Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger

zum Bericht 153 der Beilagen über die Regierungsvorlage (142 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird, und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden

 

Artikel I: Tiertransportgesetz 2007 - TTG 2007

 

In Österreich wurde es bisher verabsäumt, die gesetzlichen Anpassungen zur bestehenden EU- Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport, die seit Jänner 2007 gültig ist, vorzunehmen. Mit diesem Gesetzesentwurf wird daher mit großer zeitlicher Verzögerung ein neues Tiertransportgesetz zur innerstaatlichen Durchsetzung der EU-Verordnung geschaffen.

Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 hätte die Möglichkeit geboten, strengere Bestimmungen für innerstaatliche Transporte festzulegen. Stattdessen werden im Gesetzesentwurf hinsichtlich einer Verlängerung der Transportzeiten Ausnahmeregelungen geschaffen, die sogar den Rechtsrahmen der Europäischen Union sprengen, obwohl es in Österreich keine geographischen oder veterinärfachlichen Gegebenheit gibt, die dies nötig machten.

 

§§ 18 und 19 sind EU-rechtswidrig, Transportzeiten werden verlängert

 

Die EU-Verordnung schreibt im wesentlichen Spezialtransporter für Tiertransporte vor, die länger als 8 Stunden andauern. § 18 Abs. 2 des Gesetzesentwurfes ermöglicht jedoch für Nutz- und Zuchttiere eine Verlängerung der Transportzeiten auf 10 Stunden. § 19 enthält eine Ausnahmebestimmung vom Erfordernis der Zulassung von Spezialfahrzeugen für Transporte, die mehr als 8 Stunden betragen. Abgesehen davon, dass es in Österreich keine geografische oder strukturelle Notwendigkeit dafür gibt, Tiere länger als 8 Stunden zu transportieren, werden diese Bestimmungen als EU-rechtswidrig erachtet. Denn sie stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen der (gemeinschaftsrechtlichen) Tiertransportbestimmungen, wonach alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden müssen, um die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten (Art. 3 lit. a Verordnung (EG) Nr. 1/2005). Art. 18 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005, auf den sich § 19 der Regierungsvorlage bezieht, lautet:

 

„(4) Für Beförderungen bis zu zwölf Stunden können Mitgliedstaaten für Straßentransportmittel Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Artikels und den Bestimmungen des Anhangs V Nummer 1.4 Buchstabe b) sowie des Anhangs I Kapitel VI gewähren, damit der letzte Bestimmungsort erreicht werden kann.“

 

Art. 18 Abs. 4 VO 1/2005 sieht daher keine Erleichterungen für Straßentransportmittel, sondern nur Erleichterungen für bestimmte Beförderungen vor. Diese Unterscheidung ist von Bedeutung, denn so wie es im Gesetzesentwurf steht, könnte die Behörde festlegen, dass mit dem Kurzstreckenfahrzeug A über 8 Stunden transportiert werden darf, mit dem Kurzstreckenfahrzeug B aber nicht. Dagegen sagt die Verordnung sinngemäß: Nach Prüfung des Einzelfalles kann ein benannter bestimmter Transport ausnahmsweise bis zu 12 Stunden dauern, obwohl er aufgrund mangelhafter Ausstattung eigentlich nach 8 Stunden enden sollte. Der vorliegende Gesetzesentwurf jedoch bedeutet sinngemäß: „Wenn das Fahrzeug trotz mangelhafter Ausstattung einmal für mehr als 8 Stunden Transportdauer zugelassen wurde, dann darf man damit immer länger als 8 Stunden fahren“. Dieser Umstand verursacht auch einen unverhältnismäßigen Amtsaufwand im Vergleich zu dem für den Verfügungsberechtigten erzielbaren Nutzen. Denn bei einer Kontrolle in einem Nachbarstaat müsste erkennbar gemacht werden, dass der Transport unter zugelassenen Bedingungen erfolgt. Die nationalen Umsetzungen der VO 1 /2005 müssten somit auch den Amtsorganen des Nachbarstaates bekannt gemacht werden.

 

Ferner wird darauf hingewiesen, dass bei den Fahrzeiten die Verladezeiten nicht inkludiert sind, wie dies beim bisherigen österreichischen Tiertransportgesetz-Straße der Fall war. Insoferne bedeutet dieser Umstand auch eine indirekte Verlängerung der Transportzeiten und Verschlechterung gegenüber dem Status quo.

 

Die EU-VO misst der Ausbildung von Personen, die Tiertransporte durchführen oder betreuen, einen besonders hohen Stellenwert zu. Gemäß § 12 Abs. 2 der Regierungsvorlage sollen hinsichtlich der Ausgestaltung und Durchführung des Lehrganges, der Durchführung der Prüfungen sowie der Anerkennung anderer einschlägiger Lehrgänge und Prüfungen sowie praktischer Erfahrung im Umgang mit Tieren nähere Bestimmungen mittels Verordnung geregelt werden. Es bleibt zu hoffen, dass in der Verordnung nicht festgelegt wird, dass es als Alternative zur Bestätigung einer Ausbildung auch ausreichen soll, eine Bestätigung über eine „Tätigkeit mit Tieren“ vorzulegen. Damit könnten z.B. Landwirte, die bisher ihre Tiere wenige Kilometer transportiert haben ohne weitere Ausbildung auch bei großen Frächtern anheuern und Schlacht- oder Nutztiere EU-weit transportieren.

 

Artikel II Änderung des Tierschutzgesetzes

 

Als positiv ist zu vermerken, dass die Tierschutz-Ombudspersonen in Verwaltungsverfahren einschließlich Verwaltungsstrafverfahren nach diesem Bundesgesetz Parteistellung bekommen sollen (§ 41 Abs.4). Damit wird einer Empfehlung der Volksanwaltschaft entsprochen.

 

Tierschutzrat wird entmündigt

 

Bezüglich der Änderungen des § 42 (Zusammensetzung und Aufgaben des Tierschutzrates) wird offenbar die Absicht verfolgt, den Tierschutzrat in seiner Unabhängigkeit drastisch einzuschränken. Die zuständige Bundesministerin erhält das Recht, den Vorsitz sowie die Vertretung zu ernennen und abzuberufen, die einfachen Mitglieder ihres Amtes zu entheben und die Geschäftsordnung zu erlassen.

 

Zusätzlich sollen in Hinkunft auch die LandesveterinärdirektorInnen der Bundesländer dem Tierschutzrat angehören. Damit ändern sich die Mehrheitsverhältnisse im Tierschutzrat gravierend. Aus Sicht der Grünen wird dies aus folgenden Gründen für äußerst bedenklich gehalten: Laut § 42 (7) Z 5 soll der Tierschutzrat u.a. den Vollzug des Tierschutzgesetzes evaluieren. Die LandesveterinärdirektorInnen, die nunmehr im Tierschutzrat vertreten sein werden, sollen in Hinkunft daher ihre Tätigkeit selbst evaluieren. Hier handelt es sich um einen klassischen Interessenskonflikt. Auch sind die LandesveterinärdirektorInnen weisungsgebunden und stehen in den Bundesländern in der Regel unter dem Einfluss der LandesagrarrätInnen bzw. -referentInnen. Überdies kann davon ausgegangen werden, dass die LandesveterinärdirektorInnen auch bei der Bestellung der Tierschutzombudsleute wesentlich mitzubestimmen haben. Eine Ombudsperson, die nach fünf Jahren wiederbestellt werden möchte, hat daher wenig Spielraum, im Tierschutzrat im Beisein der Landesveterinärdirektion unabhängig zu agieren. Der Agrarbereich ist im neuen Tierschutzrat mehrmals verankert: durch das Landwirtschaftsministerium, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, die Bundeslehr- und Forschungsanstalt Gumpenstein und den Einfluss der Agrarlandesräte auf die VeterinärdirektorInnen. Dieser Interessenslage stehen lediglich zwei VertreterInnen des organisierten Tierschutzes in Österreich gegenüber (Verband Österreichischer Tierschutzvereine und ein/e Vertreterin jener Tierschutzorganisation, die Österreich in der Eurogroup for Animals vertritt).

 

Offenbar soll der Tierschutzrat, der bisher relativ unabhängig agieren konnte, gänzlich unter das Kuratel der zuständigen Ministerin gestellt werden. Denn Anfragen an den Tierschutzrat sowie Anfragen hinsichtlich Informationen über die Tätigkeiten und Beschlüsse des Tierschutzrates sind künftig an das zuständige Ministerium zu stellen (§ 42 Abs. 6), das im übrigen keineswegs über die erforderlichen Ressourcen zur Bewältigung dieses Arbeitsaufwandes verfügt.

 

Tierschutzvertretung gegen die geplanten Maßnahmen

 

Entsprechend kritisch hat sich daher der Verein Österreichischer Tierschutzvereine (ÖTV), der den organisierten Tierschutz in Österreich im Tierschutzrat mit einer Stimme vertritt, am 20. April 2007 zum Begutachtungsentwurf geäußert (auszugsweise Darstellung):

 

„Änderungsvorschläge betreffend den Tierschutzrat

Bei der nunmehr vorgeschlagenen Änderung des § 42 handelt es sich um reine personenbezogene Anlassgesetzgebung, die das Ziel verfolgt, unliebsame Mitglieder aus dem Rat zu entfernen und den amtierenden Vorsitzenden seiner Funktion zu entheben.

 

Insgesamt offenbart der Entwurf, dass das BMGFJ beabsichtigt, den Tierschutzrat zu entmündigen und zu einer Einrichtung zu degradieren, das als Pseudolegitimation für tierschutzrechtliche Vorhaben des BMGFJ eingesetzt werden kann.

 

Die Erfahrungen insbesondere in den letzten beiden Sitzungen des Tierschutzrates zeigen, dass die geplanten Änderungen nichts anderes bezwecken,

-       als einzelne Mitglieder des Rates aus dem Gremium zu entfernen bzw. den Vorsitzenden seiner Funktion zu entheben und sie durch Personen zu ersetzen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zum BMGF bzw. BMLFUW stehen, zu ersetzen,

-       die Gewichtung der im Rat vertretenen Interessen je nach Fragestellung beliebig zu verschieben und

-       das Gremium zu entmündigen, indem es nicht einmal mehr berechtigt sein soll, seine eigene Geschäftsordnung autonom zu beschließen.

Schon seit der Konstituierung des Tierschutzrates hat sich gezeigt, dass das BMGFJ bestrebt ist, die Aufgaben des Tierschutzrates auf eine ausschließliche Beratungstätigkeit zu reduzieren.

 

Der Gesetzgeber ist dagegen von einer anderen Konzeption des Tierschutzrates ausgegangen: Er hat ihn – abgesehen von seiner Beratungsfunktion gegenüber dem BMGHJ – mit einer Reihe von weiteren Aufgaben betraut, die darin bestehen, den (rechtlichen) Tierschutz in Österreich zu evaluieren und weiter zu entwickeln. Die einzelnen Aufgaben des Tierschutzrates sind in § 42 Abs. 2 TSchG ausdrücklich aufgezählt:

                „[…],

                2.            Erstellen von Stellungnahmen zu Verordnungsentwürfen auf Grund dieses Bundesgeset-                             zes,

                3.            Erarbeitung von Richtlinien, die für eine einheitliche Vollziehung dieses Bundesgesetzes                            in den Ländern notwendig sind,

                4.            Beantwortung von Anfragen und Formulierung von Empfehlungen, die sich aus dem                    Vollzug dieses Bundesgesetzes ergeben,

                5.            Evaluierung des Vollzugs dieses Bundesgesetzes sowie Erarbeiten von Vorschlägen zur                              Verbesserung des Vollzugs,

                6.            Erstellung eines im Rahmen des Veterinärjahresberichtes zu veröffentlichenden Berich-                               tes über die Tätigkeit des Tierschutzrates.“

 

Die ordnungsgemäße Wahrnehmung dieser – im Übrigen nur demonstrativ aufgezählten - Aufgaben setzt voraus, dass die einzelnen Mitglieder von den beteiligten Zentralstellen (BMGFJ und BMLFUW) unabhängig sind und seine Aufgaben autonom erfüllt. Vor diesem Hintergrund wird zu den einzelnen Vorschlägen wie folgt Stellung genommen:

 

-       Abhängigkeit der Universitätsvertreter von den involvierten Ministerien (§ 42 Abs. 2 Z 5, 6, 7 und 10 des Entwurfs)

 

Da wissenschaftlich tätige Universitätsvertreter regelmäßig Forschungsgelder vom BMGFJ und / oder BMLFUW einwerben und beziehen, stehen sie in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis zu diesen Geldgebern. Wissenschaftlich tätige Angehörige der Universität für Bodenkultur und der Veterinärmedizinischen Universität Wien sind daher im Hinblick auf ihre Tätigkeit im Tierschutzrat grundsätzlich als befangen zu bezeichnen.

Es muss daher weiterhin der jeweiligen Universität überlassen bleiben, ob sie einen Wissenschafter oder aber einen anderen Vertreter – wie etwa den Rektor – als Vertreter in den Tierschutzrat entsendet.

 

-       Beliebige Erweiterung des Mitgliederkreises durch den BMGFJ (§ 42 Z 10 des Entwurfs)

 

§ 42 Abs. 2 TSchG legt abschließend fest, welche Institutionen im Tierschutzrat vertreten sein müssen. Dieser Zusammensetzung liegt ein wohldurchdachtes Konzept des Bundesgesetzgebers zugrunde, das unterlaufen wird, wenn der Mitgliederkreis ad hoc erweiterbar ist. Es wird daher entschieden abgelehnt, dem zuständigen Bundesminister die Möglichkeit einzuräumen, die Zusammensetzung und damit auch die Gewichtung der im Tierschutzrat vertretenen Interessen beliebig verändern zu können.

Die Möglichkeit, im Bedarfsfall externe Experten beizuziehen, ist ohnehin bereits nach der geltenden Geschäftsordnung gegeben. Die Beiziehung externer Experten ist weiterhin der Entscheidung des Tierschutzrates vorzubehalten.

Schließlich ist die Funktion eines beratenden Experten mit der Funktion eines stimmberechtigten Mitgliedes unvereinbar.

 

-       Bevormundung des Rates (§ 42 Abs. 3 und 4 des Entwurfs)

 

Durch ein Bestellungsrecht des zuständigen Bundesministers in Bezug auf alle Mitglieder, die Festlegung von Enthebungsgründen (Abs. 3, 2. Satz) und  die Erlassung der Geschäftsordnung durch Verordnung des BMGFJ (Abs. 4, 3. Satz) soll der Rat „entmündigt“ werden.

Die Bestellung der Mitglieder durch den Bundesminister, die gesetzliche Regelung von Enthebungsgründen und eine Verordnungsermächtigung zur Erlassung einer Geschäftsordnung werden für überflüssig erachtet. Auch in den Erläuterungen wird lediglich behauptet, dass diese Vorgansweise „sinnvoll“ sei, ohne Gründe für diese Behauptung anzuführen.

Die genannten Vorhaben stehen außerdem im Widerspruch zu den Zielen der Verwaltungsvereinfachung und Deregulierung; sie stehen daher auch nicht im Einklang mit den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung.

 

-       Externer Vorsitzender (§ 42 Abs. 4 und 5 des Entwurfs)

 

Obwohl die Mitglieder im Tierschutzrat ehrenamtlich tätig sind, soll der Vorsitz einer externen Person übertragen werden, die für diese Tätigkeit zu entlohnen ist. Auch dieses Vorhaben ist mit den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar, zumal die Funktion des Vorsitzenden durchaus von einem hierzu geeigneten Mitglied des Rates erfüllt werden kann. Dies gilt umso mehr, als das begründete Anliegen nach einer Erhöhung der Sitzungsfrequenz seitens des BMGFJ mit dem Hinweis auf die fehlenden budgetären Mittel abgelehnt wurde.

 

Schließlich ist die Betrauung einer externen Person mit der Funktion des Vorsitzenden auch deshalb abzulehnen, weil eine effiziente Sitzungsführung erfahrungsgemäß voraussetzt, dass der Vorsitzende zumindest nicht gänzlich fachfremd ist.

 

Die Betrauung einer externen Person mit der Funktion des Vorsitzenden bedeutet weiters einen zusätzlichen Arbeitsaufwand für die ohnehin schon überlastete Geschäftsstelle des Tierschutzrates, da die Aufgabe der Weitergabe von Informationen über Tätigkeit und Beschlüsse des Rates, die bislang dem Vorsitzenden oblag, nunmehr der Geschäftsstelle übertragen werden soll (vgl. Punkt 6. des Entwurfes).

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Weitergabe von Informationen über die Tätigkeit des Rates in der Geschäftsordnung geregelt ist und bislang auch weitgehend im Sinne dieser Bestimmungen gehandhabt wurde. Im Gegensatz zu den Erläuterungen bestand keine Unklarheit darüber, wer zur Weitergabe welcher Informationen berechtigt ist. Aus § 3 Abs. 5 der geltenden Geschäftsordnung geht vielmehr unmissverständlich hervor, dass die Vertretung des Rates in der Öffentlichkeit dem Vorsitzenden obliegt; der Umfang der Verschwiegenheitspflicht ergibt sich aus § 3 Abs. 3 und 4 der Geschäftsordnung. Allerdings hat die Erfahrung gezeigt, dass die Verschwiegenheitspflicht durch ein Mitglied mehrfach nachweislich verletzt wurde; für diesen Fall sind in der Geschäftsordnung Sanktionen vorzusehen, die bis zum Ausschluss des betreffenden Mitgliedes reichen sollten.

 

Insgesamt wird aus den dargelegten Gründen gefordert, § 42 TSchG in seiner geltenden Fassung beizubehalten.“

 

Zwar gab es noch einige Abänderungen in der Regierungsvorlage und insofern treffen einige dieser Kritikpunkte in dieser Form nicht mehr zu (das Bestellungsrecht der zuständigen Ministerin in der Regierungsvorlage beschränkt sich im Unterschied zum Begutachtungsentwurf nur auf Vorsitz und Stellvertretung und die Bestellung eines externen Vorsitzenden wurde wieder zurückgenommen), dennoch bleiben die wesentlichen anderen angeführten Kritikpunkte aufrecht. Auf den Abänderungsantrag der Regierungsparteien, der den übrigen Fraktionen erst einen Tag vor der Ausschusssitzung vorgelegt wurde, geht diese Stellungnahme vom Verband der Österreichischer Tierschutzvereine, die bereits am 20. April 2007 vorgelegt wurde, naturgemäß nicht ein.

 

Tierschutzrat stimmte gegen die geplanten Änderungen

 

Im derzeitigen Tierschutzrat wurde über die geplanten Änderungen am 06.06.2007 abgestimmt. Die Abstimmung ergab, dass sich der Tierschutzrat mit großer Mehrheit gegen eine Änderung der Zusammensetzung des Tierschutzrates ausgesprochen hat. Dies wurde vor allem mit der erfolgreichen Arbeit in der bisherigen Zusammensetzung, aber auch mit dem Erhalt des Tierschutzrates als Fachgremium begründet.

 

Gravierende Defizite des Tierschutzgesetzes werden nicht behoben

 

Abschließend ist festzustellen, dass das TSchG einige gravierende Defizite aufweist, die im Rahmen der Novellierung nicht behoben werden:

 

-       das Verbot der Qualzucht müsste geändert werden, damit es vollzogen werden kann

-       ein Verbot des ungerechtfertigten Fangens wildlebender Tiere wäre dringend notwendig

-       für etliche Tierarten (darunter Pferde, Schafe und Ziegen) fehlen Übergangsfristen etc.

 

Eckpunkte des Grünen Initiativantrages:

 

Die Grünen haben daher die Berichte des Tierschutzrates und Empfehlungen anlässlich der Begutachtungsphase zum Anlass genommen, einen umfassenden Initiativantrag zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorzulegen.

 

Im Wesentlichen enthält der Grüne Antrag folgende Punkte:

 

-       Herstellung der Vollziehbarkeit des Qualzuchtverbotes durch Streichung der Erfordernisses der STARKEN Schmerzen

-       Schaffung eines Tierquälereitatbestandes, der das Fangen von frei lebenden Tieren ohne vernünftigen Grund verbietet (Singvogelfang in Oberösterreich)

-       Untersagung der In-Verkehr-Bringung von verbotenen Hundeausbildungsgeräten (derzeit ist nur das Verwenden, der Besitz und Erwerb von verbotenen Hundeausbildungsgeräten verboten)

-       Verbot des Imports und Handels mit Produkten, die durch Zwangsmästung von Tieren hergestellt wurden (Hauptanwendungsfall: Gänsestopfleber)

-       Verbot der Haltung von Hunden, an denen verbotene Eingriffe vorgenommen wurden (Eindämmung des florierenden "Kupiertourismus")

-       Verbot der Sodomie (war bei den Beratungen zum TSchG parteiübergreifender Konsens, fand sich aber im Beschlusstext nicht mehr)

-       Eingriffe, bei denen Tiere erhebliche Schmerzen erleiden, dürfen nur von einem Tierarzt und nach wirksamer Betäubung nach postoperativer Schmerzbehandlung durchgeführt werden (soll für alle Tiere gelten, auch für Nutztiere)

-       in § 18 wird unterschieden zwischen einem verpflichtenden Zulassungsverfahren für neue Stallsysteme und freiwilliger Kennzeichnung für bestehende Systeme, wenn sie sich einer Prüfung unterziehen; es soll eine zentrale Prüfstelle eingerichtet werden

-       Anzeigepflicht für die Haltung von Tieren zum Zweck der Zucht soll auch für Hobbyzüchter gelten (das TSchG sieht eine Anzeigepflicht für die gewerbliche Haltung von Tieren zum Zweck der Zucht vor - niemand ist aber in der Lage, in der Praxis zwischen gewerblichen (Hunde)Züchtern und "Hobbyzüchtern" zu unterscheiden

-       Klarstellung dass die Tierschutzombudsperson volle Parteistellung auch im Verwaltungsstrafverfahren hat (ist auch Gegenstand der Regierungsvorlage)

-       Schaffung von Einrichtungen, um beschlagnahmte Tiere artgerecht unterzubringen (die Behörden sollen nicht nur verpflichtet werden, die Tiere pfleglich unterzubringen, sondern auch verpflichtet werden, für entsprechende Einrichtungen zu sorgen und diese zu betreiben).

-       Schaffung von Übergangsfristen für die Haltung von bestimmten (Nutz)Tierarten (für Pferde, Schafe & Ziegen, Kaninchen, Lamas, Gatterwild, Strauße und Nutzfische fehlen in der 1. Tierhaltungsverordnung Übergangsfristen)

-       und Genderung des Tierschutzgesetzes: statt der Bezeichnung „Tierschutzombudsmann“ wird die Bezeichnung "Tierschutzombudsperson" vorgeschlagen.

 

Der Initiativantrag der Grünen mit diesen umfassenden Vorschlägen wurde von den Regierungspartein zur Gänze abgelehnt. Damit wird die Chance verabsäumt, das österreichische Tierschutzgesetz den Erfordernissen eines modernen Tierschutzes anzupassen und in Europa eine Vorreiterrolle einzunehmen.

 

Seitens der SPÖ (Abg. Keck) wurde angemerkt, seine Fraktion könne vielen Punkten des Grünen Antrages zustimmen, es sei jedoch nicht möglich gewesen, etwaige Auswirkungen einiger Punkte zu prüfen (dies, obwohl der Grüne Antrag dem Parlament seit dem 7. März 2007 vorliegt) und die SPÖ werde daher den Antrag ablehnen. Gleichzeitig regte er an, in dieser Frage Gespräche zwischen allen Fraktionen aufzunehmen, wobei er sich zuversichtlich zeigte, einen Fünf-Parteien-Antrag zustande zu bringen. Sollte die ernsthafte Absicht bestehen, auf Basis des Grünen Initiativantrages zu verhandeln, wäre jedoch eine Vertagung und keine Ablehnung angebracht gewesen. Wie auch immer - die Grünen sind jedenfalls zu konstruktiven Gesprächen bereit und erwarten daher weitere Initiativen der SPÖ in diese Richtung.

 

Aus den oben genannten Gründen wird die von den Regierungsparteien vorgelegte Novelle zum Tiertransportgesetz, Tierschutzgesetz und Tierseuchengesetz von den Grünen – mit Ausnahme der Änderung des § 41 Abs. 4 Satz 1 (die Tierschutzombudsperson soll in Verwaltungsverfahren einschließlich Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung erhalten) -abgelehnt.