Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Barbara Zwerschitz

zum Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag der Abg. Kurt Eder, Mag. Helmut Kukacka, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 - SeilbG 2003 geändert wird (275/A)

Das österreichische Seilbahnwesen hatte in den letzten Jahren einige schwere Unfälle zu verzeichnen. Insbesondere nach der Seilbahnkatastrophe von Kaprun hatte es den Anschein, dass auf politischer Ebene mehr Bewusstsein über die Bedeutung und nötige kompromisslose Priorisierung von Sicherheitsaspekten einkehrt und kostenschonende Interessen der Seilbahnwirtschaft demgegenüber weniger hoch gewichtet werden.

 

Leider war bereits das Seilbahngesetz 2003 stärker vom Weiterreichen eventueller behördlicher Verantwortung durch Deregulierung und Föderalisierung als von wirklich konsequentem Sicherheitsdenken geprägt. Die Grünen haben diese Kritik auch bereits anlässlich der Beschlussfassung zum Seilbahngesetz in der letzten GP in einer Abweichenden Stellungnahme (der Abg. Dr. Lichtenberger zu Ausschussbericht 246 d.B. XXII.GP) im einzelnen dokumentiert und darüber hinaus auch auf die Schwächen des Seilbahngesetzes beim Umweltschutz und bei den Rechten der von Projekten betroffenen AnrainerInnen hingewiesen.

 

Das politische Gedächtnis auf Seiten von ÖVP und SPÖ scheint jedoch kurz zu sein, da mit dem vorliegenden Antrag erneut aus Sicherheitsperspektive fragwürdigen Entwicklungen der Weg bereitet wird. Dies ist umso unverständlicher, nachdem kurz vor der Ausschussbehandlung dieses Antrags in derselben Sitzung des Verkehrsausschusses (10.10.2007) in der Diskussion über den Bericht des Verkehrs-Arbeitsinspektorats über das Jahr 2006 zum wiederholten Mal zu konstatieren war, dass in der Seilbahnbranche sicherheitsrelevante Beanstandungen in weit überproportionalem Ausmaß im Vergleich zu allen anderen Verkehrssektoren zu verzeichnen sind. Demgemäss wäre mehr statt weniger Sicherheit im Bereich des Seilbahnwesens ein Gebot der Stunde.

 

Inhaltlich umfasst der gegenständliche Antrag neben den in den Erläuterungen stark betonten Anpassungen an geänderte Interpretationen von EU-Seite einige aus Sicherheitsperspektive äußerst kritisch zu beurteilende Änderungen. So eine Ausweitung der schon bisher kritisch einzuschätzenden Bewilligungsfreiheit bei Umbau- und Erweiterungsprojekten von „geringfügigen“ auf künftig „nicht umfangreiche“ Maßnahmen, weiters Rückschritte vom Stand der Technik bei Sicherheitsbauteilen sowie die Wiederermöglichung der Neuaufstellung/Versetzung gebrauchter Lifte. Es ist unschwer zu erkennen, dass es sich hierbei durchwegs um einseitige wirtschaftliche Erleichterungen zugunsten der Seilbahnunternehmen handelt, wie sie Gegenstand von Forderungskatalogen der Wirtschaftskammer und des entsprechenden Fachverbands sind. Aus Sicherheitsperspektive sind diese Änderungen durchwegs kritisch zu beurteilen, dazu kommt, dass mit der Ausweitung der bewilligungsfreien Maßnahmen auch in Sachen Natur- und Umweltschutz noch nachteiligere Ergebnisse als schon bisher zu erwarten sind.

 

In grundsätzlicher Hinsicht ist scharf zu kritisieren, dass ausgerechnet eine derart sensible Materie ohne das dringend empfehlenswerte breite Begutachtungsverfahren per Initiativantrag der Regierungsparteien durch das Parlament gepeitscht wird. Damit wurde – wohl nicht zufällig – verabsäumt, die kritischen Aspekte dieser Gesetzesänderung einer zeitgerechten breiteren Diskussion und damit auch einer ernsthaften Interessenabwägung zugänglich zu machen.

 

In legistischer Hinsicht ist kritisch festzuhalten, dass eine Reihe von beabsichtigten Änderungen in den Erläuterungen des ÖVP-SPÖ-Antrags nur mit dem stets gleichlautenden Vermerk „notwendige Ergänzung“ begründet sind, womit nichts zur inhaltlichen Begründung dieser „Notwendigkeit“ ausgesagt ist, was eine substanzielle Beurteilung nochmals erschwert.

 

Aus Grüner Sicht ist es schließlich auch tourismuspolitisch kontraproduktiv, in Sachen Seilbahnsicherheit Großzügigkeit gegenüber den Unternehmen walten zu lassen. Nach den Unfällen der letzten Jahre müsste es doch genau umgekehrt ein massives Anliegen sein, nicht ganz unbegründeten Sicherheitsbedenken der Gäste zu zerstreuen statt diesen Bedenken durch Gesetzesänderungen „durch die Hintertür“ erst recht wieder Nahrung zu geben. Die aktive Mitwirkung der TourismussprecherInnen von SPÖ und ÖVP an diesem Vorgehen als MitantragstellerInnen ist daher doppelt unverständlich.

 

Aus den genannten Gründen lehnen die Grünen diesen Antrag der beiden Regierungsparteien ab.