280/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 06.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der
Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
betreffend
Abschaffung der Autobahnvignette
Wie sich
unter anderem am Vignettenausweichverkehr im Raum Bregenz zeigt, ist die
Autobahnvignette in
der bestehenden Form ein untaugliches Instrument. Durch die
ausschließliche Bemautung der
Autobahnen wird Verkehr dorthin verlagert, wo er am
wenigsten verloren hat: auf Ortsdurchfahrten und in dicht besiedelte
Gebiete.
Demgegenüber wurden die wiederholten Vorschläge u.a. von Verkehrsminister a.D. Gorbach zur Einführung einer Tagesvignette im Großraum Bregenz von der Landesregierung und den betroffenen Gemeinden zu Recht als unbrauchbar zurückgewiesen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Regelung nur einen Teil der "Mautflüchtlinge" erfassen würde, ist nicht einzusehen, dass Land und Gemeinden zusätzliche finanzielle Mittel zur Subventionierung einer Tagesvignette aufbringen sollen.
Dasselbe gilt allerdings auch für das nun ventilierte Modell einer ebenfalls subventionierten „Korridorvignette". Auch sie würde das Problem nicht lösen, sondern auf Dritte wie die Gemeinde Lustenau abwälzen. Zusätzlich brächte sie für die ASFINAG wirtschaftliche Nachteile und für das betroffene Land Mehrkosten und würde entsprechende Begehrlichkeiten in vielen anderen Regionen Österreichs wecken. Hier stellt sich auch die Frage der Vereinbarkeit von ergebnisverschlechternden, politisch motivierten Aufträgen des Eigentümers an die ASFINAG mit dem Aktienrecht.
Seit den Neunzigerjahren wird in
der Fachwelt die Diskussion über die Frage des
sinnvollsten, effizientesten
Bepreisungssysteme im Straßenverkehr intensiv geführt.
Sowohl im
Auftrag des Verkehrsministeriums als auch des Umweltministeriums wurde in den
letzten Jahren eine
Reihe von Arbeiten - etwa vom Büro Dr. Herry, von der via donau, von
der Universität Graz - erstellt, die
für eine fahrleistungsabhängige Lösung anstelle der
Fixpreis-Vignette mehr Vorteile als
Nachteile - und zwar auch volkswirtschaftlich, nicht „nur"
im Hinblick auf Energieeffizienz, Umwelt- oder Klimaschutz - feststellten und
daher klar eine
entsprechende Umstellung empfahlen.
2006/07
haben sich etwa Prof. Kummer (WU Wien) oder Prof. Steininger (Wegener Zentrum
Graz) für die
Umschichtung zeitabhängiger auf fahrleistungsabhängige Abgaben
ausgesprochen, unter expliziter Erwähnung der Vignette. Wie auch durch die
Expertinnen
des WIFO im Jahr 2007 wurde dabei klar
dargelegt, dass fahrleistungsabhängige Lösungen
wirksamer steuern als Fixabgaben und dass flächendeckende Lösungen
wirksamer und mit
weniger Nachteilen behaftet wären als solche auf dem hochrangigen
Netz allein.
Wegener Zentrum und WIFO haben
zudem 2007 herausgearbeitet, dass Akzeptanz und
Durchsetzbarkeit derartiger Lösungen
ebenso wie Verteilungs- und Beschäftigungswirkung
vor allem von der Verwendung der Einnahmen abhängen. Insbesondere
die Verwendung
wesentlicher Einnahmensteile für die Attraktivierung des Öffentlichen
Verkehrs und für die
Entlastung des Faktors Arbeit von Steuer-
und Abgabenbestandteilen - also die Einbettung
in eine ökologische
Steuerreform, wie von der Steuerreformkommission und den Grünen
bereits in den Neunzigerjahren detailliert ausgearbeitet - hat dabei seitens
der Expertinnen
gute Noten erhalten.
Nicht zuletzt war eine
entsprechende Lösung auch bereits im Grundsatz im
Bundesstraßenmautgesetz vorgesehen,
wurde aus diesem jedoch auf Betreiben einzelner
Interessensgruppen und Parteien entfernt.
In der
Schweiz hat die Verkehrskommission des Nationalrats die Regierung aufgefordert,
die
Einführung von
Road-Pricing zu prüfen. Das daraufhin eingerichtete umfassende
Forschungsprogramm wird 2007 abgeschlossen und in entsprechende - dem Vernehmen
nach positive - Empfehlungen münden.
Auch in anderen europäischen Staaten ist die
Einführung und flächendeckende Ausdehnung
bestehender oder neuer Systeme fahrleistungsabhängiger Bepreisung des
Straßenverkehrs
in Vorbereitung, etwa
in der Slowakei, Slowenien, Großbritannien.
Geht man vom Prinzip
Kostenwahrheit aus, so ist die Vignette -je mehr man fährt, desto
billiger wird's - die
unzweckmäßigste Form der Umsetzung von Bepreisung.
Diese Erkenntnis hat nicht zuletzt
der Vorarlberger Landtag mit seinem am 15.12.2005
gefassten einstimmigen Beschluss aufgegriffen. Darin wird der Ersatz der
PKW-Vignette
durch ein fahrleistungsabhängiges, von der Straßenkategorie
losgelöstes,
aufkommensneutrales, zweckgebundenes Modell
gefordert, wodurch systembedingte Kosten
der Vignette eingespart und unerwünschte Verlagerungseffekte
ausgeschlossen würden,
unter Berücksichtigung begleitender Maßnahmen für Pendlerinnen
und Pendler sowie
grenzüberschreitender Aspekte.
Mit diesem
Beschluss wurde auf das gültige Vorarlberger Landesverkehrskonzept von
2005
Bezug genommen, das
ebenfalls auf breiter politischer Basis für gut befunden wurde und
unter Punkt 6.2.2. festhält:
„Die PKW-Vignette als
Zeitmaut - mit Fixkosten ohne Bezug zu den tatsächlich verursachten
Verkehrskosten - ist eine der Ursachen
für unerwünschte Verlagerungseffekte des
Durchgangsverkehrs. Am einfachsten und wirksamsten wäre eine
fahrleistungsabhängige
Maut - analog zum LKW-Verkehr - oder eine
Anhebung der Mineralölsteuer bei Entfall der
Vignette, mit Begleitmaßnahmen zur Förderung der
Mobilität in strukturschwachen
Gebieten."
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird
entsprechend dem einstimmigen Beschluss des Vorarlberger
Landtags aufgefordert, einen Vorschlag für ein
fahrleistungsabhängiges und von der
Straßenkategorie losgelöstes
Gebührenmodell vorzulegen, mit dem die PKW-Vignette durch
ein gerechteres, aufkommensneutrales und zweckgebundenes System ersetzt
wird.
Ein derartiges Gebührenmodell würde nicht nur die systembedingten
Kosten der PKW-
Vignette einsparen, sondern auch
unerwünschte Verlagerungseffekte und Ausweichverkehre
ausschließen.
Begleitende
treffsichere Unterstützungsmaßnahmen für Pendlerinnen und
Pendler, die ihren
Arbeitsplatz mit
vertretbarem Aufwand nur mit dem eigenen Auto erreichen können, sowie
grenzüberschreitende Aspekte sind zu berücksichtigen.
Eine solche Umstellung würde
auch der auf EU-Ebene deklarierten Absicht entsprechen,
durch eine stärkere Variabilisierung
von Fixabgaben im Verkehr ökonomisch wie ökologisch
zielführend zur Lösung der Verkehrsprobleme in Europa
beizutragen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuss vorgeschlagen.