4685/AB XXIII. GP

Eingelangt am 03.09.2008
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

 

 

BMWF-10.000/205-Pers./Org.e/2008

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 31. August 2008

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4855/J-NR/2008 betreffend Maßnahmen für faire Praktika, die die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen am 15. Juli 2008 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Zur Präambel und den Fragen 1 bis 5:

A. Universitätsbereich:

Nur in wenigen Studien sind Praktika in den Curricula zwingend vorgeschrieben; siehe dazu auch Antwort zu Frage 6. In den Studienrichtungen Humanmedizin und Zahnmedizin sind allerdings Pflichtpraktika und so genannte Famulaturen ein integrierender Bestandteil des verpflichtenden Lehrangebots des jeweiligen Curriculums. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Art von Arbeitsverhältnis (auch nicht freier Dienstvertrag oder Werkvertrag) zwischen den einzelnen Studierenden und dem Träger der Einrichtung, an der das Pflichtpraktikum bzw. die Famulatur absolviert wird. Es besteht daher im Bereich der medizinischen Studienrichtungen somit keine „rechtliche Grauzone“ zwischen Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis und es handelt sich auch nicht um so genannte „Scheinpraktika“.

 

Zur behaupteten „mangelnden sozialen Absicherung“ ist festzuhalten, dass gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. i ASVG u.a. Studierende in der Unfallversicherung teilversichert sind. Gemäß § 74 Abs. 5 ASVG hat als Beitrag für die gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. h und i teilversicherten Personen die allgemeine Unfallversicherungsanstalt zuzüglich zu dem aus Mitteln des Familienlasten-ausgleichsfonds zu leistenden Betrag jährlich den Betrag bereitzustellen, der zur Abdeckung des Aufwandes der Unfallversicherung für diese Personen notwendig ist. Mit der Inskription ist der/die Studierende automatisch teilversichert; für die beitragsfreie Unfallversicherung ist kein eigener Antrag erforderlich. Zu einer allfälligen Krankenversicherung ist festzuhalten, dass der Großteil der Studierenden und Schüler/innen im Rahmen der Krankenversicherung mitversichert sind und die nicht mitversicherten Personen eine finanziell günstige Selbstversicherung für Studierende bei der jeweiligen Gebietskrankenkasse abschließen können. Dazu kommt die von der Österreichischen Hochschülerschaft für sämtliche Studierende abgeschlossene Unfall-versicherung.

 

Im Hinblick auf diese Rechtslage hat der Bundesgesetzgeber im Rahmen des Sozial-versicherungs-Änderungsgesetzes 2005 – SVÄG 2005, BGBl. I Nr. 132/2005, § 4 Abs. 1 Z 11 ASVG, der seit der 49. ASVG-Novelle 1990 eine Vollversicherungspflicht für Praktika von Schüler/innen und Studierenden vorsah, rückwirkend mit Ablauf des 31. August 2005 ersatzlos aufgehoben.

 

Die Pflichtpraktika und Famulaturen im Bereich der medizinischen Studienrichtungen dienen ausschließlich dem Wissenserwerb der Studierenden. Sie sind als Teil des Studiums damit im Interesse der Studierenden und sind mit anderen Praktika nicht unmittelbar zu vergleichen.

 

B. Fachhochschulsektor:

Die im Rahmen des Fachhochschul-Studiums als integrale Bestandteile vorgesehenen Berufspraktika unterliegen strengen Qualitätskriterien bzw. Qualitätsstandards. Für die Einhaltung dieser Standards tragen die Fachhochschul-Institutionen die Verantwortung bzw. werden diese regelmäßig durch unabhängige externe Qualitätssicherungsinstanzen überprüft (Fachhochschulrat bzw. eine im Rahmen der Evaluierung tätige Qualitätssicherungsagentur). Sollten diese Instanzen zum Ergebnis kommen, dass diese Standards nicht eingehalten werden, führt dies zum Verlust der Akkreditierung eines Fachhochschul-Studienganges.

 

Folglich gibt es im Fachhochschul-Sektor eine regelmäßige Unterstützung, Begleitung und Qualitätskontrolle der Praktika seitens der Fachhochschul-Institution sowie eine intensive Koordination mit den aufnehmenden Betrieben und Organisationen auf Basis einer Ausbildungsvereinbarung. Zur Sicherung der Qualität der Berufspraktika bestehen Regelungen bzw. Vorgaben des Fachhochschulrates und zwar die Richtlinien für die Akkreditierung von Bachelor-, Master- und Diplomstudiengängen (AR 2006) sowie die Verordnung über die Evaluierung im österreichischen Fachhochschul-Sektor (EvalVO). Hier sind u.a. die Parameter für die organisatorische und inhaltliche Ausgestaltung des Berufspraktikums festlegt (z.B. Dauer, Maßnahmen zur Auswahl, Qualifizierung, Betreuung und Beurteilung des Berufspraktikums, Ausbildungsziel, Maßnahmen zur Sicherstellung der Einsetzung von Studierenden entsprechend ihrem Qualifikationsniveau).

 

In der Praxis wird diesem verbindlichen System mit folgenden Maßnahmen Rechnung getragen:

-     Zwischen Fachhochschulen, aufnehmenden Betrieben und Studierenden wird eine Ausbil-     dungsvereinbarung abgeschlossen, in welcher die Ziele, Inhalte und Tätigkeitsbereiche             des Praktikums sowie die Dauer festgelegt werden. Diese Vereinbarung wird von allen drei   Parteien unterfertigt und hat rechtsverbindliche Wirkung.

-     Auf Ebene der Fachhochschul-Studiengangsleitungen sind Koordinationsstellen für die           Praktikumssuche und Informationsschnittstellen für Unternehmen eingerichtet.

 

In den Ausbildungsvereinbarungen verpflichten sich alle drei Parteien zur Einhaltung der vorgeschriebenen Qualitätsstandards. Sowohl die beteiligten Unternehmen und Organisationen als auch die Studierenden haben im Anschluss an ihr Praktikum einen schriftlichen Praktikums-

 

bericht zu erstellen, welcher der internen Evaluierung der Praktika dient. Sollten während eines laufenden Praktikums Umstände eintreten, die den Qualitätsstandards zuwiderlaufen, können Studierende das Unternehmen wechseln, wobei sie dabei Unterstützung seitens der Fachhochschule erhalten.

 

Aufgrund all dieser Vorkehrungen genießen Fachhochschul-Studierende einen hervorragenden Ruf in der Wirtschaft. Sie beziehen während des Praktikums auf Basis von Dienstverträgen angemessene Gehälter und werden im Sinne des spezifischen beruflichen Studiengangprofils eingesetzt.

 

Im Übrigen wird zu den Fragen 1 bis 5 auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 4857/J-NR/2008 durch den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit verwiesen.

 

Zu Frage 6:

Durch das Universitätsgesetz 2002 ist die Gestaltung der Curricula in den autonomen Wirkungsbereich der Universitäten übergegangen; nur in wenigen Studien sind Praktika in den Curricula zwingend vorgeschrieben. Eine allfällige gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Praktika ist dem Universitätsgesetz 2002 nicht zu entnehmen. Die in den Curricula festgelegten Praktika dienen der Erprobung und praxisorientierten Anwendung der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten der Studierenden, keinesfalls steht ein Leistungsaustausch-verhältnis im Vordergrund. Soweit arbeits- und sozialrechtliche Fragen angesprochen werden, ist keine Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung gegeben.

 

Zu Frage 7:

Die Integrierung von Wissen über arbeitsrechtliche Ansprüche in universitären Curricula ist zu begrüßen, fällt aber ausschließlich in den autonomen Entscheidungsbereich der jeweiligen Universität.

 

Zu Frage 8:

Da das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung erst durch die Novelle zum Bundesministeriengesetz, BGBl. I Nr. 6/2007, mit Wirkung vom 1. März 2007 wieder errichtet wurde, sind lediglich Angaben für das Jahr 2007 möglich. Im Bereich der Zentralleitung werden Praktikanten gemäß den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 als Verwaltungspraktikant/innen bzw. als Vertragsbedienstete aufgenommen.

 

Im Jahr 2007 wurden in der Zentralleitung insgesamt 5 Praktikant/innen beschäftigt und zwar:

3 Ferialpraktikantinnen als Vertragsbedienstete (Entgelt nach v4) für die Dauer von einem Monat, einem Monat und zwei Tagen und zwei Monaten sowie  

1 Verwaltungspraktikantin für den Fachdienst und

1 Verwaltungspraktikant für den höheren Dienst.

 

In den beiden letztgenannten Fällen wurde der Ausbildungsvertrag für jeweils 12 Monate abgeschlossen. Die Entlohnung erfolgte gemäß § 36 b Abs. 1 des Vertragsbediensteten-gesetzes 1948 (Ausbildungsbeitrag). Beide Verwaltungspraktikanten wurden in ein Vertrags-bedienstetenverhältnis übernommen.

 

Zu Frage 9:

Ob es sich in den genannten Fällen um Pflichtpraktika handelte, ist nicht bekannt. Ein Verwaltungspraktikant verfügte bereits über einen Universitätsabschluss. Keine/r der Genannten hat im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ein zweites Praktikum absolviert.

 

Zu Frage 10:

Im Hinblick darauf, dass das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung erst mit Wirkung vom 1. März 2007 wieder errichtet wurde und sich daraus erst ein kurzer Beobachtungszeitraum ergibt, sind hierzu keine Angaben möglich.

 

Zu Frage 11:

Im Rahmen eines Verwaltungspraktikums wird die Möglichkeit geboten, eine Berufsvorbildung durch eine entsprechende praktische Tätigkeit im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zu ergänzen und zu vertiefen, um auf diese Weise die Verwendungen im Bundesdienst kennen zu lernen. Zu diesem Zwecke werden die Praktikant/innen mehreren Abteilungen zugeteilt (Personal, Budget, Fachabteilung).

 

Zu Fragen 12 und 13:

Hierzu wird auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 4857/J-NR/2008 durch den Herrn Bundes-minister für Wirtschaft und Arbeit verwiesen.

 

 

Der Bundesminister:

Dr. Johannes Hahn e.h.