Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Brigid Weinzinger und Mag. Albert Steinhauser

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den § 27-Antrag zur Regierungsvorlage: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird (314 der Beilagen)

 

 

1. Vorgangsweise

 

Wie schon in der Abweichenden Stellungnahme zur Regierungsvorlage festgehalten wurde der Antrag für ein „Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz“ äußerst kurzfristig vor dem Verfassungsausschuss, auf dessen Tagesordnung die Regierungsvorlage stand, den Fraktionen übermittelt. Es unterblieb daher ein Ministerialentwurf und eine Begutachtung des so bedeutsamen Einrichtungs- und Verfahrensgesetzes. Darüber hinaus wurden aber auch das parlamentarische Verfahren und die Informations­rechte der Öffentlichkeit verkürzt. Regulär wird eine Regierungsvorlage während einer Nationalratssitzung eingebracht und in der auf die Verteilung zweitfolgenden Sitzung einem Ausschuss zugewiesen. Wäre das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz zugleich mit der Regierungsvorlage eingebracht worden, so hätte dies bedeutet, dass die Öffentlichkeit über die Homepage des Parlaments den Entwurf ab 8. November 2007 abrufen hätte können und die Abgeordneten sich zumindest gute zwei Wochen mit dem Gesetzesentwurf auseinandersetzen hätten können. Nun wird die Öffentlichkeit erst nach Vorlage des Ausschussberichts Zugang zum Gesetzesentwurf haben (ungefähr am 30. November 2008).

 

 

Diese Verkürzung des parlamentarischen Procedere ist daher nur in Ausnahmefällen möglich. Ein Gesetzesentwurf darf nur direkt in den Ausschuss eingebracht werden, wenn er in inhaltlichem Zusammenhang mit einem Tagesordnungspunkt steht. Der gegenständliche Entwurf geht weit über diesen inhaltlichen Zusammenhang hinaus. So stehen von den 51 geplanten Änderungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes an die zwei Änderungen in Zusammenhang mit der Einrichtung des Asylgerichtshofes. Der Rest betrifft völlig andere Fragen wie zB die Gebühren für Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof oder die Höhe des Kostenersatzes an die bescheiderlassende Behörde für den Fall, dass eine Beschwerde abgelehnt wird. Ähnlich ist es um die Änderungen des Verfassungsgerichtshofgesetzes bestellt (insgesamt 37 Ziffern). Nach Auffassung der Grünen hätte daher der Ausschussvorsitzende den § 27-Antrag nicht zulassen dürfen, da er nur zu einem Teil in inhaltlichem Zusammenhang mit der Einrichtung eines Asylgerichtshofes steht. Im übrigen ist deshalb auch die Kurzbezeichnung des Gesetzes irreführend.

 


2. Ausgewählte inhaltliche Fragen

 

a) Zurückdrängung der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof

Grundsätzlich gilt laut § 67d AVG Verhandlungspflicht, in drei Fallkonstellationen kann jedoch von der Verhandlung ausnahmsweise Abstand genommen werden.

 

§ 67d Abs 2 lautet:

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

           1. der verfahrenseinleitende Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

           2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

           3. die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist.

 

Für den UBAS wurde Sonderverfahrensrecht geschaffen: Eine Verhandlung kann auch entfallen,

-       „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint“ (Art II Zif 43a EGVG).

 

Diese Bestimmung wird nun mit dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, siehe Artikel 2 (Änderung des Asylgesetzes) Zif 43, inhaltlich noch ergänzt um folgenden Grund:

-       „wenn sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.“

 

Damit wird eine weitere Möglichkeit geschaffen, von einer mündlichen Verhandlung und damit von einer unmittelbaren Auseinandersetzung mit dem/der Asylwerbenden Abstand zu nehmen. Eine missbräuchliche Anwendung dieser Ausnahmen bleibt ohne Folgen, denn der/die Asylwerbende kann ja nicht mehr den Verwaltungsgerichtshof anrufen. Er/sie erhält keine Chance mehr, die Einschätzung der Erstbehörde durch persönliches Erscheinen vor dem Asylgerichtshof zu korrigieren.

 

b) Übernahme der UBAS-Mitglieder in den Asylgerichtshof

 

Ergänzend zu den Ausführungen in der Abweichenden Stellungnahme zur Regierungsvorlage ist anzumerken: In der Regierungsvorlage zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes wird die Ablehnung einer Bewerbung eines UBAS-Mitglieds ermöglicht, wenn das Mitglied die „persönliche und fachliche Eignung für die Ernennung“ nicht aufweist (siehe Artikel 1 Zif 39). Das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz bringt nun das Wort „Verwendungserfolg“ ins Spiel (siehe § 29 Abs 2 Asylgerichtshofgesetz):

 

„Die Bundesregierung hat mit Bescheid auszusprechen, dass Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die sich beworben haben, nicht zum Richter des Asylgerichtshofes ernannt werden, wenn sie unter Berücksichtigung auf ihren bisherigen Verwendungserfolg als Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates die persönliche und fachliche Eignung für die Erfüllung der Aufgaben, die mit der vorgesehenen Verwendung als Richter des Asylgerichtshofes verbunden sind, nicht erwarten lassen.“

 

Gemäß der schon jetzt gehandhabten Praxis am UBAS, Prämien nach Anzahl erledigter Fälle auszuzahlen, ist zu befürchten, dass allenfalls allein auf Erledigungszahlen abgestellt wird. Wird der Innenminister der Versuchung widerstehen, UBAS-Mitglieder mit höheren Asylgewährungsquoten als andere Mitglieder abzulehnen? Es gibt zwar die Möglichkeit zur Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, aber wer macht davon schon gerne Gebrauch, um seine Berufslaufbahn zu sichern? Der Innenminister und die Staatssekretärin blieben jegliche Antworten bezüglich Konkretisierung dieser Bestimmung im Ausschuss schuldig.

 

Eine Regelung, die der Politik bei Besetzung eines Gerichts soviel Einfluss gibt, ist schlecht.

 

Der § 27-Antrag war daher sowohl aus prozeduralen als auch aus inhaltlichen Gründen abzulehnen.