557/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 16.01.2008
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend mangelnde Bedachtnahme auf Gesundheitsschutz und strukturelle Benachteiligung der ArbeitnehmerInnen im Arbeitszeitgesetz.

 

 

Begründung

 

Die im Juli 2007 im Nationalrat beschlossene Novelle des Arbeitszeitgesetzes („Flexibilisierung der Arbeitszeit“) stellt eine wesentliche Schwächung der Schutzfunktion des Arbeitsrechtes für ArbeitnehmerInnen dar.

 

Das neue Gesetz und die dadurch geschaffenen erweiterten Möglichkeiten zur Arbeitszeitausweitung gehen von einer  Ausgewogenheit  der ArbeitgeberInnen (AG) und ArbeitnehmerInnen (AN) aus, die es in der Realität nicht gibt. Diese ist durch ein Machtgefälle (strukturelle Benachteiligung)  zwischen  AG  und  AN gekennzeichnet, was dazu führt, dass sich in der Mehrheit der Arbeitsverhältnisse die Arbeitszeitflexibilisierung beinahe ausschließlich  an den Bedürfnissen  der  AG orientiert und den AN keine größere Gestaltungsfreiheit  nach  individuellen, persönlichen und familiären Bedürfnissen eröffnet.

 

Das neue Gesetz schafft zudem eine problematische Generalklausel (§1a), die die Möglichkeit  eröffnet,  künftig  Fragen zur Arbeitszeit auf Ebene der Betriebsvereinbarung zu  regeln  und  in  betriebsratslosen Betrieben auch auf der Ebene des Arbeitsvertrages (§ 4 Abs 8 und § 7 Abs. 4a). Dies ist besonders problematisch, da insbesondere in Kleinbetrieben und  noch mehr in solchen ohne Betriebsrat AN noch stärker dem Druck und der Willkür ihrer AG ausgesetzt sind. Zudem  kommt es zu einer schrittweißen Aushöhlung kollektiver Arbeitsbeziehungen und gewerkschaftlicher Interessensvertretung.

 

Zu weiteren wesentlichen Kritikpunkten und Schwachstellen im Gesetz zählen, dass Schutzklauseln wie etwa die „medizinische Unbedenklichkeit“ oder das „Benachteiligungsverbot“  sehr  ungenau definiert sind und daher drohen,  wirkungslos zu bleiben. Das Gesetz enthält keine Angabe unter welchen Vorgaben diese arbeitsmedizinische Unbedenklichkeit festgestellt werden soll. Es fehlen sowohl Bestimmungen zu den anzuwendenden Methoden als auch hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit (Dokumentation) für die Feststellung der Unbedenklichkeit.

 

Dies ist insbesondere bedenklich und nachlässig, weil bereits heute die arbeitsmedizinische  und  arbeitswissenschaftliche  Studien nachweisen,  dass durch die Arbeitsdauer Belastungen entstehen, welche die körperlichen und psychische Gesundheit der AN wesentlich gefährden können. Die Ärztekammer lehnt daher die Ausdehnung der Arbeitszeit aus arbeitsmedizinischen Gründen ab (OTS vom 13.6.2007) und verweist auf bereits vorliegende Studien. Das Unfallrisiko steigt demnach mit längeren Arbeitsschichten exponentiell an und das gleiche gilt für Krankheitshäufigkeiten (Hönecke et al 1998, Universität Oldenburg).  Vor allem Zeit- und Leistungsdruck sind verantwortlich für die ständig wachsende Zahl von Burn-Out Syndromen, so auch der Vorsitzende des Beirats der österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin Hugo Rüdiger.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für  Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 1.7.2008  einen Gesetzesantrag betreffend die Novellierung des Arbeitszeitgesetzes zur Beschlussfassung vorzulegen, der folgende Änderungen enthält:

 

·        Die  Entfernung  von  Kleinbetrieben  (bis 20 Beschäftigte) aus der Generalklausel § 1a.

 

·        Die Streichung des § 4 Abs. 8 und § 7 Abs. 4a, keine Ausdehnung der Normalarbeitszeit auf der Ebene der Einzelvereinbarung.

 

·        Das Benachteiligungsverbot § 7 Abs. 6a ist um einen ausdrücklichen Motivkündigungsschutz zu ergänzen.

 

 

Weiters wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit aufgefordert,

 

·        einheitliche und transparente Untersuchungsrichtlinien für die Feststellung der arbeitsmedizinischen Unbedenklichkeit zu erlassen, die auch den Aspekt der psychischen Belastungen und Erkrankungen umfassen und darauf zu achten, dass Grenzwerte bei längeren Arbeitszeiten nicht einfach ausgedehnt werden.

 

·        eine begleitende Evaluierung hinsichtlich der Auswirkungen auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, der Work-Life Balance und der Ausbezahlung der Überstundenzuschläge vorzunehmen.  Der Bundesminister möge dem Nationalrat  bis zum  ehest  möglichen Zeitpunkt einen detaillierten Kriterienkatalog für die Evaluierung und anschließend einen jährlichen Evaluierungsbericht vorlegen.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.