Vorblatt

Problem

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis G 37/06-6 vom 29. September 2006 den § 4 Abs. 1 des BauKG mangels hinreichender Kompetenz des Bundesgesetzgebers aufgehoben. Diese Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2007 in Kraft. Die aufgehobene Vorschrift ist jedoch – wie auch alle anderen im BauKG enthaltenen Regelungen - zur Umsetzung der EU-Richtlinie 92/57/EWG notwendig.

 

 

Ziel und Inhalt

Zur verfassungskonformen Beibehaltung der geltenden einfachgesetzlichen Rechtslage ist die Schaffung einer Kompetenzdeckungsklausel für den Bund hinsichtlich Gesetzgebung und Vollziehung in unmittelbarer Bundesverwaltung in Angelegenheiten der Bauarbeitenkoordination erforderlich.

 

 

Alternativen

Aufhebung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes des Bundes, was zur Folge hätte, dass neun im Wesentlichen gleich lautende Landesgesetze auf Grundlage von Art. 15 Abs. 1 B-VG zur Umsetzung der EU-Richtlinie 92/57/EWG erlassen werden müssten und die Länder auch für die Vollziehung Sorge zu tragen hätten.

 

 

Auswirkungen auf Beschäftigung und Wirtschaftsstandort Österreich

Keine.

 

 

Finanzielle Auswirkungen

Keine.

 

 

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die EU-Richtlinie 92/57/EWG, die durch das BauKG umgesetzt wurde, muss aufgrund der zwingenden Vorgaben des Gemeinschaftsrechts jedenfalls im österreichischen Recht verankert bleiben.

 

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Der vorliegende Entwurf kann im Hinblick auf Art. I gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Er bedarf überdies gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.


Erläuterungen

Das Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) wurde im Jahr 1999 vom Bundesgesetzgeber zur Umsetzung der EU-Richtlinie 92/57/EWG erlassen. Bei den Bestimmungen dieser EU-Richtlinie handelt es sich um Mindestvorschriften im Sinne des Art. 137 des EG-Vertrages, die von den Mitgliedstaaten zwingend umgesetzt werden müssen.

Die EU-Richtlinie 92/57/EWG enthält Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern auf Baustellen. Sie ist eine Einzelrichtlinie zur Rahmenrichtlinie 89/391/EWG über Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit („Arbeitnehmerschutz-Rahmenrichtlinie“).

Sowohl die EU-Richtlinie 92/57/EWG als auch das Bauarbeitenkoordinationsgesetz haben das Ziel, Sicherheit und Gesundheitsschutz der auf Baustellen beschäftigten Arbeitnehmer/innen durch Koordinationspflichten für Bauherren und Projektleiter/innen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz zu verbessern und das in diesem Wirtschaftsbereich für Arbeitnehmer/innen besonders hohe Unfallrisiko herabzusetzen.

Da diese Zielsetzungen auf die Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes gerichtet sind, wurde 1999 davon ausgegangen, dass es sich um eine Materie des Arbeitnehmerschutzrechts handelt und dass sich daher die innerstaatliche Rechtsnorm, die diese Richtlinie umsetzt, auf die selben verfassungsrechtlichen Kompetenzgrundlagen zu stützen hat wie das gesamte Arbeitnehmerschutzrecht, nämlich

                Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Arbeitsrecht),

                Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG (Dienstrecht der Bundesbediensteten) und

                Art. 21 Abs. 2 B-VG (Arbeitnehmerschutz für Bedienstete der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, die in Betrieben beschäftigt sind).

Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis G 37/06-6 vom 29. September 2006, ausgesprochen, dass diese Kompetenztatbestände es dem Bundesgesetzgeber nicht erlauben, Vorschriften zu erlassen, die (nicht den Arbeitgeber/innen, sondern) den Bauherrn (wenn auch zwecks besserer Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes durch die Arbeitgeber/innen) Pflichten auferlegen. (Kundmachung BGBl. I Nr. 154/2006).

 

Gegenstand des Gesetzesprüfungsverfahrens war zwar nur § 4 Abs. 1 BauKG – daher beschränkt sich auch das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs auf diese Bestimmung. Es hat inhaltlich jedoch für das ganze Bauarbeitenkoordinationsgesetz Bedeutung. Dem Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes folgend, müsste daher das Bauarbeitenkoordinationsgesetz mangels Kompetenz des Bundesgesetzgebers zur Gänze aufgehoben werden.

 

Aus den Kompetenzartikeln des B-VG würde sich demnach eine Zuständigkeit der Länder zu Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art. 15 B-VG ergeben.

Aufgrund der zwingenden Umsetzungsverpflichtung hinsichtlich der EU-Richtlinie 92/57/EWG besteht allerdings für den innerstaatlichen Gesetzgeber materiell kaum ein Spielraum, sodass in der Folge die Landesgesetzgeber gehalten wären, neun im Wesentlichen gleich lautende Landes-Bauarbeiten­koordinationsgesetze zu erlassen.

Darüber hinaus wären die Länder gleichfalls gehalten, die Vollziehung dieser Landesgesetze durch Landesverwaltungsbehörden zu gewährleisten, was zusätzliche Vollzugskosten für die Länder bewirken würde. Derzeit wird die Einhaltung des BauKG von der Arbeitsinspektion in unmittelbarer Bundesvollziehung überwacht, was sich bestens bewährt hat.

Im Hinblick darauf, dass sich das (Bundes-) Bauarbeitenkoordinationsgesetz seit 1999 bewährt hat und andere Vorschriften (z.B. Normungswesen, Bauausschreibungen) auf das BauKG verweisen, soll die geltende Rechtslage beibehalten und mit dem vorliegenden Entwurf die Kompetenzgrundlage dafür geschaffen werden.

 

Zu Z 4:

Auf der Kompetenzgrundlage des neuen Art. I wird der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs mit Ablauf des 30. Juni 2007 aufgehobene § 4 Abs. 1 BauKG, neu erlassen.