181 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (128 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2007)

Umsetzung der Rückversicherungsrichtlinie:

1. Die Umsetzung der Richtlinie 2005/68/EG über die Rückversicherung (ABl. Nr. L 323 vom 9.12.2005, Seite 1, im Folgenden kurz als „Richtlinie“ bezeichnet) bewirkt keine substantiellen Änderungen im System des österreichischen VAG. Das österreichische VAG sieht schon derzeit eine Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen, die ausschließlich die Rückversicherung betreiben (im Folgenden kurz als „Rückversicherungsunternehmen“ bezeichnet), vor, die im Wesentlichen der Beaufsichtigung von Direktversicherungsunternehmen entspricht (§ 2 Abs. 2). Die wesentliche Erweiterung durch die Umsetzung der Richtlinie bestehen darin, dass

-       in Entsprechung von Art. 49 der Richtlinie nunmehr auch Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in Drittstaaten den Bestimmungen des VAG unterstellt werden (§ 2 Abs. 2a) und

-       auch für Rückversicherungsunternehmen Vorschriften für die Kapitalanlage zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen geschaffen werden müssen.

2. Es besteht kein Grund, die Terminologie des österreichischen VAG zu ändern. Wie bisher soll der Begriff „Versicherungsunternehmen“ sowohl Direktversicherungsunternehmen als auch Rückversicherungsunternehmen umfassen, wobei Direktversicherungsunternehmen auch die Rückversicherung betreiben können. Bei Bestimmungen, die sich ausschließlich auf Direktversicherungsunternehmen oder Rückversicherungsunternehmen beziehen, wird dies ausdrücklich angeführt. Außerdem werden die Bestimmungen, die auf Rückversicherungsunternehmen anwendbar sind, weiterhin in § 2 Abs. 2 angeführt.

3. Solvabilität:

Das Eigenmittelerfordernis für die Lebensrückversicherung soll nach den Vorschriften für die Nichtlebensrückversicherung berechnet werden. Von der Option des Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie wird kein Gebrauch gemacht. Daher bleibt es grundsätzlich bei der Anwendung des Abschnitts A der Anlage D zum VAG auf die gesamte Rückversicherung.

Zum Betrieb der Rückversicherung neben der Lebensdirektversicherung ist zunächst festzustellen, dass sich die Solvabilitätsvorschriften der Richtlinie von denen der Direktversicherungsrichtlinien in zweierlei Hinsicht unterscheiden:

-       Bei der verfügbaren Solvabilitätsspanne wird auf die Abzinsung oder Reduzierung der Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle Bedacht genommen (Art. 36 Abs. 2 zweiter Unterabsatz). Da jedoch Österreich von der diesbezüglichen Option gemäß Art. 60 Abs. 1 lit. g der Versicherungs-Bilanzrichtlinie (91/674/EWG) keinen Gebrauch gemacht hat, ist diese Abweichung für das österreichische VAG ohne Bedeutung.

-       Bei der geforderten Solvabilitätsspanne können im Komitologieverfahren für Zwecke der Berechnung des Beitragsindex die Prämien für sämtliche Zweige der Nichtlebensversicherung um 50% erhöht werden. Diese Bestimmung ist ohne Bedeutung, solange von ihr kein Gebrauch gemacht wird.

Daraus ergibt sich, dass eine Anwendung der Solvabilitätsvorschriften der Richtlinie auf den Betrieb der Rückversicherung neben der Lebensversicherung derzeit im österreichischen VAG keine praktischen Auswirkungen hätte. Von einer Umsetzung des Art. 60 Z 10 der Richtlinie (Art. 28a Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG), der eine Anwendung dieser Vorschriften unter bestimmten Voraussetzungen vorschreibt, kann daher bis auf weiteres Abstand genommen werden.

Für den Betrieb der Rückversicherung neben der Nichtlebensversicherung ist entscheidend, dass der Mindestbetrag des Garantiefonds für die Nichtlebens-Direktversicherung nach dem österreichischen VAG (§ 73f Abs. 2 und 3) jedenfalls über dem nach der Richtlinie für Rückversicherungsunternehmen vorgeschriebenen Mindestbetrag von 3 Mio Euro liegt. Eine Umsetzung des Art. 57 Abs. 6 der Richtlinie (§ 17b Abs. 1 der Richtlinie 73/239/EWG), der diesen Betrag für Unternehmen, die die Rückversicherung neben der Nichtlebensversicherung betreiben, als Mindestbetrag des gesamten Garantiefonds festsetzt, ist daher nicht erforderlich.

4. Kapitalanlage:

Von der in Art. 57 Z 6 der Richtlinie (§ 17b Abs. 2 der Richtlinie 73/239/EWG) und Art. 60 Z 10 der Richtlinie (Art. 28a Abs. 2 der Richtlinie 2002/83/EG) vorgesehenen Option, die Vorschriften der Richtlinie für die Kapitalanlage zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen (Art. 34) auf das Rückversicherungsgeschäft von Direktversicherern anzuwenden, soll kein Gebrauch gemacht werden.

5. Die weiteren, in den Erläuterungen der Regierungsvorlagen zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs nicht erwähnten Vorschriften der Richtlinie bedürfen zum größten Teil deshalb keiner Umsetzung, weil sie inhaltlich den Direktversicherungsrichtlinien entsprechen und die innerstaatlichen Vorschriften, mit denen sie umgesetzt sind, auch für Rückversicherungsunternehmen gelten.

Sonstiges:

1. Die Vorschriften über den Bestätigungsvermerk des Treuhänders für die Überwachung des Deckungsstocks und des verantwortlichen Aktuars sollen aus systematischen Gründen von den Rechnungslegungsvorschriften getrennt sowie klarer formuliert und gegliedert werden, ohne dass sich inhaltlich Wesentliches ändert (§§ 23a und 24b).

2. Das Recht der FMA, die Öffentlichkeit vor unerlaubt als Versicherer tätigen Unternehmen zu warnen, soll in Anlehnung an das Bankwesengesetz ausdrücklich geregelt werden (§ 4 Abs. 11).

3. Der Garantiefonds soll sich bei Versicherungsunternehmen, die die Schaden- und Unfallversicherung mit Ausnahme der Haftpflicht-, Kredit- und Kautionsversicherung betreiben, um einen höheren Betrag verringern, als dies bislang vorgesehen war (§ 73f Abs. 3).

4. Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sollen automatisch aufgelöst werden, wenn sämtliche Konzessionen weggefallen sind (§ 56 Abs. 1 Z 3).

5. Die Verkürzung der Intervalle für die Vorlage der bisher nur jährlichen Berichte der Versicherungsunternehmen an die FMA soll ermöglicht werden (§ 85a Abs. 2). Die Vorlage auf elektronischem Weg soll gesetzlich vorgeschrieben werden (§ 79b Abs. 5 und § 85a Abs. 3).

6. Die Verwaltungsstrafbestimmungen werden um zwei Tatbestände erweitert (§ 107b Abs. 1 Z 2c und § 110 Abs. 4).

Finanzielle Auswirkungen:

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die im Entwurf vorgenommenen Änderungen einen (geringfügigen) zusätzlichen Aufwand für die FMA bewirken.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Vereinzelt werden Lücken in der Umsetzung der Rechtsvorschriften der Europäischen Union geschlossen. Im Übrigen werden diese Rechtsvorschriften nicht berührt.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes für die Gesetzgebung im Gegenstand gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Vertragsversicherungswesen“)

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 27. Juni 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich außer dem Berichterstatter der Abgeordnete Mag. Bruno Rossmann und der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (128 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2007 06 27

                               Mag. Kurt Gaßner                                                   Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann