Vorblatt

Inhalt:

Die Mitteilungspflicht von Behörden und Organen der öffentlichen Aufsicht soll auf Einrichtungen zur Betreuung oder zum Unterricht Minderjähriger ausgedehnt werden.

Neben den in der Jugendwohlfahrt tätigen oder beauftragten Personen, die auf Grund berufsrechtlicher Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, sollen auch Berufsgruppen, die keiner berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, im Falle des Verdachts einer Vernachlässigung, Kindesmisshandlung oder Kindesmissbrauchs verpflichtet werden, dem Jugendwohlfahrtsträger Meldung zu erstatten.

Alternativen:

keine

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

keine

Finanzielle Auswirkungen:

Durch die Novelle ist zwar mit einer Zunahme an Meldungen über mögliche Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen zu erwarten. Dieser Anstieg sollte jedoch weitgehend mit den vorhandenen Personalressourcen bewältigbar sein, weshalb keine wesentlichen finanziellen Auswirkungen für die Kostenträger der Jugendwohlfahrt (Länder, Gemeinden, Sozialhilfeverbände) zu erwarten sind. Dem Bund erwachsen keine zusätzlichen Kosten.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Novelle steht zu den Rechtsvorschriften der europäischen Union nicht im Widerspruch.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

 

keine


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Inhalt

Mit Ministerratsbeschluss Nr. 3/22 vom 14.2.2007 sind die Mitglieder der Bundesregierung übereingekommen, dass es mit einer Novellierung des Jugendwohlfahrtsgesetzes zu einem besseren Informationsfluss zwischen den zuständigen Behörden und Einrichtungen kommen und so ein „Frühwarnsystem“ etabliert werden soll. So soll sichergestellt werden, dass Vernachlässigungen und sonstige Kindeswohlgefährdungen möglichst schnell offenkundig werden.

Die Mitteilungspflicht von Behörden und Organen der öffentlichen Aufsicht soll auf Einrichtungen zur Betreuung oder zum Unterricht Minderjähriger ausgedehnt werden.

Neben den in der Jugendwohlfahrt tätigen oder beauftragten Personen, die auf Grund berufsrechtlicher Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, sollen auch Berufsgruppen, die keiner berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, im Falle des Verdachts einer Kindesmisshandlung oder Kindesmissbrauchs verpflichtet werden, dem Jugendwohlfahrtsträger Meldung zu erstatten.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 (Zivilrechtswesen) und Z 12 (Gesundheitswesen).

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 37 Abs. 1):

Die bestehende Meldeverpflichtung im Jugendwohlfahrtsrecht betrifft nur Behörden (= Organe der Vollziehung, in deren Zuständigkeit die Verfügung von hoheitlichen Maßnahmen fällt) nicht jedoch die einzelne Schule oder Betreuungseinrichtung, wo Gefährdungen des Kindeswohls am ehesten bekannt werden. Um die Gefährdung des Kindeswohls in einem frühen Stadium erkennen zu können, ist es erforderlich, dass der Jugendwohlfahrtsträger über Tatsachen, die sein Einschreiten erforderlich machen, möglichst rasch Kenntnis erlangt. Der Begriff Betreuung ist in einem weiten Sinn zu verstehen und umfasst auch Beratung.

Die Mitteilungspflicht soll daher auf Einrichtungen zur Betreuung oder zum Unterricht Minderjähriger ausgedehnt werden. Da Lehrer/innen und Erzieher/innen unmittelbaren Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben, können sie Anzeichen einer physischen oder psychischen Beeinträchtigung des Kindeswohls bereits sehr frühzeitig erkennen. Die enge Kooperation dieser Einrichtungen mit dem Jugendwohlfahrtsträger ermöglicht es nicht nur, dass konkrete Maßnahmen im Fall einer bereits eingetretenen Kindeswohlgefährdung gesetzt werden, sondern dass auch präventiv Unterstützungsleistungen eingeleitet werden können, die einer konkreten Gefährdung entgegenwirken.

Im Hinblick auf das primäre Ziel des Jugendwohlfahrtsrechts, der Prävention, soll die Mitteilungspflicht nicht nur auf Fälle bereits erfolgter Kindeswohlgefährdungen beschränkt bleiben, sondern auch drohende Gefährdungen umfassen. Diese liegt vor, wenn für die Meldepflichtigen über die bloße Vermutung hinausgehende, konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen, wie etwa häufiges nicht nachvollziehbares Fernbleiben vom Unterricht.

Für den Schulbereich ist durch § 48 SchUG eine darüber hinaus gehende Meldepflicht der Schulleitung normiert. Neben Fällen der drohenden oder bereits eingetretenen Kindeswohlgefährdung ist eine Mitteilungspflicht an die Jugendwohlfahrt auch vorgesehen, wenn die Erziehungsberechtigten in wichtigen Fragen uneinig sind.

Zu Z 2 (§ 37 Abs. 2):

Mit der Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 1998 wurde eine Mitteilungspflicht für in der Begutachtung, Betreuung und Behandlung Minderjähriger tätige Angehörige medizinischer Gesundheitsberufe und in der Jugendwohlfahrt tätige oder beauftragte Personen, die zur Verschwiegenheit berufsrechtlich verpflichtet sind, für Fälle des Verdachts der Misshandlung, Vernachlässigung oder der sexuellen Gewalt eingeführt.

Um eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Berufsgruppen, die in der Jugendwohlfahrt tätig sind, zu vermeiden, sollen künftig nicht nur Berufsgruppen, die auf Grund berufsrechtlicher Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, sondern auch Berufsgruppen ohne berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht im Falle des Verdachts einer Kindesmisshandlung oder Kindesmissbrauchs verpflichtet werden, dem Jugendwohlfahrtsträger Meldung zu erstatten.