229/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 05.06.2007
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Öllinger, Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Novellierung des Entwicklungshelfergesetzes

 

 

Personelle Entwicklungszusammenarbeit, als ein wesentliches Instrument der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA), bringt wertvolle Leistungen in den Einsatzländern und langfristig Wissen und Werte von und über Entwicklungsländer in die österreichische bzw. europäische Zivilgesellschaft ein.

 

Das Entwicklungshelfergesetz aus 1983 (BGBl. Nr. 574/1983), das die Entsendung von Fachkräften (EntwicklungshelferInnen, EHs) regelt, weist einige erhebliche Mängel auf, die vor allem nach der Rückkehr der betroffenen Personen langfristige Nachteile für diese bedeuten.

Dies ist in Anbetracht des hohen Engagements und der Leistungen von EHs, die sich im Auftrag der OEZA für mindestens zwei Jahre -  oft verbunden  mit gravierenden persönlichen und finanziellen Einschränkungen – in den Ländern des Südens  engagieren, ethisch nicht vertretbar.

 

Nach der Rückkehr aus dem Einsatzland erwartet EHs derzeit im Bereich der Neuorientierung eine Überbrückungshilfe in Form der Arbeitslosenunterstützung. Diese ist sehr niedrig – oftmals lediglich € 350 Euro - , da als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Arbeitslosenunterstützung das niedrige Gehalt der EHs herangezogen wird. Die geringe Arbeitslosenunterstützung sichert bei weitem nicht den notwendigen Unterhalt und erscheint angesichts des Engagements der EHs für die OEZA und der generell hohen Qualifikation dieser Personen sowie ihrer Funktion als MultiplikatorInnen für Anliegen der Entwicklungspolitik nicht angemessen.

 

Die niedrige Bemessungsgrundlage ist auch Hauptproblemfeld bei den Pensionsansprüchen von EHs. Bis zur letzten Pensionsreform 2004  galten die besten 15 Verdienstjahre als Bemessungsgrundlage. Auswirkungen in Form einer niedrigeren Pension hatte das bisher für nicht-österreichische EHs, die für eine österreichische Organisation tätig waren, Frauen mit weniger Versicherungszeiten oder jene Personen, die nach ihrer Tätigkeit als EHs in Teilzeit gearbeitet haben und daher ein geringes Einkommen hatten. In Zukunft wird dies jedoch bei allen EHs schlagend, da als Pensionsbemessungsgrundlage 40 Jahre – und damit meist alle Beitragsjahre  - zugrunde gelegt werden. Diese niedrigen Beitragsjahre wirken sich nun sehr wohl negativ auf die Pensionshöhe aus.

 

Für etwa 30 bis 50 EntwicklungshelferInnen ergibt sich in pensionsrechtlicher Sicht eine besondere Problematik:

Diese EHs konnten vor 1974 nicht freiwillig pensionsversichert werden,  da sie die dafür notwendigen Vorversicherungszeiten nicht erfüllten bzw. diese bereits zu lange zurücklagen. (Die Pflichtversicherung von EHs wurde erst 1979 gesetzlich verankert.) Auch ein Nachkauf der Einsatzzeiten wurde nicht bewilligt. Dadurch erhält dieser Personenkreis  einerseits eine niedrigere Pension und/oder kann zusätzlich erst später in Pension gehen. Eine Lohnsteuerprüfung für die Jahre 1969 bis 1971 ergab 1972, dass die betroffene Entsendeorganisation als Dienstgeberin anzusehen ist und war. 

Der aktuelle Fall eines Entwicklungshelfers zeigt, dass die Einsatzzeiten heute für den Betroffenen finanzielle Pensionseinbußen bringen. Darüber hinaus könnte der EH bei Anerkennung der Einsatzzeit sofort in Pension gehen, andernfalls muss er noch bis zu 3 Jahre warten, weil seine Jahre als EH von 1966 bis 1970 dzt. nicht angerechnet werden.

Auch andere EHs werden erst weit über dem gesetzlich vorgesehenen Antrittsalter in Pension gehen können, sollte für sie keine sozial gerechtere Regelung gefunden werden. Eine Anerkennung von Ersatzzeiten, vergleichbar mit Regelungen für BeamtInnen und Selbständige, würde diesem Personenkreis ein vergleichbares Pensionsantrittsalter gewährleisten.

 

Die Kindererziehungszeiten werden derzeit für EHs aufgrund der Erziehung ihrer Kinder im Ausland nicht berücksichtigt. Dies ist eine Ungleichbehandlung, einerseits zu im Inland tätigen Eltern aber auch gegenüber Personen im diplomatischen Dienst und Angestellten der Austrian Development Agency, denen die Erziehungszeiten im Ausland anerkannt werden.

Im Sinne der Gleichstellung sollten Erziehungszeiten für Kinder von EntwicklungshelferInnen der OEZA , egal wo sie geleistet wurden, anerkannt werden.

Dabei sollen die Kindererziehungszeiten sowohl für Kinder, die mit den erziehungsberechtigten EHs ausreisen, als auch für Kinder, die während des Auslandseinsatzes geboren werden, angerechnet werden. Die Anrechnung ist sowohl für die/den EH als auch die/den mit ausreisende/n EhepartnerIn notwendig.

 

Für deutsche RückkehrerInnen, dzt. rund ein Drittel aller EHs, die im Auftrag der OEZA im Einsatz sind oder waren, bedingt die derzeitige Gesetzeslage nach Rückkehr in ihr Heimatland ebenfalls massive finanzielle Einbußen.

Deutsche Fachkräfte erfahren in Bezug auf Pensions- sowie Arbeitslosenversicherung nämlich die gleiche sozialrechtliche Behandlung wie ÖsterreicherInnen, obwohl das deutsche Entwicklungshelfergesetz in diesen Bereichen für Fachkräfte eine bessere Absicherung vorsieht.

 

Eine Novellierung des Entwicklungshelfergesetzes ist daher dringen notwendig für eine soziale Absicherung der (österreichischen) EntwicklungshelferInnen (wie sie im Deutschen Recht bereits Umsetzung gefunden hat). 

 

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere die MinisterInnen für europäische und internationale Angelegenheiten, für Soziales und KonsumentInnenschutz, für Wirtschaft und Arbeit sowie für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestens, jedoch bis spätestens September 2007, einen Gesetzesantrag vorzulegen, mit dem

 

·        die Nachentrichtung von Versicherungsbeiträgen zur Pensionsversicherung durch die öffentliche Hand für jene EntwicklungshelferInnen für Zeiten des Entwicklungshilfeeinsatzes vor 1974, für die auf Grund der zu dieser Zeit geltenden Rechtslage keine Pensionsversicherungsbeiträge entrichtet werden konnten, gewährleistet wird;

 

·        die pensionsrechtliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten in Zeiten des Entwicklungshilfeeinsatzes im Ausland für EntwicklungshelferInnen bzw. deren Angehörige im Ausmaß des zum jeweiligen Zeitpunkt für Menschen mit Betreuungspflichten in Österreich geltenden Rechts gesichert wird;

 

·        die Bewertung von im Zuge von Entwicklungshilfeeinsätzen erworbenen Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung bzw. in der Arbeitslosenversicherung entsprechend einer fiktiven Beitragsgrundlage für eine gleichwertige Tätigkeit im Bereich der ADA (Austrian Development Agency) umgesetzt wird;

 

·        der sozialrechtliche Schutz von EntwicklungshelferInnen nach dem österreichischen Entwicklungshilfegesetz dem für EntwicklungshelferInnen in Deutschland geschaffenen Niveau im Bereich der Arbeitslosen- und Pensionsversicherung angepasst wird.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.