231/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 05.06.2007
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

betreffend ein Bibliotheksgesetz in Österreich

 

Am Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Frage nach gleichberechtigtem Zugang zu Wissen und Informationen aktueller denn je. Chancengleichheit in diesem Bereich ist ein bedeutender Indikator für die Funktionsfähigkeit von Demokratien. Gerade Biblio­the­ken fällt dabei die wichtige Aufgabe zu, niederschwelligen und kostenfreien Zu­gang zum Wissen für alle zu garantieren.

 

Österreich besitzt – im Gegensatz zu den meisten EU-Staaten – bis heute kein Gesetz, das die Verbreitung, mediale Ausstattung, Größe und den Personalbedarf öffentlicher Bibliotheken regelt. Bibliotheksinitiativen bleiben hierzulande zumeist den Kommunen und den Kirchen überlassen, was insbesondere, aber nicht nur in Kärnten bedenkliche Ergebnisse zeitigt: Weder Klagenfurt noch Villach verfügen über eine öffentliche Bibliothek.

Zwar sieht die Statistik auf den ersten Blick nicht schlecht aus: 822.000 BenutzerInnen haben 2005 18,3 Millionen Medien (in erster Linie Bücher) aus 1563 öffentlichen Bibliotheken entlehnt, in denen etwas mehr als 8000 MitarbeiterInnen das Publikum betreuen.

Vergleicht man diese Zahlen aber etwa mit dem PISA-Sieger Finnland, stellt sich Ernüchterung ein: Während die FinnInnen jährlich eine öffentliche Bibliothek besuchen und dabei 20 Medien entlehnen, sind Österreicherinnen und Österreicher durchschnittlich nur 0,9-mal jährlich in einer Bibliothek anzutreffen und leihen nur 2,2 Bücher pro Jahr aus. Auch bei der Auswahl herrschen krasse Unterschiede: Der Bücherbestand pro EinwohnerIn beträgt in Österreich 1,2, in Finnland hingegen 7. Darüber hinaus, und dies ist eines der größten Probleme, ar­beiten rund 7000 der 8000 BibliothekarInnen in Österreichs öffentlichen Biblio­the­ken ehrenamtlich, verrichten diese Tätigkeit also in ihrer Freizeit, werden nicht be­zahlt und besuchen kaum Aus- und Weiterbildungskurse.

Die Frequenz der Bibliotheksbesuche und die Erreichbarkeit und BenutzerInnen­freundlichkeit öffentlicher Bibliotheken steht in direkter Korrelation zur Lesekompe­tenz: In diesem Bereich rangiert die finnische Jugend in EU-weiten Untersuchungen regelmäßig an erster Stelle, während rund 20 % der österreichischen 15- bis 16-Jährigen über keine messbare Lesekompetenz mehr verfügen und daher de facto von jeglichem schriftlich vermittelten Wissen ausgeschlossen sind.

 

Öffentlichen Bibliotheken kommt eine entscheidende Funktion zu: Sie gewähr­leisten den kostenfreien und uneingeschränkten Zugang zu Informationen für alle, ungeach­tet ihres Geschlechts und ihres sozialen, materiellen, religiösen, ethnischen und gesundheitlichen Status.

 

Die eminente Bedeutung von Bibliotheken als zentralem Bestandteil eines demo­kratischen, öffentlichen Bildungssystems und Kul­tur­angebotes wird nicht ernsthaft in Frage gestellt. Um dieses Angebot zu gewährleisten, braucht Österreich ein moder­nes Bibliotheksgesetz.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, in Zusammenarbeit mit den Kommunen sowie den Interessen- und Dachverbänden ehestmöglich ein Bib­li­o­theksgesetz auszuar­bei­ten, das den An­for­de­rungen des 21. Jahrhunderts ent­spricht.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Kulturausschuss vorgeschlagen.