VORBLATT

Problem:

Das Übereinkommen vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (BGBl. Nr. 317/1988) stellt die wichtigste multilaterale Rechtsgrundlage für den allgemeinen Datenschutz in Europa dar. Auch für die Mitgliedstaaten der EU hat das Übereinkommen insofern unmittelbare Bedeutung, als die Datenschutz-Richtlinie (95/46/EG, ABl. Nr. L 281 vom 23.11.1995 S. 31 - 50) in der Dritten Säule nicht gilt und in diesem Bereich viele Rechtsakte auf das Übereinkommen Bezug nehmen. Der Beitritt der Europäischen Gemeinschaften zum Übereinkommen erscheint vor diesem Hintergrund wünschenswert. In seiner ursprünglichen Fassung sieht das Übereinkommen jedoch nur die Möglichkeit eines Beitritts von Staaten vor.

Ziel:

Durch die Änderungen des Übereinkommens soll der Beitritt der Europäischen Gemeinschaften zum Übereinkommen ermöglicht werden.

Inhalt:

Anpassung des Übereinkommens, sodass der Beitritt der Europäischen Gemeinschaften zum Übereinkommen möglich wird.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen stehen in keinem Widerspruch zum Recht der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


 

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Änderungen des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Europäischen Gemeinschaften den Beitritt ermöglichen, haben gesetzesändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedürfen daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Sie haben nicht politischen Charakter und enthalten keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen. Eine Erlassung von Gesetzen kommt in diesem Falle nicht in Betracht, da die Änderungen nur den Beitritt der Europäischen Gemeinschaften ermöglichen und dies keine Änderung der bestehenden Rechtslage in Österreich notwendig macht. Ein Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG ist daher nicht erforderlich. Da durch diese Änderungen auch keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Das Übereinkommen vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (BGBl. Nr. 317/1988) wurde am 28.1.1981 durch Österreich unterzeichnet und am 30.3.1988 ratifiziert. Die Kundmachung im Bundesgesetzblatt Nr. 317/1988 erfolgte am 30.6.1988, somit trat das Übereinkommen für Österreich am 1.7.1988 in Kraft.

Innerhalb der EG wurden mit der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie), ABl. L 281 vom 23.11.1995 S. 31 - 50, eigene Datenschutzstandards geschaffen. Aus dem Gemeinschaftsrecht ergibt sich (vgl Art. 300 EGV), dass – soweit eine Gemeinschaftszuständigkeit besteht und gemeinschaftliche Normen erlassen wurden – die Gemeinschaft in ihren Außenbeziehungen nicht (mehr) durch die Mitgliedstaaten, sondern durch die Kommission vertreten wird. Für das seinerzeit von den Mitgliedstaaten ausverhandelte Datenschutzübereinkommen bedeutet dies, dass nunmehr allfällige Verhandlungen über Änderungen des Übereinkommens ebenso wie Beratungen über dessen Umsetzung im Rahmen der Gemeinschaftszuständigkeit nur durch die Kommission geführt werden dürfen. In der Praxis wird der Regelfall allerdings wohl darin bestehen, dass Verhandlungen über Änderungen des Übereinkommens und Beratungen über Umsetzungsmaßnahmen sowohl die Zuständigkeit der Gemeinschaft als auch jene der Mitgliedstaaten betreffen. Dies ergibt sich aus dem weiten, über den Anwendungsbereich des EG-Vertrages (sog. erste Säule der EU) hinausreichenden Geltungsbereich des Übereinkommens. Wesentliche gemeinschaftrechtsrelevante Regelungsinhalte des Übereinkommens (beispielsweise die allgemeinen Datenschutzgrundsätze; vgl Art. 4 ff) betreffen stets auch die sog. dritte Säule der EU und fallen damit zugleich in die mitgliedstaatliche Kompetenz. Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen erscheint ein Beitritt der Europäischen Gemeinschaften zum gegenständlichen Übereinkommen folgerichtig. Ein derartiger Beitritt ermöglicht eine direkte Wahrnehmung der Gemeinschaftszuständigkeit im Rahmen der Vertragsorgane und trägt zu einer abgestimmten Entwicklung des Datenschutzniveaus bei.

Die Kommission hat aufgrund eines entsprechenden Mandates des Rates mit Schreiben vom 22. Oktober 1997 den Beitritt der Europäischen Gemeinschaften zum Übereinkommen beantragt.

Das Übereinkommen in seiner Stammfassung stand nur Staaten zum Beitritt offen. Die vorliegenden Änderungen ermöglichen den Beitritt der Europäischen Gemeinschaften. Die Änderungen sind vom Beratenden Ausschuss gemäß Art. 21 des Übereinkommens erarbeitet und vom Ministerkomitee des Europarates in seiner 675. Sitzung am 15. Juni 1999 genehmigt worden. Ähnliche Bestimmungen sind in  beim Europarat in den letzten Jahren ausgearbeitete Übereinkommen aufgenommen worden, soweit durch die Bestimmungen Gemeinschaftszuständigkeit berührt ist: etwa das Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels (CETS Nr. 197) oder das Übereinkommen über Geldwäsche, über Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten sowie über Terrorismusfinanzierung (CETS Nr. 198).

Wie erwähnt, besteht eine Vertretungsbefugnis der Kommission nur insoweit, als eine Gemeinschaftszuständigkeit besteht und gemeinschaftliche Normen erlassen wurden. Für Bereiche, die zwar in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, aber nicht von der Richtlinie erfasst sind, ist daher weiterhin die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gegeben. Dies gilt vor allem für jene Bereiche, die in Titel V und VI EUV geregelt sind, also insbesondere für öffentliche Sicherheit, Landesverteidigung, Staatssicherheit und strafrechtliche Angelegenheiten (vgl. Art. 3 der Richtlinie).

Durch die Öffnung des Übereinkommens für einen Beitritt der Europäischen Gemeinschaften entstehen keine Kosten, da die sich aus den Änderungen des Übereinkommens ergebenden Verpflichtungen nicht über die geltende Rechtslage hinausgehen.

Besonderer Teil

Zu den Artikeln 1, 3, 5 und 6:

Zur Ermöglichung des Beitrittes der Europäischen Gemeinschaften zum gegenständlichen Übereinkommen war es notwendig, formale Änderungen vorzunehmen, auf Grund derer der Ausdruck „die Europäischen Gemeinschaften“ in all jenen Bestimmungen des Übereinkommens hinzugefügt wird, die sich bisher nur auf Staaten beziehen.

Zu Artikel 2:

Artikel 20 des Übereinkommens reglementiert die Stimmrechte im Beratenden Ausschuss. Der neue Artikel 20 Absatz 3 des Übereinkommens trägt hierbei in flexibler Weise der Entwicklung der Kompetenzverteilung zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten Rechnung. In Fällen, in denen eine Zuständigkeit besteht, werden die Europäischen Gemeinschaften im Beratenden Ausschuss das Stimmrecht ausüben, wobei die Anzahl ihrer Stimmen der Anzahl der EG-Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind und ihre Zuständigkeit in den betreffenden Bereichen auf die Europäischen Gemeinschaften übertragen haben, entspricht. Diesfalls üben die jeweiligen Mitgliedstaaten ihr Stimmrecht nicht aus.

Zu Artikel 4:

Die Änderung in Artikel 23 des Übereinkommens normiert die Möglichkeit und die Modalitäten des Beitrittes der Europäischen Gemeinschaften zum gegenständlichen Übereinkommen. Demnach wird der Beitritt durch die Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats sichergestellt.