186 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (127 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 geändert wird

Der Verfassungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen, dass die Gebührenregelung des BVergG 2002 verfassungswidrig war (vgl. insbesondere VfGH 4.3.2006, G 154/05-8). Da diese Regelung teilweise auch in das BVergG 2006 übernommen wurde, ist eine Neufassung der Gebührenregelung erforderlich.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 19. Juni 2006, B 3378/05-9, festgehalten, dass es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wenn im Unterschwellenbereich die Bekämpfbarkeit des Widerrufs nicht in gleicher Weise wie im Oberschwellenbereich vorgesehen wird. Es ist daher nicht notwendig, die vor dem Hintergrund der Judikatur des EuGH durch das BVergG 2006 erfolgte Einführung einer gesondert anfechtbaren Widerrufsentscheidung für den Unterschwellenbereich zwingend beizubehalten; vielmehr soll dem Auftraggeber hier ein Gestaltungsspielraum eingeräumt und die Flexibilität des Gesetzesvollzuges gesteigert werden.

Die gesetzlichen Bestimmungen betreffend die statistischen Verpflichtungen in den §§ 44 und 205 enthalten jeweils nur grundsätzliche Regelungen und sehen darüber hinaus die Erlassung von Verordnungen vor, die (zumindest teilweise) nähere Festlegungen durch die Europäische Kommission voraussetzen. Da die Kommission derartige Festlegungen noch nicht getroffen hat, kommt auch eine Verordnungserlassung nicht in Betracht, obwohl die Kommission gewisse statistische Daten von den Mitgliedstaaten zur Vorlage an die anderen Vertragsparteien der WTO einfordert. Um die Sammlung der erforderlichen statistischen Daten innerstaatlich gewährleisten zu können, sollen die bestehenden Verpflichtungen auf gesetzlicher Ebene näher präzisiert aber gleichzeitig auch auf das unbedingt erforderliche Ausmaß reduziert werden.

Die Richtlinie 2006/97/EG des Rates vom 20. November 2006 zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich freier Warenverkehr anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, durch die die RL 2004/17/EG und 2004/18/EG geändert worden sind, muss umgesetzt werden; dies bedingt Änderungen im Anhang VII des BVergG 2006.

Die Umsetzung der vergaberechtlichen Aspekte der Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05. April 2006 über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen erfordert eine Klarstellung hinsichtlich der bei öffentlichen Auftragsvergaben zu beachtenden Grundsätze.

Es hat sich gezeigt, dass die deutsche Sprachfassung der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG gegenüber anderen Sprachfassungen (vgl. insbesondere die englische und französische Fassung) inhaltliche Abweichungen aufweist; in diesen Fällen ist es angebracht, die in Umsetzung dieser Bestimmungen ergangenen Regelungen des BVergG 2006 entsprechend anzupassen.

Darüber hinaus soll die notwendige Novelle zum Anlass genommen werden, einige legistische Bereinigungen bzw. terminologische Anpassungen vorzunehmen.

Im Hinblick darauf, dass aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage (vgl. Art. 14b B-VG und die Erläuterungen in AB 1118 BlgNR XXI.GP) eine Mitwirkung der Länder an der Erstellung von Entwürfen zum BVergG in Form der bereits im Jahre 2002 eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe festgeschrieben ist, fanden auch bei der Erstellung des vorliegenden Entwurfes über Einladung des Bundeskanzleramtes mehrfach Gespräche zwischen Vertretern des Bundes und der Länder statt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Gemäß Art. 14b Abs. 4 B-VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.

Finanzielle Auswirkungen:

Im Vergleich zum BVergG 2006 ergeben sich hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen durch den vorliegenden Entwurf folgende Änderungen:

-       Die Möglichkeit, im Unterschwellenbereich auf den zweistufigen Widerruf zu verzichten und das Verfahren ohne vorherige Widerrufsentscheidung und ohne Abwarten einer Stillhaltefrist zu beenden (vgl. die §§ 140 und 279), stellt jedenfalls eine Vereinfachung dar, die Einsparungen mit sich bringt. Diese können allerdings mangels verfügbarer Erfahrungswerte über die Häufigkeit eines Widerrufs eines Vergabeverfahrens nicht beziffert werden.

-       Der vorgeschlagene § 314 Abs. 2 sieht vor, dass Zeugen in Verfahren vor dem Bundesvergabeamt entsprechend den §§ 51a bis 51c des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, Gebühren zustehen sollen. Dadurch wird es jedenfalls zu Mehraufwendungen kommen. Da keine Daten über die Häufigkeit von Zeugeneinvernahmen in Verfahren vor dem BVA vorhanden sind, lassen sich die Mehrkosten nicht beziffern. Die bisherigen Erfahrungen zeigen aber, dass die meisten Verfahren durch Bundesdienststellen in Wien als Auftraggeber abgewickelt werden bzw. die Bieter - sowie deren Mitarbeiter - zumeist als Parteienvertreter und nicht als Zeugen geladen werden. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass es durch die Neuregelung zu Mehrkosten in signifikantem Ausmaß kommen wird.

-       Durch die Neuregelung des § 318 werden die Gebührensätze bei Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, bei Anträgen betreffend Vergabeverfahren, in denen vom Antragsteller bereits ein Nachprüfungsverfahren anhängig gemacht worden ist, sowie bei einer Zurückziehung des Antrags verringert, woraus Mindereinnahmen resultieren. Anträge betreffend Vergabeverfahren, in denen vom Antragsteller bereits ein Nachprüfungsverfahren anhängig gemacht worden ist, fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht, weshalb die durch die Herabsenkung des Gebührensatzes auf 80vH (des „normalen" Gebührensatzes) bewirkten Mindereinnahmen vernachlässigbar erscheinen. Den verringerten Gebühren im Fall der Antragszurückziehung steht die dadurch bewirkte Reduzierung der Verwaltungskosten (durch die verminderte Gebühr soll ja ein Anreiz zur Antragszurückziehung geschaffen werden, wodurch sich wiederum der Behördenaufwand verringert) gegenüber, weshalb finanzielle Auswirkungen durch diese Neuregelung kaum zu erwarten sind.

         Die Neuregelung der Gebühren im Bereich der Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird hingegen jedenfalls zu Mindereinnahmen führen: Im Jahr 2005 wurden beim BVA 116 Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebracht, 76 davon im Oberschwellenbereich, 40 im Unterschwellenbereich. Unter den - allerdings hypothetischen - Annahmen, dass die Zahl derartiger Anträge in Hinkunft ähnlich ausfallen wird und dass etwa die Hälfte der eingebrachten Anträge Bauaufträge betrifft (für die eine höhere Gebühr vorgesehen ist), würden sich aus der Neuregelung Mindereinnahmen in der Höhe von ca. 150 000 Euro jährlich ergeben. Zu bedenken ist allerdings, dass die Gebühren (und zwar durch den Auftraggeber und damit letztlich durch die öffentliche Hand) in den Fällen zu ersetzen sind, in denen dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und dem Nachprüfungsantrag stattgegeben wurde. Durch die Neuregelung wird daher auch dieser Gebührenersatz in Hinkunft entsprechend geringer ausfallen (unter Heranziehung der Prozentsätze, in denen Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowie Nachprüfungsanträgen im Jahr 2005 stattgegeben wurde, ist von verminderten Ausgaben in der Höhe von ca. 20 000 Euro jährlich auszugehen, was den oben veranschlagten Mindereinnahmen gegenüberzustellen ist).

         Da die nationale Umsetzung der EndenergieeffizienzRL gegenwärtig nicht abgeschlossen ist, ist eine Darstellung der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften noch nicht möglich und bleibt daher allfälligen weiteren konkreten Umsetzungsmaßnahmen vorbehalten.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Robert Aspöck, Sigisbert Dolinschek, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Dr. Michael Spindelegger und Hannes Fazekas sowie Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer.

 

Ein vom Abgeordneten Dr. Robert Aspöck eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Ein von den Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Dr. Peter Wittmann eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Innovation in die öffentliche Auftragsvergabe wurde mehrstimmig beschlossen.

Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Bei der Steigerung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen spielt die Beschaffung der öffentlichen Hand auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene sowie der Sektoren in den Bereichen Wasser, Energie, Verkehr und Post eine große Rolle. Diese sind als anspruchsvolle und innovative Kunden oft Anstoß für Innovation und ermöglichen den Markteintritt von Unternehmen mit neuen Lösungen.

So hat auch die EU Kommission erst jüngst festgestellt, dass in der EU Innovationspolitik der Nachfrageseite und hier der öffentlichen Beschaffung verstärktes Augenmerk beizumessen ist und hat einen "Good Practice Guide on dealing with innovative solutions in public procurement" herausgegeben. Österreich, das im Bereich öffentliche Dienstleistungen und der Beschaffung (Beispiel: "E-Shop") bereits Maßnahmen gesetzt hat, hat dieses Thema aufgegriffen und im nationalen Reformprogramm zum Lissabon-Prozess die Erstellung eines praxisorientierten Leitfadens für ein innovationsförderndes Beschaffungswesen festgelegt.

Dieser Leitfaden "Innovationsförderndes Beschaffungswesen" wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit veröffentlicht. Er soll Auftraggebern ein praxisnahes Hilfsmittel zur Verfügung stellen, wie die Bestimmungen und die Instrumente des Vergaberechts innovationsfördernd genutzt werden können und welche Instrumente des Vergaberechts sich besonders für die Innovationsstimulierung eignen.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (127 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2007 06 28

                                 Hannes Fazekas                                                             Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann