375 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (42 der Beilagen): Änderungen des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Europäischen Gemeinschaften den Beitritt ermöglichen

Das Übereinkommen vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (BGBl. Nr. 317/1988) wurde am 28.1.1981 durch Österreich unterzeichnet und am 30.3.1988 ratifiziert. Die Kundmachung im Bundesgesetzblatt Nr. 317/1988 erfolgte am 30.6.1988, somit trat das Übereinkommen für Österreich am 1.7.1988 in Kraft.

Innerhalb der EG wurden mit der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie), ABl. L 281 vom 23.11.1995 S. 31 - 50, eigene Datenschutzstandards geschaffen. Aus dem Gemeinschaftsrecht ergibt sich (vgl Art. 300 EGV), dass – soweit eine Gemeinschaftszuständigkeit besteht und gemeinschaftliche Normen erlassen wurden – die Gemeinschaft in ihren Außenbeziehungen nicht (mehr) durch die Mitgliedstaaten, sondern durch die Kommission vertreten wird. Für das seinerzeit von den Mitgliedstaaten ausverhandelte Datenschutzübereinkommen bedeutet dies, dass nunmehr allfällige Verhandlungen über Änderungen des Übereinkommens ebenso wie Beratungen über dessen Umsetzung im Rahmen der Gemeinschaftszuständigkeit nur durch die Kommission geführt werden dürfen. In der Praxis wird der Regelfall allerdings wohl darin bestehen, dass Verhandlungen über Änderungen des Übereinkommens und Beratungen über Umsetzungsmaßnahmen sowohl die Zuständigkeit der Gemeinschaft als auch jene der Mitgliedstaaten betreffen. Dies ergibt sich aus dem weiten, über den Anwendungsbereich des EG-Vertrages (sog. erste Säule der EU) hinausreichenden Geltungsbereich des Übereinkommens. Wesentliche gemeinschaftrechtsrelevante Regelungsinhalte des Übereinkommens (beispielsweise die allgemeinen Datenschutzgrundsätze; vgl Art. 4 ff) betreffen stets auch die sog. dritte Säule der EU und fallen damit zugleich in die mitgliedstaatliche Kompetenz. Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen erscheint ein Beitritt der Europäischen Gemeinschaften zum gegenständlichen Übereinkommen folgerichtig. Ein derartiger Beitritt ermöglicht eine direkte Wahrnehmung der Gemeinschaftszuständigkeit im Rahmen der Vertragsorgane und trägt zu einer abgestimmten Entwicklung des Datenschutzniveaus bei.

Die Kommission hat aufgrund eines entsprechenden Mandates des Rates mit Schreiben vom 22. Oktober 1997 den Beitritt der Europäischen Gemeinschaften zum Übereinkommen beantragt.

Das Übereinkommen in seiner Stammfassung stand nur Staaten zum Beitritt offen. Die vorliegenden Änderungen ermöglichen den Beitritt der Europäischen Gemeinschaften. Die Änderungen sind vom Beratenden Ausschuss gemäß Art. 21 des Übereinkommens erarbeitet und vom Ministerkomitee des Europarates in seiner 675. Sitzung am 15. Juni 1999 genehmigt worden. Ähnliche Bestimmungen sind in  beim Europarat in den letzten Jahren ausgearbeitete Übereinkommen aufgenommen worden, soweit durch die Bestimmungen Gemeinschaftszuständigkeit berührt ist: etwa das Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels (CETS Nr. 197) oder das Übereinkommen über Geldwäsche, über Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten sowie über Terrorismusfinanzierung (CETS Nr. 198).

Wie erwähnt, besteht eine Vertretungsbefugnis der Kommission nur insoweit, als eine Gemeinschaftszuständigkeit besteht und gemeinschaftliche Normen erlassen wurden. Für Bereiche, die zwar in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, aber nicht von der Richtlinie erfasst sind, ist daher weiterhin die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gegeben. Dies gilt vor allem für jene Bereiche, die in Titel V und VI EUV geregelt sind, also insbesondere für öffentliche Sicherheit, Landesverteidigung, Staatssicherheit und strafrechtliche Angelegenheiten (vgl. Art. 3 der Richtlinie).

Durch die Öffnung des Übereinkommens für einen Beitritt der Europäischen Gemeinschaften entstehen keine Kosten, da die sich aus den Änderungen des Übereinkommens ergebenden Verpflichtungen nicht über die geltende Rechtslage hinausgehen.

Die Änderungen des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Europäischen Gemeinschaften den Beitritt ermöglichen, haben gesetzesändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedürfen daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Sie haben nicht politischen Charakter und enthalten keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen. Eine Erlassung von Gesetzen kommt in diesem Falle nicht in Betracht, da die Änderungen nur den Beitritt der Europäischen Gemeinschaften ermöglichen und dies keine Änderung der bestehenden Rechtslage in Österreich notwendig macht. Ein Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG ist daher nicht erforderlich. Da durch diese Änderungen auch keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 28. November 2007 in Verhandlung genommen.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Otto Pendl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Änderungen des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Europäischen Gemeinschaften den Beitritt ermöglichen (42 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2007 11 28

                                      Otto Pendl                                                                   Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann