Vorblatt

Problem und Ziel:

Die EU-Strukturfonds werden – auf Basis EU-rechtlicher Vorschriften (Verordnungen des Rats, Durchführungsverordnungen der Kommission) und der dadurch normierten Mindeststandards - von den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer institutionellen Systeme abgewickelt.

Regional- und Strukturpolitik sind in Österreich kein eigener Kompetenz­tatbestand des B-VG. Diesbezügliche Aufgaben werden in Österreich vielmehr – ohne formalrechtlich geregelte Koordination – von mehreren sachlich zuständigen Bundes­ministerien und den Ländern wahrgenommen. Österreich hatte sich nach dem EU-Beitritt 1995 dafür entschieden, für die Umsetzung der Programme der EU-Strukturfonds in Österreich vorerst auf formalrechtliche Regelungen zu verzichten und für die Umsetzung die bestehenden Förderstrukturen der sachlich beteiligten Bundesministerien und der Länder zu verwenden. Die notwendige Koordination erfolgte in den ersten Jahren ausschließlich auf Basis informeller Absprachen.

Mit der Periode 2000-2006 wurden die Anforderungen an das Verwaltungs- und Kontroll­system der Mitgliedstaaten verschärft; formale Regelungen wurden somit auch in Österreich unerlässlich. Diese wurden mit der derzeit geltenden Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000-2006 (BGBl. I Nr. 147/2001) geschaffen.

Für die Periode 2007-2013 ist ebenfalls eine derartige rechtliche Regelung für Österreich notwendig. Diese muss den neuerlich geänderten EU-rechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Das BKA hat diesbezügliche Vorschläge ausgearbeitet und mit den Ländern und beteiligten Bundesministerien verhandelt. Nach wie vor ist es Ziel der Regelungen, unter Berücksichtigung der bestehenden Verwaltungspraxis in Österreich (Aufteilung der regionalpolitisch relevanten Förderungskompetenzen auf mehrere Bundes­ministerien und die Länder) einerseits und den Koordinationserfordernissen der Struktur­fonds­programme anderseits eine effiziente Lösung zu finden, die einerseits zwischen Bund und Ländern ausgewogen ist und anderseits klare Verantwortlichkeiten schafft.

Inhalt:

Die Vereinbarung enthält Regelungen zu folgenden Bereichen:

           1. Abgrenzung des Geltungsbereichs

           2. Organe des Verwaltungs- und Kontrollsystems in Österreich

           3. Verfahrensbestimmungen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Programm­durchführung gemäß den EU-Anforderungen

           4. Regelungen betreffend Kontrolle, Finanzkorrekturen und Haftung

           5. Schlussbestimmungen.

Alternative:

Keine. Die Mitgliedstaaten sind zur Regelung der innerstaatlichen Verantwortlichkeiten verpflichtet, wenn sie Strukturfondsmittel lukrieren wollen.

Kosten:

Aufgrund der Vereinbarung ergeben sich keine Mehrkosten.

EU-Konformität:

Die Herstellung von EU-Konformität ist Ziel der Vereinbarung.

 


Erläuterungen

1. Allgemeiner Teil

Die EU-Verordnungen zur Regelung der EU-Kohäsisonspolitik 2007-2013 - Verordnungen (EG) Nr. 1080/2006, 1081/2006 und 1083/2006 (ABl. L 210 vom 31.7.2006) sowie Durchführungs­verordnung Nr. 1828/2006 (ABl. L 371 vom 27.12.2006) - sehen für die koordinierte Abwicklung der Programme der EU-Strukturfonds bestimmte Institutionen vor – „Verwaltungsbehörde“, „Bescheinigungsbehörde“, „Prüfbehörde“, „Begleitausschuss“ – die von den Mitgliedstaaten entsprechend ihrer jeweiligen nationalen Rechtsordnungen einzurichten sind. Die Mitgliedstaaten sind gegenüber der Kommission für die ordnungs­gemäße Programmabwicklung verantwortlich und haften für allfällige Unregelmäßigkeiten.

Für die komplexen Anforderungen einer koordinierten, partnerschaftlichen Abwicklung von Förderprogrammen bietet die österreichische Rechtsordnung keine unmittelbare gesetzliche Basis. Weder gibt es einzelne Institutionen (Bundesressorts, Länder), die im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten und mit den ihnen verfügbaren Ressourcen Programme vom finanziellen Volumen und inhaltlichen Zuschnitt der Struktur­fondsprogramme allein abwickeln könnten, noch gibt es eine gemeinsame, Bund und Länder umfassende Kompetenz für Regionalpolitik.

Daher wurde – erstmals für die EU-Förderperiode 2000-2006 – als Rechtsgrundlage für die erforderlichen Regelungen die Form einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG gewählt. Die bisherige Vereinbarung (BGBl. I Nr. 147/2001) hat sich bewährt, muss aber den geänderten EU-rechtlichen Rahmenbedingungen für die Periode 2007-2013 angepasst werden.

2. Besonderer Teil

zu Artikel 1:

Die Vereinbarung gilt für alle Programme, bei denen eine österreichinterne Regelung zwischen Bund und Ländern möglich ist. Das heißt, sie gilt für die Programme des EU-Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ nur insofern, als österreichische Bundes- oder Landesstellen Teile der zu regelnden Funktionen übernehmen.

zu Artikel 2:

Das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern (Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates) wurde in die Vereinbarung aufgenommen.

zu Artikel 3:

Da die Terminologie des EU-Rechts z.T. von der österreichischen Verwaltungssprache abweicht, wird zur Klarstellung auf die Definitionen des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 verwiesen.

zu Artikel 4:

Die „Verwaltungsbehörde“ (in der Terminologie der EU-Kohäsionspolitik, nicht im Sinne des österrei­chischen Verwaltungsrechts) ist hauptverantwortlich für die Abwicklung eines Strukturfonds­programmes. Allerdings gibt es in Österreich keine Stelle, die über aus­reichende finanzielle und personelle Ressourcen verfügen würde, um größere Programme im nötigen Direkt­kontakt mit den Adressaten (Projektträgern) allein abzuwickeln. Es hat sich daher in den vergangenen Förderperioden bewährt, die im EU-Recht gegebene Möglichkeit der Delegation von Teilaufgaben an „zwischengeschaltete Stellen“ und damit (programm­spezifisch) die finanziellen Ressourcen zur nationalen Kofinanzierung und das maßnahmenspezifische Abwick­lungs-Know-how der verschiedenen bestehenden Förder­stellen auf Bundes- und Länder­ebene zu nutzen. Die Regelung zielt darauf ab, trotz der dadurch gegebenen fragmentierten Abwicklungsstruktur durch klare Regelung der Verant­wort­lichkeiten aller beteiligten Stellen die Programmkoordination durch die Verwaltungs­behörde sicher zu stellen.

zu Artikel 5:

Die „Bescheinigungsbehörden“ (bisher: „Zahlstellen“) sind hauptverantwortlich für das Finanzmanagement der Programme. Es hat sich in der Vergangenheit bewährt, diese Funktion durch jene Bundes­ressorts wahr­nehmen zu lassen, deren Kompetenzbereich mit jenem der fonds­verwaltenden General­direktionen der EU-Kommission korrespondiert. Im Bereich des Finanz­manage­ments wird weiters die (gemäß EU-Recht unvermeidliche) Vorfinanzierung der letzten Rate der Strukturfondsmittel geregelt. Da die Förderung der ländlichen Entwicklung ab 2007 zur Gänze im Rahmen der EU-Agrarförderung und nicht mehr im Rahmen der Strukturfonds abgewickelt wird, entfällt eine eigene Bescheinigungsbehörde für diesen Bereich.

zu Artikel 6:

Die „Prüfbehörden“ sind für die Systemkontrolle (Audit, „second-level control“) verant­wortlich. Entsprechend der bisher bewährten Praxis soll auch diese Funktion durch jene Bundes­ressorts wahr­genommen werden, deren Kompetenzbereich mit jenem der fonds­verwaltenden General­direktionen der EU-Kommission korrespondiert. Allerdings muss die Unabhängigkeit der Prüfbehörden von den mit der Programmadministration befassten Stellen gewährleistet sein.

zu Artikel 7:

Dieser Artikel regelt die Aufgabenverteilung für das Prüfsystem in Österreich für die Programme des EU-Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ . Nicht zuletzt auf Drängen Österreich wurde in den EU-Verordnungen für die Periode 2007-2013 eine Regelung getroffen, die der finanziellen Letztverantwortung der Mitgliedstaaten auch bei Programmen mit Beteiligung mehrerer Mitgliedstaaten Rechnung trägt und damit die bisher bei diesem Programmtyp bestehenden Inkonsistenzen beseitigt. Die in Artikel 7 der Vereinbarung vorgesehene Regelung für Österreich sieht – unter maximaler Nutzung bestehender Verwaltungskapazitäten - im wesentlichen folgende Aufgabenverteilung vor:

-       Bundesprojekte werden primär von Bundesstellen geprüft, Landesprojekte werden primär von Landesstellen geprüft.

-       Die Gesamtaufsicht über das Prüfsystem liegt bei den Programmen der „grenzüberschreitenden“ Ausrichtung (Kooperation zwischen Grenzregionen, vormals INTERREG IIIA) bei den Ländern, bei den Programmen der „transnationalen“ Ausrichtung (großräumige Kooperation im Bereich der europäischen Raumentwicklung) und den EU-weiten Netzwerkprogrammen beim Bundeskanzleramt.

zu Artikel 8:

Den Begleitausschüssen kommen gemäß EU-Recht formale Zuständigkeiten bei der Programmumsetzung zu. Mit diesem Artikel wird die rechtliche Basis in Österreich geschaffen.

zu Artikel 9:

Als Gegenstück zur angestrebten ausgewogenen Nutzung bestehender Abwicklungs­kapazitäten auf Bundes- und Länderebene wird hier (so wie bei der geltenden Bund-Länder-Vereinbarung) festgelegt, dass die beteiligten Stellen mit der Beteiligung auch die Verpflichtung übernehmen, das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Stellen sichzustellen, die damit verbundenen Kosten selbst zu tragen und (als zusätzliche Klarstellung, bisher nicht eindeutig normiert) ggf. bei Programmen im Rahmen des EU-Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ die zwischen den Mitgliedstaaten vereinbarten Transfers an die mit der Programmverwaltung betrauten Stellen zu leisten.

zu Artikel 10:

Der Artikel enthält einige Regelungen betreffend das Zusammenspiel zwischen den beteiligten Stellen, deren explizite Formulierung im Interesse einer reibungslosen Strukturfondsabwicklung auf Programm­ebene im Lichte der bisherigen Erfahrungen mit den Strukturfonds zweckmäßig erscheint.

zu Artikel 11:

Anders als bisher müssen gemäß den neuen EU-rechtlichen Regelungen in Hinkunft die Mitgliedstaaten Regelungen zur Förderfähigkeit aus Strukturfondsmitteln erlassen. Dieser Artikel regelt die diesbezügliche Umsetzung.

zu Artikel 12:

Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass Mängel in der finanziellen Abwicklung der Strukturfonds häufig durch unvollständige oder unklare Regelungen in den Förderverträgen mit den Projektträgern verursacht wurden. Eine klare Regelung der Mindestinhalte der Förderungs­verträge soll dieses Risiko vermeiden helfen.

zu Artikel 13:

Auch hinsichtlich der Mindeststandards für die Projektabrechnung und –prüfung hat die bisherige Praxis gezeigt, dass etwas ausführlichere Regelungen zur Vermeidung von Mängeln in der finanziellen Abwicklung notwendig sind.

zu Artikel 14:

Die Normierung der Meldepflichten wird an die aktuelle Rechtslage der EU angepasst.

zu Artikel 15:

Hier wird die Aufgabenerfüllung der „Prüfbehörden“ sowie deren Koordination durch das Bundeskanzleramt geregelt.

zu Artikel 16:

Mit diesem Artikel wird verhindert, dass der Bund (als Mitgliedstaat) oder ggf. ein Land (als Verwaltungsbehörde) für allf. Unregelmäßigkeiten im Verantwortungsbereich der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft haften muss.

zu Artikel 17:

Im Lichte der bisherigen Erfahrungen mit einem überwiegend problemlosen Zusammen­wirken der beteiligten Partner (getragen vom gemeinsamen Interesse an einem reibungslosen Mittelrückfluss nach Österreich) sowie im Wissen um den letztlich politischen Charakter allfälliger Streitigkeiten bei der Strukturfondsabwicklung wird nach wie vor auf die Normierung eines aufwendigen Schlichtungsverfahrens verzichtet.

zu Artikel 18:

Das vorgesehene Ende der Vereinbarung ergibt sich aus den in der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 vorgesehenen Fristen.