4691/AB XXIII. GP

Eingelangt am 03.09.2008
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

GZ: BMGFJ-11001/0141-I/A/3/2008

Wien, am  27   . August  2008

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4914/J der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 bis 4:

Die zunehmende Akzeptanz und Inanspruchnahme der Substitutionsbehandlung als einem wichtigen Ansatz zur Therapie und Risikominimierung bei Opiatabhängigkeit im Gesamtspektrum der gesundheitsbezogenen Maßnahmen bei Suchtgiftmissbrauch zeigt sich an der jährlich steigenden Zahl der aktuell in Substitutionsbehandlung befindlichen Patienten. So wurden im Jahr 2007 bei dem von meinem Ressort zu führenden Substitutionsregister insgesamt 10.452 Personen als in Substitutionsbehandlung befindlich gemeldet. Davon haben den eingelangten Meldungen zu Folge 2.148 Personen im Jahr 2007 erstmals eine Substitutionsbehandlung begonnen, was gegenüber den Vorjahren (2003: 990; 2004: 946; 2005: 958; 2006: 1.060) allerdings einen enormen Anstieg bei den Erstbehandlungen darstellen würde.


Plausibel erscheint, dass die Zahl der Meldungen aufgrund der am 1.7.2007 in Kraft getretenen Novelle zur Substitutionsbehandlung, mit welcher eine Meldepflicht verankert wurde, im Jahr 2007 deutlich zugenommen hat, und es ist nicht auszuschließen, dass ein Teil der als erstmals in Behandlung genommenen Personen bereits in laufender Behandlung waren, die nach in Kraft Treten der Regelung nachgemeldet wurden. Wahrscheinlich ist, dass sich die Zahl jener Personen, die im Jahr 2007 erstmals eine Substitutionsbehandlung begonnen haben, in die bereits seit Jahren zu verzeichnende Entwicklung einfügt und von einem in etwa dem entsprechenden Anstieg bei den Erstbehandlungen ausgegangen werden kann. Genauere Rückschlüsse auf die tatsächliche Entwicklung werden erst die Meldungen für das Jahr 2008 und die Folgejahre erlauben.

 

Frage 5: 
Die Opiatabhängigkeit muss im Wesentlichen als chronische Krankheit verstanden werden, wenngleich auch nicht chronisch verlaufende Suchtformen möglich sind. Internationale Erfahrungen sprechen dem entsprechend dafür, dass die Behandlung nicht zwangsläufig als Zwischenphase auf dem Weg zur Abstinenz definiert werden kann, sondern – vergleichbar mit anderen Krankheitsbildern, wie etwa dem Diabetes - eher eine Behandlung über sehr lange Zeiträume, eventuell lebenslang erfordern. Die "durchschnittliche Verweildauer im Behandlungsprozess" hängt somit von der Art der Erkrankung ab. Liegt die chronische Form des Morphinismus vor, muss man zunächst von einer lebenslangen Versorgungsnotwendigkeit ausgehen. Auf jeden Fall ist die Dauer vom Arzt oder von der Ärztin fallgerecht zu definieren.

 

Das bisherige System der Erfassung der Substitutionspatienten erlaubt keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf die durchschnittliche Verweildauer in der Behandlung. Auf Grund der mit Beschluss des Nationalrates vom 9.7.2008 verabschiedeten Suchtmittelgesetznovelle 2008 (590 der Beilagen XXIII. GP) und dem darauf basierenden Meldesystem sollten für die Zukunft, wenn angesichts der langfristigen Perspektive der Behandlung Verlaufsdaten über entsprechend lange Zeiträume vorliegen, Aussagen zur Behandlungsdauer möglich sein.

 

Fragen 6 und 15:

Die Frage nach der Dauer einer erfolgreichen Behandlung kann, im Gegensatz zu akuten Erkrankungen, bei chronischen Krankheitsbildern nicht numerisch beantwortet werden. Während bei akuten Erkrankungen eine kurze Behandlungsdauer als gutes Ansprechen auf die Behandlung zu werten ist, ist bei chronischen Erkrankungen eine lange Behandlungsdauer, als Folge einer entsprechend langen Überlebensdauer des Patienten und der Aufrechterhaltung der Behandlung (Compliance) positiv zu werten.

Erfolgreich ist bei chronischer Opiatabhängigkeit eine Substitutionsbehandlung dann, wenn eine ausreichend hohe Dosierung gefunden wurde, gute Compliance besteht, kein oder höchstens ein minimaler Beigebrauch erfolgt und in den sozialen Parametern eine günstige Entwicklung besteht. Die Substitution ist keine Behandlung der "psychischen Sucht", sie ist aber eine geeignete Methode, exzessiv schädliche Auswirkungen dieser psychischen Abhängigkeit für den Betroffenen und die Gemeinschaft zu beschränken.

Die Dauer der Behandlung kann auch nicht vom Erreichen der genannten Ziele abhängig gemacht werden, weil eine Beendigung der Behandlung die erreichte Stabilität wieder gefährden kann. Daher muss der Arzt/die Ärztin jede Behandlung den Bedingungen und Erfordernissen des Einzelfalles anpassen.


Nur in Fällen, in denen die Form der Suchterkrankung kein chronisches Krankheitsbild darstellt, kann, vergleichbar den nicht chronischen Diabetesformen, ist eine völlige Heilung im Sinne nachhaltiger Abstinenzerreichung überhaupt möglich. Daten, in wie vielen Fällen in diesem Sinn eine Heilung erreicht wurde, liegen mir nicht vor und ist die Erhebung solcher Informationen insbesondere nicht Gegenstand des vom meinem Ressort zu führenden, auf die Erkennung und Hintanhaltung der Mehrfachverschreibung von Substitutionsmitteln zielgerichteten Substitutionsregisters.

 

Frage 7:

Insgesamt haben nach den im Jahr 2007 eingelangten Meldungen 2211 Patient/innen eine Substitutionsbehandlung beendet. Als Beendigungsgründe wurde von den auf dem Meldeblatt vorgesehenen Kategorien in 403 Fällen (18,23%) Beendigung abgebrochen bzw. Beendigung auf Wunsch des Patienten vermerkt. Der weitaus größte Teil der Meldungen, nämlich 1133 (51,24%) erfolgte allerdings ohne Spezifizierung des Beendigungsgrundes, sodass eine valide Beurteilung der tatsächlichen Beendigungsgründe nicht möglich ist.

 

Frage 8:

Die durchschnittlichen Kosten pro Patient/in kann nur der jeweilige Krankenversicherungsträger ermitteln, bei dem die Leistungen für den Patienten abgerechnet werden. Die Wiener Gebietskrankenkasse ist dankenswerter Weise dem Ersuchen meines Ressorts nachgekommen und hat die durchschnittlichen Kosten der Substitutionsmittel für 7.178 Patient/innen für das Jahr 2007 mit € 1.841,17 (einschließlich allfällig zusätzlich verschriebener Benzodiazepine) berechnet, die durchschnittlichen Kosten für Substitutionsmittel ohne zusätzlich verschriebene Benzodiazepine lagen bei € 1.741,37. 

 

Frage 9:

Die vom Hauptverband der österr. Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellten Daten weisen die Kosten für die im Jahr 2007 für die Substitutionsbehandlung abgerechneten Arzneimittel mit insgesamt

€ 20.375614,87 aus.

Nicht eingerechnet sind darin die Kosten der ärztlichen Ordination sowie allfällige sonstige gesundheitsbezogene Begleitmaßnahmen.

 

Frage 10:

Die Kosten der im Rahmen der Substitution eingesetzten Arzneimittel stiegen bei zunehmendem Patientenaufkommen den Daten des Hauptverbandes des österr. Sozialversicherung zu Folge von € 8.987.980,61 im Jahr 2003 auf € 20.375,614,87 im Jahr 2007, wobei die Steigerungsrate im Verlauf der letzten Jahre deutlich zurückging (2003/2004: 43,7%, 2004/2005: 21,66%, 2006/2006: 14,65%, 2006/2007: 13,36%). Bei einem neuerlichen Kostenanstieg um etwa 13% würden sich die Kosten daher im Jahr 2008 auf rund € 23.025.000 belaufen, wobei bei weiterhin rückläufigem Anstieg von etwas niedrigeren Kosten auszugehen wäre.   

 

Frage 11:

Nach den Daten des Hauptverbandes der österr. Sozialversicherungsträger kamen insgesamt im Jahr 2007 zu 61,3% retardierte Morphine (Substitol, Compensan) zur  Anwendung (2003: 48,04%; 2004: 54,44%; 2005: 58,65%; 2006: 64,03%), darüber hinaus zu 13,97% Buprenorphin/Subutex (2003: 12,51%; 2004: 11,99%; 2005: 12,68%; 2006: 13,05%), und zu 25% Methadon (2003: 39,45%; 2004: 33,57%; 2005: 28,67%; 2006: 22,92%).


Nach den im Substitutionsregister eingelangten Meldungen wurde bei den Erstbehandlungen im Jahr 2007 Buprenorphin in 38%, Methadon in 30% und

retardierte Morphine (in erster Linie Substitol) in 31% der Fälle verschrieben. In 1% der Fälle wurde Codidol verschrieben.

 

Frage 12:

Laut Information der Wiener Gebietskrankenkasse stellen sich die Medikamentenkosten im Vergleich wie folgt dar:

 

 

Frage 13:

Nach den vom Hauptverband der österr. Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellten Daten betrugen die Gesamtkosten der abgerechneten Arzneimittel im Jahr 2007 € 20.375.614, 87.

 

Frage 14:

In der Regel wird unter „Rückfall“ - allenfalls injizierender - Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen während der Substitutionstherapie verstanden. Ob bzw. in welchem Ausmaß dies der Fall ist, hängt in jedem Einzelfall von vielen Einflussfaktoren auf Seiten der Person selbst und in ihrem sozialen Umfeld ab und muss nicht unbedingt die Wirksamkeit der Behandlung hinsichtlich anderer relevanter Erfolgsparameter einschränken. Es gibt keine umfassenden aktuellen Untersuchungen, die detaillierte eindeutige Rückschlüsse auf die Beigebrauchsquote in Österreich erlauben.

 

Frage 16:

Die Staatsbürgerschaft wird im Rahmen der Meldungen an das Substitutionsregister, das der Erkennung und Hintanhaltung von Mehrfachverschreibungen dient, nicht erhoben, eine entsprechende Statistik ist mir nicht bekannt.  

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Dr. Andrea Kdolsky

Bundesministerin