Vorblatt

Probleme und Ziele der Gesetzesinitiative

Der vorliegende Entwurf stellt den ersten Teil der Umsetzung der von der Frau Bundesministerin Dr. Maria Berger ins Auge gefassten Reformen im Bereich des Strafrechts dar, die mehr Sicherheit durch bessere Gestaltung des Strafvollzugs anstreben. Der Entwurf bekennt sich zu einem Paradigmenwechsel im Sinne neuer Strafvollzugsgrundsätze und verfolgt das Ziel einer rationalen Strafrechtspolitik, um die Wiedereingliederung verurteilter Personen in die Gesellschaft durch ein Bündel von Maßnahmen zu fördern, die besser als die vollständige Verbüßung einer Freiheitsstrafe geeignet sind, die Gefahr des Rückfalls zu reduzieren. Gleichzeitig soll dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung getragen werden, in dem die individuelle Situation des Verurteilten durch begleitende Maßnahmen, wie Bewährungshilfe und Weisungen in den Vordergrund gerückt wird. Die Entlastung der prekären Belagssituation in den Justizanstalten ist insoweit ein erwünschter, aber nicht selbstmotivierender Nebeneffekt der Reform, weil eine zielgerichtete Einwirkung auf die Person des Verurteilten Haftbedingungen voraussetzt, unter denen der Strafvollzug seiner intervenierenden Aufgabe gerecht werden kann.

Einen Schwerpunkt dieses Vorhabens stellen Änderungen bei der bedingten Entlassung dar. Es sollen einerseits generalpräventive Versagungsgründe nur mehr eingeschränkter herangezogen werden und andererseits die Voraussetzungen für die Entlassung nach Verbüßung der Hälfte oder zu einem späteren Zeitpunkt im Sinne der eingangs erwähnten Zielsetzungen angepasst werden. Insbesondere soll verstärkt Bewährungshilfe, teilweise auch obligatorisch angeordnet werden, um nach der bedingten Entlassung – gegenüber der geltenden Rechtslage – effizientere Betreuung und Kontrolle zu ermöglichen. Diese Maßnahmen sollen die bedingte Entlassung als Instrument einer besseren Vorbereitung des Verurteilten auf ein Leben in Freiheit und damit auch der erhöhten Sicherheit wirken lassen. Schließlich spricht auch ein Rechts- und Praxisvergleich mit anderen europäischen Staaten für eine maßvolle Erweiterung der bedingten Entlassung.

Durch Einführung eines § 133a StVG (Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbotes) soll ein Instrument geschaffen werden, nicht aufenthaltsverfestigte ausländische Verurteilte nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verhalten zu können und damit gleichzeitig die Zwecke eines Aufenthaltsverbotes effektiv abzusichern (durch Vollstreckung der restlichen Strafe, wenn der Verurteilte seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder während seiner Dauer wieder in das Bundesgebiet zurückkehrt).

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegenden Entwurfs liegt in der Vermeidung von kurzen Freiheitsstrafen, die als besonders sozialschädlich angesehen werden. Dies soll vor allem durch die Umsetzung der bisher im Rahmen eines Modellversuchs eingeräumten Möglichkeit der Erbringung von gemeinnützigen Leistungen anstelle des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe erreicht werden.

Schließlich sollen im Verfahrensrecht des Strafvollzugsgesetzes und im Bewährungshilfegesetz jene Anpassungen vorgenommen werden, die im Hinblick auf das In-Kraft-Treten des Strafprozessreformgesetzes (BGBl. I Nr. 19/2004) am 1. Jänner 2008 notwendig werden.

Dem Bedürfnis nach Sicherheit soll im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft 2008 auch dadurch Rechnung getragen werden, dass eine – befristete – Ergänzung des Tatbestandes gegen den Raufhandel (§ 91 StGB) vorgeschlagen wird, um der möglichen Eskalation von Gewalthandlungen bei Sportgroßveranstaltungen wirksamer begegnen zu können. Besucher von solchen Sportgroßveranstaltungen sollen geschützt werden, indem schon beim Beginn von Tätlichkeiten effektiv gegen gewaltbereite Fußballfans vorgegangen werden kann.

Grundzüge der Problemlösung

Der Entwurf sieht im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung ein Bündel von Maßnahmen vor, die sich dem Ziel mehr Sicherheit nach der Haftentlassung unterordnen. Grundsätzlich sollen daher bei der bedingten Entlassung Strafzumessungserwägungen in den Hintergrund treten und durch Überlegungen ersetzt werden, die sich an den Auswirkungen des Vollzugs und von begleitenden Maßnahmen zur Sicherung des Lebens in Freiheit orientieren. Abgesehen von dieser spezialpräventiven Änderung der Prognose werden die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe sowie ein teilweiser Verzicht auf generalpräventive Versagungsgründe bei der bedingten Entlassung vorgeschlagen. Bewährungshilfe soll künftig – grundsätzlich – zwingend im Fall einer Entlassung vor Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe oder nach einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs begangenen Tat anzuordnen sein. Gleiches soll für das erste Jahr nach bedingter Entlassung aus einer mehr als fünfjährigen Freiheitsstrafe sowie für die ersten drei Jahre nach bedingter Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe gelten.

Flankierend zu den materiellrechtlichen Änderungen bei der bedingten Entlassung sollen die Bemühungen im Vollzug, den Verurteilten auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten, durch die Verpflichtung zur früheren amtswegigen Entscheidung über die bedingte Entlassung gefördert werden.

Darüber hinaus soll durch § 133a StVG die Möglichkeit geschaffen werden, einen nicht aufenthaltsverfestigten ausländischen Verurteilten, gegen den ein Aufenthaltsverbot besteht, nach Verbüßung der Hälfte der Strafe zur Ausreise zu verhalten, wenn der Vollstreckung des Aufenthaltsverbots keine sonstigen Hindernisse (faktischer oder rechtlicher Natur) entgegenstehen und der Verurteilte sich bereit erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung unverzüglich nachzukommen. Bei Verurteilten, die die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Strafe verbüßt haben, können – wie bei der bedingten Entlassung – ausnahmsweise generalpräventive Bedenken einem Absehen vom (weiteren) Vollzug entgegenstehen. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung, auszureisen bzw. während der Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht nach Österreich zurückzukehren, soll durch die Androhung des Vollzugs der restlichen Strafe vermieden werden.

Weiters soll durch die gesetzliche Verankerung der Erbringung von gemeinnütziger Leistungen anstelle von Ersatzfreiheitsstrafen einerseits der besonderen Sozialschädlichkeit kurzer Freiheitsstrafen Rechnung getragen und andererseits – aufbauend auf die positiven Ergebnisse dieses Modellversuchs – die Grundlage für ein einheitliches und verbindliches Vorgehen geschaffen werden (vgl. Beschluss des VfGH vom 15. März 2007, GZ V 60/06).

Mit dem Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, wurde das Vorverfahren der StPO, also der Verfahrensabschnitt, der sich der Klärung des Verdachts einer Straftat bis hin zur Erhebung der Anklage widmet (1. bis 3. Teil samt 1. und 2. Abschnitt des 4. Teils der StPO) grundlegend erneuert. Unrichtig gewordene Verweisungen im StVG auf Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975 sollen richtig gestellt werden, wobei gleichzeitig allgemein für das Verfahren des erkennenden Gerichts und des Vollzugsgerichts die subsidiäre Geltung der Bestimmungen der StPO angeordnet werden soll.

Alternativen

Keine.

Finanzielle Auswirkungen

Die Maßnahmen sollen in einer Gesamtbetrachtung mittel- bis langfristig jedenfalls zu einer Aufwandersparnis führen. Anfallende Mehrkosten für Therapien im Wege der Haftung des Bundes nach § 179a StVG und sonstiger Überwachungsaufwand sollten den Einsparungseffekt durch die reduzierte stationäre Anhaltung im Vollzug nicht wettzumachen vermögen.

Ein begrenzter Mehraufwand wird im Bereich der Bewährungshilfe zu erwarten sein. Diesbezüglich sollten sich jedoch einerseits die gleichfalls vorgesehenen „Kostenbremsfaktoren“ (insbesondere die vorgeschlagene häufigere individuelle Prüfung der Notwendigkeit der weiteren Aufrechterhaltung der Bewährungshilfe) mäßigend auswirken.

Schließlich ist eine Entlastung des Vollzugs durch die Möglichkeit des Absehens vom weiteren Vollzug bei nicht integrierbaren Fremden zu erwarten. Zieht man zusätzlich die Ermöglichung der Erbringung von gemeinnützigen Leistungen anstelle von Ersatzfreiheitsstrafe ins Kalkül, so überwiegen die mittel- und langfristig zu erwartenden Einsparungen deutlich.

Allfällige Mehrkosten durch die vorgeschlagene Änderung des § 91 StGB erscheinen – vor allem im Hinblick auf die Befristung – vernachlässigbar.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

EU-Recht wird durch den vorliegenden Entwurf nicht berührt.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Keine.

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

I. Allgemeines

1. Der vorliegende Entwurf schlägt im Wesentlichen Verbesserungen im Bereich der bedingten Entlassung vor, die ihrerseits wiederum zwei Wurzeln haben bzw. zwei Ziele verfolgen. Einerseits soll damit der Fortsetzung der Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich des gerichtlichen Strafrechts gedient werden, wonach „im Bereich des materiellen Strafrechts  „.... die Möglichkeiten der bedingten Entlassung unter gleichzeitiger Stärkung der Rückfallsprävention für aufenthaltsverfestigte Personen insbesondere durch Ermöglichung von Auflagen verbessert werden“ sollen (Seite 145 dritter Absatz des Regierungsprogramms für die XXIII. Gesetzgebungsperiode). Andererseits sollen durch diese vorgeschlagenen Maßnahmen auch der Strafvollzug insgesamt entlastet werden, um wieder einen Betreuungsvollzug ermöglichen zu können (zu der Haftsituation siehe Grafl, Zur Situation und Einschätzung des Justizvollzugs in Österreich, RZ 2006, 222ff).

Wenngleich nicht primäres Motiv des vorliegenden Entwurfs, so sollen doch auch die Kosten des Strafvollzuges reduziert werden. Auch dieses Kostenbewusstsein versucht der Entwurf in zweifacher Hinsicht zu demonstrieren, jeweils im Dialog mit der Verfolgung der rechtspolitischen Anliegen im engeren Sinn: Zum einen erscheint es nicht zuletzt auch angesichts des Budgetdrucks vertretbar und geboten, den relativ niedrigen Anteil der bedingten Entlassungen an allen Entlassungen (s. dazu unten bei § 46 StGB) zu hinterfragen und diesbezüglich eine Kosten-Nutzen-Rechnung anzustellen, naturgemäß unter gehöriger Berücksichtigung des Sicherheitsaspektes. Dabei wären die spezialpräventive Wirkungsmacht des stationären Vollzugs und die Möglichkeiten, die eine bedingte Entlassung in dieser Hinsicht bietet, realitätsbezogen gegeneinander abzuwägen. Sofern nicht überhaupt eine unmittelbare (positive) Korrelation zwischen bedingter Entlassung und (Erhöhung der) Sicherheit angenommen werden kann, erscheint danach die Erhöhung des Anteils der bedingten Entlassungen an allen Entlassungen umso naheliegender, je mehr Gewicht man den vorgeschlagenen Verbesserungen im Überwachungs-, Kontroll- und Betreuungsbereich nach bedingter Entlassung zukommen lässt. Zum anderen soll dieser vermehrte Kontroll-, Überwachungs- und Betreuungsaufwand (wie etwa teilweise obligatorische Bewährungshilfe nach dem neu vorgeschlagenen § 50 Abs. 2 StGB) nicht nur mit den Ersparnissen aus geringeren Haftkosten finanziert werden, sondern schon von vornherein mit kostenschonenden, aber gleichfalls unter Sicherheitsaspekten vertretbaren Elementen versehen werden. Dazu zählt etwa die amtswegige Überprüfung der weiteren Notwendigkeit von Bewährungshilfe in bestimmten Fällen (siehe dazu die vorgeschlagene Ergänzung des § 52 Abs. 3 StGB).

Als Maßnahmen zur Fokussierung der bedingten Entlassung auf die individuelle Situation des Verurteilten wären insbesondere die Möglichkeit der bedingten Entlassung auch aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe sowie der teilweise Verzicht auf generalpräventive Überlegungen (siehe § 46 Abs. 2 StGB in der Fassung des Entwurfs) zu nennen.

Dazu kommen jene Fälle, in denen – (innerhalb des allgemein erweiterten Rahmens und) zusätzlich zu dem bereits mit BGBl. I Nr. 19/2001 am 1.7.2001 in Kraft getretenen Fall der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat (§ 50 Abs. 1 idgF. bzw. § 50 Abs. 2 Z 2 StGB idF des vorliegenden Entwurfs) – bedingt bzw. obligatorisch Bewährungshilfe anzuordnen sein soll.

2. Zusammenfassend schlägt der vorliegende Entwurf folgende Änderungen bei der bedingten Entlassung vor:

         1. Möglichkeit der bedingten Entlassung auch aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe (§ 46 Abs. 1 und 5 StGB);

         2. teilweiser Verzicht auf generalpräventive Überlegungen; ausnahmsweise bei der bedingten Entlassung nach der Hälfte, nicht aber nach zwei Dritteln, sind generalpräventive Erwägungen zu berücksichtigen (§ 46 Abs. 2 StGB);

         3. Neuformulierung der Entlassungskriterien bzw. der Versagungsgründe) (§ 46 Abs. 1 StGB);

         4. Erweiterung der bedingten bzw. obligatorischen Bewährungshilfe auf die Fälle der bedingten Entlassung vor Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe, oder wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahr begangenen Tat, oder aus einer mehr als fünfjährigen zeitlichen oder aus lebenslanger Freiheitsstrafe (§ 50 Abs. 2 StGB), flankiert von

         5. amtswegiger Überprüfung der weiteren Notwendigkeit der Bewährungshilfe in ersterem Fall sowie bei bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat und bei Entlassung aus einer mehr als fünfjährigen Freiheitsstrafe (§ 52 Abs. 3 StGB) und

         6. Möglichkeit des Ausspruchs des Gerichtes in der Entscheidung über die bedingte Entlassung, dass die bedingte Entlassung zu einem nicht mehr als drei Monate nach der Entscheidung gelegenen Zeitpunkt wirksam wird (§ 152 Abs. 1 StVG).

3. Die vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des § 91 StGB sollen ein Einschreiten der Sicherheitsbehörden erleichtern (Wegfall der objektiven Bedingung der Strafbarkeit der Verletzung eines Teilnehmers); die vorgesehene Strafobergrenze erlaubt mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2008 grundsätzlich auch im bezirksgerichtlichen Verfahren die Verhängung der Untersuchungshaft aus dem Grunde der Tatbegehungsgefahr (siehe § 173 Abs. 2 Z 3 StPO idF BGBl. I Nr. 19/2004).

4. Mit Erlass vom 20. Februar 2006, BMJ-L311.007/0005-II 1/2006, wurde der Modellversuch „Gemeinnützige Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe“ im Bereich der Landesgerichtssprengel Wien, Graz, Linz, Wels und Innsbruck – in Zusammenarbeit mit dem Verein NEUSTART – eingeführt. Nach erfolgter positiver Evaluierung dieses Modellversuchs wurde mit Erlass vom 9. August 2007 zu BMJ-L311.007/0006-II 1/2007 der Modellversuch auf das gesamte Bundesgebiet – mit Wirksamkeit 1. September 2007 – ausgeweitet. Der vorliegende Entwurf soll diesen Modellversuch auf eine gesetzliche Grundlage stellen, um so der Sozialschädlichkeit von kurzen Freiheitsstrafen begegnen zu können.

5. Darüber hinaus soll durch § 133a StVG die Möglichkeit geschaffen werden, einen nicht aufenthaltsverfestigten ausländischen Verurteilten, gegen den ein Aufenthaltsverbot besteht, nach Verbüßung der Hälfte der Strafe zur Ausreise zu verhalten, wenn der Vollstreckung des Aufenthaltsverbots keine sonstigen Hindernisse (faktischer oder rechtlicher Natur) entgegenstehen und der Verurteilte sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung unverzüglich nachzukommen. Mit dieser Regelung soll auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Strafvollzug bei nicht aufenthaltsverfestigten Personen auf einen „Verwahrvollzug“ hinauslaufen kann.

6. Die Entscheidungen über Vollzugslockerungen (Freigang), Ausgang und Unterbrechung des Vollzugs sollen auf eine bessere Grundlage gestützt werden können, weshalb die Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter in die Beurteilung der jeweiligen Voraussetzungen einbezogen werden soll.

7. Zur Vermeidung des Missbrauchs von Vollzugslockerungen (Freigang), Ausgang und Unterbrechung des Vollzugs soll eine Rechtsgrundlage für den Einsatz (und damit gleichzeitig auch für die Erprobung im Rahmen eines Modellversuchs) von Mitteln der elektronischen Aufsicht („elektronische Fußfessel“) geschaffen werden.

8. Mit dem Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, wurde im Rahmen der Neukodifikation des Vorverfahrens der StPO auch ein allgemeines Beschwerdeverfahren eingeführt (§§ 85 bis 89 StPO). Daran anknüpfend soll das gerichtliche Verfahren (des erkennenden Gerichts und des Vollzugsgerichts) im StVG auf die Regelung der notwendigen Abweichungen beschränkt, im Übrigen jedoch durch einen Verweis auf die Bestimmungen der StPO angepasst werden. Gleichzeitig sollen unrichtig gewordene Verweise im Strafvollzugsgesetz und Bewährungshilfegesetz auf Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975 richtig gestellt werden.

II. Zu den finanziellen Auswirkungen

Im Detail hängen die Erwartungen beim Mehraufwand (ebenso wie bei den möglichen Einsparungen) von zahlreichen Imponderabilien der praktischen Umsetzung ab, so dass nur folgende groben Näherungswerte geschätzt werden können.

Was die Bewährungshilfe anlangt, kommt der Verein NEUSTART ausgehend von 1727 bedingten Entlassungen im Jahr 2006, davon 529 (rund 30%) mit Bewährungshilfe zu einem grob gerundeten Anstieg von rund 600 Zugängen. Bei Annahme einer durchschnittlichen Dauer von etwa 2,28 Jahren würde der Stand im ersten Jahr um 600 steigen, im zweiten Jahr um 1200 und würde sich dann im ersten Drittel des dritten Jahres bei 1368 zusätzlichen Fällen einstellen. Hinsichtlich der Aufhebungsrate wird allenfalls nur eine geringe Erhöhung erwartet, da diese schon derzeit mit 33,2 % nicht als gering eingeschätzt werden könne.

Was den Ausbau der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter anlangt, kann hinsichtlich der Deliktskategorien von folgenden Eckdaten ausgegangen werden: Im Jahr 2005 wurden insgesamt 170 Personen wegen eines Sexualdeliktes als führendem Delikt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt, was in etwa der von der Begutachtungsstelle im Rahmen ihres bisherigen Wirkungsbereiches als zentrale Dokumentations- und Koordinationsstelle für Sexualstraftäter (Begutachtungsstation) beobachteten Zahl von rund 250 Personen entspricht, die pro Jahr wegen eines Sexualdelikts mit dem österreichischen Strafvollzug in Berührung kommt. Demgegenüber wurden im Jahr 2005 insgesamt 776 Personen wegen eines Delikts gegen Leib und Leben als führendem Delikt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. (Nicht berücksichtigt sind dabei die 300 im Jahr 2005 wegen Raubes als führendem Delikt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilten Personen sowie die 353 wegen eines Delikts gegen die Freiheit als führendem Delikt verurteilten Personen).

Hinsichtlich der vorgeschlagenen Ausweitung des Tätigkeitsbereiches der BEST sieht der Entwurf zwar die Möglichkeit ihrer unmittelbaren Einschaltung im Bereich der so genannten „Freiheitsmaßnahmen“ vor – was theoretisch potentiell mehrere tausend Äußerungen pro Jahr bedeuten könnte –, eine Verpflichtung hiezu soll jedoch nur bei Zweckmäßigkeit bestehen, die nach den Erwartungen des Entwurfs nur ausnahmsweise gegeben sein würde, weil insbesondere davon ausgegangen werden kann, dass die Anstalten selbst in aller Regel über die nötige Expertise etc. verfügen werden (wobei der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter eine Funktion als Richtliniengeberin zukommen, also von einer mittelbaren Befassung gesprochen werden könnte).

Im Bereich des Modellprojekts „gemeinnützige Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe“; das mit dem vorliegenden Entwurf zur gesetzlichen Regelung erhoben werden soll, besteht ein aufrechter Vertrag mit NEUSTART, mit einem Volumen von derzeit 500.000,-- bis 600.000,-- Euro. Von diesem Betrag, kann vorbehaltlich einer Steigerung der Zahl der betroffenen Personen auch pro futuro ausgegangen werden, zumal sich der Modellversuch bereits in der vollen, d.h. bundesweiten Ausbaustufe befindet.

Allfällige Mehrkosten durch die vorgeschlagene Änderung des § 91 StGB erscheinen – im Hinblick auf die vorgesehene Befristung – vernachlässigbar.

Die Maßnahmen im Bereich der bedingten Entlassung sollten insgesamt zu einer Ausgabenersparnis führen. Allenfalls anfallende Mehrkosten für Therapien im Wege der Haftung des Bundes nach § 179a StVG und sonstiger Überwachungsmehraufwand sollten den Einsparungseffekt durch die reduzierte stationäre Anhaltung im Vollzug nicht wettzumachen vermögen. Eine Bezifferung der Einsparungen lässt sich jedoch nicht vornehmen, zumal es letztlich auf die Umsetzung der geplanten Maßnahmen durch die Praxis ankommt, wobei aber jedenfalls von einem Anstieg der bedingten Entlassung gegenüber der geltenden Rechtslage auszugehen sein wird. Grobschätzungen ergeben ein Einsparungspotential in Form einer Grenzkostenreduktion zwischen 485.000,-- und 970.000,-- Euro pro Jahr.

Ebenfalls einen Entlastungseffekt wird die gesetzliche Verankerung der Erbringung von gemeinnützigen Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe bewirken, wobei sich aber gegenwärtig eine Quantifizierung noch nicht vornehmen lässt. Mittel- oder Langfristig ist aber durch die Erbringung gemeinnütziger Leistungen jedenfalls ein Einsparungseffekt verbunden, nämlich dann, wenn sich die Entlastung auch auf Personalkosten und Haftraumkosten niederschlägt.

Schließlich sollte die hohe Belastung des Vollzugs mit nicht integrierbaren Fremden durch die Regelung des § 133a StVG gesenkt werden können. Grobschätzungen ergeben hier – unter der Annahme einer durchschnittlichen Reduktion von 160 bis 320 Haftplätzen – ein kurzfristiges Nettoeinsparungspotential zwischen 175.000,-- und 350.000,-- Euro pro Jahr bzw. 5 bis 10 Vollbeschäftigungsäquivalente.

Insgesamt betrachtet ist zumindest mittelfristig jedenfalls mit kostensenkenden Wirkungen des Entwurfes gerechnet werden können.

III. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Keine

IV. Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

V. Verhältnis zu EU-Recht

Der vorliegende Entwurf berührt nicht das Recht der Europäischen Union.


Besonderer Teil

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Artikel I (Änderungen des Strafgesetzbuches)

Zu Art. I Z 1  (§ 46 StGB):

Nach der Stammfassung des § 46 war ein zu einer Freiheitsstrafe Verurteilter vor dem urteilsmäßigen Strafende bedingt für eine Probezeit zu entlassen, wenn nach seiner Person, seinem Vorleben, seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen und seiner Aufführung während der Strafvollstreckung anzunehmen war, dass er in Freiheit keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, und es nicht der Vollstreckung der restlichen Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Ferner musste der Strafgefangene den gesetzlich vorgeschriebenen Haftteil (zwei Drittel, jedenfalls aber 6 Monate; bei außergewöhnlich günstiger Prognose die Hälfte, mindestens aber ein Jahr) verbüßt haben.

In den darauf folgenden Jahren der Geltung dieser Regelung (bis zum Strafrechtsänderungsgesetz 1987) zeigte sich allerdings, dass von der bedingten Entlassung nur in verhältnismäßig geringem Umfang Gebrauch gemacht wurde. So lag der prozentuelle Anteil der bedingten Entlassungen an allen Entlassungen im mehrjährigen Durchschnitt stets im Bereich von nur etwa 10 %.

Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 wurden daher die bis dahin relativ eingeschränkten Möglichkeiten für eine bedingte Entlassung erweitert. Die dadurch geschaffene Regelung ist im Wesentlichen bis heute unverändert in Geltung. Die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten Freiheitsstrafe (§ 46 Abs. 1 StGB idgF) ist nach Verbüßung einer Mindeststrafe von drei Monaten zulässig, wenn anzunehmen ist, dass es nicht der Vollstreckung des Strafrestes bedarf, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe (§ 46 Abs. 2 StGB idgF) ist dem Verurteilten der Rest der Strafe bedingt nachzusehen, es sei denn, dass besondere Gründe befürchten lassen, er werde in Freiheit weitere strafbare Handlungen begehen.

Laut dem Sicherheitsbericht für das Jahr 2005 wurden insgesamt 9.011 Strafgefangene aus dem Strafvollzug (bedingt oder unbedingt) entlassen, davon 1.818 Strafgefangene (das entspricht 20,18 %) auf Grund einer gerichtlichen bedingten Entlassung. Im längerfristigen Vergleich zeigt sich damit, dass der prozentuelle Anteil der bedingten Entlassungen an allen Entlassungen seit dem Jahr 1988 (30 %, wobei ein Nachholeffekt gegenüber der früheren Regelung zu berücksichtigen ist) in etwa um ein Drittel gesunken ist und sich damit fast wieder dem (unbefriedigenden) Stand vor der Neuregelung durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 annähert.

Eine Steigerung des Anteils bedingter Entlassungen empfiehlt sich im Übrigen auch unter dem Gesichtspunkt eines Rechts- und Praxisvergleichs mit anderen europäischen Staaten. Dass etwa in Deutschland und der Schweiz – bei ähnlicher Rechtslage – erheblich mehr Gebrauch von der Strafrestaussetzung zur Bewährung gemacht wird als in Österreich, ist seit langem bekannt (zum Rechtsvergleich siehe Dünkel, Entlassungsmodalitäten im Strafvollzug im europäischen Vergleich und Probleme der Kriminalprognose, in Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz – Band 122, Seite 37ff).

Um den prozentuellen Anteil der bedingten Entlassungen an allen Entlassungen wieder anzuheben und dadurch einem breiteren Kreis von Verurteilten bessere Startchancen für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft und damit für eine künftig straffreie Lebensführung zu eröffnen, zugleich aber möglichst ohne Sicherheitsverlust die "Treffsicherheit" bei der Aufrechterhaltung des „stationären Vollzugs“ (ebenso wie bei den "ambulanten" Maßnahmen nach der bedingten Entlassung – vgl. dazu insbes. die §§ 50 ff StGB) zu erhöhen und damit die Gemeinkosten verantwortungsbewusst zu senken, sollen die Kriterien für die bedingte Entlassung mehr Flexibilität in Richtung Förderung der bedingten Entlassung gestattend bzw. Hemmnisse reduzierend neu gestaltet werden.

Zu Abs. 1 und 2:

1. Der vorliegende Entwurf sieht erstmals die Möglichkeit der bedingten Entlassung aus einem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe (§ 43a StGB) vor. Die Möglichkeit, lediglich einen Teil der verhängten Freiheitsstrafe bedingt nachzusehen (teilbedingte Freiheitsstrafe), wurde durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 (BGBl. Nr. 605/1987) in das StGB eingefügt (§ 43a). § 46 Abs. 4 StGB idgF sieht dabei vor, dass die bedingte Entlassung aus einem solchen Strafteil nicht zulässig ist. Als Begründung dafür wurde angeführt, dass dies den Grundgedanken der teilbedingten Freiheitsstrafe, als Bindeglied zwischen (gänzlich) bedingter und unbedingter Freiheitsstrafe zu stehen, beeinträchtigen würde und überdies mit verfahrenstechnischen Komplikationen verbunden wäre (siehe EBRV 359 BlgNR XVII. GP).

Im Hinblick darauf, dass derzeit ein nicht unbeträchtlicher Teil der ausgesprochenen Freiheitsstrafen teilbedingt verhängt wird und durch die im Entwurf vorgesehenen Änderungen künftig mehr Verurteilte bedingt entlassen werden sollen, scheint es unbillig, den unbedingten Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe von der Möglichkeit einer bedingten Entlassung auszuschließen, zumal das Grundprinzip der bedingten Entlassung – Chance auf Bewährung in Freiheit nach Verbüßung einer Mindestzeit im Vollzug, sobald es spezialpräventiv verantwortet werden kann – auch in diesem Segment zu gelten hat. Den bei Einführung der teilbedingten Freiheitsstrafe durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 ins Treffen geführten verfahrensrechtlichen Komplikationen für den Ausschluss der bedingten Entlassung aus einer solchen Strafe versucht der Entwurf durch die Neufassung des § 49 StGB zu begegnen (siehe dazu weiter unten).

2. Der vorliegende Entwurf sieht eine stärkere Akzentuierung der Anordnung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 vor. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung dieses Entwurfes, nämlich Erhöhung der Sicherheit unter gleichzeitiger Zurückdrängung der Haftverbüßung, soll der Schwerpunkt der vorgeschlagenen Änderungen vor allem in der Betreuung und Kontrolle nach der Entlassung liegen. Gerade in der für Rückfälle sehr kritischen Phase der Haftentlassung und Reintegration in die Gesellschaft soll durch die Anordnung von Bewährungshilfe (siehe Erläuterungen zu § 52) oder der Erteilung von Weisungen (§ 50) ein entsprechendes Gegengewicht zu der vorgeschlagenen breiteren Formulierung der Kriterien für die bedingte Entlassung (siehe unten) gegeben werden. Deshalb soll in der über den Verurteilten zu erstellenden Prognose auch darüber befunden werden, inwieweit durch die Berücksichtigung von Maßnahmen nach den §§ 50 bis 52 eine zukünftige Deliktsfreiheit erreicht werden kann bzw. inwieweit die Gefahr der Begehung strafbarer Handlungen mit durch solche Maßnahmen substituiert werden kann.

Der Entwurf nimmt von der bisherigen Systematik des § 46 StGB, nämlich der Hälfte-Entlassung und der Zwei-Drittel-Entlassung, größtenteils Abstand (nur bei den generalpräventiven Erfordernissen erfolgt eine zeitliche Differenzierung zwischen der Hälfte und der Zwei-Drittel-Entlassung (siehe unten)). Hat ein Verurteilter die Hälfte seiner Freiheitsstrafe verbüßt, so soll ihm der Rest der Strafe bedingt nachzusehen sein, sobald unter der Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

3. Studien über den Einfluss der Generalprävention auf die Entscheidungen der bedingten Entlassung haben gezeigt, dass in der Praxis der Vollzugsgerichte, diese gegenüber der Spezialprävention deutlich zurück tritt. Nach einer Untersuchung von Birklbauer/Hirtenlehner (vgl. Birklbauer/Hirtenlehner, Der Stellenwert von General- und Spezialprävention im vollzugsrechtlichen Entlassungsverfahren – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, JSt 2003, 13 ff) wurden bestimmte Delikte, nämlich Sexualdelinquenten (§§ 201, 202, 206, 207), Raubstraftäter (§§ 142, 143) und qualifizierte Körperverletzungstäter (§§ 84, 85 und 87) verglichen. Diese Studie ergab, dass spezialpräventive Entscheidungsgründe gegenüber generalpräventive Aspekte zahlenmäßig dominierten. Bei all diesen Deliktsgruppen war ein Vorrang der Spezialprävention nachweisbar. Als Fazit dieser Studie kann festgehalten werden, dass generalpräventive Erwägungen zwar keine gleichrangige Bedeutung haben, sind aber auch weit davon entfernt, eine Ausnahmeerscheinung darzustellen. Nach einer älteren Studie von Császár und Schäffner (Császár/Schäffner, Empirische Daten zur bedingten Entlassung nach dem StrÄG 1987, in: StPdG 18 (1990) 143ff (164ff)) zufolge, konnte eine Ablehnung (ausschließlich) aus generalpräventiven Gründen bei der bedingten Entlassung in etwa 3 bis 6% der Fälle ermittelt werden, wobei dies – nach den Autoren – vorwiegend bei Suchtgiftdelikten der Fall gewesen sei.

Zumal die schon den Anstoß für die seinerzeitige Zurückdrängung der Generalprävention durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 bildenden rechtstheoretischen Bedenken seither durch keinerlei praktische Bedürfnisse aufgewogen worden sind, geht der Entwurf davon aus, dass die Bedachtnahme auf generalpräventive Aspekte bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung künftig häufig außer Betracht bleiben kann (vgl. Fuchs, Vollzug und Entlassung im Gesamtsystem strafrechtlicher Sanktionierung, JBl 2005, 153 (157).

Der vorliegende Entwurf nimmt vom Erfordernis der Generalprävention nicht gänzlich Abstand. Generalpräventive Aspekte sollen nur mehr bei der Prüfung einer bedingten Entlassung zwischen der Hälfte und zwei Dritteln der Strafe, und auch hier nur mehr in schweren Fällen herangezogen werden können. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe haben hingegen generalpräventive Erwägungen (bei allen Verurteilten) gänzlich zu entfallen.

Zu Abs. 3:

Der mit 1. Juli 2001 in Kraft getretene Abs. 2a (BGBl. I Nr. 19/2001) wird beibehalten; lediglich die Absatznummerierung ändert sich auf Grund der kompletten Neugestaltung des § 46 (nunmehr Abs. 3). Danach beträgt für Personen vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres die mindestens zu verbüßende Strafzeit einen Monat.

Zu Abs. 4:

Mit dieser Bestimmung sollen die Beurteilungskriterien für die Verantwortbarkeit einer bedingten Entlassung dargelegt werden bzw. die Bedeutung der Anordnung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 nochmals unterstrichen werden. In spezialpräventiver Hinsicht kommt es darauf an, wie sich die Situation seit der Tat, während des bisherigen Vollzuges, entwickelt hat und ob eine Änderung der seinerzeitigen Verhältnisse bereits eingetreten ist. Bei dieser Einschätzung haben sowohl die Persönlichkeitsentwicklung des Verurteilten als auch äußere Umstände (nicht nur die Verurteilung im engeren Sinn) einzufließen.

Bei der über den Verurteilten zu erstellenden Prognose soll auch darauf Bedacht zu nehmen sein, in wie weit auch bei der allgemeinen Beurteilung verbliebene negative Faktoren durch den Einsatz von Bewährungshilfe und/oder von Weisungen ausgeglichen werden können. Wurde eine Tat unter Einfluss einer psychischen Besonderheit begangen, die eine Therapiebedürftigkeit indiziert und hat der Verurteilte bereits während der Haft mit einer Behandlung begonnen, die er auch in Freiheit fortzusetzen bereit ist, so soll auch bei nicht eindeutiger positiver Prognose eine bedingte Entlassung möglich sein, wenn die Wahrscheinlichkeit der Begehung strafbarer Handlungen – durch Verlängerung der Probezeit (siehe § 48 Abs. 1) – durch die Therapie deutlich reduziert werden kann.

Zu Abs. 5:

1. Die Neufassung soll zum einen die vorgeschlagene Möglichkeit der bedingten Entlassung auch aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer bedingten Freiheitsstrafe nachvollziehen (Entfall des zweiten Satzes der geltenden Fassung; ausdrückliche Erwähnung von Strafteilen).

2. Die Einfügung, der zufolge nach spätestens 15 Jahren in jedem Fall über die bedingte Entlassung zu entscheiden ist, soll für alle Fälle der Zusammenrechnung von Freiheitsstrafen, Strafteilen oder Strafresten gelten. Damit wird für jegliche Kombination die Mindestverbüßungszeit für die bedingte Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe als Limit herangezogen. Lediglich für die (erstmalige) bedingte Entlassung aus der lebenslangen Freiheitsstrafe selbst soll weiterhin der insofern unverändert bleibende § 46 Abs. 5 StGB gelten (mindestens 15 Jahre).

3. Schließlich soll einem zu einer Zusatzstrafe Verurteilten die Zusammenrechnungsregel auch dann zugute kommen, wenn die Verbüßung der Zusatzstrafe nicht im unmittelbaren Anschluss an die Strafe, auf die Bedacht genommen wurde bzw. den Strafblock, in dem diese Strafe enthalten war, vollzogen wird. Zweckmäßigerweise soll für solche Fälle auch § 265 StPO ergänzt werden, sodass das erkennende Gericht – soweit die Zusatzstrafe nicht ohnehin bedingt nachgesehen wird – für den Fall der Erfüllung der zeitlichen Voraussetzungen zugleich auch die übrigen Voraussetzungen des § 46 StGB zu prüfen und gegebenenfalls die bedingte Entlassung anzuordnen hat.

Zu Abs. 6:

Die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe sollen hinsichtlich der Mindestverbüßungszeit (15 Jahre) ebenso unverändert bleiben wie hinsichtlich des Umstands, dass es der (positiven) Annahme bedarf, dass der Verurteilte keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde. Insofern verlangt das Gesetz auch weiterhin für die bedingte Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe die strengste Prognose.  Auch bei der bedingten Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe sollen generalpräventive Erwägungen, die ja schon zur Begründung der Strafdrohung und des Strafausspruchs selbst herangezogen werden, außer Betracht bleiben. Dies erscheint auch konsequent, weil generalpräventive Aspekt bei der bedingten Entlassung (§ 46 Abs. 2 idF des Entwurfes) nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe nicht mehr herangezogen werden dürfen, weshalb auch nach Verbüßung von mindestens 15 Jahre einer lebenslangen Freiheitsstrafe die Generalprävention ebenfalls nicht mehr berücksichtigt werden darf.

Gerade die bedingte Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe ist im Zusammenhang mit anderen Regelungen sowie mit dem vorliegenden Entwurf vorgeschlagenen (flankierenden) Maßnahmen zu verstehen: Zum einen ist die obligatorische Bewährungshilfe während der ersten 3 Jahre nach der Entlassung neu vorgesehen (siehe § 50 Abs. 2 Z 3 StGB idF dieses Entwurfes); zum anderen besteht schon bisher die Möglichkeit der Verlängerung der Probezeit auf 15 Jahre (§ 53 Abs. 3 StGB idgF) und kann Jahre, auch wiederholt (also danach die Probezeit (darüber hinaus) jeweils um 3 unter Umständen lebenslang), verlängert werden (§ 53 Abs. 4 StGB idgF).

Zu Art. I Z 2 (§ 48 StGB):

Die Personengruppe, die mit eine Therapie während der Haft begonnen und sich zur Fortsetzung in Freiheit bereiterklärt hat (§ 51 Abs. 3), wird in der Regel eine „längere“ Probezeit benötigen, weshalb vorgesehen wird, für solche Verurteilten die Zeit der Legalbewährung auf mindestens ein Jahr und längstens fünf Jahre auszudehnen.

Zu Art. I Z 3 (§ 49 StGB):

Da es derzeit weder eine bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe noch einen Teilwiderruf gibt, kann es immer nur eine Probezeit geben – sei es für die bedingte Nachsicht, sei es für die bedingte Entlassung. Nach der allgemeinen Regel des § 49 erster Satz StGB idgF beginnt die Probezeit mit der Rechtskraft der Entscheidung, mit der die bedingte Nachsicht oder die bedingte Entlassung ausgesprochen worden ist; die Probezeit beginnt damit bei der teilbedingten Freiheitsstrafe regelmäßig mit der Rechtskraft des Urteils zu laufen. Nach der vorgeschlagenen Neufassung des § 46 StGB soll jedoch die bedingte Entlassung auch aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe möglich sein. Gegebenenfalls würde damit aber mit der Rechtskraft der Entscheidung über die bedingte Entlassung eine zweite Probezeit zusätzlich zu der regelmäßig seit dem (rechtskräftigen) Urteil laufenden Probezeit hinsichtlich der bedingten Nachsicht zu laufen beginnen. Würde nun bei offener Probezeit ein Ereignis eintreten, das einen Widerruf oder eine Verlängerung der Probezeit nach sich ziehen könnte, so würden sich – mangels einer Sonderregelung – Fragen dahingehend stellen, ob Strafteil und Strafrest unabhängig voneinander widerrufen werden können und, gegebenenfalls, in welcher Reihenfolge; auch die Auswirkungen des Widerrufs auf den nicht widerrufenen Strafteil oder –rest wären zu klären.

Im Interesse möglichster Verfahrensökonomie schlägt der Entwurf im vorliegenden Zusammenhang daher Folgendes vor:

1. In Anlehnung an die Regelungen der §§ 4 Abs. 1 TilgG, 58 Abs. 2 StGB und 55 Abs. 3 StGB, sollen auch bei der bedingten Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe die diesbezügliche Probezeit und die “ursprüngliche” Probezeit nur gemeinsam ablaufen können. Dass sie nur gemeinsam “ablaufen” können heißt zunächst, dass eine ausnahmsweise bereits abgelaufene Probezeit nicht wieder neu zu laufen beginnt. Eine einmal ausgesprochene bzw. beschlussreife endgültige Nachsicht wird nicht wieder zu einer vorläufigen.

2. Ergänzend hiezu legen § 53 Abs. 1 StGB idF des vorliegenden Entwurfs und zufolge Verweises auf diese (neu vorgeschlagene) Bestimmung auch § 53 Abs. 2 StGB fest, dass der bedingt nachgesehene Strafteil – sofern er nicht schon ausnahmsweise vor Strafantritt des nicht bedingt nachgesehenen Teils endgültig nachgesehen wurde bzw. nachgesehen werden hätte können – und der nach bedingter Entlassung verbliebene Strafrest nur gemeinsam widerrufen werden können. Im Ergebnis wird damit ein solcher Fall insoweit nicht anders behandelt, als wenn es sich um eine bedingte Entlassung aus der ursprünglich zur Gänze unbedingt verhängten Freiheitsstrafe handeln würde.

Zu Art. I Z 4 und 5 (§§ 50 und 52 StGB):

Zu § 50:

Die teilweise Neuformulierung der §§ 50 und 52 soll den Instrumentarien der Bewährungshilfe zu einer besseren Wirksamkeit verhelfen. Der mit 1. Juli 2001 in Kraft getretene § 50 Abs. 1a (BGBl. Nr. 19/2001) wird mit § 50 Abs. 1, der sich ebenso mit den allgemeinen Voraussetzungen der Anordnung der Bewährungshilfe beschäftigt, zusammengefasst (nunmehr: § 50 Abs. 1). Der bisherige Abs. 1 zweiter Satz dieser Bestimmung, der die weitere Vorgangsweise nach Anordnung der Bewährungshilfe regelt, wird systematisch richtig im § 52 Abs. 1 vor dem ersten Satz eingefügt.

Inhaltliche Änderungen sieht der neue § 50 Abs. 2 vor. Vier Fälle einer (teilweise) zwingenden Anordnung von Bewährungshilfe werden zusammengefasst. Die Neuregelung des § 46 StGB lässt ein Ansteigen der bedingten Entlassungen erwarten. Um den Haftentlassenen bessere Chancen auf Wiedereingliederung zu bieten, scheint eine Stärkung der Bewährungshilfe angebracht. Für Fälle, die typischerweise besondere Hilfe nach der bedingten Entlassung benötigen (etwa auf Grund ihres Alters oder ihrer langjährigen Haftverbüßung) soll Bewährungshilfe grundsätzlich zwingend angeordnet werden. Der vorgeschlagene § 50 Abs. 2 sieht folgende Fälle obligatorischer Bewährungshilfe vor:

1. Nach Z 1 soll bei der bedingten Entlassung vor der Verbüßung von zwei Drittel der Freiheitsstrafe (iSd § 46 Abs. 1) eine Anordnung der Bewährungshilfe erfolgen.

2. Die Z 2 war bereits in § 50 Abs. 1 letzter Satz idgF (mit 1. Juli 2001 in Kraft getreten (BGBl. Nr. 19/2001)) enthalten und betrifft die bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat. Systematisch passend ist dieser Fall nun in Abs. 2 aufzunehmen.

3. Zwingend ist Bewährungshilfe darüber hinaus nach § 50 Abs. 2 Z 3 anzuordnen bei einer bedingten Entlassung aus einer mehr als fünfjährigen Freiheitsstrafe. Diese Anordnung hat zumindest für das erste Jahr nach der Entlassung zu erfolgen (Abs. 3).

4. Für einen aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe Entlassenen ist nach § 50 Abs. 2 Z 4 zumindest für die ersten drei Jahre nach der Entlassung zwingend Bewährungshilfe anzuordnen. Dadurch soll vor allem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nach Verbüßung einer langen Freiheitsstrafe die Wiedereingliederung in die Gesellschaft besonders schwierig ist. Diesen Personen soll nun verpflichtend – zumindest für die ersten drei Jahre (Abs. 3) – ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden.

Um die Treffsicherheit der Bewährungshilfe zu gewährleisten, soll jedoch in den Fällen der Z 1 bis 2 von der Anordnung der Bewährungshilfe abzusehen sein, wenn nach der Art der Tat, der Person des Rechtsbrechers und seiner persönlichen Entwicklung angenommen werden kann, dass er auch ohne eine solche Anordnung keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. In solchen Fällen würde eine Anordnung der Bewährungshilfe ihren Zweck verfehlen.

Zu § 52:

Wird in den genannten beiden Fällen der § 50 Abs. 2 Z 1 und 2 jedoch Bewährungshilfe angeordnet, so ist jedenfalls nach Ablauf eines Jahres seit der Entlassung nach Einholung eines Berichtes des Bewährungshelfers und einer Stellungnahme des Leiters der Geschäftsstelle für Bewährungshilfe (Verein NEUSTART) zu entscheiden, ob die Anordnung der Bewährungshilfe weiterhin notwendig oder zweckmäßig ist (§ 52 Abs. 3 letzter Satz des Entwurfs). Damit soll in diesen Fällen eine genauere individuelle Prüfung sichergestellt werden, ob die Bewährungshilfe weiterhin aufrecht erhalten werden muss, durch andere Maßnahmen (etwa Unterstützung durch die Haftentlassenenhilfe) ersetzt werden kann oder aber ganz verzichtbar erscheint.

Zu Art. I Z 6 (§ 53 StGB):

1. Zur Frage des Widerrufs nach bedingter Entlassung aus einer teilbedingten Freiheitsstrafe siehe oben bei Art. I Z 3 (§ 49 StGB).

2. Mit der zweiten vorgeschlagenen Einfügung im Abs. 1 soll die bereits mit Erlass vom 11. Juni 1975, JMZ 100.002/2-II 1/75, vom Bundesministerium für Justiz vertretene Rechtsansicht nun gesetzlich klargestellt werden Damals wurde argumentiert, dass mit der Festlegung der 10-jährigen Probezeit auch die Ansicht vertreten werden könne, dass damit ein fiktiver Strafrest von 10 Jahren bestimmt worden sei. Ergänzend könnte man hinzufügen, dass ähnlich wie bei der Verjährung einer mit (bis zu) lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung – im Hinblick auf den Zeitablauf nach 20 Jahren – eine Strafdrohung von 10 bis zu 20 Jahren tritt, also die höchste Strafdrohung für eine zeitliche Freiheitsstrafe, was ebenfalls eine Vorverlegung des Zeitpunktes einer neuerlichen bedingten Entlassung rechtfertigen könne.

Nun soll eine erneute bedingte Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe bereits nach 10 Jahren möglich sein, um auch nach einem erfolgten Widerruf dem Verurteilten nicht jede Hoffnung zu nehmen, sondern ihm die Möglichkeit einer Entwicklung und Bewährung früher zu eröffnen (vgl. auch OGH 28.4.2005, 13 Os 132, 133/04, JBl 2006, 603).

Zu Art. I Z 7 (§ 91 StGB):

Die vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des § 91 StGB sollen ein Einschreiten der Sicherheitsbehörden erleichtern (Wegfall der objektiven Bedingung der Strafbarkeit der Verletzung eines Teilnehmers); durch eine außerhalb dieses Gesetzesentwurfs vorgesehene Anpassung der Strafprozessordnung würde nunmehr auch wegen dieses Delikts die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr verhängt werden können, weshalb eine Eigenzuständigkeit des Gerichtshofs erster Instanz nicht vorgesehen werden muss. Die Begriffe „Sicherheitsbereich“ und „Sportgroßveranstaltungen“ orientieren sich an § 36b SPG. Durch diese vorgeschlagene Regelung sollen Besucher von solchen Sportgroßveranstaltungen geschützt werden, indem schon beim Beginn von Tätlichkeiten effektiv gegen gewaltbereite Fußballfans vorgegangen werden kann.

Zu Artikel II (Änderungen der Strafprozessordnung 1975)

Zu Art. II Z 1 (§ 265 StPO):

Siehe Erläuterungen zu Art. I Z 1 (§ 46 Abs. 5 StGB). Durch den neu angefügten letzten Satz soll den im Begutachtungsverfahren geäußerten Hinweisen auf die derzeit gepflogene analoge Anwendung des § 265 Abs. 1 StPO im Rechtsmittelverfahren Rechnung getragen werden.

Zu Art. II Z 2 (§ 409 StPO):

Siehe Erläuterungen zu Art. III Z 1 (§ 3 StVG).

Zu Artikel III (Änderungen des Strafvollzugsgesetzes)

Zu Art. III Z 1 (§ 3 StVG):

1. Mit der Aufforderung zum Strafantritt (Abs. 1) ist dem Verurteilten auch mitzuteilen, dass er die Möglichkeit hat, die Ersatzfreiheitsstrafe durch die Erbringung gemeinnütziger Leistungen abzuwenden. In dieser Mitteilung ist dem Verurteilten auch die Anzahl der zu erbringenden Stunden mitzuteilen (Umrechnungsschlüssel siehe § 3a Abs. 1 StVG). Dieses Anbot ist auch an die Bewährungshilfe zu übermitteln, damit diese mit dem Verurteilten Kontakt aufnehmen und gemeinsam mit ihm die Art der zu erbringenden Leistungen festlegen und eine Einigung mit einer geeigneten Stelle (siehe Erläuterungen zu § 29b Bewährungshilfegesetz) erzielen kann.

2. Durch die Mitteilung des Verurteilten – innerhalb der Monatsfrist des Abs. 2 – dass er sich bereit erkläre gemeinnützige Leistungen zu erbringen, wird die Frist des Abs. 2 gehemmt (Abs. 2a). Nach dieser Mitteilung verbleibt dem Verurteilten wiederum ein Monat, um – gemeinsam mit der Bewährungshilfe – eine Einigung zu erzielen und eine geeignete Stelle zu finden. Über diese Einigung hat der Verurteilte dem Gericht zu berichten. In Ermangelung einer Einigung läuft die (ursprüngliche) Monatsfrist (Abs. 1) fort. Dem Verurteilten soll damit auch die Möglichkeit genommen werden, durch bewusstes Hinauszögern, den Antritt der gemeinnützigen Leistungen – und somit auch den Strafantritt – hinauszuschieben. Auch wird man damit den praktischen Problemen bei der Vermittlung gerecht (z.B. im ländlichen Bereich oder strukturärmeren Gegenden, wo weniger geeignete Stellen vorhanden sind), weil nun bis zu zwei Monate (ab der Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt) verbleiben, um dem Gericht eine Einigung mitzuteilen. Der Entwurf geht davon aus, dass es sich bei der Frist von einem Monat (Mitteilung des Verurteilten über die erzielte Einigung an das Gericht) um eine prozessrechtliche Frist handelt, sodass der Lauf des Postweges bei der Berechnung nicht einzurechnen ist.

3. Mit dem Strafprozessreformgesetz wurden die Bestimmungen über das „Verfahren gegen Unbekannte, Abwesende und Flüchtige während der Voruntersuchung“ (§§ 412 bis 420 StPO) an systematisch richtiger Stelle im Ermittlungsverfahren eingeordnet. So regeln die §§ 167 bis 169 StPO die Personenfahndung zur Aufenthaltsermittlung und zur Festnahme und ersetzten damit die Ausforschung des Aufenthalts gemäß § 413 StPO aF sowie die völlig veralteten Regelungen über die Nacheile und den Steckbrief. § 135 Abs. 2 Z 4 und § 136 Abs. 1 Z 3 StPO übernehmen die bisher in § 414a StPO aF geregelten Fälle der Überwachung von Nachrichten und der optische und akustische Überwachung von Personen zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Flüchtigen. Die Verweise in Abs. 3 sollen daher an diese geänderte Rechtslage angepasst werden.

Darüber hinaus soll Abs. 5 mit der Formulierung in Übereinstimmung gebracht werden, welche die Verständigung des Leiters der Dienststelle von der Verurteilung eines öffentlich Bediensteten regelt (siehe § 399 StPO in der Fassung des Entwurfs eines Strafprozessreformbegleitgesetzes I).

Zu Art. III Z 2 (§ 3a StVG):

Zu Abs. 1:

Durch die gesetzliche Verankerung des Modellversuchs „Gemeinnützige Leistungen anstelle von Ersatzfreiheitsstrafen“ sollen die gewonnenen positiven Erfahrungen gesetzlich umgesetzt werden, um den bisher mit Erlass vom 9.8.2007 bundesweit ausgedehnten Modellversuch (BMJ-L311.007/0006 II-1/2007) auf eine verbindliche gesetzliche Grundlage zu stellen und ein einheitliches und einfacheres Verfahren festzulegen (vgl. Beschluss des VfGH vom 14. März 2007, GZ V 60/06-7, indem der verbindliche Charakter eines Erlasses negiert wurde).

Entsprechend den bisherigen Erfahrungen im Modellversuch können gemeinnützige Leistungen anstelle einer Ersatzfreiheitsstrafe dann erbracht werden, wenn die Geldstrafe im Sinne des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962 uneinbringlich ist und sich der Verurteilte ausdrücklich dazu bereit erklärt. Dabei soll ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe vier Stunden gemeinnützige Leistungen entsprechen. Dieser Umrechnungsschlüssel hat sich einerseits in der bisherigen Praxis bewährt und andererseits bestünde bei einer höheren Stundenanzahl die Gefahr, dass die in Summe zu erbringenden Leistungen ein Ausmaß erreichen würde, das zu einer zu hohen Abbruchswahrscheinlichkeit führen könnte. Beispielsweise hat der Verurteilte bei einer Verurteilung zu 120 Tagessätzen (60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) 240 Stunden (60x4) gemeinnützige Leistungen zu erbringen. Die zu erbringende Anzahl der Stunden ist von der Höhe des Tagessatzes unabhängig, ausschlaggebend ist nur die Schuld (Anzahl der Tagessätze) des Verurteilten.

Eine Beschränkung der maximal zulässigen Anzahl von zu erbringenden Stunden ist nicht vorgesehen. Es sind durchaus Fälle denkbar, die eine große Erfolgswahrscheinlichkeit auch bei der Erbringung von einer großen Anzahl von Stunden versprechen. Deshalb wurde von der Einführung einer starren Obergrenze (im Erlass vom 20. Februar 2006, BMJ-L311.007/0005-II 1/2006 war als Obergrenze 240 Stunden angeführt) kein Gebrauch gemacht. Es müssen pro Woche mindestens 10 Stunden, aber nicht mehr als 40 Stunden erbracht werden. Dem Verurteilten ist auch für die Erbringung der gemeinnützigen Leistungen eine Leistungsfrist vorzugeben, die im Einzelfall auszumessen ist. Sie darf aber nicht jenen Zeitraum überschreiten, den der Verurteilte bei zehn Stunden pro Woche benötigen würde; dh. die Leistungsfrist bei einer Verurteilung zu 120 Tagessätzen (240 Stunden) beträgt maximal 24 Wochen (240/10 = 24 Wochen und das entspricht in etwa 6 Monate). Durch die vollständige Erbringung der gemeinnützigen Leistungen gilt die Ersatzfreiheitsstrafe als vollzogen.

Zu Abs. 2:

Durch die Mitteilung des Verurteilten – innerhalb der Monatsfrist des § 3 Abs. 2 – dass er sich bereit erklärt, gemeinnützige Leistungen zu erbringen, wird diese Frist gehemmt. Nach dieser Mitteilung verbleibt dem Verurteilten wiederum ein Monat, um – gemeinsam mit der Bewährungshilfe – eine Einigung über die Art der zu erbringenden Leistungen zu erreichen und eine geeignete Stelle zu finden. Über diese Einigung hat der Verurteilte dem Gericht zu berichten. In Ermangelung einer Einigung läuft die (ursprüngliche) Monatsfrist des § 3 Abs. 2 fort. Dem Verurteilten soll damit auch die Möglichkeit genommen werden, durch bewusstes Verzögern, den Antritt der gemeinnützigen Leistungen – und somit schlussendlich auch den Strafantritt – hinauszuschieben. Auch wird damit versucht, den praktischen Problemen bei der Vermittlung gerecht zu werden (zB. im ländlichen Bereich oder strukturärmeren Gegenden, wo weniger geeignete Stellen vorhanden sind), weil nun bis zu zwei Monate (ab der Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt) dem Verurteilten verbleiben, um dem Gericht eine Einigung mitzuteilen. Der Entwurf geht davon aus, dass es sich bei der Frist von einem Monat (Mitteilung des Verurteilten über die erzielte Einigung an das Gericht) um eine prozessrechtliche Frist handelt, sodass der Lauf des Postweges bei der Berechnung nicht einzurechnen ist.

Durch diese Mitteilung gilt der Strafvollzug mit dem Tag des Einlangens der Mitteilung bei Gericht, bis zum Nachweis der Erbringung der gemeinnützigen Leistungen als ex lege aufgeschoben. Damit wird keine Beschlussfassung des Gerichts notwendig und soll zu einer Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens beitragen.

Zu Abs. 3:

Entspricht die dem Gericht vorgelegte Einigung nicht den gesetzlichen Erfordernissen (Abs. 1 und 2), so hat das Gericht dem Verurteilten mitzuteilen, welche Änderungen erforderlich wären und ihm gleichzeitig aufzutragen die erforderlichen Änderungen binnen 14 Tagen dem Gericht vorzulegen. Dadurch sollten allfällige Versehen nicht zu Lasten des Verurteilten gehen und ihm nochmals die Gelegenheit eingeräumt werden, die gesetzlichen Erfordernisse der vorgesehenen Einigung zu erfüllen. Sollten jedoch die Änderungen nicht oder nicht vollständig nachgereicht werden, so ist die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Zu Abs. 4 und 5:

Erbringt der Verurteilte die gemeinnützigen Leistungen nicht oder nicht vollständig (zB. nicht innerhalb der vorgesehenen Leistungsfrist) so ist der Strafaufschub zu widerrufen und die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Bereits erbrachte Leistungen sind in Abzug zubringen und entsprechend zu berücksichtigen (entsprechend dem Umrechnungsschlüssel nach Abs. 1). Treten jedoch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse beim Verurteilten ein und kann er daher die gemeinnützigen Leistungen überhaupt nicht oder nicht vollständig erbringen, so hat das Gericht den Aufschub für die notwendige und angemessene Dauer zu verlängern. Die Wendung „unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse“ entspricht dem zu § 364 StPO (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) entwickelten Verständnis.

Die Zuständigkeit im Verfahren richtet sich nach § 7.

Zu Art. III Z 3 bis 9, 10 bis 14, 16, 19 bis 23 (§§ 7, 9, 15, 16, 17, 32, 65, 106, 118, 121, 131, 152 Abs. 2, 152a, 162, 179 und 180 StVG):

Es handelt sich durchgehend um Anpassungen an die durch das Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, veränderte Begriffe und Institute: Anstatt vom öffentlichen Ankläger spricht die StPO nun von der Staatsanwaltschaft, anstelle des Begriffs „Gerichtshof erster Instanz“ bzw. „Gerichtshof“ verwendet die StPO den Begriff „Landesgericht“ und anstelle des Begriffs „Gerichtshof zweiter Instanz“ tritt die Bezeichnung „Oberlandesgericht“.

Durch die Novelle BGBl. I Nr. 102/2006 änderte sich durch den einheitlichen Begriff „Justizanstalt“ formell nichts an der Unterscheidung zwischen (gerichtlichen) Gefangenenhäusern, Strafvollzugsanstalten und deren Untergruppe Sonderanstalten. Der Begriff des „gerichtlichen“ Gefangenenhauses als solcher ist jedoch seit der gänzlichen Trennung der Gerichts- von der Vollzugsverwaltung nicht mehr zutreffend und soll – auch den entsprechend angepasst werden(Drexler, Strafvollzugsgesetz (2007) § 8 Rz 1f). Daher sollen die diesbezüglichen Bestimmungen angepasst werden.

Die Änderung des § 15 erklärt sich wiederum daraus, dass die Verordnungsermächtigung des § 126a StPO aF nicht mehr in die erneuerte StPO übernommen wurde.

In den gerichtlichen Verfahrensbestimmungen des § 7 Abs. 2 und des § 17 Abs. 3 soll an das einheitliche Verfahren über Beschlüsse und Beschwerden nach den §§ 85 bis 89 StPO angeknüpft und zugleich die in der Rechtsprechung des OGH als selbstverständlich bejahte subsidiäre Anwendbarkeit der StPO ausdrücklich verankert werden (siehe 13 Os 46/03).

In der Bestimmung des § 180 Abs. 3 soll die Widerrufshaft analog § 496 StPO in der Fassung des Entwurfs eines Strafprozessreformbegleitgesetzes I in der Systematik der Bestimmungen der StPO über die Untersuchungshaft geregelt werden (siehe die Erläuterungen zu Z 220 bis 223 des Entwurfs eines Strafprozessreformbegleitgesetzes I).

Zu Art. III Z 6 (§ 16 StVG):

Abgesehen von den vorstehend erläuterten Anpassungen an das Strafprozessreformgesetz soll mit der vorgeschlagenen Änderung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass – abweichend vom Ministerialentwurf – nicht das erkennende Gericht, sondern, da der Vollzug – anders als bei § 4 StVG – in jedem Fall zumindest bereits die Hälfte der Strafdauer erreicht haben muss, das Vollzugsgericht über das vorläufige Absehen wegen Aufenthaltsverbotes (nunmehr § 133a StVG) entscheiden soll.

Wie bei der bedingten Entlassung soll sich die Zusammensetzung des Vollzugsgerichts (Einzelrichter oder Dreirichtersenat) nach dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem erkennenden Gericht richten.

Von einer Laienbeteiligung bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung soll im Lichte der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens Abstand genommen werden.

Zu Art. III Z 10, 11, 15 und 18 (§§ 99 Abs. 5, 99a Abs. 3, 126 Abs. 5 und 147 Abs. 2 StVG):

Die in Aussicht genommene Erweiterung der Aufgaben der Zentralen Dokumentations- und Koordinationsstelle für ‚Sexualstraftäter (Begutachtungsstelle), wie sie auch in deren Umbenennung in „Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST)“ zum Ausdruck kommt, soll für die Beurteilung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Unterbrechung, eines Ausgangs oder von Vollzugslockerungen genützt werden. In sämtlichen Fällen geht es darum, in möglichst sicherer Weise abzuklären, ob der Strafgefangene diese Möglichkeiten, sich in Freiheit zu bewegen, nicht missbrauchen werde. Eine Befassung der BEST ist jedoch dann nicht zweckmäßig, wenn es sich um Routineentscheidungen handelt, wenn in der Anstalt selbst auf ausreichende Expertise zurückgegriffen werden kann, etwa weil dem Ausbildungsstand der MitarbeiterInnen der BEST vergleichbar geschulte Personen oder auch von der BEST verwendete, von dieser entwickelte oder sonst dem Stand der Wissenschaft entsprechende Hilfemittel zur Verfügung stehen, oder wenn bereits eine Äußerung der BEST vorliegt und seither keine wesentlichen Änderungen eingetreten sind, die eine neuerliche Befassung der BEST erfordern. Auch bei Insassen, die wegen eines Delikts verurteilt wurden, das außerhalb des Kompetenzbereiches der BEST liegt, wird insoweit eine Befassung regelmäßig unzweckmäßig sein.

In anderen Staaten im europäischen (z.B. Schweden, Großbritannien,) und amerikanischen Raum (z.B. Kanada, USA) werden Maßnahmen der elektronischen Aufsicht erfolgreich eingesetzt. Für deren Erprobung und nachfolgenden Einsatz soll bereits jetzt eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um das Bedürfnis nach Kontrolle von Strafgefangenen, die sich in Freiheit bewegen (Unterbrechung, Ausgang oder Vollzugslockerungen) erfüllen zu können.

Zu Art. III Z 17 (§ 133a StVG):

Zu Abs. 1:

Bei nicht aufenthaltsverfestigten ausländischen Verurteilten, gegen die ein Aufenthaltsverbot besteht, läuft der Strafvollzug häufig auf einen reinen Verwahrvollzug hinaus, weil sie nach Verbüßung (oder bedingter Entlassung) der Strafhaft ohnehin ausreisen müssen (vgl. Grafl et.al., Kriminalpolitische Initiative: Mehr Sicherheit durch weniger Haft! – Follow up, juridikum 2005, 66ff). Die „Kriminalpolitische Initiative“ schlug – in Anknüpfung an die von Geyer geäußerten Vorschläge (Geyer, Bedingte Entlassung, insbesondere bei integrierten und nicht integrierten Ausländern, in Moderner Strafvollzug – Sicherheit und Resozialisierung: Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz – Band 122, 193ff (202ff)) – die Einführung eines § 4a vor, um die Anliegen des Fremdenrechts mit denen eines geordneten Strafvollzugs zu verbinden. Wie bereits zu § 16 ausgeführt, soll jedoch nicht das erkennende Gericht, sondern aus Zweckmäßigkeitsgründen (wie auch bei der bedingten Entlassung) das Vollzugsgericht zur Entscheidung berufen sein, weshalb von einer Regelung als § 4a Abstand genommen und stattdessen § 133a als Regelungsort vorgeschlagen wird, mag es sich dabei – wie auch in den Fällen des § 133 Abs. 2 – auch nicht um einen Fall der Aufnahme handeln.

Zur Größenordnung der in Betracht kommenden Personengruppe kann angegeben werden, dass zum Stichtag 1. August 2007 von den 8945 in Haft befindlichen Personen 2628 (davon 754 in U-Haft) keine Staatsbürger eines EU-Mitgliedsstaat waren; 86 Personen (davon 21 in U-Haft) waren entweder staatenlos oder es war deren Staatszugehörigkeit ungeklärt. Rund 1900 bis 2000 Personen könnten also potentiell in den Anwendungsbereich des § 133a fallen, jedoch ist aus dem Insassenregister nicht exakt feststellbar, wie viele dieser Personen auch mit einem Aufenthaltsverbot belegt sind.

Der nun vorliegende Entwurf schlägt die Möglichkeit vor, bei einem ausländischen Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit vom (weiteren) Strafvollzug vorläufig abzusehen, wenn über ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot – entsprechend einer Anregung im Begutachtungsverfahren nicht notwendigerweise aufgrund einer Straftat deretwegen er die Freiheitsstrafe verbüßt – besteht, einer Vollstreckung des Aufenthaltsverbots und der Ausreise auch keine sonstigen rechtlichen oder faktischen Hindernisse entgegenstehen würden und er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung unverzüglich nachzukommen.

Mögliche Bedenken, diese Bestimmung könnte gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verstoßen, weil Inländer die Möglichkeit eines vorläufigen Absehen vom Strafvollzug nicht haben, hat das deutsche Bundesverfassungsgericht – bei vergleichbarer Ausgangslage – eine Absage erteilt und ausgesprochen, dass eine Ungleichbehandlung deshalb nicht vorliege, weil die Vollzugszwecke von Verurteilten (Resozialisierung), die nicht verpflichtet werden können auszureisen, mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erreicht seien, wenn die Vollstreckung eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe ausgesetzt werden solle (BVerfG vom 9. Oktober 2003, 2 Bv 1497/03).

Die Z 1 nimmt Bezug auf das Bestehen eines fremdenpolizeilichen Aufenthaltsverbots. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sind ua., wenn der Fremde von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Strafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. § 60 Abs. 2 Z 1 FPG). Die Dauer dieses Aufenthaltsverbots bestimmt sich nach § 63 FPG, wobei das Aufenthaltsverbot nach § 60 Abs. 2 Z 1 FPG auch unbefristet erlassen werden kann. Besteht gegen ein Verurteilten ein solches Aufenthaltsverbot, so ist die Durchsetzbarkeit der Ausreiseverpflichtung für die Dauer des Freiheitsentzuges aufgeschoben (§ 67 FPG), dh. dass fremdenpolizeiliche Anordnungen erst nach Beendigung des Strafvollzuges durchsetzbar sind. Bisher wurden Verurteilte erst nach Verbüßung der Freiheitsstrafe (bzw. bedingten Entlassung) zur Ausreise angehalten, weshalb dies durch den vorgeschlagenen Abs. 1 zeitlich früher (grundsätzlich nach der Hälfte) möglich sein soll.

Damit vom weiteren Strafvollzug vorläufig abgesehen werden kann, dürfen nach Z 2 auch keine sonstigen Hindernisse, rechtlicher oder tatsächlicher Art einer Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes entgegenstehen. Ein Hindernis rechtlicher Natur stellt beispielsweise das Refoulementverbot des § 50 FPG dar, das durch die Bestimmung des § 133a nicht umgangen werden soll. Auch wird der Verurteilte dazu angeleitet, seine richtige Identität bekannt zugeben, weil ansonsten eine Vollstreckung des Aufenthaltsverbots nicht möglich sein wird (tatsächliches Hindernis).

Z 3 legt schließlich fest, dass sich der Verurteilte bereit erklären muss, seiner Ausreiseverpflichtung (§ 67 FPG) unverzüglich nachzukommen.

Zu Abs. 2:

Wie bei der bedingten Entlassung soll – auch im Sinne von zum Teil im Begutachtungsverfahren geäußerten Bedenken – ein vorläufiges Absehen vom weiteren Strafvollzug zwischen der Hälfte- und der Zwei-Drittel-„Entlassung“ aus den genannten generalpräventiven Bedenken gegebenenfalls ausgeschlossen werden können.

Ein genereller Ausschluss des Vorgehens nach § 133a – wie das noch nach dem Begutachtungsentwurf vorgesehen war –, wenn der Verurteilte in den – wenn auch nur hypothetischen – Anwendungsbereich der Bestimmungen des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen über die Übernahme der Vollstreckung durch andere Staaten fällt, soll nicht mehr vorgesehen sein. Der Entwurf geht jedoch von einer grundsätzlichen Subsidiarität des Vorgehens nach § 133a StVG aus, wenn bzw. soweit die Annahme gerechtfertigt ist, dass Maßnahmen anderer Art in concreto tatsächlich erfolgen können (Vorgehen nach EU-JZG, zwischenstaatlichen Übereinkommen über die Übernahme der Strafvollstreckung, Auslieferung, § 4 StVG, bedingte Entlassung).

Zu Abs. 3:

Der Anstaltsleiter hat die Ausreise des Verurteilten bis zur Grenze zu überwachen. Bis dahin ist der Verurteilte für den Fall, dass er Anstalten macht, sich der Ausreise zu entziehen, unter sinngemäßer Anwendung des § 106 Abs. 1 und 2 StVG wieder einzubringen. Mit dieser Regelung soll Anregungen aus dem Begutachtungsverfahren folgend, die Ausreise bis zur Grenze durch die Justizwache abgesichert werden. Kommt der Verurteilte seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder kehrt er nach erfolgter Ausreise – während Bestehen des Aufenthaltsverbots – in das Bundesgebiet zurück, so ist er in Haft zu nehmen und die Reststrafe zu vollziehen. Eine Abschiebung durch die Justizwache iS des § 46 Abs. 1 Z 1 FPG ist hingegen ausgeschlossen.

Zu Abs. 4:

Nach Abs. 4 hat der Anstaltsleiter drei Monate vor einem beabsichtigten Absehen vom Strafvollzug den Verurteilten über die Möglichkeiten und Grenzen des Absehens vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots zu informieren und die zuständige Fremdenpolizeibehörde um Stellungnahme zu ersuchen, ob einer allfälligen Abschiebung (rechtliche) Hindernisse entgegenstehen. Im Interesse der weiteren Überwachung der Beachtung des Aufenthaltsverbotes durch den Verurteilten bzw. der Effektuierung des Vollzugs des Strafrestes für den Fall des Verstoßes dagegen soll der Anstaltsleiter die Fremdenpolizei von der erfolgten Ausreise des Verurteilten in Kenntnis zu setzen haben.

Zu Abs. 5:

Hier soll die Zuständigkeit des Vollzugsgerichts für die Entscheidung über das vorläufige Absehen vom weiteren Vollzug hervorgehoben werden (siehe § 16 Abs. 2 Z 10 idF des Entwurfs und die Erläuterungen zu Artikel III Z 6).

Zu Art. III Z 19 (§ 152 StVG):

1. Der Entwurf sieht eine wesentliche Ausweitung der Entlassung nach der Hälfte vor, weshalb es konsequent erscheint, die Entscheidung von Amts wegen über die bedingte Entlassung bereits nach der Hälfte einsetzen zu lassen. Trotz Änderung der Systematik des § 46 StGB, soll aber eine amtswegige Prüfung der bedingten Entlassung auch nach zwei Drittel beibehalten werden.

Um den Bedürfnissen der Praxis bei der Vorbereitung von Strafgefangenen auf die Entlassung (insbesondere nach längerem Freiheitsentzug) gerecht zu werden, schlägt der Entwurf vor, dass das Gericht in seiner Entscheidung über die bedingte Entlassung aussprechen kann, dass die bedingte Entlassung erst zu einem späteren, nicht mehr als drei Monate nach der Entscheidung gelegenen Zeitpunkt wirksam wird, wenn das zur Vorbereitung des Strafgefangenen auf das Leben in Freiheit notwendig oder zweckmäßig erscheint. Damit kann der Strafgefangene – unbeschadet einer gegebenenfalls früheren Einleitung des Entlassungsvollzuges (§ 145 StVG) – noch ausreichend auf seine Entlassung vorbereitet werden. Ebenso kann Bewährungshilfe bereits zu diesem Zeitpunkt angeordnet werden, um Vorbereitungen für die Entlassung des Verurteilten (ähnlich der Entlassenenhilfe) getroffen werden können.

2. Zur Verbesserung der Basis für die Prüfung der Entlassungsvoraussetzungen bei der bedingten Entlassung von Sexualstraftätern wird vorgeschlagen, dass bei dieser Personengruppe künftig zwingend eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter einzuholen ist.

Zu Artikel IV (Änderungen des Bewährungshilfegesetzes)

Zu §§ 29 und 29a BewHG:

Es handelt sich durchgehend um Anpassungen an die neuen Begriffe der StPO.

Zu § 29b BewHG:

Bei der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle von Ersatzfreiheitsstrafe kommt der Bewährungshilfe eine zentrale Rolle zu. Der Vermittler hat den Verurteilten über das Wesen der Erbringung von gemeinnützigen Leistungen anstelle von Ersatzfreiheitsstrafen zu unterrichten, muss die wesentlichen, für die Vermittlung notwendigen Informationen ermitteln. Der Vermittler nimmt auch Kontakt mit einer geeigneten Stelle (§ 90e StPO bzw. § 202 Abs. 2 des Strafprozessreformgesetzes) auf und holt deren Zustimmung zur Erbringung gemeinnütziger Leistung ein und verständigt die Einrichtung über die wesentlichen Inhalte der vom Verurteilten zu erbringenden Leistungen. Auch erarbeitet der Vermittler, gemeinsam mit dem Verurteilten den benötigten Zeitraum – unter Beachtung des § 3a StVG) – für die Erbringung gemeinnütziger Leistungen und unterstützt den Verurteilten im Umgang mit dem Gericht, um so einen reibungslosen und raschen Fortschritt des Ablaufes zu gewähren.

Zu Artikel V (Änderungen des Jugendgerichtsgesetzes 1988)

Zu § 17 JGG:

Infolge Änderung der Absatznummerierung in § 46 StGB ist auch das Zitat entsprechend anzupassen.

Zu Artikel VI

Die vorgeschlagene Änderung in § 91 StGB (Art. I Z 7) soll zur Gewinnung von Erfahrungen in diesem Bereich vorläufig nur befristet in Kraft gesetzt werden. Angesichts des im Jahr 2008 stattfindenden sportlichen Großereignisses der Fußball-Europameisterschaft erscheint der bewegte Zeitraum von einem Jahr angemessen.