174 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (100 der Beilagen): Abkommen zur Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000

Das Abkommen zur Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 (kurz: Cotonou-Änderungsabkommen) hat – soweit es in die Vertragsabschlußkompetenz der Mitgliedstaaten fällt – gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Das vorliegende Cotonou-Änderungsabkommen revidiert in einzelnen Aspekten das Cotonou-Abkommen, welches die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen der EU und den AKP (Afrika, Karibik, Pazifik)-Staaten in den Bereichen politischer Dialog, Handel und Entwicklungszusammenarbeit darstellt.

Das Cotonou-Abkommen setzt die seit 1963, zunächst auf Grundlage der Jaunde-Abkommen, seit 1975 auf Grundlage der Lomé-Abkommen bestehende Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten und den Staaten der AKP-Gruppe fort, weist jedoch gegenüber dem 1989 in Lomé unterzeichneten, 1995 auf Mauritius revidierten Vierten AKP-EG-Abkommen, insbesondere folgende Neuerungen auf: Konzentration auf die Armutsbekämpfung, Intensivierung des politischen Dialogs, systematische Einbeziehung der nichtstaatlichen Akteure, eine mit den WTO-Bestimmungen vereinbare neue Handelsregelung und eine tief greifende Reform des Systems für die Gewährung von Finanzhilfen. Letzterer Aspekt ist Gegenstand spezieller Protokolle, die jeweils für einen Zeitraum von etwa fünf Jahren gelten, wobei das erste Finanzprotokoll (9. Europäischer Entwicklungsfonds) die Jahre 2000-2007 abdeckt und mit 13,8 Mrd. € ausgestattet ist.

Das am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnete Cotonou-Abkommen wurde für einen Zeitraum von 20 Jahren beginnend mit dem 1. März 2000 ausgehandelt. Das Cotonou-Abkommen trat am 1. April 2003 in Kraft. Österreich hat seine Ratifikationsinstrumente am 16. Juli 2002 beim Generalsekretariat des Rates hinterlegt.

Das Cotonou-Abkommen sieht die Möglichkeit einer Revision alle fünf Jahre vor (Art. 95). Das gegenständliche Cotonou-Änderungsabkommen stellt das Resultat der ersten gemeinsamen Abänderung des Cotonou-Abkommens dar.

Der Rat beauftragte die Europäische Kommission im Rahmen eines Mandats am 27. April 2004 mit der Führung der Verhandlungen über ein Abkommen zur Änderung des Cotonou-Abkommens. Die Verhandlungen wurden am 6. Mai 2004 eröffnet. Die letzte Verhandlungsrunde auf Ministerebene fand am 23. Februar 2005 in Brüssel statt. Die Unterzeichnung erfolgte am 25. Juni 2005 in Luxemburg (hinsichtlich der Unterzeichnungsvollmacht vgl. den Beschluss der Bundesregierung vom 14. Juni 2005, Pkt. 4.3 des Beschl.Prot Nr. 96).

Österreich hat sich bei der Aushandlung des EU-Verhandlungsmandates in der ersten Jahreshälfte 2004 und bei den Verhandlungen selbst aktiv beteiligt. Wichtige Anliegen Österreichs konnten in die Gestaltung der Beziehungen aufgenommen werden. Dazu gehören im Einklang mit anderen Abkommen der EU unter anderem der Verweis auf die Berücksichtigung der Millennium-Entwicklungsziele, die Zusammenarbeit bei der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und die Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes.

Ziel des geänderten Abkommens bleibt es, Beiträge zu Frieden und Sicherheit und zur Förderung eines stabilen und demokratischen Umfelds zu leisten, die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung der AKP- Staaten zu fördern und zu beschleunigen und im Einklang mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung und der schrittweisen Integration der AKP- Staaten in die Weltwirtschaft die Armut einzudämmen und schließlich zu besiegen.

Mit dem geänderten Abkommen liegt ein zeitgemäßes, umfassendes vertragliches Instrument der partnerschaftlichen Nord-Süd-Zusammenarbeit vor. Diese erste Revision hatte nicht den Zweck einer grundlegenderen Reform, sondern sollte der Abänderung und Anpassung einiger ausgewählter Aspekte des Abkommens dienen.

Zu den wichtigsten Neuerungen des Cotonou-Änderungsabkommens gehören die folgenden Punkte:

- Stärkung der politischen Dimension: Aufnahme des Kampfes gegen den Terrorismus und gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen als fundamentale Bestandteile des Abkommens. Damit wird es unter anderem möglich, die Zusammenarbeit im Falle einer Kooperation zwischen einem Mitgliedstaat und einer terroristischen Vereinigung auszusetzen (weitere Möglichkeiten zur Aussetzung bestehen – wie bisher – bei Verstößen gegen die Menschenrechte, demokratische Grundsätze, Rechtsstaatlichkeit, die verantwortungsvollen Regierungsführung - „Good Governance“); Darüber hinaus wird der Informationsaustausch über terroristische Gruppen intensiviert und die Zusammenarbeit im Bereich der Terrorismusbekämpfung ausgebaut. Neu aufgenommen wurde zudem eine Klausel zur Unterstützung der Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), zu den Milleniumsentwicklungszielen und zur Prävention von Söldneraktivitäten. Der politische Dialog, u.a. zu den Themen Beachtung der Menschenrechte, restriktive Rüstungsexporte, Reduzierung der Rüstungsausgaben der Entwicklungsländer bleibt ebenso bestehen, wie die beiderseitige Verpflichtung zu einer aktiven, umfassenden und integrierten Politik der Friedenskonsolidierung sowie Konfliktprävention und -beilegung.

- Erweiterung der Entwicklungsstrategien: Die Elemente der Entwicklungsstrategien werden erweitert und umfassen nunmehr auch die Förderung des überlieferten Wissens, die Bekämpfung armutsbedingter Krankheiten, die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit sowie die Förderung des Jugendaustauschs.

- Anpassung der Investitionsfazilität: Die Bedingungen für Darlehensvergabe an hoch verschuldete Länder werden erleichtert. Damit werden die Voraussetzungen der Vergabe an den Vorschriften des IWF angeglichen. Zudem kann die EIB nunmehr auch Mittel im Rahmen der technischen Hilfe zur Verfügung stellen und Klein- und Mittelständige Unternehmen in den AKP-Staaten unterstützen. Für die Verwaltung der Fazilität erhält die Bank eine Vergütung, die direkt aus der Investitionsfazilität finanziert wird. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Fazilität wird ein jährlicher Bericht herausgegeben und eine Überprüfung nach Ablauf der Hälfte und am Ende der Laufzeit eines Finanzprotokolls durchgeführt.

- Verbesserung der Effizienz von Durchführungs- und Verwaltungsverfahren: Die Regelungen im Rahmen der Mittelzuweisung werden flexibilisiert. Dies soll das Finanzmanagements in Krisen- und Konfliktsituationen erleichtern und damit die Effektivität der Hilfe erhöhen. Daneben werden die Bestimmungen der Verantwortlichkeiten der unterschiedlichen Akteure klarer gefasst und die Kohärenz mit anderen EU-Regionalprogrammen hergestellt.

- Finanzausstattung: Das Finanzprotokoll zum 10. Europäischen Entwicklungsfonds, das Finanzmittel in Höhe von 23,966 Mrd. € für den Zeitraum 2008 bis 2013 beinhaltet, konnte anlässlich des AKP-EU-Ministerrates am 2. Juni 2006 in Port Moresby (Papua-Neuguinea) beschlossen werden. Das darauf fußende Interne Finanzierungsabkommen regelt die Beitragsaufteilung der EU-Mitgliedstaaten, die Finanzierung der Zusammenarbeit mit den Überseeischen Ländern und Gebieten (ÜLG) und die Verwaltung der Mittel und muss von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden.

Die zur Durchführung des revidierten Cotonou-Abkommens von den Mitgliedstaaten zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren regelt ein von den EU-MS am 18. September 2000 in Brüssel unterzeichnetes Internes Verfahrensabkommen, das im Zuge der Cotonou-Revision ebenfalls angepasst wurde. Damit wird sicher gestellt, dass die zur Durchführung der Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen AKP-EG-Ministerrates erforderlichen Vorgehen und Maßnahmen von den Mitgliedstaaten durch entsprechende Vorschriften durchgeführt werden („Internes Abkommen zur Änderung des Internen Abkommens zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten über die zur Durchführung des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren“ – kurz: Abkommen zur Änderung des Internen Verfahrensabkommens).

Das im Rahmen des Finanzprotokolls ebenfalls am 18. September 2000 in Brüssel unterzeichnete interne Abkommen zwischen den EU Mitgliedstaaten richtete den 9. Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) ein und legt das Verfahren für die Bereitstellung der Gelder sowie die entsprechenden Beträge der Mitgliedstaaten zum EEF fest. Es wird abgelöst durch das am 17. Juli 2006 in Brüssel unterzeichnete „Interne Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten über die Finanzierung der im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2008-2013 bereitgestellten Gemeinschaftshilfe im Rahmen des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens und über die Bereitstellung von Finanzhilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der vierte Teil des EG-Vertrags Anwendung findet“ (kurz: Internes Finanzierungsabkommen 2008-2013). Der Anteil Österreichs am 10. EEF ist gemäß des Beschlusses des Europäischen Rates vom 15./16. Dezember 2005 mit dem gegenüber dem 9. EEF aufgrund der EU-Erweiterung leicht abgesenkten Beitragsschlüssel von 2,41% bzw. 546,6362 Mio. € (bisher 2,65 % bzw. 365,7 Mio. €) festgesetzt. Das Interne Finanzierungsabkommen 2008-2013 legt auch die Verwaltungsvorschriften für die finanzielle Zusammenarbeit und die Zuständigkeiten der Kommission und der Europäischen Investitionsbank fest. Die Verfahren für die Programmierung, Prüfung und Genehmigung der Hilfen, sowie die Regeln für die Kontrolle ihrer Verwendung werden aufgrund einer Neuregelung künftig im Rahmen einer Implementierungsverordnung festgelegt, die vom Rat zu beschließen ist.

Die Anzahl der Vertragsparteien wird durch diese Abänderung nicht berührt (78 AKP-Staaten, 25 EUMitgliedstaaten, Europäische Gemeinschaft). Südafrika behält seinen Sonderstatus, ist also von den die Entwicklungszusammenarbeit und den Handel betreffenden Bestimmungen ausgenommen.

Den Zielen und Prinzipien der österreichischen Entwicklungspolitik wird im CotonouÄnderungsabkommen Rechnung getragen.

Der zu ratifizierende Rechtstext enthält nur die geänderten Bestimmungen des Abkommens. Nach dem Inkrafttreten des Cotonou-Änderungsabkommens wird Cotonou-Abkommen in seiner konsolidierten Fassung an die Stelle des ursprünglichen Abkommens treten.

Das Cotonou-Änderungsabkommen fällt wie das Cotonou-Abkommen in die Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft und in die Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten und ist deshalb ein so genanntes „gemischtes Abkommen“.

 

Hinsichtlich der Kundmachung des Staatsvertrages hat die Bundesregierung dem Nationalrat vorgeschlagen, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass alle authentischen Sprachfassungen dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 27. Juni 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Petra Bayr, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Franz Glaser sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Hans Winkler und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Caspar Einem.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Weiters wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dass alle authentischen Sprachfassungen dieses Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.      Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zur Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 (100 der Beilagen) wird genehmigt.

2.      Alle authentischen Sprachfassungen dieses Staatsvertrages sind gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Wien, 2007 06 27

                                   Franz Glaser                                                                  Dr. Caspar Einem

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann