach 3 Jahren eine Prämie in der Höhe von 10.000 €. Bei Erreichen von 3 oder mehr Zielen kann ein neuer Aktionsplan beschlossen werden, für den wiederum die gleichen Prämien in Anspruch genommen werden können.“

 

4. Die bisherigen lit. b und c des § 2 Abs. 2 erhalten die Bezeichnung c und d. Der Verweis „gemäß lit. b“ in lit. d neu erhält die Bezeichnung „gemäß lit. c“.

 

5. § 2a Abs.3 wird folgender Satz 3 angefügt:

 

"Die sich so ergebenden Ansprüche der Parteien werden jeweils um jenen Prozentbetrag vermindert, der dem Unterschied zwischen dem Prozentsatz der weiblichen Bevölkerung Österreichs am 1. Jänner des Wahljahres gemäß Statistik Austria und der Frauenquote des Nationalratsklubs der betreffenden Partei entspricht.“

 

6. Nach § 2 Abs.3 wird folgender Abs. 3a  eingefügt:

" § 2c. Aktionspläne zur Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik (§ 2 Abs.2 lit.b) haben – neben einer Darstellung der aktuellen Beteiligung von Frauen in der betreffenden Partei – jedenfalls folgenden Ziele aufzuweisen:

1. die Festlegung von 5 Funktionsebenen der betreffenden Partei, in denen eine Erhöhung des Frauenanteils um mindestens 10% innerhalb von 3 Jahren erreicht werden soll.

Ziel: Erhöhung des Frauenanteils in 3 Funktionsebenen der Partei um mindestens 10% nach 3 Jahren.

2. die Festlegung von 5 konkreten Spitzenfunktionen der Partei bzw. Spitzenfunktionen, die durch die Partei zu besetzen sind, die innerhalb von 3 Jahren mit Frauen besetzt werden sollen.

Ziel: Besetzung von 3 solchen Spitzenfunktionen mit Frauen nach 3 Jahren.

3. die Schaffung von Regelungen, die sicherstellen, dass eine Erhöhung der Repräsentation von Frauen auf Wahllisten der Partei erreicht wird.

Ziel: eine Frauenquote von mindestens 40% auf mindestens 5 Wahllisten der Partei innerhalb von 3 Jahren.

4. Die Festlegung von 10 frauenfördernden Maßnahmen, die die Partei innerhalb von 3 Jahren setzen wird.

Ziel: Die Umsetzung von 7 dieser 10 Maßnahmen nach 3 Jahren.

 

7. § 3 wird folgender Abs. 5 angefügt:

 

"(5) Begehren auf Zuwendung der Prämie nach § 2 Abs.2 lit. b sind spätestens 3 Monate nach Beschluss des Aktionsplanes an das Bundeskanzleramt zu stellen. Dem Begehren auf Zuwendung der Prämie für die Erstellung eines Aktionsplanes ist der Aktionsplan sowie der entsprechende Auszug aus dem Protokoll der Sitzung, auf der er beschlossen wurde, anzuschließen. Die Zielerreichung muss vor Auszahlung der Prämie für die Zielerreichung vom Bundeskanzleramt unter Beiziehung einer in Genderfragen kompetenten wissenschaftlichen Einrichtung überprüft werden.“

 

 

 

Artikel II

 

Das Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird (Klubfinanzierungsgesetz 1985), BGBl. 156/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. 130/1997, wird geändert wie folgt:

 

1. Nach § 2a wird folgender § 2b eingefügt:

„ (4b) Die Ansprüche eines Klubs auf die Zuwendungen nach den §§ 2 und 2a werden um jenen Prozentsatz vermindert, der dem Unterschied zwischen dem Prozentsatz der weiblichen Bevölkerung Österreichs am 1. Jänner des Wahljahres gemäß Statistik Austria und der Frauenquote des Nationalratsklubs der betreffenden Partei entspricht.“

 

 

 

Artikel III

 

Das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik (Publizistikförderungsgesetz1984), BGBl. 369/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. 113/2006, wird geändert wie folgt:

 

1. In § 2 wird folgende Abs. 4a eingefügt:

„Jedem förderungswürdigen Rechtsträger sind auf sein Verlangen zusätzliche Förderungsmittel für Bildungsarbeit zur Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik in der Höhe von 20% der ihm gemäß Abs. 2 gebührenden Förderungsmittel zuzuweisen.“

 

 

 

Artikel IV

 

(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit dem Tag der Ausschreibung der auf seine Kundmachung folgenden Nationalratswahlen in Kraft.

 

(2) Mit der Vollziehung von Artikel I dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung, mit der Vollziehung von Artikel II der/die Bundesminister/in für Finanzen und mit Artikel III dieses Bundesgesetzes der Bundeskanzler/die Bundeskanzlerin betraut.

 

 

 

 

Begründung

 

Trotz aller Bekenntnisse zu Gleichberechtigung und Frauenförderung ist nach der Nationalratswahl 2006 die ohnehin niedrige Frauenquote im Nationalrat weiter gesunken. Sie beträgt seit 31. Oktober 2006  31,2% (57 weibliche Nationalratsabgeordnete). In der 22. GP (Mai 06) betrug die Frauenquote 32,8% (60 Frauen). Dies zeigt klar, dass diese Bekenntnisse zuwenig sind und in den vergangenen Jahren offenbar auch keine effizienten Maßnahmen gesetzt wurden, um die Beteiligung von Frauen in der Politik, vor allem im Nationalrat zu fördern und die Frauenquoten zu erhöhen.

Ohne der stark gestiegenen Frauenquote der Grünen, die nun ein gutes Stück über der Frauenquote in der Bevölkerung liegt, sähe die Gesamtfrauenquote im Nationalrat noch schlechter aus.

 

Einzelne Parteien:

Grüne: Frauenanteil von 53% gestiegen auf 57,1% (12 Frauen).

SPÖ: Frauenanteil minimal gestiegen von 34,8% auf 35,3% (24 Frauen).

ÖVP: Frauenanteil minimal gestiegen von 26,6% auf 27,3% (18 Frauen).

BZÖ: Frauenanteil vorher unklar, derzeit 14,3% (1 Frau).

FPÖ: Frauenanteil dramatisch gesunken von 33,3% auf 9,5% (2 Frauen).

 

 

 

Das bedeutet:

Bei gleicher Steigerung des SPÖ-Frauenanteiles (alle 4 Jahre Steigerung um 0,5%) erreicht die SPÖ die von ihr angepeilte 40%-Frauenquote – bei Ausschöpfen der vollen GP-Dauern von 4 Jahren – in 40 Jahren.

Eine 50%-Frauenquote wird unter dieser Annahme von der SPÖ in ca. 118 Jahren erreicht.

 

Bei gleicher Steigerung des ÖVP-Frauenanteiles (alle 4 Jahre Steigerung um 0,7%) erreicht die ÖVP einen 40%-Frauenanteil – bei Ausschöpfen der vollen GP-Dauern – in 72 Jahren.

Eine 50%-Frauenquote wird unter dieser Annahme von der ÖVP in ca. 130 Jahren erreicht.

 

Diese Situation ist unhaltbar. Es muss endlich zu effektiveren Maßnahmen kommen, damit mehr Frauen in politische Entscheidungsgremien, insbesondere den Nationalrat, gelangen. Die Grünen bringen daher in der kommenden Nationalratssitzung wieder einen Gesetzesantrag ein, der einen Teil der Parteien- bzw. der Klubfinanzierung an Frauenquoten bindet. Darin wird mittels eines Bonus-Malus-Systems eine hohe Frauenquote in den Nationalratsklubs der Parteien finanziell belohnt, eine niedrige Frauenquote führt zu Kürzungen bei den Förderungen. Überdies gibt es gesonderte Mittel für Parteien, die einen Aktionsplan zur Frauenförderung beschließen sowie für Bildungsveranstaltungen, die auf eine verstärkte politische Beteiligung von Frauen abzielen.

 

Inhalt des Grünen Antrages:

1. Parteienförderung

Jede Partei, deren Frauenquote mindestens die Hälfte des Anteiles der weiblichen Bevölkerung Österreichs beträgt (derzeit 51,4%[1]), erhält eine Erhöhung des Grundbetrages aus der Parteienfinanzierung um den Prozentsatz der im Nationalrat erreichten Frauenquote. Parteien, deren Frauenquote in Prozent weniger ausmacht als die Hälfte des Prozentanteils von Frauen an der Gesamtbevölkerung (derzeit 25,7%), erhalten keine Erhöhung. Entsprechend verringern sich die verbleibenden Mittel aus der Parteienförderung, die nach Ausschüttung des Grundbetrages auf die Parteien entsprechend ihrem Anteil an den bei der Wahl abgegebenen Stimmen verteilt werden.

Hier erhält also jede Partei mit einer Mindestfrauenquote zusätzliche Mittel je nach Höhe ihrer Frauenquote, dafür bleiben für alle Parteien weniger Mittel übrig, die nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen ausgeschüttet werden. Bei einem Grundbetrag von etwa 220.000 Euro pro Partei und einem Gesamtvolumen der Parteienförderung von knapp 14.400.000 Euro werden nach den derzeitigen Frauenquoten in den Nationalratsklubs gesamt etwa 265.000 Euro umgeschichtet und nach Höhe der Frauenquoten statt nach Verhältnis der abgegebenen Stimmen verteilt.

 

2. Prämie für Aktionsplan zur Frauenförderung

Jede Partei, die einen Aktionsplan zur Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik beschließt, erhält eine Prämie von 20.000 Euro; eine weitere Prämie von 10.000 Euro erhält sie bei Erreichung von 75% der im Aktionsplan angestrebten Ziele nach frühestens 3 Jahren. Wurden 75% der Ziele erreicht, kann ein neuer Aktionsplan beschlossen werden, für den wieder eine Prämie gewährt wird.

Die in den Aktionsplänen festgelegten Ziele betreffen insbesondere die Erhöhung des Frauenanteils in mehreren Funktionsebenen der Partei, in einzelnen Spitzenfunktionen sowie auf parteiinternen Wahllisten um jeweils mindestens 10% in drei Jahren.

 

3. Wahlkampfkosten-Rückerstattung

Die Wahlkampfkosten-Rückerstattung, die per Gesetz nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen verteilt wird, reduziert sich für jene Parteien, die im Nationalratsklub nur eine Frauenquote erreichen, die unter dem Anteil der weiblichen Bevölkerung Österreichs liegt  (derzeit 51,4%); und zwar um jenen Prozentsatz, um den die Frauenquote des Nationalratsklubs dieser Partei unter 51,4% liegt.

Das hieße bei den derzeitigen Frauenquoten, dass die Wahlkampfkosten-Rückerstattung der SPÖ um 16,1% reduziert wird (51,4% - 35,3%), jene der ÖVP würde um 24,1% (51,4% - 27,3%) gekürzt. Das BZÖ würde mit seiner Frauenquote von 14,3% um 37,1% weniger Mittel aus der Wahlkampfkosten-Rückerstattung erhalten, die FPÖ mit einer Frauenquote von 9,5% gar um 41,9% weniger.

 

4. Klubfinanzierung

Die Mittel für die Klubförderung der Nationalratsklubs wird im Gesetzesantrag teilweise an Frauenquoten gekoppelt. Die Klubförderung besteht aus einem  Grundbetrag sowie  Zusatzförderungen für je 10 angefangene Abgeordnete und eine zusätzliche Förderung für Klubs, die in Nationalratsausschüssen vertreten sind.

Diese Förderungen werden wiederum um jenen Prozentbetrag reduziert, um den die Frauenquote des betreffenden Nationalratsklubs unter dem Anteil der weiblichen Bevölkerung Österreichs liegt.

 

5. Zusätzliche Förderungsmittel aus der Publizistikförderung

Der Gesetzesantrag sieht vor, dass die Parteiakademien aus Mitteln der Publizistikförderung zusätzliche Förderungen erhalten können, und zwar für Bildungsmaßnahmen, die eine verstärkte Beteiligung von Frauen am politischen Leben zum Ziel haben.

Das Höchstausmaß für diese zweckgewidmeten zusätzlichen Förderungsmittel beträgt 20% der Förderungsmittel gemäß § 2 Abs. 2 Publizistikförderungsgesetz (Grundbetrag von ca. 602.000 Euro plus Zusatzbetrag von ca. 25.200 Euro pro Nationalratsabgeordnetenmandat der jeweiligen Partei).

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.



[1] Anteil der weiblichen Bevölkerung Österreichs zum Stichtag 31.12.2005, Statistik Österreich