603/A XXIII. GP
Eingebracht am 03.03.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Antrag
der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Mag. Darmann
Kollegin und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 29/2005, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 34 wird folgender § 34a angefügt:
„§ 34a. (1) Zur Konstituierung wird der Untersuchungsausschuss vom
Präsidenten des Nationalrates einberufen.
(2) Der Präsident des Nationalrates bestellt im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Untersuchungsausschusses durch Los einen Vorsitzenden sowie zweiStellvertreter aus einer von der Präsidialkonferenz ständig und einvernehmlich geführten Liste, in welche mindestens 20 im Ruhestand befindlichen Berufsrichter einzutragen sind.
(3) Zu seinen Sitzungen wird der Untersuchungsausschuss durch den Vorsitzenden im Wege der Parlamentsdirektion einberufen. Der Vorsitzende hat den Untersuchungsausschuss zu seiner ersten Arbeitssitzung so einzuberufen, dass diese binnen 14 Tagen ab Annahme der Bestellung durch den Vorsitzenden stattfindet.
(4) Die weiteren Sitzungstermine und Zeiten werden einvernehmlich von den im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen festgelegt.
(5) Der Vorsitzende eröffnet und schließt die Sitzungen unter Einhaltung der gem. § 34a Abs.4 festgelegten Sitzungstermine und Zeiten.
(6) Der Vorsitzende handhabt die Geschäftsordnung des Nationalrates sowie die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse.
(7) Im Sinne der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung kann der Vorsitzende die Sitzung unterbrechen. Er hat die Sitzung umgehend nach Wegfall des Grundes für die Unterbrechung wieder aufzunehmen.
(8) Der Vorsitzende hat kein Stimmrecht.“
Begründung
Die Praxis der Durchführung der Untersuchungsausschüsse hat gezeigt, dass hier seitens der Vorsitzführung die im Sinne einer umfassenden Ermittlung und Aufarbeitung des Untersuchungsgegenstandes erforderliche Objektivität immer wieder zugunsten parteipolitisch motivierter Agitation in den Hintergrund gerückt wurde. Damit wird das in der Verfassung festgeschriebene Kontrollrecht unterminiert, und gleichzeitig das Vertrauen der Bevölkerung in die parlamentarischen Kontrollinstrumente erschüttert.
Mit dem gegenständlichen Antrag soll daher durch die Bestellung von pensionierten Berufsrichtern zu Vorsitzenden von Untersuchungsausschüssen die notwendige Objektivität und Unabhängigkeit durch die entsprechende Äquidistanz der Vorsitzführung zu allen im Nationalrat vertretenen Fraktionen künftig gewährleistet werden.
Darüber hinaus würde damit das Ausschussverfahren aufgewertet, und ein Verfahren im Sinne des „fair trial" eines solchen Untersuchungsausschusses gewährleistet.
Die verfassungsrechtliche Grundlage für den Untersuchungsausschuss ist Artikel 53 B-VG. Dieser, wie alle Interpellations- und Kontrollrechte, zielt auf die Verwaltung ab. Die im Artikel 53 B-VG festgelegten Vorlage- und Auskunftspflichten gelten daher für die Gerichte, die Behörden und die Ämter. Eine Kontrolle der Bürger ist nicht vorgesehen, denn ein Untersuchungsausschuss ist kein Ersatz für ein Gericht.
Nach Einschätzung einiger Juristen ist in der Verfahrensordnung für die Betroffenen ein effektiver Rechtsbeistand nicht gewährleistet.
So sind unter anderem ihre sonstigen verfassungsgesetzlich garantierten Rechte - etwa der Datenschutz über Familien- und Privatsphäre - nicht in den Entschlagungsgründen aufgelistet, und Entscheidungen in Verfahrensfragen werden nicht von dafür ausgebildeten Richtern getroffen sondern vom Vorsitzenden oder mittels politischer Mehrheit, auch gegen die Rechtsmeinung des Verfahrensanwaltes. Der Schutz der Rechte der Bürger ist daher nicht gewährleistet.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass Abgeordnete zum Nationalrat aus rein parteipolitisch motivierten Gründen Anträge auf Verhängung einer Beugestrafe an das zuständige Gericht stellen, ohne dass der Betroffene eine Möglichkeit zur Verteidigung hat. Das grenzt an einen Akt politischer Willkür. Bisher wurde vom zuständigen Gericht auch noch keinem Antrag auf Verhängung einer Beugestrafe Folge geleistet.
Aus diesem Grund sollte mit diesem Antrag das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates dahingehend geändert werden, dass nach dem Vorbild der Stadt Wien ein unabhängiger Richter als Vorsitzender eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses eingesetzt werden muss, und zwar um jegliche politische Einflussnahme zu verhindern und damit die Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen zu wahren!
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich sowohl die Nationalratspräsidenten Prammer und Spindelegger sowie Vizekanzler Molterer unter dem Eindruck der Vorkommnisse im Rahmen des Eurofighter- sowie des Banken-Untersuchungsausschusses für einen unabhängigen Vorsitzenden von Untersuchungsausschüssen ausgesprochen und damit diesen Vorschlag des BZÖ unterstützt haben, ist von einer breiten Zustimmung zu diesem Antrag auszugehen.
In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Zuweisung dieses Antrages an den Geschäftsordnungsausschuss sowie die Durchführung einer Ersten Lesung innerhalb von drei Monaten.