154 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 134/A der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz – TSchG geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 07. März 2007 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

 

„Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis)

Der Begriff „Tierschutzombudsmann“ ist unter dem Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes bedenklich und entspricht nicht dem allgemein anerkannten Anliegen des „Gender Mainstreamings“. Daher ist der Begriff „Tierschutzombudsmann“ durch die gendergerechte Bezeichnung „Tierschutzombudsperson“ zu ersetzen.

Zu Z 2 (§ 4 Begriffsbestimmungen)

Der Tierschutzgesetzgeber hat durch seine eingehende Regelung von Veranstaltungen in § 28 TSchG sowie durch die detaillierten Bestimmungen der TSch-Veranstaltungsverordnung seinen Willen zu erkennen gegeben, Veranstaltungen mit Tieren einer umfassenden Regelung zu unterwerfen. Die Erfahrungen in der Praxis haben jedoch gezeigt, dass diese Bestimmungen vielfach nicht zur Anwendung gelangen, weil die Vollzugsbehörden den Begriff „Veranstaltung“ im Sinne der Veranstaltungsgesetze der Länder anwenden. Daher hat der Tierschutzrat bereits im Jahr 2005 die Empfehlung ausgesprochen, einen tierschutzrechtlichen Veranstaltungsbegriff festzulegen; dieser wurde auch in den AVN Nr. 5 vom 20. Juni 2006 verlautbart. Es scheint daher erforderlich, den Begriff der „[tierschutzrechtlichen] Veranstaltung“ in den Katalog der Legaldefinitionen des § 4 TSchG aufzunehmen. Dies ist im Übrigen auch deshalb notwendig, da das klassische Veranstaltungsrecht, das kompetenzmäßig den Ländern zugewiesen ist, primär ordnungs- und sicherheitspolizeiliche Aufgaben erfüllt, während das TSchG eine völlig andere Zielsetzung, nämlich den Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere (§ 1 TSchG) verfolgt.

Zu Z 3 (§ 5 Abs. 2, Verbot der Qualzucht):

Während sowohl die Generalklausel gem. § 5 Abs. 1 TSchG als auch sämtliche der in Abs. 2 leg. cit. angeführten Sondertatbestände (Z 2 – 16) bereits dann verwirklicht sind, wenn einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt werden, setzt einzig der Qualzuchttatbestand „starke“ Beeinträchtigungen voraus. Dies ist weder sachlich zu rechtfertigen noch mit dem von Österreich ratifizierten Europäischen Heimtierübereinkommen vereinbar; dieses besagt in Art. 5, dass jeder, der ein Tier zu Zuchtzwecken auswählt, verpflichtet ist, jene Faktoren zu beachten, welche „Gesundheit und Wohlbefinden der Nachkommenschaft oder des weiblichen Elternteils“ gefährden können. Da Gesundheit und Wohlbefinden nicht erst durch „starke“ Schmerzen, Leiden oder Schäden beeinträchtigt werden, hat Österreich die zitierte Bestimmung des Europäischen Übereinkommens nicht hinreichend umgesetzt.

Darüber hinaus bewirkt die Qualifizierung des Tatbestandes auch aus der Sicht anerkannter ExpertInnen, dass die Vollziehung des Qualzuchtverbotes unverhältnismäßig erschwert wird, was nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen kann.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch gem. § 11b des deutschen Tierschutzgesetzes eine Qualzucht bereits dann vorliegt, wenn „[…] der Züchter damit rechnen muss, dass bei der Nachzucht aufgrund vererbter Merkmale Körperteile oder Organe fehlen oder für den artgemäßen Gebrauch ungeeignet sind und dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen.“

Zu Z 4 (§ 5 Abs. 2 Z 17, Verbot des Fangens von Wildtieren ohne vernünftigen Grund; Verbot der Sodomie)

Fang, Transport und Haltung frei lebender Tiere sind für diese mit Leiden (Stress) und schwerer Angst verbunden, sodass diese Vorgänge als tierquälerisch zu beurteilen sind. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass die genannten Handlungen bereits gem. § 5 Abs. 1 TSchG verboten sind, sofern die ungerechtfertigt erfolgen. Die Subsumption einzelner Sachverhalte unter die Generalklausel des Tierquälereiverbotes bereitet in Einzelfällen jedoch große Schwierigkeiten; dies gilt auch für den Fang von Wildtieren.

Um diese Vollzugsprobleme zu vermeiden, sollte aus Gründen der Klarstellung das Fangverbot für frei lebende Tiere – in Anlehnung an das ehemalige Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetz – in den Katalog des § 5 Abs. 2 TSchG aufgenommen werden. Eine exzessive Auslegung des Tatbestandes ist deshalb nicht zu befürchten, da das Verbot auf die Freiheitsberaubung ohne vernünftigen Grund beschränkt ist.

Das Verbot der Sodomie war bei den Beratungen zum Bundestierschutzgesetz parteiübergreifender Konsens, fand sich aber im Beschlusstext nicht mehr wieder. Da diese Handlungen für die Tiere auch dann mit Belastungen verbunden sind, wenn keine Schmerzen, Leiden oder Schäden (z.B. Verletzungen) nachweisbar sind, ist ein entsprechendes Verbot vorzusehen.

Zu Z 5 (§ 5 Abs. 4, Verbot des Erwerbes und Besitzes bestimmter Gegenstände)

Im Zusammenhang mit verbotenem Zubehör für die Hundeausbildung hat es sich als erhebliche Schwäche des TSchG erwiesen, dass zwar Anwendung, Erwerb und Besitz dieser Geräte verboten sind, das Anbieten bzw. der Verkauf hingegen zulässig ist. Im Sinne einer konsequenten Umsetzung des Verbotes und auch unter dem Aspekt des KonsumentInnenschutzes ist es jedoch unabdingbar, auch das In-Verkehr-Bringen der inkriminierten Geräte zu verbieten. Weiters entbehrt es der sachlichen Rechtfertigung, das Verbot auf Gegenstände gem. Abs. 2 Z 3 lit. a zu beschränken. Was die Gemeinschaftsrechtskonformität dieses Verbotes betrifft, so ist davon auszugehen, dass die dadurch bewirkte Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit vor dem Hintergrund der Judikatur des EuGH gerechtfertigt ist, da es in nicht diskriminierender Weise angewendet wird, für die Erreichung der angestrebten Zielsetzung unerlässlich ist und ein gelinderes Mittel nicht vorhanden ist.

Zu Z 6 (§ 5 Abs. 6 neu, Import- und Handelsverbot für Produkte, die durch Maßnahmen gem. § 5 Abs. 2 Z 12 erzeugt wurden)

Nach dem geltenden TSchG ist zwar die Zwangsmästung von Tieren verboten, doch sind der Import von sowie der Handel mit Produkten, die auf diese Art im Ausland (EU-Mitgliedstaaten oder Drittländer) hergestellt werden, zulässig. Aus der Sicht des Tierschutzes ist es in höchstem Maße unbefriedigend, dass die Einfuhr tierquälerisch gewonnener Produkte derzeit nicht verhindert werden kann, da dies nur zu einer Problemverlagerung führt. – Im Hinblick auf den Vollzug des TSchG stellt sich das Problem, dass der Nachweis, ob in Österreich angebotene Produkte widerrechtlich im Inland erzeugt oder importiert wurden, in Einzelfällen nicht zu erbringen ist.

Im gegebenen Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass die pathologisch-histologische Beurteilung der Stopfleber eine hochgradige pathologische Veränderungen der Organe nachweist, sodass diese nach den üblichen Kriterien der Schlachttier- und Fleischuntersuchung als für den Genuss untauglich zu klassifizieren sind.

Das vorgeschlagene Import- und Handelsverbot konfligiert zwar vordergründig mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Warenverkehrsfreiheit, doch kann eine nationale Beschränkung der Grundfreiheiten im Einzelfall sehr wohl gerechtfertigt sein, wenn sie dem vom EuGH herausgearbeiteten „vierstufigen Rechtfertigungsstandard“ entspricht. Dass die Anliegen des Tierschutzes durch die Gemeinschaft als „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ anerkannt werden, hat die Kommission zuletzt im Rahmen eines gegen Österreich eingeleiteten – und mittlerweile eingestellten – Vertragsverletzungsverfahrens dargelegt. Da das geforderte Import- und Handelsverbot in nichtdiskriminierender Weise gilt und zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet sowie – in Ermangelung eines anderen, gelindern Mittels – auch erforderlich ist, kann davon ausgegangen werden, dass es im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht steht.

Zu Z 7 und 8 (§ 7 – Eingriffe)

Abs. 3 regelt, dass alle Eingriffe, bei denen ein Tier erhebliche Schmerzen erleiden wird oder erleiden könnte, nur von einem Tierarzt und nur nach wirksamer Betäubung und mit postoperativer Schmerzbehandlung durchgeführt werden.

Das Verbot des Kupierens von Ohren und Rute hat sich insofern als weitgehend wirkungslos erwiesen, als trotz des Verbotes der Durchführung dieser Eingriffe weiterhin kupierte Hunde gehalten und sogar im Rahmen von Hundeausstellungen prämiert werden. Das fehlende Haltungsverbot für kupierte Tiere öffnet dem „Kupiertourismus“ Tür und Tor, was nicht in der Intention des Gesetzgebers liegen kann.

Die Änderung der Bestimmung nach dem Vorbild der ehemaligen Burgenländischen Tierschutzverordnung stellt daher eine unverzichtbare Voraussetzung für die wirksame Durchsetzung des Verbotes von Eingriffen an Heimtieren dar.

Zu den Z 9 und 10 (§ 18 Abs. 6, 7 und 8 Zulassung und Kennzeichnung)

Um die Trennung zwischen verpflichtendem Zulassungsverfahren („Zertifizierung“) einerseits und freiwilliger Kennzeichnung anderseits hinreichend deutlich zu machen, sollten beide Verfahren in jeweils getrennten Absätzen geregelt werden.

Abs. 6 regelt die verpflichtende Zulassung (und Kennzeichnung der zugelassenen Vorrichtungen), während Abs. 7 die freiwillige Kennzeichnung regelt. Der Formulierungsvorschlag zu Abs. 6 stellt klar, dass die Zulassung eine Voraussetzung für das In-Verkehr-Bringen und die Verwendung neuartiger Vorrichtungen zur Tierhaltung darstellt. Unter dem Aspekt der Rechtssicherheit ist in Abs. 6 sicherzustellen, dass die erfolgte Zulassung für den Tierhalter durch eine Kennzeichnung der geprüften Vorrichtungen ersichtlich ist.

Abs. 8 befasst sich mit der Einrichtung einer zentralen Prüfstelle, die – da sie mit der Durchführung einer wissenschaftlichen Prüfung betraut sein soll – jedenfalls auch unabhängig sein muss. Im Zusammenhang mit dem Verfahren wird dringend empfohlen, die Zulassung gem. Abs. 6 und die Kennzeichnung gem. Abs. 7 der Prüfstelle und nicht den Bezirksverwaltungsbehörden zu übertragen, um eine Zersplitterung des Bereiches hinanzuhalten.

Zu Z 11 (§ 24 – Tierhaltungsverordnung)

Da für die Haltung von Wildtieren keine Bewilligungspflicht, sondern lediglich eine Anzeigenpflicht vorgesehen ist (vgl. § 25 Abs. 1 und 4 TSchG), ist der Begriff „Bewilligung“ in § 24 Abs. 2 TSchG durch den Begriff „Anzeige“ zu ersetzen.

Zu Z 12 (§ 30 Abs. 1 – Unterbringung entlaufener, ausgesetzter, zurückgelassener sowie von der Behörde beschlagnahmter oder abgenommener Tiere)

Gemäß Abs. 1 sind Tiere primär ihren HalterInnen zu übergeben; dies kann jedoch nur dann in Betracht kommen, wenn es dem Interesse des Tierschutzes dient. Praktisch ist dies dann der Fall, wenn bei Fundtieren, abgenommenen bzw. beschlagnahmten Tiere die tierschutzkonformen Haltungsbedingungen gewährleistet sind bzw. hergestellt wurden. Kommt eine Rückführung zum Halter/zur Halterin nicht in Frage, so soll die Behörde nicht nur verpflichtet werden, die Tiere pfleglich unterzubringen, sondern auch für entsprechende Einrichtungen für die Unterbringung zu sorgen und diese zu betreiben.

Zu Z 13 (§ 31 – Haltung von Tieren im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten)

Die Erfahrung der Vollzugsbehörden und der Tierschutzombudspersonen hat gezeigt, dass die in § 31 Abs. 4 TSchG vorgesehene Anzeigepflicht nicht vollziehbar ist, da die Abgrenzung von gewerblich tätigen ZüchterInnen einerseits und HobbyzüchterInnen andererseits in der Praxis kaum möglich ist.

Zu Z 14 (§ 38 Strafbestimmungen)

Obwohl § 5 Abs. 4 TSchG den Erwerb und Besitz von verbotenen Gegenständen zur Hundeausbildung untersagt, sieht § 38 Abs. 2 TSchG keine Strafbestimmungen für die Verletzung dieses Verbotes vor. Um das Verbot durchsetzen zu können, ist eine Sanktion vorzusehen.

Zu den Z 15 und 16 (§§ 41 und 42)

Der Begriff „Tierschutzombudsmann“ soll durch die gendergerechte Bezeichnung „Tierschutzombudsperson“ zu ersetzt werden.

Da die Formulierung betreffend die Parteistellung der Tierschutzombudspersonen unklar formuliert ist, bestehen Zweifel an ihrem Umfang. So geht einerseits aus dem Wortlaut des § 41 Abs. 4, erster Satz, TSchG nicht eindeutig hervor, ob den Tierschutzombudspersonen auch im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung zukommt; andererseits könnte der zweite Satz der zitierten Bestimmung so verstanden werden, dass den Tierschutzombudspersonen bloß eine auf die ausdrücklich angeführten Befugnisse beschränkte Parteistellung zukommt.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass bereits mehrere Bezirksverwaltungsbehörden die Parteistellung der Tierschutzombudspersonen in Verwaltungsstrafverfahren nicht mehr anerkennen, seit ein höchstgerichtliches Verfahren in dieser Angelegenheit anhängig ist.

Es ist daher unmissverständlich klarzustellen, dass die Tierschutzombudspersonen unbeschränkte Parteistellung sowohl im Verwaltungs- als auch im Verwaltungsstrafverfahren haben.

Zu Z 17 (§ 44 In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen)

Die in den Anlagen 1, und 3 sowie 7 – 11 zur 1. Tierhaltungsverordnung fehlenden Übergangsfristen haben zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen hinsichtlich des In-Kraft-Tretens der darin festgelegten Mindestanforderungen geführt, sodass es aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich ist, Übergangsfristen festzulegen.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 20. Juni 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger die Abgeordneten Franz Eßl, Ursula Haubner, Barbara Rosenkranz, Dietmar Keck, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Maria Rauch-Kallat sowie die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Franz Eßl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2007 06 20

                                       Franz Eßl                                                     Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau