379 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (259 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird

In der öffentlichen Diskussion über das Bildungsdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 12/2002 haben vor allem Elternorganisationen und Datenschutzorganisationen ihren Sorgen über eine ausreichende Sicherstellung des Schutzes von Schüler- und Schülerinnendaten artikuliert. Dabei wurde vor allem die im BMUKK durchgeführte automationsgesteuerte nicht-rückführbare Verschlüsselung der Sozialversicherungsnummer in die Bildungsevidenz-Kennzahl als datenschutzrechtliche Schwachstelle kritisiert. Ebenso wurde die vorgesehene Speicherdauer von 60 Jahren als undifferenziert (ohne Zweckbezug) und als zu lange bemängelt. In der Praxis hat sich zudem die Zuweisung von Ersatzkennzeichen durch die Bildungseinrichtungen (vor allem verwaltungsökonomisch) nicht bewährt. Auch wurden bislang die gesetzlich möglichen personenbezogenen Datenabfragen auf Verordnungsebene nicht realisiert. Zuletzt stellt die unterschiedliche Behandlung von Privatschulen und öffentlichen Schulen eine nicht nachvollziehbare Erschwernis und Doppelgleisigkeit dar.

Diese Diskussion hat die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur veranlasst, Herrn Prof. Dr. Nikolaus Forgó und sein Team vom Institut für Rechtsinformatik der Universität Hannover mit einer datenschutzrechtlichen Bewertung des Bildungsdokumentationsgesetzes zu beauftragen. Auf Basis der Empfehlungen von Prof. Dr. Forgó hat die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur eine pro-datenschutzorientierte Novellierung des Bildungsdokumentationsgesetzes in Auftrag gegeben.

Mit dieser Novelle soll sichergestellt werden, dass die im BMUKK verarbeiteten Daten keinesfalls als personenbezogen zu qualifizieren sind. Dies soll durch Zwischenschaltung einer weiteren Stelle, die die Sozialversicherungsnummer in die Bildungsevidenz-Kennzahl (BEKZ) transferiert und diese dann an das BMUKK übermittelt, erreicht werden. Durch diese Vorgangsweise wird ein behördliches Vieraugenprinzip geschaffen. Die Bundesanstalt „Statistik Österreich“ wird aufgrund der Privilegierung zur Verarbeitung personenbezogener Daten für statistische Zwecke, der hohen Reputation und Erfahrung dieser Stelle mit der datenschutzkonformen Verarbeitung personenbezogener Daten als geeignete „Trusted Third Party“ bewertet und soll vom BMUKK mit der Erhebung und Verschlüsselung personenbezogener Daten betraut werden.

Die Verwendung eines personenbezogenen Identifikators für Zwecke der Bildung von Bildungsevidenzen und Bildungsstatistiken ist für das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur erforderlich. In Ermangelung einer sonstigen allgemein verfügbaren Personenidentifikationsnummer sieht daher das Bildungsdokumentationsgesetz für diese Zwecke die Verwendung der Sozialversicherungsnummer vor, die in eine Bildungsevidenzkennzahl (BEKZ) umgewandelt wird. Diese Vorgangsweise ist als solche datenschutzrechtlich auf nationalstaatlicher wie auf europarechtlicher Ebene zulässig. Bedenken bestehen aber hinsichtlich der undifferenzierten und sehr langen Speicherdauer der personenbezogenen Daten. Diesen Bedenken wird durch die Neuformulierung des § 8 Abs. 5 entgegengetreten, wonach die Sozialversicherungsnummer als besonders sensibler Personenidentifikator in den lokalen Evidenzen spätestens zwei Jahre nach Abgang des Schülers bzw. des Studierenden von der Bildungseinrichtung zu löschen ist. Bezüglich der übrigen Daten ist von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur bzw. vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung hinsichtlich der einzelnen Erhebungsmerkmale unter Bedachtnahme auf den Speicherzweck die Speicherdauer durch Verordnung festzulegen. Nach Ablauf dieser erforderlichen Speicherdauer ist vorzusehen, dass der Personenbezug zu entfernen ist.

Das Bildungsdokumentationsgesetz sieht die Möglichkeit vor, dass auf Verlangen bestimmter Stellen bzw. Einrichtungen (z.B. Organen in Angelegenheiten des Familienlastenausgleichs, Gerichten, Gebietskörperschaften) für bestimmte, in deren Aufgabenbereich fallende Angelegenheiten im Verordnungsweg Daten aus den Gesamtevidenzen zur Verfügung gestellt werden können. Diese Möglichkeit wurde von Eltern- und Datenschutzorganisationen wiederholt kritisiert. Derartige Verordnungen wurden bislang nicht erlassen, sodass die datenschutzrechtlichen Bedenken einem realen Bedürfnis nicht entsprechen und daher diese Bedenken durch eine Beseitigung ihrer Ursachen ausgeräumt werden sollen. Künftig sollen lediglich den Schulbehörden des Bundes für die erforderlichen schulstatistischen Auswertungen nicht personenbezogene (statistische) Abfragemöglichkeiten eingeräumt werden.

Diese Novelle wurde mit der Maßgabe konzipiert, dass die datenschutzrechtlichen Verbesserungen die Schulen nicht vor technische Unmöglichkeiten stellen und auch an den Schulen keine zusätzlichen Aufwendungen entstehen. Der vorliegende Entwurf sieht auch die Einbeziehung der Privatschulen in die Regelungssystematik der öffentlichen Schulen vor, wodurch Verwaltungsabläufe nach dem Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit optimiert werden können.

Im Übrigen erfolgen redaktionelle Anpassungen, insbesondere an die Änderung von Ressortbezeichnungen gemäß der Bundesministeriengesetz-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 6, sowie an das Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006. Die zentrale Normierung des Regelungszweckes in § 1 soll erhöhte Transparenz schaffen.

 

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. November 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Franz Riepl die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Anna Franz, Ursula Haubner, Dieter Brosz, Mag. Dr. Martin Graf, Christian Faul und Sabine Mandak sowie die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Fritz Neugebauer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Z 1:

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Richtigstellung.

Zu Z 2:

Gemäß dem neu gefassten Abs. 5 soll – aus Gründen des Datenschutzes – die Speicherdauer bzw. die Löschung der in den lokalen Evidenzen gemäß § 3 gespeicherten Daten von Schülern und Studierenden ausdrücklich im Gesetz geregelt werden, anstelle in einer Verordnung des Bundesministers.

Dies betrifft in erster Linie die Sozialversicherungsnummer bzw. das Ersatzkennzeichen. Diese Informationen sollen an sämtlichen Bildungseinrichtungen spätestens zwei Jahre nach Abgang des Schülers bzw. des Studierenden von der Bildungseinrichtung zu löschen sein.

An Bildungseinrichtungen des Schulbereichs sollen darüber hinaus Daten, die für die lokale Schulverwaltung erhoben wurden, ebenso wie die Sozialversicherungsnummer binnen Zweijahresfrist zu löschen sein. Dabei handelt es sich um die folgenden Daten:

-       die Staatsangehörigkeit,

-       das bildungseinrichtungsspezifische Personenkennzeichen (z.B. Matrikelnummer),

-       das erste Jahr der allgemeinen Schulpflicht,

-       ein festgestellter sonderpädagogischer Förderbedarf,

-       die Anzahl der angetretenen und bestandenen Nachtrags-, Wiederholungs- und Jahresprüfungen,

-       die Anzahl der angetretenen und bestandenen Kolloquien,

-       die Anzahl der „Nicht genügend“ in Pflichtgegenständen (nach allfälligen Nachtrags-, Wiederholungs- und Jahresprüfungen sowie Kolloquien),

-       die im Alltag gebrauchte(n) Sprache(n),

-       die Teilnahme an den Pflichtgegenständen „Textiles Werken“ und „Technisches Werken“ in der Sekundarstufe I,

-       die Teilnahme an mehrtägigen bewegungs-, fremdsprachen- und bzw. oder projektorientierten Schulveranstaltungen,

-       die Inanspruchnahme der Schulbuchaktion sowie der Schülerfreifahrt,

-       der Besuch des Betreuungsteils ganztägiger Schulformen unter Angabe der Anzahl der angemeldeten Schultage.

Ein Löschen der Daten vor Ablauf der Zwei-Jahres-Frist darf erst dann erfolgen, wenn gewährleistet ist, dass die Meldeverpflichtungen an die zentralen Evidenzen vollständig erfüllt sind.

Der dem § 8 neu angefügte Abs. 6 bezieht sich auf die gemäß § 9 Abs. 2 der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ zum Zweck der Bundesstatistik zum Bildungswesen übermittelten Daten. Hinsichtlich dieser Daten, die in Form von personenbezogenen Datensätzen übermittelt werden, soll

-       die (personenbezogene) Information über den sonderpädagogischen Förderbedarf binnen sechs Monaten nach Veröffentlichung der Statistik gelöscht und durch eine klassenbezogene Information (Anzahl der Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf in der besuchten Klasse) ersetzt werden, und

-       der Personenbezug (das ist die Sozialversicherungsnummer bzw. das Ersatzkennzeichen) des jeweiligen Datensatzes binnen 20 Jahren nach der letzten Eintragung zu diesem Schüler bzw. Studierenden gelöscht werden.

Dadurch soll im Sinne des Datenschutzes sichergestellt werden, dass auch in der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ nicht mehr benötigte Informationen gelöscht werden bzw. der Personenbezug entfernt wird.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Fritz Neugebauer mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Franz Riepl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2007 11 29

                                     Franz Riepl                                                                    Fritz Neugebauer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann