129/GO XXIII. GP - Geschäftsordnungsantrag

Eingebracht am 03.03.2008
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A N T R A G

 

 

der Abgeordneten Pilz, Strache, Westenthaler

und Kolleginnen und Kollegen

 

 

gemäß § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Vertuschung von Polizeiaffären und des Missbrauchs der politischen Macht insbesondere im Bundesministerium für Inneres, aber auch in den Bundesministerien für Justiz, für Finanzen und für europäische und internationale Angelegenheiten

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis SPÖ: 6, ÖVP: 6, GRÜNE: 2, FPÖ: 2, BZÖ: 1 einzusetzen.

 

 

Gegenstand der Untersuchung:

 

Untersuchung aller Abläufe und Entscheidungen im Zusammenhang mit den Vorwürfen über die Amtsführung insbesondere im Bundesministerium für Inneres, aber auch in den Bundesministerien für Justiz, für Finanzen und für europäische und internationale Angelegenheiten insbesondere auch seit dem Jahr 2000 (hinsichtlich etwa des Entführungsfalles „Kampusch“ ab dem Zeitpunkt der Entführung). Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu behandeln:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

            + der heutige Kabinettschef der Gesundheitsministerin

            + der heutige Landespolizeikommandant von Tirol

            + der heutige Landespolizeikommandant von Oberösterreich

            + der heutige Leiter der Sektion III im BMI

            + der heutige Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich

            gespielt haben;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Untersuchungsauftrag:

 

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorgesehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in sämtliche Akten, Verträge, Vorverträge, und sonstige Unterlagen des Bundesministeriums für Inneres, des Bundesministeriums für Justiz, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten (bis 28.2.2007 Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten) sowie allfälliger anderer Bundesministerien und Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten prüfen.

 

 

Begründung:

 

 

Der ehemalige Direktor des BKA Dr. Herwig Haidinger hat mit seinen Aussagen in der Sitzung des Innenausschusses vom 5. Februar 2008 auf folgende Sachverhalte hingewiesen (Auszug aus der Aussendung der Parlamentskorrespondenz vom 5. Februar 2008 = OTS 260 vom 5. Februar 2008):

 

 

Es sei richtig, dass er von der damaligen Ressortleitung angewiesen wurde, Geldflüsse von der BAWAG oder vom ÖGB an die SPÖ, welche aufgrund von Ermittlungshandlungen durch das BKA hervorkamen, sofort zu berichten und Unterlagen dazu zu  übermitteln. Diese Aufträge seien von zwei Mitarbeitern im Kabinett der Bundesministerin Liese Prokop gekommen, und zwar von Bernhard Treibenreif und Andreas Pilsl. Die Anweisung, die Ermittlungshandlungen in diesen Angelegenheiten vor der Nationalratswahl zu beschleunigen, sei auch aus diesem Bereich gekommen. Was die Bekanntgabe von Namen und Ladungsterminen von bekannten Persönlichkeiten betrifft, also wer wann einvernommen wird, wurden diese Informationen entweder von den Pressereferenten oder von Treibenreif und Pilsl angefordert. Auftragsgemäß habe er auch Daten über Geldflüsse an die Ressortleitung übermittelt, einige Tage später habe man dies dann in den Medien nachlesen können.

 

Bezüglich der Frage, wer den Auftrag erteilt hat, die Unterlagen aus dem BKA noch bevor sie an den Untersuchungsausschuss gehen, an den ÖVP-Klub zu übermitteln, wies Haidinger darauf hin, dass dieser von Kabinettschef Philipp Ita kam. Er habe ihm geantwortet: "Wie stellst du dir das vor, das muss ich prüfen." Eine Woche später habe er Ita im Rahmen einer Pressekonferenz mit Prokop getroffen, wo er wieder von Ita in dieser Causa angesprochen wurde. Er habe gesagt, er finde dazu keine Rechtsgrundlage und werde das nicht tun. Ita habe ihn darauf angeschrien, und er sei einfach weggegangen. Eine Aussage darüber habe er auch schon bei der BIA gemacht, er wurde niederschriftlich dazu einvernommen.

 

Bezüglich der Einbindung der BIA in die Causa Geldtransfer an Franz Vranitzky sei er verärgert gewesen, weil dies eigentlich Aufgabe der Sonderkommission BAWAG gewesen wäre und auch nicht abgesprochen war.

 

Im Herbst 2005 sei ihm vom damaligen Leiter der Abteilung 1.1 im Innenressort, Mag. Michael Kloibmüller, mitgeteilt worden, dass sein Vertrag nicht verlängert werde, wenn die ÖVP den Minister stellt. Im Gegenzug habe man ihm aber angeboten, dass er sich um eine freie Planstelle auf der Managementebene Bereichsleiter bewerben könne. Als Grund dafür wurde angegeben, dass man mit ihm unzufrieden sei und dass er zu viel mit der SPÖ kooperieren würde. Mit Entschiedenheit wies Haidinger zudem den Vorwurf zurück, dass er jetzt nur aussagen würde, um Rache zu üben.

 

Auf die Frage von Abgeordneter Barbara Rosenkranz, ob es noch weitere Fälle gegeben habe, berichtete Haidinger vom Fall Natascha Kampusch. Er habe seit langer Zeit versucht, eine Evaluierung dieses Falles durchzuführen, um die schlimmen Ermittlungsfehler, die dabei passiert seien, intern aufzuarbeiten, um sie in Zukunft zu vermeiden. Nach dem Auftauchen von Natascha Kampusch habe er erfahren, dass es zwei Hinweise auf den Täter gegeben habe, wobei der zweite nicht bearbeitet wurde und von einem Wiener Polizeihundeführer stammte. Nachdem er diese Person niederschriftlich zu seinen Angaben befragen wollte, habe er die Weisung von der Ressortleitung erhalten, und zwar von Bernhard Treibenreif, das nicht zu tun. Die Ministerin wolle

nicht, dass diese Person jetzt vernommen werde, weil "dann diese Sache bekannt werden würde" und "wir keinen Polizeiskandal vor der Nationalratswahl wollen".

 

Angesprochen auf weitere Vorwürfe wies Haidinger darauf hin, dass Kabinettschef Ita alkoholisiert mit dem Auto gefahren sei und einen Unfall verursacht habe. Viele im Ressort hätten davon gewusst. Ihm sei schließlich diese Sache von Doris Ita erzählt worden, und er habe den Sachverhalt an die BIA weitergeleitet. Er habe auch den Unfallakt angefordert und gleich gemerkt, dass etwas nicht stimme. In dem Unfallbericht sei gestanden, dass der Lenker von einem anderen Fahrzeug abgedrängt wurde und deshalb an den Masten gefahren ist. Der BIA-Chef habe ihm gesagt, dass auch er den Akt schon einmal angefordert und wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt habe.

 

[...]

 

Herwig Haidinger ging sodann noch auf Fragen von Pilz bezüglich der Verbindung von Horngacher zum Kabinett der Innenministerin ein. Es habe immer wieder Gerüchte gegeben, dass eine Persönlichkeit der Polizei Wien sehr enge Beziehungen zum Kabinett habe bzw. dieses von ihm abhängig sei. Er wurde zudem von Kabinettschef Philipp Ita ersucht, die Ermittlungsführung in der Causa BAWAG nicht dem BKA zu überantworten, sondern sie nach Wien zu geben. Er habe dies zweimal abgelehnt, aber auch keine Weisung erhalten.

 

 

 

In der Sitzung des Innenausschusses vom 26. Februar 2008 machte der ehemalige Direktor des BKA Dr. Herwig Haidinger folgende Angaben (Auszug aus der Aussendung der Parlamentskorrespondenz vom 26. Februar 2008 = OTS 275 vom 5. Februar 2008):

 

Haidinger wiederholte bei seiner Befragung im Wesentlichen die bereits bekannten Vorwürfe und blieb bei seiner gegenüber der Austria Presse Agentur geäußerten Überzeugung, er sei abgelöst worden, weil er sich nicht "korrumpieren" habe lassen.

 

Dem Staatsanwalt hat Haidinger, wie er ausführte, unter anderem auch von Weisungen in Zusammenhang mit der Bewilligung einer Schießstätte und dem Umbau der Gedenkstätte Mauthausen berichtet, zudem gebe es

den Verdacht, dass eine Weisung von Ex-Innenministerin Liese Prokop an ihren Kabinettschef Philipp Ita in Bezug auf ein Waffengeschäft mit dem Iran nicht befolgt worden sei. Vorwürfe, er habe Abgeordnetem

Peter Pilz vertrauliche Informationen zukommen lassen und dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider Informationen angeboten, wenn dieser sich für ihn verwende, wies Haidinger ausdrücklich zurück.

 

[...]

 

Der ehemalige Leiter des Bundeskriminalamts Herwig Haidinger berichtete den Abgeordneten eingangs über einige Vorwürfe, die er gegenüber der Staatsanwaltschaft geäußert habe. Unter anderem werde untersucht, ob in Zusammenhang mit einem Umfall im Jahr 2002 Amtsmissbrauch und Versicherungsbetrug vorliege, skizzierte er. Weiters habe er das Nichtbeachten eines Haltezeichens durch einen Beamten mit dem Staatsanwalt erörtert.

 

Was die Verdachtslage in Bezug auf das Waffengeschäft mit dem Iran anlangt, sei ihm berichtet worden, dass es ein Treffen Prokops mit der amerikanischen Botschaft gegeben habe; Prokop habe Ita angewiesen, die Restlieferung zu stoppen. Trotzdem seien alle Gewehre ausgeliefert worden.

 

In Bezug auf den Umbau der Gedenkstätte Mauthausen sei eine Mitarbeiterin des Innenministeriums angewiesen worden, die Ausschreibung so zu formulieren, dass ein Architekt, der damals keine entsprechende Berufsberechtigung gehabt habe, den Auftrag bekomme, erklärte Haidinger. Weiters habe man einen Gutachter angehalten, eine Schießstätte zu genehmigen, obwohl sie nicht der Norm entsprochen habe.

 

Zur Causa BAWAG hielt Haidinger fest, er habe nie Weisungen erhalten, die Auswirkungen auf das Ermittlungsergebnis gehabt hätten, also etwa die Weisung, etwas zu unterlassen. Das habe er auch nie behauptet. Er sei aber angehalten worden, Ladungstermine und Ermittlungsergebnisse an die Ressortleitung zu übermitteln, wobei sich das Ressort ausschließlich für Geldflüsse zwischen der BAWAG bzw. dem ÖGB und der SPÖ interessiert habe. Da diese Weisung an sich nicht rechtswidrig gewesen sei, habe er sie auch nicht schriftlich verlangt, sagte Haidinger. Als er allerdings feststellen habe müssen, dass von ihm an das Kabinett übermittelte Informationen an die Öffentlichkeit gelangt seien, habe er diese Informationsübermittlung beendet.

 

Wer diese Daten an die Öffentlichkeit weitergeleitet habe, wisse er nicht, betonte Haidinger. "Ich sicher nicht", bekräftigte er.

 

Dass er sich gegen eine Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei ausgesprochen habe, sei eine Unterstellung, unterstrich Haidinger. Er habe sich lediglich dafür eingesetzt, dass es als eine Art Korrektiv zum Wachekörper eine Sicherheitsbehörde gebe, sagte er.

 

Den Fall Kampusch habe er, so Haidinger, evaluieren wollen, weil aufgrund des vorliegenden Materials klar gewesen sei, dass die Kriminalpolizei in diesem Fall "nicht gut genug war". Er habe im November 2006 ein Konzept auf Basis eines allgemeinen Erlasses des Innenministeriums erstellt und im Jänner 2007 mit der Umsetzung des Konzepts beginnen wollen. Man könne die Sache auch anders sehen, räumte Haidinger ein, seiner Ansicht nach wären ständig neu auftauchende Hinweise einer Evaluierung aber nicht entgegengestanden. Haidinger zufolge ist die Evaluierung dann allerdings einer anderen Behörde übertragen worden, die seines Wissens nach jedoch nicht tätig geworden sei.

 

Haidinger bekräftigte weiters, dass er Abgeordnetem Pilz im Jahr 2004 keine vertraulichen Informationen zugesagt und ihm auch keine gegeben habe. Pilz hätte sich später sogar darüber beschwert.

 

Generell bekräftigte Haidinger, er stehe zu seiner Aussage, er sei abgelöst worden, weil er sich nicht korrumpieren lassen habe. In diesem Zusammenhang erneuerte er auch den Vorwurf, von Kabinettschef Philipp Ita aufgefordert worden zu sein, die an den BAWAG-Untersuchungsausschuss weiterzuleitenden Akten zuvor dem ÖVP-Klub zu übermitteln.

 

Gegenüber Landeshauptmann Haider habe er, so Haidinger, erklärt, dass die Korruption im Innenministerium "unerträglich geworden" sei und damit auch seine Ablöse begründet, er habe Haider aber weder Informationen angeboten noch in Aussicht gestellt. Das Gespräch sei auf Anregung eines guten Bekannten zustande gekommen.

 

Die Konstruktion des BIA wertete Haidinger als nicht besonders glücklich. Eine Einrichtung wie das BIA sei notwendig, meinte er, man sollte sich aber überlegen, für ganz Österreich eine zentrale Korruptionsbekämpfungsbehörde zu schaffen. Das BIA sei nicht unabhängig und als ein Verwaltungsorgan ebenso an Weisungen gebunden wie er.

 

 

Darüber hinaus ermittelt die StA Wien in den Fällen „Zogaj“ und „Zeqaj“ wegen des Verdachts nach § 310 StGB. Auch jenseits der strafrechtlichen Verantwortung ist zu klären, ob ein Bundesminister und führende Vertreter einer politischen Partei EKIS-Daten missbraucht haben.

 

Des Weiteren haben die Affären um den ehemaligen Landespolizeikommandanten von Wien, um österreichische Konsularbehörden und um den Verdacht der Parteienfinanzierung durch die BAWAG gezeigt, dass es weit über die Hinweise des ehemaligen Direktors des BKA hinaus inakzeptable Zustände im Bereich des BMI gibt.

 

Das Vertrauen der Menschen in die Polizei ist durch vertuschte Polizeiaffären und den Verdacht des Missbrauchs der politischen Gewalt im BMI beschädigt worden.  Von der Affäre „Horngacher“ bis zum Missbrauch kriminalpolizeilicher Ermittlungsergebnisse im Nationalratswahlkampf 2006 weist vieles nicht nur auf inakzeptables Verhalten der Vertreter einer Regierungspartei, sondern auch auf schwere Mängel im System hin.

 

Ein Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe, Fehlverhalten von Behörden ebenso zu klären wie die politische Verantwortung der Leiter der Ressorts. Gerade in diesem Fall sollte er aber auch die Grundlage dafür liefern, um

 

 

 

 

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten

gem.  § 33 Abs.1 GOG, über diesen Antrag eine kurze Debatte durchzuführen.