Vorblatt

Problem:

Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (BGBl. III Nr. 88/2005).

Die Vertragsparteien haben auf ihrer zweiten Tagung vom 25. bis 27. Mai 2005 eine Änderung des Übereinkommens angenommen, mit der die Verpflichtungen der Parteien in Bezug auf die Beteiligung der Öffentlichkeit an den Entscheidungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) detaillierter geregelt werden.

Ziel:

Die Änderung zielt darauf ab, die spezifischen Modalitäten der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Entscheidungen über die absichtliche Freisetzung in die Umwelt und das Inverkehrbringen von GVO festzulegen.

Inhalt, Problemlösung:

Das Übereinkommen regelt die Beteiligung der Öffentlichkeit an bestimmten umweltrelevanten Entscheidungen und nimmt in Artikel 6 Abs. 11 auch auf die absichtliche Freisetzung von GVO in die Umwelt Bezug. Artikel 6 Abs. 11 wird durch die Änderung des Übereinkommens durch einen neuen Wortlaut ersetzt und um einen neuen Artikel 6bis sowie um Anhang Ibis ergänzt. Darin werden Modalitäten der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Entscheidungen über die absichtliche Freisetzung in die Umwelt und das Inverkehrbringen von GVO festgelegt.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

                         - Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

                         - Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

                         - Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Aufgrund der harmonisierten Umsetzung der Änderung des Übereinkommens von Aarhus sind keine nachteiligen Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

                         - Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es werden keine wesentlichen Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen verursacht.

                         - Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Durch die Änderung des Übereinkommens werden Modalitäten der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Entscheidungen über die absichtliche Freisetzung in die Umwelt und das Inverkehrbringen von GVO detaillierter festgelegt.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Änderung des Übereinkommens von Aarhus ist bereits durch das Gemeinschaftsrecht abgedeckt. Die einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft für GVO, insbesondere die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel enthalten Bestimmungen über die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren zu GVO, die mit der Änderung des Übereinkommens von Aarhus im Einklang stehen.

Die Europäische Gemeinschaft hat die Änderung des Übereinkommens von Aarhus bereits mit Beschluss des Rates vom 18. Dezember 2006 genehmigt und ratifiziert.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Änderung des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten  hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Ein Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG ist nicht erforderlich, weil die Änderung des Übereinkommens in Zusammenschau mit dem Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz - GTG) und das Produkthaftungsgesetz geändert wird, BGBl. Nr. 510/1994 idF BGBl. I Nr. 13/2006, und der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel einer Anwendung zugänglich ist. Da durch die Änderung des Übereinkommens keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Österreich ist Partei des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (BGBl. III Nr. 88/2005).

Die Vertragsparteien haben auf ihrer zweiten Tagung vom 25. bis 27. Mai 2005 in Almaty/Kasachstan eine Änderung des Übereinkommens verabschiedet, mit der die Verpflichtungen der Parteien in Bezug auf die Beteiligung der Öffentlichkeit an den Entscheidungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) detaillierter geregelt werden.

Die Änderung des Übereinkommens steht im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel.

Die Europäische Gemeinschaft hat die Änderung des Übereinkommens bereits mit Beschluss des Rates vom 18. Dezember 2006 ratifiziert (ABl. 2006 L 386/46). Die Vertragsparteien wurden ersucht, die Änderung rechtzeitig zu ratifizieren, so dass diese beim 3. Treffen der Vertragsparteien im Juni 2008 in Kraft treten kann.

Besonderer Teil

Zu Art. 6 Abs. 11:

Im neuen Art. 6 Abs. 11 wird darauf hingewiesen, dass die allgemeinen Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 bis 10 über die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht auf Genehmigungsentscheidungen der Vertragsparteien über eine absichtliche Freisetzung von GVO in die Umwelt und deren Inverkehrbringen Anwendung finden. Das dabei anzuwendende Verfahren wird im neu eingeführten 6bis bis sowie in Anhang Ibis geregelt. Zudem bleibt Art. 3 Abs. 5 des Übereinkommens von Aarhus unberührt, der es erlaubt, u.a. eine umfangreichere Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren vorzusehen, als dies nach dem Übereinkommen erforderlich ist.

Zu Art. 6bis – Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über eine absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt und ein Inverkehrbringen solcher Organismen:

Art. 6bis verweist auf die in Anhang Ibis festgelegten und einzuhaltenden Modalitäten für Information und Öffentlichkeitsbeteiligung, bevor eine Entscheidung über die Genehmigung einer absichtlichen Freisetzung oder des Inverkehrbringens von GVO erfolgt. Damit sollen insbesondere auch die Ziele des Cartagena-Protokolls über die biologische Sicherheit unterstützt werden.

Zu Anhang Ibis – in Art. 6bis genannte Modalitäten:

Zu Abs. 1:

Dieser Absatz verweist nochmals auf die generelle Verpflichtung der Vertragsparteien, im Rahmen ihrer Rechtsvorschriften für Maßnahmen zu einer wirksamen Information und Öffentlichkeitsbeteiligung betreffend Entscheidungsverfahren über die Genehmigung einer absichtlichen Freisetzung oder des Inverkehrbringens von GVO zu sorgen.

Zu Abs. 2:

Die in Abs. 2 (a) genannte mögliche Ausnahme vom Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Falle einer Freisetzung, die in analoger Weise bereits unter vergleichbaren biogeografischen Bedingungen genehmigt wurde, ist im GTG nicht vorgesehen. Nach dem GTG unterliegt jede Freisetzung einer Anhörung und der entsprechenden Öffentlichkeitsbeteiligung.

Die in Abs. 2 (b) genannten möglichen Ausnahmen für ein bereits genehmigtes Inverkehrbringen von GVO entsprechen der geltenden Rechtslage (vgl. § 54 Abs. 3 GTG). Hinsichtlich genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel finden die Verfahrensbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel Anwendung. Für die Abgabe von GVO für Forschungszwecke oder das Anlegen von Stammsammlungen gelten Art. 2 Abs. 4 der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG iVm Richtlinie 90/219/EWG über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen sowie § 4 Abs. 21 iVm Abschnitt II GTG.

Zu Abs. 3:

Dieser Absatz enthält die Verpflichtung, der Öffentlichkeit eine Zusammenfassung des Antrages auf Genehmigung einer Freisetzung oder des Inverkehrbringens von GVO sowie – soweit vorhanden – den Bewertungsbericht (dh. die erforderliche Sicherheitsbewertung durch den Antragsteller) zur Verfügung zu stellen.

Dieser Verpflichtung wird für Freisetzungen durch das Kundmachungs- und Anhörungsverfahren gemäß §§ 43 und 44 GTG und für das Inverkehrbringen im Rahmen der EU-weiten Verfahren durch die Regelungen der Richtlinie 2001/18/EG und der Verordnung (EG) 1829/2003 betreffend die Zulassung von GVO, die als Lebensmittel oder Futtermittel verwendet werden können, Rechnung getragen.

Zu Abs. 4:

Dieser Absatz enthält die Bestimmung, welche Daten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für eine Freisetzung nicht als vertraulich behandelt werden dürfen (Beschreibung des GVO, Daten des Antragstellers, Zweck und Ort der Freisetzung, Überwachungspläne und Notfallmaßnahmen und die Sicherheitsbewertung). Diese der Richtlinie 2001/18/EG entsprechende Regelung ist in § 105 GTG umgesetzt.

Zu Abs. 5:

Dieser Absatz dient der Sicherstellung der Transparenz von Entscheidungsverfahren durch den Zugang der Öffentlichkeit zu den für das Verfahren notwendigen Informationen (wie zB. die für die Entscheidung zuständige Behörde, die Vorkehrungen für die Öffentlichkeitsbeteiligung oder die Angaben der Behörde, bei der Stellungnahmen eingereicht werden können).

Auch diese Bestimmung ist für Freisetzungen im Rahmen des GTG und der auf Grund des GTG erlassenen Anhörungsverordnung (BGBl. II Nr. 61/1997) und für die EU-weiten Inverkehrbringensanträge durch die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2001/18/EG und durch die Verordnung (EG) 1829/2003 umgesetzt. Die Richtlinie 2001/18/EG und die Verordnung (EG) 1829/2003 enthalten Bestimmungen über die Verpflichtungen der EFSA (European Food Safety Authority) und der Europäischen Kommission zur Einbindung und Information der Öffentlichkeit.

Zu Abs. 6:

Dieser Absatz sieht vor, dass die Öffentlichkeit alle von ihr als relevant erachteten Stellungnahmen und Informationen vorbringen kann. Dies entspricht betreffend Freisetzungen dem Kundmachungs- und Anhörungsverfahren in §§ 43 und 44 GTG sowie betreffend das Inverkehrbringen im Rahmen eines EU-weiten Verfahrens der Richtlinie 2001/18/EG (Art. 24).

Zu Abs. 7:

Dieser Absatz enthält die Verpflichtung der entscheidenden Behörde, das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung angemessen zu berücksichtigen. Da die gemäß § 43 GTG bei Freisetzungen durchzuführende Anhörung und deren Ergebnisse Teil des Ermittlungsverfahrens sind, hat die Behörde auch diese Ergebnisse im Rahmen ihrer sachlichen Beweiswürdigung angemessen zu bewerten. Dies gilt in analoger Weise für die Verfahren gemäß der Richtlinie 2001/18/EG bzw. der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003.

Zu Abs. 8:

Dieser Absatz verweist darauf, dass die Vertragsparteien dafür sorgen, dass eine Entscheidung über die Genehmigung des Freisetzens oder des Inverkehrbringens von GVO samt den Entscheidungsgründen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Diese Verpflichtung ist für Freisetzungen in § 40 GTG in Verbindung mit § 101c GTG (Kundmachung im Gentechnikregister) und für das Inverkehrbringen von GVO in der EU durch die entsprechenden Kundmachungspflichten der Europäischen Kommission und der EFSA gemäß der Richtlinie 2001/18/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 sowie in § 58a GTG festgelegt.