350 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition (232 der Beilagen)

Der Krieg im südlichen Libanon im Sommer 2006 hat die Dringlichkeit eines internationalen Vorgehens gegen Streumunition klar gemacht. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden bei registrierten 800 Streumunitionseinsätzen etwa 4 Millionen individuelle Sprengkörper abgeworfen. Von diesen seien zwischen 700.000 und 1.000.000 nicht explodiert und würden daher eine Wirkung entfalten, die jener von Anti-Personenminen gleichkommen kann. Alleine zwischen Juli und Ende November 2006 wurden dadurch im Libanon 23 Personen getötet und 177 verletzt. Für die Räumung der Streumunition, die im Libanonkonflikt zum Einsatz gekommen ist, und für die Hilfestellung für die Opfer dieses Einsatzes hat das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten bereits im Vorjahr € 400.000 zur Verfügung gestellt.

Bei der Überprüfungskonferenz des Übereinkommens der Vereinten Nationen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können (Konventionelle Waffenkonvention - BGBl. Nr. 464/1983 i.d.g.F., Genf, 7. bis 17. November 2006) hat Österreich, unterstützt von 28 anderen Staaten, darunter 15 EU-Mitgliedsstaaten (Belgien, Deutschland, Irland, Italien, Dänemark, Litauen, Luxemburg, Malta, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Ungarn) die Aufnahme von Verhandlungen über eine völkerrechtliche Regelung über Streumunition gefordert, die einen bestmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung gewährleisten soll. Dieser Vorschlag fand keinen Konsens. Stattdessen konnte sich die Konferenz lediglich auf ein Mandat über Diskussionen im Rahmen eines viertägigen Expertentreffens über explosive Kampfmittelrückstände mit speziellem Fokus auf Streumunition im Juni 2007 einigen. Auch während dieser Diskussionen gelang keine Einigung auf den Beginn von Verhandlungen im Rahmen der Konventionellen Waffenkonvention.

Auf Einladung Norwegens fand von 22. bis 23. Februar 2007 in Oslo eine internationale Konferenz zum Thema Streumunition statt. In der Osloer Erklärung vom 23. Februar 2007 verpflichteten sich 46 Staaten, darunter Österreich und weitere 20 EU-Mitgliedsstaaten (Belgien, Deutschland, Großbritannien, Irland, Italien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Portugal, Slowenien, Slowakei, Spanien, Schweden, Tschechische Republik und Ungarn), unter anderem bis 2008 einen rechtlich verbindlichen internationalen Vertrag zu schließen, der die Verwendung, die Herstellung, den Transfer und die Lagerung von Streumunition, die der Zivilbevölkerung inakzeptables Leid zufügt, verbietet. Die Osloer Erklärung beinhaltet auch eine Verpflichtung der 46 Staaten, entsprechende Maßnahmen auf nationaler Ebene zu prüfen.

Im Rahmen des nunmehr so genannten Oslo-Prozesses fand auf Einladung Perus von 23. bis 25. Mai 2007 in Lima eine internationale Konferenz zum Thema Streumunition statt. Mit 68 teilnehmenden Staaten hat der in Oslo initiierte Prozess eine beachtliche Dynamik entwickelt. Von 5. bis 7. Dezember 2007 wird Österreich in Wien die nächste internationale Folgekonferenz des Oslo-Prozesses abhalten. Weitere Konferenzen sind für Februar und Mai in Wellington/Neuseeland bzw. Dublin/Irland geplant.

Norwegen hat bereits im Juni 2006 eine politische Erklärung abgegeben, gemäß der es im Rahmen eines Moratoriums jedweden Einsatz von Streumunition ausschließt, bis eine Klärung bezüglich eines internationalen Übereinkommens zu diesen Waffen erreicht ist. Gesetzliche Regelungen über ein umfassendes Verbot von Streumunition, zu dem es begrenzte Ausnahmen gibt, hat Belgien im Juni 2006 erlassen. Im Februar 2007 bekundete Bosnien-Herzegowina seine Absicht, ein Moratorium zu beschließen. Ungarn hat im Mai 2007 ein Moratorium nach dem Vorbild Österreichs (siehe unten) erlassen. Die Schweiz hat im Mai 2007 ein teilweises Moratorium erlassen. Diskussionen über ein Verbot bzw. eine Beschränkung von Streumunition finden derzeit in den Parlamenten Australiens, Dänemarks, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Luxemburgs, der Niederlande, Schwedens und der Vereinigten Staaten von Amerika statt. Irland, Mexiko, Neuseeland und der Heilige Stuhl befürworten ein Totalverbot von Streumunition auf internationaler Ebene und verlangen in diesem Kontext von jenen Staaten, die über solche Waffensysteme verfügen, ein sofortiges Moratorium.

Aufbauend auf der parlamentarischen Entschließung vom 12. Juli 2006 (E 202-NR/XXII. GP), durch die die Bundesregierung aufgefordert wurde, die Vorbereitung eines Protokolls betreffend Streumunition im Rahmen der Konventionellen Waffenkonvention bzw. eines anderen geeigneten völkerrechtlichen Instruments zu unterstützen, hat Österreich innerhalb und außerhalb der EU in dieser für die weiteren Bemühungen der internationalen Abrüstung so wichtigen Frage eine Vorreiterrolle übernommen. Um diese Rolle Österreichs glaubwürdig zu stärken, wurde in einem ersten Schritt von der Bundesregierung am 21. Februar 2007 beschlossen, dass Österreich schon bei der Konferenz in Oslo seine nationale Position in dieser Frage konkret und unmissverständlich klarstellt. Österreich gab bei dieser Gelegenheit eine einseitige Erklärung bezüglich eines Moratoriums ab, wonach das Österreichische Bundesheer bis zur Schaffung einer entsprechenden völkerrechtlichen Regelung auf den Einsatz von Streumunition verzichtet. In den künftigen Verhandlungen um ein internationales Instrument wird sich Österreich weiter bemühen, eine möglichst weit reichende Lösung zu erzielen. Sollte diese weniger weit gehen als das einseitige Moratorium, wird dieses in jenen Punkten, die von einer künftigen internationalen Vereinbarung nicht erfasst sind, beibehalten werden.

Nach dem Vorbild des Bundesgesetzes über das Verbot von Anti-Personen-Minen, BGBl. I Nr. 13/1997, sollen nunmehr legistische Maßnahmen getroffen werden, die ähnlich weitgehend sind und darauf abzielen, in Österreich die Entwicklung, die Herstellung, die Beschaffung, den Verkauf, die Vermittlung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, den Gebrauch und den Besitz von Streumunition zu verbieten.

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 27. November 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Herbert Scheibner, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Karin Hakl sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Hans Winkler und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Andreas Schieder.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Mag. Andreas Schieder, Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

 

„Zu Z.1 betreffend § 1 Z.1:

Die ursprünglich vorgesehene Ausnahme für bestimmte Suchzündermunition soll entfallen, um die humanitäre Tragweite des Gesetzes zu erweitern.

Zu Z. 2:

Der Tatbestand der Vermittlung soll auch österreichische Staatsbürger ohne Wohnsitz im Inland umfassen.

Zu Z. 3 betreffend § 8:

In der Regierungsvorlage ist für das Inkrafttreten der 1. Dezember 2007 vorgesehen. Durch den parlamentarischen Fahrplan würde sich dabei aber ein rückwirkendes Inkrafttreten ergeben, das im Hinblick auf die im Gesetz enthaltenen strafrechtlichen Bestimmungen nicht zulässig wäre. Die vorgeschlagene Änderung bewirkt, dass das Gesetz so rasch wie möglich in Kraft treten kann.“

 

Weiters wurde von den Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen ein Abänderungsantrag eingebracht.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Mag. Andreas Schieder, Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der erwähnte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Ferner beschloss der Außenpolitische Ausschuss einstimmig folgende Feststellungen:

„Der Außenpolitische Ausschuss geht davon aus,

•              dass die Definition des örtlichen und persönlichen Geltungsbereichs in § 1 alle einschlägigen Sachverhalte mit ausreichender Inlandsbeziehung im Sinne des strafrechtlichen Territorialitätsprinzips einschließlich Zollfreilager umfasst;

•              dass die Ausnahme für Ausbildungszwecke des Bundesheeres in § 3 Abs. 1 nicht die Schulung in der Verwendung verbotener Munition bezweckt und umfasst;

•              dass die Bundesregierung dem Nationalrat nach Ablauf von 3 Jahren nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes einen Bericht insbesondere über die Vernichtung vorhandener Vorräte gem. § 4, über strafrechtliche Verfahren gem. §§ 5 und 6, und über die Fortschritte bei den Bemühungen zur Erreichung eines völkerrechtlichen Verbots von Streumunition übermitteln wird.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2007 11 27

                                Walter Murauer                                                          Mag. Andreas Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann