852/A XXIII. GP

Eingebracht am 08.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANTRAG

der Abgeordneten Scheibner, Ing. Westenthaler

Kollegin und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Geschäftsordnungsgesetz 1975, BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch das Bundes-gesetz BGBl. I Nr. 29/2005, wird wie folgt geändert:

1.  § 34 Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:

„Er hat die Sitzung insbesondere dann für angemessene Zeit zu unterbrechen, soweit dies erforderlich ist, um allen Abgeordneten Gelegenheit zur Prüfung von Abänderungs- und Zusatzanträgen, die nicht mindestens 24 Stunden vor Beginn der Ausschusssitzung allen Fraktionen übermittelt wurden, und zur Vorbereitung der Abstimmung zu geben."

2.  § 65 Absatz 1 2. Satz lautet:

„Liegen jedoch umfangreiche oder kurzfristig eingebrachte Anträge gemäß § 53 Abs. 3 oder Verlagen bzw. Beschlüsse gemäß § 65 Abs. 5 oder § 66 Abs. 3 oder 4 vor, so hat der Präsident, soweit dies erforderlich ist, um allen Abgeordneten Gelegenheit zur Prüfung von Abänderungs- und Zusatzanträgen und zur Vorbereitung der Abstimmung zu geben, entweder die Sitzung zu unterbrechen oder - wenn eine kurze Unterbrechung der Sitzung nicht aus-reicht - die Abstimmungen auf einen späteren Zeitpunkt (längstens bis an den Schluss der Sitzung) zu verlegen und einstweilen in der Erledigung der Tagesordnung fortzufahren."

 

 

 

 

Begründung:

 

Richtige und dem wahren Willen der Volksvertreter entsprechende Abstimmungen setzen die rechtzeitige Verfügbarkeit aller Anträge und eine ausreichende Zeitspanne für ihre inhaltliche Beurteilung, die Entscheidung über das Abstimmungsverhalten und die Vorbereitung der Ab-stimmung voraus. Dem wird das Geschäftsordnungsgesetz 1975, aber noch mehr die parla-mentarische Praxis derzeit kaum gerecht.

Vielfach werden - gerade bei einerseits wichtigen und andererseits großen Gesetzesvorlagen -seitens der Regierungsfraktionen im Ausschuss umfangreiche Abänderungsanträge einge-bracht. Die Vereinbarung, Anträge spätestens 24 Stunden vor dem Ausschuss zu übergeben, wird dabei nicht immer eingehalten. Auch im Plenum gibt es vereinzelt umfangreiche oder erst gegen Schluss der Debatte eingebrachte Abänderungs- und Zusatzanträge, umfangreiche Entschließungsanträge oder auch Anträge auf getrennte Abstimmung. Hier wird die Vereinba-rung, diese den anderen Fraktionen noch vor oder spätestens zeitgleich mit Einbringung zur Verfügung zu stellen de facto nicht mehr eingehalten. Die Ausfolgung durch das Präsidium wird von ihrer vorherigen Einbringung abhängig gemacht. Der Debattenverlauf verhindert teilweise die rechtzeitige Übergabe eines Abstimmungscroquis.

Weder die Präsidentinnen und Präsidenten noch die Ausschussobmänner und Ausschussob-frauen machen derzeit verlässlich von ihren geschäftsordnungsmäßigen Möglichkeiten Gebrauch, in solchen Fällen etwa durch eine Unterbrechung der Sitzung oder durch eine Ver-legung der Abstimmung den Abgeordneten eine Vorbereitung der Abstimmung zu ermögli-chen.

Der vorliegende Antrag verfolgt daher das Ziel, sowohl im Ausschuss als auch im Plenum durch eine angemessene Mindestzeit zur Beurteilung von Anträgen und zur Vorbereitung von Abstimmungsvorgängen nach Übergabe der entsprechenden Unterlagen sicherzustellen, dass Abstimmungen der wahren Meinung der Abgeordneten entsprechen und nicht durch Zeitnot bedingt Fehlentscheidungen erfolgen.

Konkret wird daher vorgeschlagen:

§             die Ausschussobfrau bzw. den Ausschussobmann bei Einbringung von Abänderungs-und Zusatzanträgen, die nicht zumindest 24 Stunden vor dem Beginn der Ausschusssit-zung allen Fraktionen übergeben wurden, aber auch für die Vorbereitung von Abstim-mungen zu einer angemessenen Unterbrechung der Sitzung und

 

 

§             die Präsidentinnen bzw. den Präsidenten bei Vorliegen umfangreicher Anträge oder zur Vorbereitung der Abstimmungen zu einer Sitzungsunterbrechung (die allerdings nur kurz sein soll) oder zu einer Verlegung der Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt zu verpflichten.

Anzumerken ist, dass mit dem vorliegenden Antrag im Gegensatz zur jetzigen Praxis nicht nur die notwendige Zeit zur technischen Vorbereitung der Abstimmung seitens der Parla-mentsdirektion  gewährleistet sein soll sondern auch die notwendige Zeit für die Abgeordne-ten, Anträge zu prüfen, mit den vorhandenen Vorlagen zu vergleichen, in Abstimmung mit

anderen Abgeordneten des eigenen und anderer Klubs Entscheidungen über das Abstim-mungsverhalten zu treffen und letztlich die konkrete Abstimmung mithilfe eines Abstim-mungscroquis der Parlamentsdirektion entsprechend vorzubereiten.

In formeller Hinsicht wird die Abhaltung einer ersten Lesung binnen dreier Monate verlangt und die Zuweisung an den Geschäftsordnungsausschuss vorgeschlagen.