177 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (133 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats

der Energiegemeinschaft hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Die Energiegemeinschaft ist eine internationale Organisation, deren Ziel es ist, in Südosteuropa einen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen für den Energiemarkt im Bereich der Netzwerkenergie zu schaffen. Vertragsparteien sind einerseits die Europäische Gemeinschaft, andererseits Albanien, Bulgarien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, Rumänien, Serbien und UNMIK (für Kosovo, vgl. SR-Res. 1244 (1999)).

Aufgabe der Energiegemeinschaft ist es, einen verbindlichen Rechtsrahmen für stabile Regulierungsbedingungen für einen integrierten Energiemarkt (Gas und Elektrizität), die Stärkung der Versorgungssicherheit, die Verbesserung von Umweltstandards und Energieeffizienz sowie für die Förderung des Energieaustauschs zu schaffen. Die Energiegemeinschaft soll internationalen Finanzinstitutionen Investitionen in der Region erleichtern. Die Vertragsparteien werden im Gegenzug verpflichtet, den Energie- und Umwelt-Acquis der Europäischen Gemeinschaft umzusetzen. Langfristiges Ziel ist die Integration in den Europäischen Elektrizitäts- und Gasbinnenmarkt. Die Energiegemeinschaft trägt in den Balkanländern zur Stabilität durch die Sicherung von Infrastruktur bei, bildet damit die Grundlage für das in der Region notwendige Wirtschaftswachstum und bringt andererseits durch den Zusammenschluss mit dem Europäischen Energiemarkt Vorteile für die Europäische Union.

Österreich ist nicht Vertragspartei der Energiegemeinschaft, hat sich jedoch im Zuge der Errichtung der Energiegemeinschaft wesentlich eingebracht. Es ist gelungen, in den Verhandlungen zum Gründungsvertrag der Energiegemeinschaft Wien als Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft festzulegen. Um eine Verfolgung der Ziele der Energiegemeinschaft auch schon vor dem Inkrafttreten des Gründungsvertrags der Energiegemeinschaft zu ermöglichen, wurde am 4. März 2005 nach österreichischen Recht der Verein „interimistisches Sekretariat der Energiegemeinschaft Südosteuropa (iSEG)“ gegründet, dessen Vorstand aus der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, aus dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und aus dem Geschäftsführer der Energie-Control GmbH (errichtet mit BGBl. I Nr. 121/2000 idgF) besteht. Für die Finanzierung der Tätigkeit dieses Vereins wurde zwischen dem BMWA und der Europäischen Kommission ein Grant Contract abgeschlossen. Mit dem Inkrafttreten des Gründungsvertrags der Energiegemeinschaft am 1. Juli 2006 und somit der Errichtung der Energiegemeinschaft als Völkerrechtsubjekt ist die Übergangslösung eines Vereins nach österreichischem Recht nicht mehr erforderlich. Der Verein wird daher mit dem Inkrafttreten des vorliegenden Amtssitzabkommens aufgelöst, sein Vermögen mit allen Forderungen und Verbindlichkeiten geht auf die Energiegemeinschaft über.

In Art. 72 des Gründungsvertrags ist vorgesehen, dass das Sekretariat der Energiegemeinschaft seinen Sitz in Wien hat. Die Energiegemeinschaft ist demgemäß an die österr. Behörden mit dem Ersuchen um ein Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft herangetreten.

Das vorliegende Amtssitzabkommen regelt den Status des Sekretariats der Energiegemeinschaft in Österreich, um dieser die Wahrnehmung ihrer Funktionen zu ermöglichen. Von Seiten der Republik Österreich wird der Energiegemeinschaft derselbe Status wie anderen, in Österreich angesiedelten internationalen Organisationen gewährt. Inhaltlich orientiert sich das vorliegende Abkommen daher an mit vergleichbaren internationalen Organisationen mit Sitz in Österreich abgeschlossenen Abkommen (etwa dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Patentorganisation über den Sitz der Dienststelle Wien des Europäischen Patentamts, BGBl. Nr. 672/1990, und dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung, ICMPD, über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung, BGBl. III Nr. 145/2000). Der Energiegemeinschaft wird insbesondere die Unverletzlichkeit des Sitzes des Sekretariats, die Befreiung von der Gerichtsbarkeit, die Unverletzlichkeit der Archive und die Befreiung von Steuern und Zöllen in dem im Abkommen vorgesehen Umfang gewährt. Weiters werden die Privilegien und Immunitäten der Angestellten des Sekretariats und ihres Leiters sowie der amtlichen Besucher geregelt. Auf Wunsch der Energiegemeinschaft und nach Rücksprache mit allen betroffenen Ressorts ist ein Inkrafttreten des Abkommens - mit Ausnahme der Regelung über die Sozialversicherung in Artikel 12 - mit 1. Juli 2007 vorgesehen.

Die Ansiedlung des Sekretariats in Wien und der Abschluss eines Amtssitzabkommens liegen im Interesse Österreichs, weil die Energiegemeinschaft einen wichtigen Beitrag einerseits im Bereich der Energiewirtschaft und andererseits im Raum Südosteuropa leistet. Durch die Ansiedlung gewinnt Wien weiter an Stellenwert als „Energiecluster“; außerdem wird Wien als Amtssitz internationaler Organisationen gestärkt.

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 27. Juni 2007 in Verhandlung genommen.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft (133 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2007 06 27

                                 Karl Donabauer                                                                Dr. Caspar Einem

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann