334 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 147/A(E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuständigkeit zur bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug

Die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 7. März 2007 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Grünen bringen gleichzeitig mit diesem Entschließungsantrag eine Gesetzesinitiative zur Ausweitung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug ein. Darin werden im Wesentlichen folgende Änderungen in § 46 StGB vorgeschlagen:

Überlegungen, ob die Strafe weiter vollzogen werden muss, um andere von strafbaren Handlungen abzuhalten (Generalprävention), sollen – so wie in Deutschland und der Schweiz – keine Rolle mehr spielen. Nach Verbüßen von zwei Drittel der Strafe muss die bedingte Entlassung die Regel sein. Ausnahmen gibt es nur bei einer erhöhten Rückfallgefahr zu schweren Gewalttaten oder gemeingefährlichen Delikten. Auch bei besonderen Risikogruppen erfolgt die bedingte Entlassung grundsätzlich spätestens nach fünf Sechstel der Strafe, damit Hilfe und Unterstützung durch die Bewährungshilfe geleistet werden kann (und damit auch die Erteilung von Weisungen ermöglicht wird – denn wer seine Strafe bis zum letzten Tag absitzt, verlässt das Gefängnis „als freier Mann“). Nur ausnahmsweise und aufgrund besonders schwerwiegender Gründe soll von einer bedingten Entlassung trotz fünf Sechstel der Strafe abgesehen werden können (§ 46 Abs. 6 neu).

Neben diesen Änderungen im materiellen Strafrecht sind begleitend auch verfahrensrechtliche Änderungen zur Ausweitung der bedingten Entlassung notwendig, die Gegenstand dieses Entschließungsantrags bilden:

i)             Da die bedingte Entlassung nichts mit einer neuerlichen Strafzumessung zu tun hat, sondern die letzte Stufe des Entlassungsvollzuges bildet, sollen darüber nicht mehr die Vollzugsgerichte, sondern eigene Strafvollzugskommissionen entscheiden. Sie sollen sich aus einem/einer StaatsanwältIn, einem/einer leitenden VollzugsbedienstetEn und einem/einer SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe zusammensetzen. Gegen ihre Entscheidung soll ein Rechtsmittel an eine Oberkommission, bestehend aus einem/einer RichterIn, einem/einer leitenden VollzugsbedienstetEn und einem/einer SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe möglich sein.

ii)            In unserem Initiativantrag schlagen wir weiters vor, einem Rechtsbrecher, dem nach § 46 Abs. 2 StGB der Rest der Strafe nicht bedingt nachgesehen wurde, den Strafrest nach fünf Sechstel der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Strafe bedingt nachzusehen. In diesem Fall ist die bedingte Entlassung in Verbindung mit anderen Maßnahmen auszusprechen. Von der bedingten Entlassung könne nur abgesehen werden, wenn aus ganz besonders schwerwiegenden Gründen, die in der Person des Rechtsbrechers, seines Vorlebens, seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen und seiner Aufführung während der Vollstreckung liegen, zu befürchten ist, der Rechtsbrecher werde in Freiheit schwere Gewaltverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen begehen. Verfahrensrechtlich soll die bedingte Entlassung nach Abs. 6 nur nach einer mündlichen Verhandlung verweigert werden dürfen. In dieser Verhandlung ist der/die Gefangene anzuhören und eine zuvor eingeholte Stellungnahme der Bewährungs- oder Entlassenenhilfe sowie des Anstaltsleiters zu besprechen.

iii)           Zur Einheitlichkeit des Verfahrensrechts sollen parallel zu den Änderungen bei der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug die Strafvollzugskommissionen auch für die bedingte Entlassung aus einer mit einer Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme zuständig sein.

Derartig wichtige verfahrens- und organisationsrechtliche Bestimmungen bedürfen einer besondere Vorarbeit und –bereitung und sollen daher nicht durch Initiativanträge erarbeitet werden. Gerade in Kernbereichen der Strafjustiz halten wir das für eine sinnvolle und sachgerechte Tradition. Daher bringen wir keinen Initiativantrag ein, sondern fordern die Bundesministerin für Justiz auf, dem Nationalrat eine entsprechende Gesetzesvorlage zuzuleiten.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 20. September 2007 erstmals in Verhandlung genommen. An der an die Ausführungen des Berichterstatters Mag. Albert Steinhauser folgenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Mag. Gernot Darmann, Dr. Peter Fichtenbauer, Dr. Peter Wittmann und Mag. Dr. Wolfgang Zinggl sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer. Nach einer Vertagung wurden die Verhandlungen in der Sitzung des Justizausschusses vom 22. November 2007 wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Anna Franz, Dr. Johannes Jarolim, Dr. Peter Fichtenbauer, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Gisela Wurm, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Barbara Riener, Mag. Gernot Darmann, Bettina Stadlbauer, Dr. Gertrude Brinek, Mag. Johann Maier, Sonja Ablinger und Mag. Karin Hakl sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Mag. Karin Hakl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2007 11 22

                                Mag. Karin Hakl                                                      Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann