403/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 10.10.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenkranz, Dr. Fichtenbauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend zukünftiger Schutz der Staatsgrenze

Seit dem Jahre 1995 wird das Schengener Durchführungsübereinkommen in Bel- gien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal und Spanien an- gewendet. Seither gibt es zwischen diesen Staaten freie Fahrt über die Grenzen. Gleichzeitig wurden die Kontrollen an den Außengrenzen verstärkt. Italien und Öster- reich wenden die Schengener Vertragsinhalte seit 1. April 1998 vollständig an.

Nun sollen weitere Staaten, die zehn neuen EU-Mitgliedstaaten, neue Schengen- Staaten werden. Die im Jahr 2004 beigetretenen EU-Mitglieder Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Zypern, Malta, und die drei baltischen Staaten erwar- ten bald den Fall der Grenzkontrollen der Binnengrenzen zu den anderen Schengen- ländern.

Und wie sicher wird das größere Europa dann sein?

Wie dem Jahresbericht über organisierte Schlepperkriminalität des Jahres 2006, he- rausgegeben vom Bundesministerium für Inneres, zu entnehmen ist, sind unsere nord/östlichen Nachbarn Tschechien, Slowakei und Ungarn nach wie vor beliebte Ausgangsländer geschleppter Personen. Die Slowakei führt den Reigen der Grenz- übertritte mit 35 Prozent der geschleppten Personen an. Tschechien und Ungarn fol- gen mit jeweils 15 Prozent, womit wir 65 Prozent der nach Österreich geschleppten Personen nur drei neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verdanken, welche demnächst „Schengen-Reife" besitzen sollten und selbst auch behaupten diese zu haben!

Betrachtet man die Kriminalstatistik der letzten zehn Jahre so erkennt man gleich einen enormen Kriminalitätsanstieg. Für das Jahre 1998, das Jahr seit dem Öster- reich das Schengener Abkommen anwendet, kann man der Kriminalstatistik 479.859 angezeigte Fälle entnehmen. Im Jahre 2000 waren es ca. 520.000, im Jahre 2002 über 590.000, im Jahre 2004 mehr als 643.000 und 2006 wieder fast 590.000 ange- zeigte Fälle. Die Anzahl der fremden Tatverdächtigen im Verhältnis zur Gesamt- summe der Tatverdächtigen wächst nach wie vor stetig. Organisierte Kriminalität aus dem Osten treibt ungeniert ihr Unwesen in Österreich. Der jährliche Bericht der Bun- desregierung über die innere Sicherheit in Österreich, der Sicherheitsbericht 2005, bestätigt dies nur allzu gut.

2006 wurden an den österreichischen Grenzen bzw. im Bundesgebiet 39.408 Perso- nen aufgegriffen. Seit September 1990 wird der Assistenzeinsatz des österreichi- schen Bundesheeres an der österreichischen Staatsgrenze durchgeführt. Täglich werden fast 500 Kilometer Staatsgrenze überwacht, um die illegale Einreise von Fremden zu verhindern. Bisher standen über 330.000 Soldaten im Grenzüberwa- chungseinsatz, die 90.000 illegale Grenzgänger aus 110 Staaten aufgegriffen und den Sicherheitsbehörden übergeben haben.

Am 18. März 2007 drohte Bundesminister Platter in der Tageszeitung Kurier noch mit einem Veto gegen die Schengen-Erweiterung 2008. Er wurde zitiert: „Es kann nicht sein, dass die Grenzbalken geöffnet werden, wenn die Staaten die strengen Schen- gen-Standards nicht erfüllen."

Unter dem Titel „'Schengen neu' nur mit 'Sicherheitsgürtel'" stand am 19. Juni im

Standard:

„Platter: Die lang erwartete Reisefreiheit für Bürger osteuropäischer EU-Staaten wird

es nur unter der Bedingung ,bestmöglicher Sicherheit' für Österreich geben

Wien - Für die Ausweitung des Schengenraums ab 2008 - und somit für grenzenlose

Reisefreiheit von und nach Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Slowenien - wollte

Innenminister Günther Platter (ÖVP) auch am Montag ,keine Garantie abgeben'. Ob

dies aus österreichischer Sicht ,möglich sein werde, hänge stark davon ab, wie weit

in diesen Staaten bis dahin der Aufbau der nötigen Standards' gediehen sei.

Den heimischen Bürgern müsse weiterhin ,bestmögliche Sicherheit' garantiert wer- den, sagte Platter. Und wiederholte damit in etwa Argumente aus dem benachbarten Deutschland gegen die Schengenraum-Ausweitung nach Österreich in den 1990er- Jahren, die hier zu Lande für Unmut gesorgt hatten.

Der Beschluss für die neuerliche Schengen-Erweiterung wird - oder wird nicht - im EU-Rat im November 2007 fallen. Vergangene Woche hatte sich Justizkommissar Franco Frattini beim EU-Ministerrat in Luxemburg zuversichtlich gezeigt, dass es kei- ne weiteren Verzögerungen geben werde.

Solche waren zuletzt von Tschechien befürchtet worden, nachdem Platter angekün- digt hatte, während der Fußball-Europameisterschaft EURO 2008 Personenkontrol- len an den Grenzen wieder einführen zu wollen, Schengen hin oder her. Bei Groß- ereignissen à la EURO sei es auch in der Vergangenheit schon zu vorübergehendem Außerkraftsetzen der vertraglichen Reisefreiheit gekommen, antwortete Platter am Montag auf diese Kritik. Auf die Hooligan-Meldepflicht werde sich am Mittwoch aller Voraussicht nach der heimische Ministerrat einigen.

Den neuen Schengenstaaten attestierte Platter ,große Fortschritte'. Etwa bei der Vorbereitung auf den Austausch biometrischer Daten wie elektronischer Fingerab- drücke ab Ende 2008. Hier hatte die Slowakei zuletzt als säumig gegolten.

Dennoch - so der Minister - dürfe der Wechsel ins erweiterte Schengensystem im Interesse Österreichs ,nicht schlagartig' erfolgen, sondern in Phasen, wobei in einem ersten Schritt von der derzeitigen heimischen Außengrenzsicherung zur bilateralen ,Grenzraumkontrolle' übergegangen werden solle. Mit dem Ziel eines - Schritt Num- mer zwei - ,doppelten Sicherheitsgürtels' in Richtung Osten. Sei dieser einmal ange- legt, werde es auch ,gemischte Patrouillen' geben - ganz so, wie sie an der österrei- chisch-ungarischen Grenze bereits unterwegs sind, kündigte Platter an. Zudem wer- de sich Österreich mit 30 Mann an einer neuen EU-Grenztruppe beteiligen.

Die nicht mehr grenzgebundenen Streifen sollen in Zukunft dann die Transitrouten überwachen und in den Ballungsräumen verkehrs-, kriminal- und fremdenpolizeiliche Kontrollen durchführen. Den rund 2600 betroffenen Grenzwachebeamten stellte der Minister dabei zumindest in der ersten Phase Weiterbeschäftigung in Aussicht - und zur Zukunft des Bundesheer-Assistenzeinsatzes kündigte er eine Arbeitsgruppe an."

 

In der Parlamentskorrespondenz vom 24.09.2007, Nr. 659, steht unter dem Titel „EU- Unterausschuss für vertiefte Zusammenarbeit gegen den Terror“ zu lesen:

„Schließlich teilte der Innenminister mit, dass die Schengen-Erweiterung nach Be- schluss im November mit 1.1.2008 stattfinden werde. Die EU-Nachbarstaaten haben große Fortschritte erzielt, wobei Platter insbesondere die intensive Arbeit der Slowa- kei am Erreichen der Schengen-Standards würdigte. Es sei wichtig, die EU-Außen- grenze abzusichern und den Informationsaustausch sicher zu stellen. Österreich sei auf die neue Situation vorbereitet, bleibe vorsichtig und werde einen Beobachtungs- zeitraum einhalten, in dem die Grenzkontrolle durch eine Grenzraumkontrolle ersetzt werde. Der Umsetzung von Schengen werde eine genaue Analyse der Veränderun- gen vorangehen."

Und das Frontex Annual 2006 berichtet:

„Situation at the EU external borders 2006 - a brief overview

Based on the Information provided by the EU Member States, Schengen associated countries, other institutional and open sources Frontex is tasked to collect and ana- lyse the key findings picturing the scale and trends of illegal immigration towards the external borders. In general it can be stated that the EU Member States and Schen- gen associated countries noted a decreasing trend of illegal entries at their external EU / Schengen borders. Contrary to this general decreasing trend, detections and apprehensions have increased at the Spanish external borders and in Greece, main- ly at the Turkish land border, as reported. As in the previous years detection fig- ures at the external Schengen land borders (mainly Austrian and German ex- ternal Schengen land borders) are significantly higher than those at the EU ex- ternal land borders." (...sind die Aufgriffszahlen an den Schengenaußengrenzen (überwiegend Ö und D) bedeutend höher als jene an den EU-Außengrenzen...)

Einer Meldung der Austria Presseagentur vom 1. Oktober 2007 stand unter der Überschrift „EU will Schengengrenzen noch vor Weihnachten öffnen" folgendes zu lesen:

„Lissabon (APA) - Die Europäische Union will die Grenzkontrollen zwischen den alten und den neuen EU-Mitgliedstaaten noch vor Weihnachten abschaffen. Das erklärte Portugals Innenminister Rui Pereira am Montag beim informellen Treffen der EU- Innen- und Justizminister in Lissabon. ,Alle Überprüfungen bestätigen, dass wir noch vor Ende des Jahres in der Lage sein werden, die Grenzen aufzuheben', erklärte Pe- reira. In die Schengenzone sollen Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien und Malta aufgenommen werden.

Österreichs Innenminister Günther Platter unterstützte diese Maßnahme in Lissa- bon. Allerdings müsse in den neuen Staaten dafür eine Garantie für den effektiven Schutz der EU- und Schengengrenzen gegeben sein, worüber im Oktober ein EU- Bericht vorgelegt werden wird, so Platter. Sollte dieser Bericht positiv ausfallen, könnten die Land- und Seegrenzen noch in der Woche vor Weihnachten aufgehoben werden, sagte EU-Justizkommissar Franco Frattini.

Die Folge: die bisherigen Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien würden komp- lett wegfallen. Bisher werden an diesen Grenzen noch Routine-Kontrollen durchge- führt. Bisher sei als Stichtag zwar der Jahreswechsel vorgesehen gewesen. Frattini kündigte allerdings an, dass ein Weihnachtsgeschenk' möglich sei. Den Bürgern in den neuen EU- Staaten solle damit das Gefühl gegeben werden, vollgültige Europäer wie alle anderen zu sein, so Frattini."

Einer weiteren Meldung der Austria Presseagentur vom 4. Oktober 2007 war zu ent- nehmen:

„Schengen-Erweiterung zum 21. Dezember- ,Der Zug ist abgefahren'

Dem Ende der Grenzkontrollen zu den östlichen EU-Nachbarländern und der Schweiz zum 21. Dezember steht offenbar nichts mehr im Weg. Mit diesem Datum ist die portugiesische EU-Präsidentschaft am Mittwoch vorgeprescht, obwohl die offi- zielle Entscheidung erst beim Innenministertreffen am 8. November fällt. ,Der Zug ist mehr oder weniger abgefahren', meinte ein Diplomat am Donnerstag zur APA. Und auch aus österreichischer Sicht dürfte es keine Probleme mehr geben, wie der ÖVP- Abgeordnete Hubert Pirker sagt. ..."

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, das Erforderliche zu veranlassen, um auch nach der Schengen-Erweiterung den Schutz der österreichischen Staats- grenze zu gewährleisten. Der bestehende Assistenzeinsatz des Österreichischen Bundesheeres ist durch entsprechende Kräfte des BMI, durch Schaffung einer eige- nen Grenzschutzorganisation, abzulösen."

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenhei- ten ersucht.