1313/AB XXIII. GP

Eingelangt am 06.09.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Aspöck, Kolleginnen und Kollegen haben am 6. Juli 2007 unter der Nr. 1311/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend politische Auslieferungscausa Kasachstan gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Ø  Ist es zutreffend, dass Sie der Präsident der Republik Kasachstan am 1. Juni 2007 telefonisch kontaktiert hat?

Nein, diese Feststellung ist nicht zutreffend. Es hat mich jedoch der Premierminister Kasachstans, Karim Massimov am 30.5. telefonisch kontaktiert. Er hat in jenem Tele- fonat die Sicht der kasachischen Regierung bezüglich Herrn Rakhat Aliev in groben Zügen skizziert und um Zusammenarbeit der Justiz- und Polizeibehörden Kasachs- tans und Österreichs und der Interpol ersucht.

Ich habe Premierminister Massimov mitgeteilt, dass die kompetenten österreichi- schen Behörden mit den kompetenten kasachischen Behörden und Interpol zusam- menarbeiten und die unabhängige Justiz ihre Aufgaben in dieser Causa wahrnimmt. Ich stimmte dem kasachischen Premier zu, dass die Ermittlungen keinen negativen


Einfluss auf die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Kasachstan ha- ben.

Zu den Fragen 2 bis 7:

Ø      Ist es zutreffend, dass Sie der Präsident der Republik Kasachstan in jenem Tele- fonat auf das österreichische Auslieferungsverfahren betreffend Rakhat Aliev an- gesprochen hat?

Ø      Ist es zutreffend, dass Präsident Nasarbajew bei Ihnen auf die Festnahme Alievs gedrungen hat?

Ø      Weshalb rief Sie Präsident Nasarbajew an ?

Ø      Was genau hat er in jenem Telefonat gesagt?

Ø      Was genau haben Sie in jenem Telefonat geantwortet?

Ø      Wären Sie bereit, Ihr Einverständnis für die Abspielung und Bekanntmachung ei- ner Aufnahme jenes Telefonats zu geben?

Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 1.

Zu Frage 8:

Ø Handelt es sich bei einem Auslieferungsverfahren um eine Justizangelegenheit?

Ja.

Zu Frage 9:

Ø Geht aus einer der die Aufgabenverteilung in der Bundesregierung regelnden Be- stimmungen des Bundesministeriengesetzes eine Kompetenz des Bundeskanz- lers in Justizangelegenheiten hervor?

Nein.

Zu Frage 10:

Ø Warum reden Sie mit ausländischen Staatsoberhäuptern über Justizangelegen- heiten?

Ich habe als Regierungschef die Aufgabe, die Bundesregierung zu vertreten, was es mit sich bringt, dass darunter auch Gespräche über Angelegenheiten fallen, die nach dem BMG nicht in die unmittelbare Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes fallen. Ich halte nochmals fest, dass ich in dem genannten Telefonat darauf hingewiesen habe, dass es sich um eine Angelegenheit der unabhängigen Justiz handelt.

 


Zu Frage 11:

Ø Wurde von Seiten der Republik Kasachstan in diesem Auslieferungsverfahren Druck auf die Republik Österreich ausgeübt?

Nein.

 

 

Zu Frage 12:

Ø Bleibt das Auslieferungsverfahren der unabhängigen österreichischen Justiz vor- behalten oder haben Sie auf dessen Ablauf Einfluss genommen oder Informati- onen von der Justiz über jenes Auslieferungsverfahren eingeholt?

Auslieferungsverfahren werden von der unabhängigen Justiz durchgeführt. Ich habe weder auf das Verfahren Einfluss genommen noch Informationen über das Verfahren angefordert.

Zu Frage 13:

Ø Werden Sie auf dieses Auslieferungsverfahren Einfluss nehmen?

Nein.

Zu Frage 14:

Ø Ist Ihnen ein Fall bekannt, in dem die Republik Kasachstan jemals eine Ausliefe- rung nach Österreich vorgenommen hat?

Nein.

Zu Frage 15:

Ø Existiert nach Ihrem Wissensstand überhaupt ein Auslieferungsabkommen zwi- schen der Republik Kasachstan und der Republik Österreich, auf das sich ein Auslieferungsersuchen gründen könnte?

Nein.

Zu Frage 16:

Ø Werden Sie dem Präsidenten der Republik Kasachstan gegenüber klarstellen, dass die österreichische Justiz nur auf Grund der Gesetze und nicht nach politi- schen Gesichtspunkten entscheiden darf und dass es in Österreich dem Bundes- kanzler nicht zukommt, Einfluss auf die hier unabhängige Justiz zu nehmen?

 


Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 1.

Zu Frage 17:

Ø Ist das Justizsystem der Republik Kasachstan nach Ihrem Wissensstand unab- hängig?

Kasachstan ist jedenfalls dabei, eine unabhängige Justiz aufzubauen. Zusätzlich wer- den jedoch von den österreichischen Gerichten bei jedem Auslieferungsverfahren In- formationen auf Grund der Staatendokumentation über das jeweilige Land eingeholt.

Zu Frage 18:

Ø Hat die Republik Kasachstan das UN-Anti-Folter-Übereinkommen unterzeichnet?

Wie in BGBl. III Nr. 202/2005 kundgemacht, hat nach Mitteilung des Generalsekre- tärs der Vereinten Nationen Kasachstan seine Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunde zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder er- niedrigende Behandlung oder Strafe am 26. August 1998 hinterlegt.

Zu Frage 19:

Ø Können Sie mit Gewissheit sagen, dass hinreichende Gewähr besteht, dass in Kasachstan Folter und unmenschliche Strafen de iure und de facto ausgeschlos- sen sind?

Diese Frage ist in jedem Einzelfall von den zuständigen Gerichten zu klären.

Zu Frage 20:

ØHalten Sie es für richtig, dass Österreich durch den Vorwand eines Auslieferungs- ersuchens in einen offenkundigen Politstreit und Privatkampf zwischen kasachi- schen Politikern und (Ex-)Verwandten (nämlich zwischen Präsident Nazarbayev und seinem Ex-Schwiegersohn Ex-Vizeaußenminister Aliev) hineingezogen wird?

Die österreichische Justiz ist auf Grund der Sachlage angehalten, sich mit dem Aus- lieferungsverfahren auseinanderzusetzen. Eine politische Beurteilung der Hintergrün- de der Angelegenheit würde meiner Ansicht nach eine unzulässige Einmischung in die Arbeit der Justiz darstellen.

 


Zu Frage 21:

Ø Werden Sie dies auch dem Präsidenten der Republik Kasachstan gegenüber klar- stellen?

Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 1.

Zu Frage 22:

Ø Können Sie nach Ihrem Wissensstand beziffern oder einschätzen, welcher Perso- nalaufwand und welche Kosten der Republik Österreich durch das erwähnte Aus- lieferungsersuchen der Republik Kasachstan bisher entstanden sind?

 

Das Auslieferungsbegehren wurde von der Staatsanwaltschaft, dem zuständigen Ge- richt und dem Bundesministerium für Justiz im Rahmen ihrer zugewiesenen Tätigkei- ten bearbeitet.