4689/AB XXIII. GP

Eingelangt am 03.09.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4766/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Spindelberger, Keck und GenossInnen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Einleitend wird festgehalten, dass die Beantwortung der Fragen 1 bis 6 auf Grundlage einer vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholten Stellungnahme erfolgt.

 

Frage 1:

Dazu teilte der Hauptverband mit, dass diese Frage generell seitens der Krankenversicherungsträger nicht beantwortet werden kann, da diesbezügliche Datenübermittlungen nicht vorgesehen sind.

Weiters wird mitgeteilt, dass auf den jährlich von den Dienstgebern zu erstellenden Beitragsgrundlagennachweisen der Entgeltfortzahlungsanspruch ununterscheidbar zusammen mit dem Arbeitsentgelt nur in einer Summe ausgewiesen ist. Außerdem ist das fortgezahlte Entgelt nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage bzw. erst in Höhe von 50% des vor der Arbeitsunfähigkeit bezogenen Entgeltes und darüber sozialversicherungs- und meldepflichtig.

 

Frage 2:

Ich verweise dazu auf die beiliegende Aufstellung des Hauptverbandes.

 

Frage 3:

Der Hauptverband übermittelte dazu die nachstehenden Informationen:

Die Burgenländische GKK (BGKK) teilt dazu mit, dass sie für das Kalenderjahr 2003 über kein gesichertes Datenmaterial verfügt.

 

In den Folgejahren stellt sich für die BGKK die Situation wie folgt dar:

 

2004:

·           Fünf Dienstgeber haben je einen Dienstnehmer (also insgesamt fünf Dienstnehmer) wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ab-, und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.

·           Innerhalb von sechs Monaten wurden im Kalenderjahr 2004 von keinem Dienstgeber Dienstnehmer ab- und wieder angemeldet.

·           Auch innerhalb von zwölf Monaten hat kein Dienstgeber einen oder mehrere seiner Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit angemeldet.

2005:

·           Drei Dienstgeber haben je einen Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.

·           Zwei Dienstgeber haben je zwei Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.

·           Ein Dienstgeber hat einen Dienstnehmer wegen Krankheit abgemeldet und innerhalb von sechs Monaten wieder angemeldet.

·           Ein Dienstgeber hat diese Vorgangsweise bei einem Dienstnehmer innerhalb einer Frist von zwölf Monaten praktiziert.

2006:

·           Acht Unternehmen haben je einen Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angestellt.

·           Zwei Dienstgeber haben je einen Dienstnehmer wegen Krankheit abgemeldet und innerhalb von sechs Monaten wieder angemeldet.

2007:

·           Ein Dienstgeber hat seinen Dienstnehmer wegen Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.

·           Zwei Unternehmen haben je einen Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von sechs Monaten wieder angemeldet.

·           Die Steiermärkische GKK (STGKK) teilt mit, dass es keine auswertbaren Daten gibt. Aufgrund einer manuellen Erhebung in den Jahren 2003 bis 2005 konnten für diesen Zeitraum folgende Fallzahlen ermittelt werden:

einvernehmliche                                                      mit Wiedereinstellung

Lösung des Dienstverhältnisses

im Jahr 2003                344 Fälle                            18 Fälle

im Jahr 2004                283 Fälle                            25 Fälle

im Jahr 2005                423 Fälle                            45 Fälle

 

Nachdem die betroffenen Versicherten aufgrund der Wiedereinstellungszusage nicht bereit waren, im Verfahren gegen die Dienstgeber auszusagen, führten Erhebungen zu keinen rechtlichen Konsequenzen.

Seitens der Salzburger GKK (SGKK) werden folgende Daten bekannt gegeben:

Jahr

Anzahl/
Fälle

Unterbre-
chung bis 3 Mon.

Unterbre-
chung bis 6 Mon.

Unterbre-
chung bis 12 Mon.

Unterbre-
chung mehr als 12 Mon.

2003

346

248

27

43

28

2004

321

223

37

38

23

2005

315

213

41

34

27

2006

324

231

34

39

20

2007

322

269

24

28

1

Bei der Oberösterreichischen GKK (OÖGKK) hat eine Auswertung der Datenbank für das erste Halbjahr rund 33.000 Fälle ergeben, bei denen der Abmeldegrund „einvernehmliche Lösung“ oder „Wiedereinstellungszusage“ vorkommt. Bei einer Verknüpfung dieser Fälle mit Barleistungsbezügen verbleiben noch rund 2.200 Fälle. Jeder weiteren Auswertung sind dann aber klare Grenzen gesetzt, weil einvernehmliche Lösun­gen während einer Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich zulässig sind und Missbrauchsfälle nur aufgrund von Re­cherchen im Einzelfall erkannt werden können.

Von den verbleibenden Gebietskrankenkassen (GKK) bzw. von der VA für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) kann die Frage nicht beantwortet werden, da die notwendigen Daten nicht verfügbar sind bzw. entsprechende Auswertungsmöglichkeiten fehlen.

Es ist auch zu bedenken, dass gerade bei Saisonbeschäftigten (z.B. Bauwesen, Gastgewerbe) An- und Abmeldungen beim selben Dienstgeber durchaus üblich sind und mit der beschriebenen Vorgangsweise nichts zu tun haben.

 

Frage 4:

Vom Hauptverband wurden dazu die nachstehenden Informationen übermittelt:

Die BGKK verfügt für das Jahr 2003 über kein Datenmaterial. Für die Folgejahre wird die Frage wie folgt beantwortet:

2004:                     Fünf Unternehmen

2005:                     Neun Unternehmen (zwei davon haben die betroffenen Dienstnehmer nicht wieder eingestellt)

2006:                     13 Unternehmen (drei Unternehmen haben die betroffenen Dienstnehmer nicht wieder angemeldet)

2007:                     Zehn Unternehmen (sieben Unternehmen haben die betroffenen Dienstnehmer nicht wieder angemeldet)

 

Die SGKK teilt Folgendes mit:

Jahr

Anzahl/DG

2003

237

2004

241

2005

247

2006

241

2007

234

 

Die übrigen GKK bzw. die VAEB können die Frage mangels entsprechender Datenverfügbarkeit nicht beantworten.

 

Frage 5:

Dazu führt der Hauptverband Folgendes aus:

Die BGKK teilt mit, dass im Jahr 2008 bereits drei Fälle bescheidmäßig entschieden wurden und in vier Fällen in den nächsten Tagen ein Bescheid erstellt wird.

Es lässt sich also ein Trend dahingehend erkennen, dass im Jahr 2008 wahrscheinlich mehr Unternehmer als im Kalenderjahr 2007 die beschriebene Praxis anwenden werden.

Die SGKK übermittelt die im Folgenden dargestellten Zahlen und teilt mit, dass derzeit keine wesentlichen Änderungen erkennbar sind. Die Zahl der Dienstgeber, welche die beschriebene Praxis anwenden, beläuft sich für das Jahr 2008 auf 82 Unternehmen.

 

Jahr

Anzahl/
Fälle

Unterbre-chung bis 3 Mon.

Unterbre-chung bis 6 Mon.

Unterbre-chung bis 12 Mon.

Unterbre-chung mehr als 12 Mon.

2008

91

90

1

0

0

 

Die OÖGKK geht davon aus, dass aufgrund der Rechtsprechung des VwGH das Problem weiter um sich greifen wird.

Seitens der übrigen GKK bzw. der VAEB ist eine Beantwortung dieser Frage nicht möglich.

 

Frage 6:

Seitens des Hauptverbandes wurde dazu wie folgt Stellung genommen:

Die OÖGKK teilt mit, dass eine Aufsummierung, welche Kosten sich die Unternehmen insgesamt erspart haben, mangels Kenntnis der genauen Daten nicht vorgenommen werden kann.

Ein Dienstgeber erspart sich - hypothetisch berechnet - bei einer unmittelbar nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorgenommenen einvernehmlichen Lösung auf Basis eines Bruttomonatsver­dienstes von € 2.000,-- und einer angenommenen Arbeitsunfähigkeit - Dauer von 10 Wochen (sechs Wochen volle und vier Wochen halbe Bezüge) Lohnaufwendungen (Nettolohn, Dienstgeberbeiträge, DB, DZ, Kommunalsteuer) in Höhe von € 3.874,97.

Die Sozialversicherung hingegen verliert Beiträge in Höhe von € 1.554,28 und zahlt Kranken­geld für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit von € 2.831,40 brutto.

Seitens der übrigen GKK bzw. der VAEB ist eine Beantwortung dieser Frage nicht möglich.

 

Fragen 7 und 9:

Diese Fragen betreffen Angelegenheiten der Pensionsversicherung und fallen daher in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz.

 

Frage 8:

Gemäß § 539a Abs. 2 ASVG können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach dem ASVG, insbesondere die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

Ob ein nach dieser Bestimmung verpöntes Umgehungsgeschäft vorliegt, kann jeweils nur im Einzelfall nach Prüfung des Sachverhaltes und der Motivlage der Betroffenen beurteilt werden.

Anhaltspunkte für die rechtliche Würdigung lassen sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 23.1.2008, Zl. 2006/08/0325) ableiten. Demnach liegt ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes i.S.d. § 539a ASVG jedenfalls dann vor, wenn die Gestaltung der rechtlichen Verhältnisse anders als mit der Absicht der Umgehung gesetzlicher Verpflichtungen nicht erklärt werden kann. An Stelle der nach der erwähnten Gesetzesstelle unbeachtlichen Konstruktion tritt gemäß § 539a Abs. 3 ASVG jene, die den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessen gewesen wäre. Der VwGH führt u.a. aus, dass die einvernehmliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich keinen Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes darstellt; es handelt sich dabei um eine von mehreren rechtlichen Möglichkeiten, ein Arbeitsverhältnis zu beenden.

 

Sollte aber im Sinne der Ausführungen des VwGH ein Arbeitsverhältnis nachweislich auf Grund der Erkrankung des Dienstnehmers gelöst worden sein, um nach Gesundung des Dienstnehmers wieder neu begründet zu werden, so könnte bei entsprechenden Feststellungen eines derartigen Sachverhaltes tatsächlich ein Umgehungsgeschäft im Sinne des § 539a Abs. 2 ASVG vorliegen.

Die diesbezügliche Einzelfallprüfung obliegt den jeweils zuständigen Trägern der Krankenversicherung im Rahmen der Erfüllung der ihnen in Selbstverwaltung übertragenen Aufgaben. Gegen Entscheidungen der Krankenversicherungsträger in Verwaltungssachen besteht ein Rechtszug an den örtlich zuständigen Landeshauptmann; in Angelegenheiten der Versicherungspflicht ist gegen die Entscheidung des Landeshauptmannes eine Berufungsmöglichkeit an das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz gegeben.

 

 

 

Beilage


BEILAGE

 

 

 

Krankengeldaufwand der VAEB 2003 - 2007

 

 

Beträge in Euro

Abteilung

Krankengeldaufwand in Euro

2003

2004

2005

2006

2007

Insgesamt

4.325.120

4.097.001

8.018.144

11.263.645

12.423.832

Abteilung A

3.404.563

3.181.133

4.088.243

4.544.718

4.646.860

Abteilung B

920.557

915.868

3.929.901

6.718.927

7.776.973