161 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über den Antrag 74/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der ÖBB-Strukturreform und effiziente Neuordnung im Bereich ÖBB-Infrastruktur

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 14. Dezember 2006 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet: „Im Zuge der ÖBB-Reform (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) wies unter anderem der Rechnungshof nachdrücklich auf absehbare Probleme durch die Filetierung der ÖBB in selbständige Aktiengesellschaften hin und regte eine umfassende Kontrolle der neuen Strukturen nach etwa 2 Jahren an. Zudem zogen Rechnungshof und Nationalrats-Opposition die pompösen Einsparungsversprechen der ÖVP in Zweifel und forderten nachvollziehbare Zahlen zu den finanziellen Folgen der ÖBB-Reform.

Wie berechtigt diese Skepsis und Kritik war, belegen die zahlreichen Skandale und sonstigen Missstände bei den neustrukturierten ÖBB in aller Deutlichkeit. Dazu kommen noch massive Mehrkosten durch die Reform - etwa durch die zu einem wahren Wasserkopf angeschwollene ÖBB-Holding, durch die gewaltigen Mehrausgaben für Beratungstätigkeiten und durch die teure Aufblähung sämtlicher Führungsstrukturen. Die Reform hat entgegen den Grasser-Kukacka-Versprechen auch die grundsätzlichen Finanzierungsprobleme der ÖBB nicht gelöst, wie die jüngsten Rufe nach frischem Steuergeld in dreistelliger Millionen-Euro-Höhe belegen.

Die Frage nach personellen Konsequenzen an der Spitze der ÖBB-Holding – auf Vorstands- wie Aufsichtsratsebene – steht ebenso im Raum wie die Frage nach der politischen Verantwortung für dieses Versagen mit nicht nur unternehmenspolitisch, sondern auch verkehrs- und umweltpolitisch weitreichenden Folgen. Daneben müssen die bereits offen zu Tage getretenen Fehlkonstruktionen der ÖBB-Strukturreform von ÖVP/BZÖ/FPÖ umgehend saniert werden.

Hier ist besonders eine gesellschaftsrechtliche Überwindung der bei der Aufspaltung der ÖBB erfolgten Trennung von Infrastruktur-Bau und Infrastruktur-Betrieb in zwei separate Aktiengesellschaften nötig. Mit der EU-rechtlich nicht zwingenden Trennung von Bau und Betrieb/Erhaltung waren vergaberechtliche Komplikationen und weitere Abstimmungsschwierigkeiten verbunden, samt so verursachten Beraterkosten in Millionenhöhe. Zusammen mit anderen Festlegungen im Rahmen der ÖBB-Filetierung hatte die Aufteilung zur Folge, dass bei der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG fixen Ausgaben – insbesondere einer fixen an die Bau AG zu entrichtende Pacht für Infrastruktur-Nutzung – unzureichende Einnahmen gegenüberstehen. Die gewählte Konstruktion wurde wegen ihrer absehbar nachteiligen Folgen für den Erhalt des Schienennetzes bereits im Gesetzgebungsprozeß im Herbst 2003 massiv kritisiert. Dieses Problem wurde auch durch die Versuche der letzten Monate, die ärgsten Brüche in der ÖBB-Infrastruktur über personelle Verflechtungen und gemeinsame Personalnutzung ‚hinten herum’ zu kitten, nicht gelöst.

Um die Erhaltung des Schienennetzes im nötigen Ausmaß zu gewährleisten und damit der Bahn die Grundlage für die regierungsseitig immer wieder beschworene Verlagerung zusätzlicher Personen- und Güterverkehre auf die ökologisch und sicherheitsmäßig vorteilhafte Schiene zu erhalten, ist es dringend erforderlich, diese Fehlentscheidung im Rahmen der ÖBB-Reform zu korrigieren und Bau und Betrieb der Infrastruktur wieder zusammenzuführen. Erhaltungsmaßnahmen werden aufgrund der fehlenden bzw. falsch – nämlich bei verkehrs- und unternehmenspolitischen Prestigeprojekten – verorteten Mittel verspätet, unzureichend oder einstweilen gar nicht durchgeführt. Dies ist an einer enormen Zahl von Langsamfahrstellen im Netz auch für die BahnnutzerInnen längst erkennbar. Dass die Reform daneben an krassen, für die Fahrgäste unmittelbar spürbaren Qualitätsproblemen der ÖBB nichts zum Besseren geändert hat, ist bei einem Schadwagenbestand von 22,9% im Fernverkehr und fast 10% im Nahverkehr (Stand 1.10.2006) sowie bei ‚Pünktlichkeits’raten von unter 75% im Fernverkehr und teilweise unter 80% im Nahverkehr in den Verkehrsspitzen (und von nur rund 60% im Güterverkehr) nicht wegzuleugnen. Nicht zuletzt im Interesse der hiervon betroffenen Fahrgäste und Güterkunden ist die dringend nötige, u.a. auch vom Rechnungshof wiederholt geforderte Evaluierung der ÖBB-Reform daher kurzfristig vorzunehmen.“

 

Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 21. Juni 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Dr. Gabriela Moser die Abgeordneten Wilhelm Haberzettl, Sigisbert Dolinschek, Mag. Helmut Kukacka, Bettina Hradecsni, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement sowie der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Werner Faymann und der Ausschussobmann Abgeordneter Kurt Eder.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Wilhelm Haberzettl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2007 06 21

                             Wilhelm Haberzettl                                                                   Kurt Eder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann