870/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 10.07.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Zwerschitz, Dr. Moser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Maßnahmen gegen Motorrad-Lärm

 

 

Immer mehr BürgerInnen beschweren sich über die Belastung durch Lärm, was auch in Studien und Statistiken sichtbar wird. Insbesondere gilt dies für Verkehrslärm. Es gibt dabei im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang besonders störende und letztlich gesundheitsgefährdende Lärmbelastungsmuster. Dies ist etwa bei Fluglärm der Fall, wenn dieser genau dann über dicht besiedeltem Gebiet zunimmt, wenn Schönwetterlagen herrschen, die die Menschen gerne unter freiem Himmel verbringen würden, was dann verlässlich durch Fluglärmbelastung beeinträchtigt oder verhindert wird – wie im Fall des Flughafens Wien-Schwechat und der westlichen und südlichen Teile Wiens.

 

Ebenso ist dies auch bei Motorradlärm der Fall: Menschen, die in den betroffenen Regionen leben, werden angesichts des Motorrad-Booms der letzten Jahre zunehmend von Motorrädern gestört. Das Fahren mit dem Motorrad erfreut sich zunehmender Beliebtheit und wird von immer mehr Menschen in der Freizeit – also in Konflikt mit dem Ruhebedürfnis der ortsansässigen Bevölkerung entlang der „Motorradrouten“ – betrieben. Die Bevölkerung in solchen oftmals wirtschaftlich benachteiligten Regionen wohnt oft gerade aus Ruhebedürfnis nicht in den Städten und hat viele lagebedingte Nachteile gegenüber der Stadtbevölkerung zu tragen – die wenigen Vorteile wie eben eine gute Wohnqualität werden entlang einiger Strecken durch den Motorradlärm vollkommen zerstört. Dass dieses „Hobby“ gerne in großen Gruppen betrieben wird und dass einige Strecken von einer nicht zu vernaschlässigenden Teil der MotorradlenkerInnen auch als Rennstrecken benutzt werden, bis hin zu im Internet dokumentierten Geschwindigkeitsrekord-Fahrten, verschärft die Problematik zusätzlich.

 

Vom auf Bundesebene für Lärmschutz federführend zuständigen Bundesminister für Land- und Fortstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wurde - wie ähnlich bereits zuvor vom Verkehrsminister - kürzlich in einer Anfragebeantwortung (3773/AB XXIII.GP) argumentiert, dass „im Wesentlichen nur eine Kombination aus zielgerichteten bewusstseinsbildenden Maßnahmen, wie z.B. zur Einhaltung von Geschwindigkeitslimits oder zu einer ökonomischen Fahrweise und begleitenden Schwerpunktkontrollen der Geschwindigkeit sowie des technischen Zustandes der Motorräder dazu beitragen, die Situation für die Lärmbetroffenen zu verbessern.“ Unstrittig sind in diesen Bereichen Spielräume für Verbesserungen gegeben.

 

Bei dieser innerhalb der Regierung offenbar abgestimmten Sichtweise bleiben jedoch die unzweifelhaft bestehenden Optimierungsmöglichkeiten auf gesetzlicher und Vollzugsebene außer acht. Auch diese müssen aber im Interesse der lärmgeplagten AnrainerInnen an den Motorradstrecken von der Regierung ernsthaft geprüft werden.

 

Im Zuge der erwähnten Anfragebeantwortung wurde unter anderem bestätigt, dass es in Österreich rechtlich zulässig (und auch in der Praxis üblich) ist, dass bei werksseitig weniger laut als maximal zulässig ausgelieferten Motorrädern durch Austausch des Endschalldämpfers das Betriebsgeräusch bis zum maximal zulässigen Lärmemissionsgrenzwert angehoben werden darf. Auch wurde angegeben, dass es bereits Überlegungen zur Änderung dieser zumindest mit der Intention kraftfahrrechtlicher Vorgaben im Widerspruch stehende Praxis gäbe.

 

Damit ist an einem konkreten Beispiel belegt, dass auch rechtlicher Handlungsbedarf besteht.

 

Aus Sicht der Grünen sollte diese Erkenntnis dahingehend genutzt werden, dass im Rahmen eines „Anrainer-Verträglichkeits-Checks“ gleich sämtliche relevanten motorradbezogenen Lärmbestimmungen auf gesetzlicher und Verordnungsebene sowie der Vollzugspraxis zu diesen Bestimmungen unter die Lupe genommen und gegebenenfalls adaptiert werden.

 

Ansatzpunkte könnten hier – neben der umfassenden Nutzung von §43 Abs 2 StVO für Tempolimits und der konsequenten laufenden Kontrolle - beispielsweise sein:

 

* Bestehende Regelung in § 60 Abs 1 StVO: "Zustand und Beleuchtung der Fahrzeuge. (1) Ein Fahrzeug darf auf Straßen nur verwendet werden, wenn es so gebaut und ausgerüstet ist, daß durch seinen sachgemäßen Betrieb Personen nicht gefährdet oder durch Geruch, Geräusch, Staub, Schmutz u. dgl. nicht über das gewöhnliche Maß hinaus belästigt oder Sachen, insbesondere die Fahrbahn, nicht beschädigt werden." - bei der Interpretation des "gewöhnliche Maßes" der Geräuschbelästigung und beim Vollzug dieser Vorgabe könnte Spielraum im Interesse lärmgepeinigter AnrainerInnen bestehen.

 

* Analoge Regelung zu §69 Abs 2 lit c – explizite Maßnahmen gegen Extra-Lärmen, wie hier für Mopeds im Ortsgebiet bereits normiert und daher rechtlich offensichtlich möglich

 

* §102 Abs 4 KFG: "Der Lenker darf mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug (...) nicht ungebührlichen Lärm, ferner nicht mehr (...) schädliche Luftverunreinigungen verursachen, als bei (...) sachgemäßem Betrieb des Fahrzeugs unvermeidbar ist." – auch beim Vollzug und möglicherweise der Formulierung dieser Bestimmung könnte Spielraum im Interesse lärmgepeinigter AnrainerInnen bestehen. Ob zB mutwilliges Ausdrehen der Gänge nicht regelmäßig als "nicht sachgemäßer Betrieb" des Fahrzeugs (bzw. Ursache vermeidbarer Luftverunreinigung und ungebührlichen Lärms) qualifiziert werden könnte, ist die Frage. So ist nach diesem Paragraphen schon jetzt zB das Warmlaufenlassen vor dem Losfahren verboten; wenn aber dies per Gesetz „nicht sachgemäß“ bzw. eine vermeidbare Luftverunreinigung ist, dann müsste dies für mutwillig produzierten Lärm, der auch mit Verbrauchs- und damit Schadstoffspitzen verbunden ist, mindestens ebenso gelten.

 

* §4 Abs 2 KFG bezieht sich schließlich ebenfalls auf die Lärmfrage ("Kraftfahrzeuge (...) müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß durch ihren sachgemäßen Betrieb weder (...) noch  übermäßig Lärm, (...) entstehen.") – hier müsste hinterfragt werden, ob die hinter dieser Regelungen stehenden EU-Lärmemissionsgrenzwerte noch zeitgemäß sind oder gesenkt werden könnten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, gegen die unzumutbare Belastung der AnrainerInnen von Motorrad-Strecken durch Motorrad-Lärm vorzugehen. Dazu sind insbesondere folgende Schritte nötig:

1.      Prüfung gesetzlicher Verbesserungen im Bereich der StVO (Straßenverkehrordnung 1960) und des KFG (Kraftfahrgesetz) inkl. der zugehörigen Verordnungen (insbes. KDV – Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung). Dabei soll unter anderem jedenfalls eine §69 Abs 2 lit c StVO entsprechende Bestimmung für offensichtlich mutwilliges Lärmen mit Motorrädern eingefügt werden.

2.      Schaffung entsprechend unmissverständlicher Grundlagen (Erlässe etc.) für einen konsequent anrainerInnenfreundlichen Vollzug bereits bestehender Bestimmungen in StVO, KFG, KDV usw, die zur Reduktion der Motorrad-Lärmbelastung gedacht und geeignet sind (zB § 60 Abs 1 StVO, §102 Abs 4 KFG und zugehörige Durchführungsbestimmungen) – unter anderem mit dem Ziel, zu einer klaren, restriktiven Definition des "gewöhnlichen Maßes" in § 60 Abs 1 StVO sowie des „ungebührlichen Lärms“ und „sachgemäßen Betriebs“ in §102 Abs 4 KFG zu gelangen

3.      Vorstoß auf EU-Ebene mit dem Ziel, eine Absenkung der Grenzwerte für die zulässigen Lärmemissionen von Motorrädern zu erreichen

4.      Änderung der Bestimmung, auf deren Grundlage bei werksseitig weniger laut als maximal zulässig ausgelieferten Motorrädern durch Austausch des Endschalldämpfers das Betriebsgeräusch bis zum maximal zulässigen Lärmemissionsgrenzwert angehoben werden darf

 

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Umsetzung dieser insbesondere für AnrainerInnen von Motorradstrecken wichtigen Schritte zur Entlastung von Motorradlärm umgehend einzuleiten und zu den nötigen gesetzlichen Änderungen dem Nationalrat für die Umsetzung dieser Schritte raschestmöglich, spätestens jedoch bis 31.12.2008, Vorschläge zuzuleiten.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuss vorgeschlagen.