261/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 04.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Zanger

und weiterer Abgeordneter

betreffend grenzüberschreitender Handwerksdienstleistungen

Am 1. Juni 2002 traten mehrere bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union in Kraft. Ein Abkommen regelt die Freizügigkeit im Personenverkehr, wobei bei Dienstleistungen bis zu 90 Tagen die geltende Bewilligungspflicht durch eine Meldepflicht ersetzt wurde. Keine Meldung ist erforderlich, wenn nur bis zu 8 Tagen im Jahr eine Dienstleistung erbracht wird.

Bei Tätigkeiten im Bauhaupt- und Baunebengewerbe sind diese Meldungen bereits ab der ersten Stunde - ohne jegliche Art von Ausnahmen - vorgeschrieben. Die im Zuge der bilateralen Verträge geschaffene Möglichkeit einer Online-Meldung via Internet ist ein richtiger Schritt in Richtung Verwaltungsvereinfachung.

Grundsätzlich verstehen wir das Bedürfnis der Schweiz, über Arbeitseinsätze von ausländischen Firmen informiert zu sein. Seit 1. April 2006 wurde diese Meldefrist jedoch wesentlich verschärft, demnach erhalten Unternehmen nach Eingang der Meldung ein achttägiges Arbeitsverbot in der Schweiz. Verstöße werden mit Strafen bis zu CHF 5.000,- geahndet. Diese achttägige Sperrfrist ist in der heutigen Wirtschaftswelt von „Just-in-Time" und mit der heutigen Informationstechnik ein nicht akzeptables Handelshemmnis. Durch die geschaffenen Online-Meldungen wäre eine ausreichende Kontrolldichte bei einer kurzfristigen Anmeldung - wie etwa auch in Deutschland (Kölner Kontrolle), § 3 AEntG-Meldung - sicher gewährleistet.

Im Rahmen weiterer bilateraler Verträge wurde am 1. Juni 2004 der Vorrang von einheimischen Arbeitskräften in der Schweiz und eine präventive Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen aufgehoben. Einschränkend wurde jedoch festgehalten, dass eine Dienstleistungserbringung in der Schweiz zu den „ortsüblichen Löhnen und Gehältern" zu erfolgen hat.

Die Definition und die Vergleichbarkeit von Lohn- und Gehaltsstrukturen bereiten in der Praxis jedoch ungeahnte Probleme. Im Moment gehen Schweizer Behörden von einem Vergleich der Bruttolöhne, wie sie in den Schweizer Gesamtarbeitsverträgen (GAV) aufgelistet sind, aus. Diese GAV's werden mit dem tatsächlich ausbezahlten Lohn It. Lohnzettel des jeweils entsandten österreichischen Arbeitnehmers verglichen (also mit österreichischen Nettolöhnen). Diese Vorgehensweise ist in unseren Augen unzulässig, da Lohnnebenkosten nur unzureichend berücksichtigt werden. Unserer Ansicht nach sind bei einem Vergleich der Lohn- und Gehaltsstrukturen zwingend die Gesamtarbeitskosten (also inkl. Lohnnebenkosten) als Basis heranzuziehen.

Gerade die Schweiz und Österreich unterscheiden sich grundlegend im Bereich der Sozialsysteme und -abgaben oder anderer sonstigen Leistungen an Arbeitnehmer. Diese Unterschiede sind herauszuarbeiten und bei der Berechnung der ortsüblichen Löhne und Gehälter in vollem Ausmaße zu berücksichtigen.


Ein weiteres Problem besteht im Bereich der Personalbereitstellung. Die Schweiz ist leider von der bisherigen gemeinsamen Position, dass „indirekter Personalverleih" (Personalverleih erfolgt in Österreich, Personaleinsatz der österreichischen Firma erfolgt in der Schweiz) grundsätzlich erlaubt ist, (Präzedenzfall im Kanton St. Gallen) abgegangen. Nun wird Personal, das von einem österreichischen Personalbereitsteller an ein österreichisches Unternehmen bereitgestellt wurde, in der Schweiz nicht mehr für Tätigkeiten zugelassen.

In den bilateralen Verträgen wurde der Themenkreis der Personalvermittlung und des Personalverleihs ausgenommen. Das heißt, eine direkte Personalbereitstellung "über die Grenze" in die Schweiz ist somit nicht vom Abkommen erfasst und nach der momentanen Lage auch nicht erlaubt. Im Falle einer indirekten Überlassung erfolgt die Überlassung jedoch - meist aus gewerberechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten - in Österreich, daher gehen wir davon aus, dass unter Einhaltung der gesetzlichen Regeln in der Schweiz (z.B. Mindestlohnbestimmungen), ein österreichisches Unternehmen mit Personal eines österreichischen Personalbereitstellers in der Schweiz tätig werden darf.

Dies ist gerade im Bauhaupt- bzw. Baunebengewerbe auch eine übliche und nötige Konstellation, da es durch saisonale Schwankungen zu einem sehr stark variierenden Personalbedarf kommt. Es sollte letztlich auch keinen Unterschied machen, in welchem Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer in Österreich steht, wesentlich ist letztlich nur, ob Schweizer Mindestlöhne, Höchstarbeitszeiten, etc von einem ausländischen Unternehmer eingehalten werden.

Abschließend ist noch festzuhalten, dass unserer Ansicht nach Schweizer Behörden absichtlich bürokratische Hemmnisse aufbauen um ihren Markt abzuschotten. Dieser Eindruck entsteht auch dadurch, dass beispielsweise seit neuestem Vollzugskostenbeiträge - je Auftrag - an die Zentrale Paritätische Berufskommission der Schreiner zu entrichten sind.

Darüber hinaus ist es auch so, dass Schweizer Betriebe in Österreich ohne Auflagen und bürokratischen Schikanen ihrer Tätigkeit nachgehen dürfen. Sie müssen lediglich eine einmalige gewerberechtliche Anmeldung durchführen.

Unter den angeführten Gesichtspunkten bzw. Problemfeldern ist klar zu erkennen, dass im Bereich der grenzüberschreitenden Handwerksdienstleistungen kein fairer Wettbewerb stattfindet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der zuständige Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, bei einem rasch zu vereinbarenden bilateralen Treffen mit seinem Schweizer Amtskollegen nachfolgende Punkte:

 


1)            Meldepflicht: „Vorab-Meldung", die am Tag vor der Dienstleistungserbringung online  oder  mittels   Fax  abzugeben   ist  ohne   weitere  Arbeitsverbote  oder Einschränkungen

2)     Gerechte   Vergleichswerte:    Hier   muss   eine   Gegenüberstellung   mit   den Lohnnebenkosten in der Schweiz und damit eine Anrechnung der Differenz auf die ortsüblichen Löhne und Gehälter erfolgen. Erst dann können realistische Vergleiche der Löhne bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit durchgeführt werden.

3)     Indirekte Personalbereitstellung (wie oben beschrieben) ist nicht zu behindern sondern uneingeschränkt zuzulassen

4)     Beitragspflichten   an   Schweizer  Berufsverbände   wie  etwa   der  Zentralen Paritätischen Berufskommission des Schreinergewerbes sind hintan zu halten

einzufordern, um einen fairen und gerechten Wettbewerb sicherzustellen."

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Wirtschaftsausschuss vorgeschlagen.