3655/AB XXIII. GP

Eingelangt am 29.04.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0031-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3663/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Hermann Krist und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Einstellung eines Strafverfahrens nach dem Verbotsgesetz durch die Staatsanwaltschaft Linz“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Bei der strafrechtlichen Prüfung des dieser Anfrage zu Grunde liegenden Sachverhaltes waren von der Staatsanwaltschaft Linz zwei verschiedene Verhaltensweisen voneinander zu unterscheiden: Zum Einen der sogenannte „Hitlergruß“ zum Zeitpunkt der Fotoaufnahme in Deutschland, zum Anderen die mehr als ein Jahr später erfolgte Veröffentlichung des inkriminierten Lichtbildes im Internet.

Zum ersten Aspekt des Sachverhalts ist auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hinzuweisen, wonach § 3g Verbotsgesetz jedes nicht unter die §§ 3a bis 3f Verbotsgesetz fallende Verhalten erfasst, soweit diesem die Eignung zukommt, irgendwelche Zielsetzungen des Nationalsozialismus im Inland oder zumindest mit Auswirkung auf die Republik Österreich zu propagieren und solcherart zu aktualisieren (vgl. 15 Os 155/93). Der Tat muss also auch ein propagandistischer Effekt innewohnen, der nach den Vorstellungen des Täters seine Wirkung auch auf österreichischem Staatsgebiet entfaltet (vgl. SSt 57/40). Fehlt dieser Inlandsbezug ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Strafbarkeit nach dem Verbotsgesetz im Inland ausgeschlossen, selbst wenn eine das in Rede stehende Verhalten erfassende identische Norm nach den Gesetzen des Tatortes besteht (§ 65 Abs. 1 StGB), weil dem Erfordernis des so verstandenen Inlandsbezugs der Vorrang vor der Anwendung der Regeln der §§ 62 ff StGB zukommt (15 Os 20/06i). Im Hinblick auf diese höchstgerichtliche Rechtsprechung war der Vorgang zur Herstellung des in Rede stehenden Lichtbildes in Österreich nicht gerichtlich strafbar.

Was die - mehr als ein Jahr später erfolgte - Veröffentlichung des inkriminierten Lichtbildes im Internet anlangt, ist der zitierte Zeitungsartikel nur teilweise zutreffend. Nach den Erhebungen der Sicherheitsbehörden wurde das inkriminierte, in Nürnberg aufgenommene Foto nicht im Kontext mit der Parole „Blut und Ehre“, sondern mit dem Beisatz „Auswärts bei der WM in Nürnberg“ im Internet veröffentlicht. Die angezeigten Personen rechtfertigten sich damit, sie seien damals alkoholisiert gewesen und hätten das Verhalten englischer Fußballfans nachgeahmt. Es konnte nicht widerlegt werden, dass das fragwürdige Lichtbild mehr als ein Jahr nach seiner Aufnahme, mitten unter zahlreichen anderen, strafrechtlich unbedenklichen Fotos, unbeabsichtigt einer dritten Person zur Veröffentlichung im Internet übergeben wurde. Bei Nachschauen in den Wohnräumen der Angezeigten konnten keine nach dem Verbotsgesetz relevanten Gegenstände vorgefunden werden.

Laut Erhebungsbericht der Polizei wurde in den Medien ein Lichtbild von zwei Fußballspielern – ohne erkennbare NS-Gestik - mit der Überschrift „Blut und Ehre – LASK Linz Amateure“ lanciert. Von welchem Medium dieses Bild samt Beisatz ursprünglich veröffentlicht wurde, konnte von der Polizei nicht geklärt werden.

Die Staatsanwaltschaft Linz verneinte bei ganzheitlicher Betrachtung die subjektive Tatseite des § 3g VG und legte die Anzeige - mit Genehmigung der Oberstaatsanwaltschaft Linz - gem. § 90 Abs. 1 StPO aF zurück.

Die Begründung der Staatsanwaltschaft für die Zurücklegung der Anzeige gem. § 90 Abs. 1 StPO ist rechtlich zutreffend und aufsichtsbehördlich nicht zu beanstanden. Sie steht nicht im Widerspruch zu den Intentionen des Verbotsgesetzes, die demokratische Entwicklung Österreichs zu schützen und zu sichern und nationalsozialistische Umtriebe im Keim zu ersticken.

. April 2008

 

(Dr. Maria Berger)