189 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 136/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle und verfassungsrechtliche Absicherung des Pflegeanspruchs

Die Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 7. März 2007 im Nationalrat eingebracht. und wie folgt begründet:

 

„Die Regierungsparteien bekennen sich in Ihrem gemeinsamen Regierungsprogramm aufgrund der demographischen Entwicklung zur zunehmenden Bedeutung der Pflege älterer Menschen.

Noch in der letzten Legislaturperiode beklagte die jetzige Kanzlerpartei bei jeder sich bietenden Gelegenheit den vielzitierten ‚Pflegenotstand’ und mahnte von der damaligen Regierung Maßnahmen, unter anderem eine Valorisierung des Pflegegeldes, ein.

Die Umsetzung dieser Forderung und eine darüber hinaus gehende verfassungsrechtliche Absicherung des Pflegeanspruches wären für die Regierungsparteien aufgrund der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse ein Leichtes.

Man kann nur mutmaßen warum sich die Bundesregierung, speziell der Herr Bundesminister für Soziale Sicherheit und Konsumentenschutz, auf die Einsetzung von Arbeitsgruppen und Expertenkommissionen zurückzieht und leicht umzusetzende Sofortmaßnahmen auf die lange Bank schiebt.

Entweder waren die eigenen vor gar nicht allzu langer Zeit erhobenen Forderungen billige Polemik auf dem Rücken der Betroffenen und nicht einmal das Papier wert auf dem sie verfasst wurden oder es fehlt der jetzigen Kanzlerpartei an der nötigen Durchsetzungskraft.

Faktum ist, dass das Pflegegeld seit seiner Einführung am 1.7.1993 erst drei Mal angepasst wurde. In den Jahren 1994, 1995 jeweils um den Anpassungsfaktor des § 108f ASVG und in den darauf folgenden letzten zehn Jahren nur ein einziges Mal - nämlich 2005 - um zwei Prozent. Doch nicht einmal in diesem Jahr reichte die Erhöhung, um die Inflation des Jahres abzugleichen.

Das entspricht insgesamt über einen Zeitraum von 14 Jahren, laut der von der Statistik Austria veröffentlichten Verbraucherpreisindex- Entwicklung, einer Entwertung von mittlerweile 18 Prozent.

Mit dem Pflegegeld der Stufe 1 kann man sich bei Pflegestundenobergrenze einen Stundenlohn von 1,98 € leisten, bei Pflegestundenuntergrenze einen von 2,90 €. In der Pflegestufe 6 und einem Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden im Monat darf der Stundenlohn bei Pflegestundenuntergrenze auch nur 6,47 € betragen, wobei schon ab Pflegestufe 6 zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen oder die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht erforderlich sein muss.

Angesichts der Tatsache, dass am 30. Juni 2007 das von der Regierung beschlossene Pflege- Übergangsgesetz (sog. „Amnestiegesetz") für illegale Pfleger ausläuft und der andauernden Diskussion über ein 24 Stunden Pflegemodell, sollte sich die österreichische Regierung überlegen, ob sie es den Menschen dieses Landes zumuten kann, hoch qualifizierte Pflegearbeit um diesen Bettellohn zu verrichten.

Das Thema Pflege geht jeden an, da man entweder Angehörige hat, die zu pflegen sind, oder selbst möglicherweise irgendwann davon betroffen sein wird. Mit Sicherheit ist der Pflegebereich auch jener Bereich des Arbeitsmarkts, wo es in Zukunft das größte Maß an zusätzlicher Beschäftigung geben wird. Diesen Bedarf wird man auf Dauer auch nicht durch Lohndumping oder "Husch-Pfusch-Aktion" mit Kräften aus dem Ausland befriedigen können. Wie stellt man sich denn in Zukunft vor, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, wenn in einem Bereich, der am stärksten wächst, keine anständige Beschäftigung möglich sein soll.

Das Ziel muss sein, dass man die Menschen, die andere pflegen, ordentlich ausbildet und dass Pflegeleistung Arbeit ist, die ordentlich und leistungsgerecht bezahlt wird. Nur so kann man auch mehr Menschen dazu bewegen, sich für den Pflegeberuf zu interessieren und ihn auch ausüben zu wollen

Als erster Schritt zur Neugestaltung der Pflege, die eine vor allem leistbare Pflege und Betreuung sichern soll, sollte nicht, wie im Regierungsprogramm angekündigt, eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, sondern endlich wie parteiübergreifend gefordert wurde, das Pflegegeld wertangepasst werden.

Es wird selbst bei einer bestmöglichen Vernetzung aller Beteiligten im Gesundheits-, Pflege- und Betreuungsbereich sowie einer Abstimmung der Finanzierungsflüsse im Gesundheits-, Sozial- und Pflegewesen die Pflege an sich nicht billiger werden als vor 14 Jahren.

Im Gegenteil würde nach Berechnung von Experten nur die Erhöhung des BIP-Anteils an den Ausgaben für die Pflege von 1,1 auf 2 Prozent des BIP die Aufrechterhaltung im Pflege- und Betreuungsbereich in Österreich für lange Zeit sichern.

Der von der FPÖ präsentierte Drei-Stufen-Plan ist ein klares Zeichen für eine leistbare und damit auch menschenwürdige Pflege für alle Österreicher.

Die Stufe 1 müsse die nach nahezu einem Jahrzehnt der Untätigkeit längst überfällige Valorisierung des Pflegegeldes um den bis dato angefallenen Wertverlust von mittlerweile 18 Prozent mit sich bringen.

Auf dieser Basis könne dann in Stufe 2 eine Festschreibung des Anspruchs auf Pflege in der Verfassung erfolgen, wie es in Dänemark schon der Fall sei. Damit wäre auch eine jährliche Evaluierung des Pflegegeldes gewährleistet.

Stufe 3 schließlich sehe eine Erhöhung des BIP-Anteils an den Ausgaben für die Pflege um 0,9 auf 2 Prozent vor. In Dänemark etwa würden 2,5 Prozent des Brutto­inlandsproduktes für die Pflege älterer Menschen zur Verfügung gestellt, während Österreich lächerliche 1,1 Prozent des BIP aufwende.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 28. Juni 2007 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war der Abgeordnete Ing. Norbert Hofer. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Ing. Norbert Hofer, Ursula Haubner, Karl Öllinger, Barbara Riener, Theresia Haidlmayr, Mag. Dr. Beatrix Karl, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Gabriele Heinisch-Hosek sowie der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger und die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Christine Marek.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2007 06 28

                          Dr. Sabine Oberhauser                                                          Renate Csörgits

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau