507 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 555/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 76/2007 geändert wird

Die Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 16. Jänner 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die 70. Wiederkehr des so genannten Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich ist Anlass für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Nachkriegsumgang mit der Geschichte Österreichs zwischen 1938 und 1945 und damit Gelegenheit, auch in den Rechtsvorschriften klarzustellen, dass die Ableistung von Kriegsdienst in verbrecherischen Organisationen wie etwa der SS, der Waffen-SS oder anderen in den Nürnberger Prozessen als verbrecherisch eingestuften Organisationen oder die Beteiligung an Kriegsverbrechen nicht gleichzusetzen ist mit der zwangsweisen Einziehung zum Kriegsdienst (im Sinne der Urteile von Nürnberg, mit denen Wehrmachtsangehörige trotz der erheblichen Verbrechen der Wehrmacht nicht pauschal als Angehörige einer verbrecherischen Organisation eingestuft wurden, da denkbar ist, dass Menschen – anders als bei der SS, der Waffen-SS oder den anderen als verbrecherisch eingestuften Organisationen – auch gegen ihren Willen zur Wehrmacht eingezogen wurden und sich in der Folge nicht an Kriegsverbrechen beteiligten). Auch wenn rückblickend festgestellt werden kann, dass nach 1945 notwendigerweise rechtliche, gesellschaftliche und sozialpolitische Maßnahmen zur Integration ehemaliger NationalsozialistInnen oder an Kriegsverbrechen beteiligter Personen unabdingbar waren, darf das nicht zu einer Gleichsetzung der zwangsweisen Einberufung zum Kriegsdienst (im Sinne der Urteile von Nürnberg) mit der Beteiligung an verbrecherischen, nationalsozialistischen Organisationen führen.

Der vorliegende Gesetzesvorschlag hat weder für die EmpfängerInnen von unter Berücksichtigung des § 228 Abs.1 Z. 1 zustande gekommenen Pensionen noch für die Republik finanzielle Folgewirkungen, da Pensionsbescheide auf Basis der jeweils geltenden Rechtslage zu Stande kommen und nachträglich, sofern sie nicht auf Grund falscher Angaben erfolgten, nicht mehr verändert werden können. Die Inkraftsetzung der vorgeschlagenen Bestimmung ist dennoch rechtspolitisch betrachtet von großer Bedeutung, da sie ein sehr spätes Bewusstsein darüber zum Ausdruck bringt, dass die Republik zwischen zwangsweiser Einziehung zum Kriegsdienst und freiwilliger Beteiligung an verbrecherischen Organisationen zu unterscheiden weiß.

Gerade in den letzten Monaten sind verstärkte Versuche zu bemerken, die Unterscheidung zwischen zwangsweiser und freiwilliger Beteiligung am vom nationalsozialistischen Deutschland ausgelösten zweiten Weltkrieg zu verwischen. Diesen Versuchen hat eine demokratische Republik mit aller Entschiedenheit ebenso entgegenzutreten wie Versuchen, den Charakter des Nationalsozialismus zu behübschen.

Abgesehen von der Tatsache, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung vor allem symbolischen Charakter besitzt, ist auf Grund des unmittelbaren Bezugs auf die Rechtsprechung des Internationalen Militärgerichts von Nürnberg ausgeschlossen, dass etwaig zwangsweise zum Dienst in verbrecherischen Organisationen verpflichtete Personen von der Regelung erfasst werden, so ihnen keine unmittelbare Beteiligung an Kriegsverbrechen nachgewiesen werden konnte.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 02. April 2008 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Karl Öllinger die Abgeordneten August Wöginger, Erwin Spindelberger, Ursula Haubner, Herbert Kickl, Franz Riepl, Dietmar Keck, Werner Amon, MBA, Ulrike Königsberger-Ludwig, Werner Neubauer und Mag. Dr. Martin Graf sowie der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Mag. Christine Lapp gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2008 04 02

                             Mag. Christine Lapp                                                             Renate Csörgits

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau