547/A XXIII. GP

Eingebracht am 16.01.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, Amon MBA, Mag. Gertrude Aubauer, Mag. Christine Lapp

und Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen zur Förderung der Legalisierung der Pflege und Betreuung in Privathaushalten erlassen werden (Pflege-Verfassungsgesetz)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen zur Förderung der Legalisierung der Pflege und Betreuung in Privathaushalten erlassen werden (Pflege-Verfassungsgesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Geltungsbereich

§ 1. Dieses Bundesverfassungsgesetz gilt für die Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit, wenn

           1. die zu pflegende oder zu betreuende Person oder ein Angehöriger oder eine Angehörige ArbeitgeberIn oder AuftraggeberIn ist und

           2. die zu pflegende oder zu betreuende Person Anspruch auf Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, oder nach den Landespflegegeldgesetzen bzw. auf eine gleichartige Leistung hat.

Aussetzung von Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 2. (1) Folgende Bestimmungen sind in den in Abs. 3 genannten Zeiträumen nicht anzuwenden:

           1. § 23 des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes, BGBl. Nr. 235/1992;

           2. § 3 Abs. 5 des Hausbetreuungsgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2007;

           3. § 13 des Bundesgesetzes betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung, BGBl. Nr. 390/1976;

           4. § 28 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975;

           5. § 22 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, sofern die Tat durch die zu pflegende oder zu betreuende Person oder ihre Angehörigen begangen wurde;

           6. § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194;

           7. die §§ 111 bis 113 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955;

           8. § 23 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978;

           9. die §§ 33, 34 und 49 bis 51 des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958;

         10. § 217 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.

(2) Wer im Rahmen des Geltungsbereichs dieses Bundesverfassungsgesetzes in den in Abs. 3 genannten Zeiträumen

           1. eine unter die §§ 14 bis 16 und 84 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, fallende Tätigkeit ausgeübt hat oder ausübt, ohne hiezu berechtigt (gewesen) zu sein, oder

           2. eine Person, die hiezu nicht berechtigt ist, zu einer unter die §§ 14 bis 16 und 84 GuKG fallenden Tätigkeit herangezogen hat oder heranzieht,

ist dafür nicht zu bestrafen.

(3) Die in Abs. 1 genannten Rechtsvorschriften sind nicht anzuwenden

           1. auf Verwaltungsübertretungen oder Finanzvergehen, die vor dem 1. Jänner 2008 begangen wurden, und

           2. auf Verwaltungsübertretungen oder Finanzvergehen, die nach dem 31. Dezember 2007, jedoch vor dem 1. Juli 2008 begangen wurden, wenn bis zum Ablauf des 30. Juni 2008 eine Anmeldung zur Sozialversicherung oder eine Anzeige der Umstände, die eine persönliche Abgabenpflicht begründen, an das zuständige Finanzamt (§ 120 BAO) erfolgt sind.

(4) Laufende Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der in Abs. 1 genannten Rechtsvorschriften sind

           1. im Falle des Abs. 3 Z 1 einzustellen;

           2. im Falle des Abs. 3 Z 2 mit dem Einlangen des Nachweises über die Anmeldung zur Sozialversicherung bei der Verwaltungsstrafbehörde einzustellen.

(5) Abs. 4 gilt sinngemäß für Verwaltungsstrafverfahren infolge unberechtigter Ausübung von Tätigkeiten im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder Heranziehung hiezu im Sinne des Abs. 2 Z 2.

Verjährung von Beitrags- und Abgabennachforderungen

§ 3. (1) Abweichend von § 68 Abs. 1 ASVG und § 40 Abs. 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen auf Grund einer vor dem 1. Jänner 2008 ausgeübten Tätigkeit nach § 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2007, wenn

           1. die Anmeldung zur Sozialversicherung bis spätestens 30. Juni 2008 erfolgt oder

           2. die Tätigkeit vor dem 1. Jänner 2008 beendet wurde.

(2) Abweichend von § 68 Abs. 2 ASVG und § 40 Abs. 2 GSVG verjährt das Recht zur Einforderung festgestellter Beitragsschulden auf Grund einer vor dem 1. Jänner 2008 ausgeübten Tätigkeit nach § 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2007.

(3) Im Fall der Verjährung nach den Abs. 1 und 2 entstehen keine Beitragszeiten nach § 225 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG und keine Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung.

(4) Ansprüche auf Geldleistungen aus der Kranken- und Unfallversicherung, die sich aus Versicherungsfällen ableiten, die während einer Tätigkeit nach § 1 eingetreten sind und für die keine Beiträge gezahlt werden, sind ausgeschlossen.

(5) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß für Abgabennachforderungen.

Anmeldung zur Sozialversicherung

§ 4. Abweichend von § 33 Abs. 1 und 1a ASVG sowie § 18 Abs. 1 GSVG ist bei Tätigkeiten nach § 1 die Pflicht zur Anmeldung bis zum Ablauf des 30. Juni 2008 auch dann erfüllt, wenn die Anmeldung unverzüglich nach einer Betretung oder nach Einleitung des Verfahrens zur Feststellung der Versicherungspflicht erfolgt.

Verweisungen

§ 5. Soweit in diesem Bundesverfassungsgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Außer-Kraft-Treten und Vollziehung

§ 6. (1) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit Ablauf des 30. Juni 2008 außer Kraft. Es ist jedoch weiterhin auf Sachverhalte anzuwenden, die sich vor diesem Zeitpunkt ereignet haben.

(2) Mit der Vollziehung des § 2 sind betraut:

           1. der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hinsichtlich der in § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 genannten Rechtsvorschriften;

           2. der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz hinsichtlich der in § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 genannten Rechtsvorschriften;

           3. die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend hinsichtlich des § 2 Abs. 2 und 5;

           4. der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz hinsichtlich der in § 2 Abs. 1 Z 9 genannten Rechtsvorschriften;

           5. der Bundesminister für Finanzen hinsichtlich der in § 2 Abs. 1 Z 10 genannten Rechtsvorschrift.

(3) Mit der Vollziehung des § 3 sind betraut:

           1. der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung ;

           2. der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz hinsichtlich des § 3 Abs. 1 bis 3;

           3. die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend hinsichtlich des § 3 Abs. 4;

           4. der Bundesminister für Finanzen hinsichtlich des § 3 Abs. 5.

(4) Mit der Vollziehung des § 4 ist der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betraut.

Begründung

Im Hinblick auf die ohnehin schwierige Situation von pflege- und betreuungsbedürftigen Personen und ihrer Angehörigen und um für die betroffenen Familien Sicherheit bei der Legalisierung von Betreuungsverhältnissen im Rahmen der Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten zu schaffen, sieht das Pflege- und Betreuungs-Übergangsverfassungsgesetz vor, dass zu pflegende bzw. zu betreuende Personen und deren Angehörige als Arbeitgeber/innen sowie selbständige Betreuungskräfte vor sozialversicherungsrechtlichen Beitragsnachforderungen sowie vor verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung geschützt werden.

Vor allem um den betroffenen Personen die Angst vor drohenden Nachzahlungen und Strafen zu nehmen und um eine noch tiefer gehende Information und Beratung über die Inanspruchnahme des neu geschaffenen Förderungsregimes (auf Bundesebene: § 21b des Bundespflegegeldgesetzes und die auf seiner Basis erstellten Richtlinien zur Unterstützung der 24‑Stunden‑Betreuung) sowie eine ausreichende Information über die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten bei selbständiger bzw. unselbständiger Betreuungstätigkeit zu ermöglichen, ohne sofort die verwaltungsstrafrechtlichen und beitragsrechtlichen Konsequenzen bei Verabsäumung dieser Pflichten gewärtigen zu müssen, soll eine rechtliche Übergangsphase geschaffen werden, in der die erwähnten Verwaltungsstrafbestimmungen noch nicht zur Anwendung kommen; dies jedoch nur unter der Bedingung, dass die Anmeldung zur Sozialversicherung bis Ende Juni 2008 erfolgt.

Diese Neuregelung bietet somit einen Anreiz für die betroffenen Personen, die Meldung zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung vorzunehmen.

Zu § 1:

Der Geltungsbereich umfasst die Pflege und Betreuung von Pflegegeldbeziehern/innen in Privathaushalten sowohl im Rahmen einer unselbständigen als auch einer selbständigen Beschäftigung.

Zu § 2:

Abs. 1 listet die Verwaltungsstrafbestimmungen auf, die vorübergehend nicht zur Anwendung kommen.

Finanzstrafbestimmungen sowie die Verhängung eines Säumniszuschlages sollen vorübergehend (analog zu den Bestimmungen der Sozialversicherung) ebenfalls nicht zur Anwendung kommen.

Abs. 2 nimmt darauf Bedacht, dass Tätigkeiten, die von Angehörigen der im GuKG geregelten Berufe ausgeübt werden dürfen, in unterschiedlichem Ausmaß auch von Berufs- und Tätigkeitsbildern anderer gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe erfasst sind. Darüber hinaus ist auch die Beitragstäterschaft im GuKG erfasst. Aus diesem Grund wird durch Zitierung der §§ 14 bis 16 und 84 GuKG an die zu erfassenden Tätigkeiten angeknüpft, ohne wie im Abs. 1 einzelne Rechtsvorschriften zu zitieren.

Abs. 3 differenziert hinsichtlich des Anwendungszeitraumes. Für Tatbestände, die vor dem 31. Dezember 2007 eingetreten sind, erfolgt die Sistierung ohne Einschränkung.

Für Übertretungen im 1. Halbjahr 2008 erfolgt die Sistierung nur dann, wenn bis zum 30. Juni 2008 eine Anmeldung zur Sozialversicherung (ASVG oder GSVG) erfolgt ist.

Zu § 3:

Durch § 3 soll eine Klärung bezüglich der vor dem 1. Jänner 2008 entstandenen und nicht erfüllten Beitragspflichten getroffen werden. Es soll geregelt werden, dass Beiträge, die bereits bis zum Ablauf des Jahres 2007 zu entrichten gewesen wären, als verjährt gelten, wenn die Anmeldung zur Sozialversicherung (bei noch nicht beendeten Pflege- und Betreuungstätigkeiten) bis Ende Juni 2008 erfolgt. Damit ist sichergestellt, dass die Krankenversicherungsträger keine Beitragsnachforderungen geltend machen können, wenn bis Ende Juni 2008 angemeldet wird.

Ebenso sollen bereits festgestellte, jedoch noch nicht eingehobene Beiträge für Zeiträume bis Ende 2007 nicht mehr eingetrieben werden können.

Auch für Abgabennachforderungen soll die Übergangsregelung analog zu den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen im Falle von Einkünften aus Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten gelten.

Zu § 4:

In dieser Bestimmung wird normiert, dass die Unterlassung einer Anmeldung zur Sozialversicherung auch dann nicht sanktioniert wird, wenn die Anmeldung unverzüglich nach einer entsprechenden Überprüfung durch die Sozialversicherungsträger oder durch die Finanzverwaltung vorgenommen wird.

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales